Neue Zürcher Zeitung - 29.08.2019

(Martin Jones) #1

24 WIRTSCHAFT Donnerstag, 29. August 2019


DerFlug des ältestenReiseveranstaltersder Welt geht bald Richtung Osten. IMAGO

Chinesenfreuensichauf Thomas Cook


(awp/dpa)·Die Übernahme des ange-
schlagenen britischenTouristikkonzerns
Thomas Cook durch den chinesischen
MischkonzernFosunkommt schneller
voran als geplant. Der ältesteTouris-
tikkonzern derWelt soll gut1Mrd.Fr.
frischesRettungskapital erhalten.Da-
für übernimmt der chinesische Misch-
konzern das Steuer.Thomas Cook hat
amMittwoch über eine grundsätzliche
Einigung mit dem GrossaktionärFosun,
den kreditgebendenBanken und mass-
gebenden Gläubigern berichtet.
Die Anteile der bisherigen Aktionäre
würden deutlich entwertet, weil die auf-
gelaufenen Schulden in Eigenkapital ge-
wandelt werden sollen. DerTui-Konkur-
rent würde bei einemAbschluss aufge-

spalten in dasVeranstaltergeschäft mit
der deutschen Marke Neckermann und
in die Airline-Sparte,zu der auch die
deutsche Ferienfluggesellschaft Con-
dor gehört. BeimVeranstalter mit der
WeltmarkeThomas Cook sollFosun mit
75% die Mehrheit übernehmen und bei
der Fluggesellschaft nur 25%. So blie-
ben die europäischen Flugrechte erhal-
ten. Bei der Fluggesellschaft hätten nach
dem Plan dieFinanzhäuser das Sagen.
DieFosun-Gruppe hielt bereits vor der
Vereinbarungrund18% an demReise-
konzern.
Das frische Geld sollThomas Cook
ausreichenden Spielraum für dasWinter-
halbjahr 2019/20 geben und Investitionen,
beispielsweise in Hotels, ermöglichen.

IN KÜRZE


HERAUSGEGRIFFEN


Verbreiten Indiens


Steuervögte Terror?


Marco KauffmannBossart, Mumbai·In Indien hat sich ein
neues Hashtag etabliert. Unter #TaxTerrorismtwittern sich die
Steuersubjekte des Riesenreichs ihrenFrust von der Leber. Sie
berichten von ungehobelten Beamten, die wegen minimerVer-
säumnisse Gefängnisstrafen androhten und Bürger überJahre
hinweg drangsalierten. Andere ärgern sich über unbrauchbare
Websites der Behörden, oder sie zitieren aus schnoddrigen
Mahnbriefen, die bereits mehrereWochen vor Ablauf der Ein-
gabefrist verschickt werden; womöglich aus derFeder von sub-
alternen Stellen, denen wegen schwer erfüllbarer Budgetvor-
gaben des Chefs dasWasser bis zum Hals steht.
Man mag einenTeil dieser Beschwerden für überzogen hal-
ten. Und wer von «Steuerterrorismus» spricht, übertreibt wohl
definitiv. Die indische Bürokratie kann zwar jeden, der ihr
ausgeliefert ist, inWallung bringen. Aber verbreitet sie Angst
und Schrecken? In densozialen Netzwerken sind dieMeinun-
gen gemacht, zumal die meistenPostings auf einen mutmass-
lichenSuizid EndeJuli 20 19 zurückgehen:Veerappa Siddhar-
tha, Gründer der indischenRestaurantkette Café CoffeeDay,
soll sich in einem Abschiedsbrief über dierauen Sitten von
Steuerfahndern beklagt haben.
Ob unerbittliche Steuervögte für denTod des Unterneh-
mers mitverantwortlich gemacht werdenkönnen, ist fraglich.
Siddhartha hatte sich auch überschuldet. Dennoch löste der
tragischeVorfall ein Umdenken aus: Regierungschef Naren-
dra Modi undFinanzministerin Nirmala Sitharaman mahnten,
ohne den Suizid zu erwähnen, einenParadigmenwechsel an.
Den Erzeugern wirtschaftlicher Leistung sei mitRespekt zu
begegnen.Keinesfalls dürften ehrbare Steuerzahler drangsa-
liert werden.Auch wurdenKommunikationsmängel geortet.
Gleichwohl bestehen Zweifel, ob die schwarzen Schafe in
der Bürokratie denWink mit dem Zaunpfahl verstanden
haben. Gegenüber demWirtschaftsmagazin «BusinessToday»
meinte ein Steuerbeamter, der Kaffeeketten-Unternehmer
hätte juristische Schritte einleitenkönnen, stattsich das Le-
ben zu nehmen.

Softwarefirma


Teamviewer vor


dem Börsengang


(awp/Reuters)·Der deutsche Software-
herstellerTeamviewer will den Herbst
amAktienmarkt mit einem milliarden-
schweren Börsengang einläuten.Das
2005 gegründete Unternehmen aus
Göppingen machte am Mittwoch die
Emissionspläne öffentlich.
«Der Börsengang bedeutet für uns
Unabhängigkeit von anderen Soft-
ware- oder Hardware-Konzernen»,
sagte derFirmenchef Oliver Steil, der
einst Chef beim SchweizerTelekom-
anbieter Sunrise war. DerFinanzinves-
torPermirakönnte mit demVerkauf
von rund 30% der Anteile 1,2 Mrd.
bis 1,5 Mrd. € erlösen,sagten Insider.
Das ist deutlich mehr als die 870 Mio.,
die er beim EinstiegimJahr 20 14 für
das ganze Unternehmen bezahlt hatte.
Heute wird der Börsenwert vonTeam-
viewer mit 4 Mrd. bis5Mrd.€veran-
schlagt.Teamviewer undPermira woll-
ten sich dazu nichtäussern. «Auch nach
dem Börsengang bleiben wir als Gross-
aktionär weiter stark engagiert», sagte
der Permira-Deutschland-Chef Jörg
Rockenhäuser.
Teamviewer wäre erst der dritte
Börsengang in Frankfurt in diesem
Jahr. Steil lässt sich von den Ängsten
der Anleger vor einer drohendenWirt-
schaftsflaute nicht schrecken: «Mit unse-
rem widerstandsfähigenWachstumspro-
fil sind wir für Investoren auch in Zei-
tenattraktiv, in denen dieKonjunktur
schwächelt.» Gerade in solchen Zeiten
bedienten sich dieKundenderTeam-
viewer-Software,umProzesse effizien-
ter zu gestalten oder ihrenTechnikern
Dienstreisen zuersparen, sagte Steil. Mit
Teamviewer lassen sich Computer ver-
binden, etwa zurFernwartung derRech-
ner,zurFernsteuerung von Maschinen
oderfür Online-Konferenzen. Gemäss
Firmenangaben ist die Software auf
über 2 Mrd. Geräten installiert.
Teamviewer selbst will bei dem Bör-
sengangkeine neuen Aktien verkau-
fen.«Wir brauchenkein frisches Geld»,
sagte Steil, der Anfang 20 18 vom Eigen-
tümer Permira nach Göppingen ge-
schickt worden war.
Für 20 19 erwartetTeamviewer mit
800 Mitarbeitern abgerechnete Umsätze
von 310 Mio. bis 320 Mio.€, das wäre gut
ein Drittel mehr als 2018. Das operative
Ergebnis (Ebitda) soll sich auf177 bis
183 (2018: 121) Mio.€erhöhen. Dividen-
den sollten die Anlegervon Teamviewer
zumindestin den ersten ein bis zweiJah-
ren nicht erwarten,sagte derFinanzchef
Stefan Gaiser.
Im vergangenenJahr hatTeamviewer
die Nutzung der Software erfolgreich auf
ein Abonnement-Modell umgestellt und
zielt nun stärker auf Grossunternehmen
alsKunden ab. DieTeamviewer-Kon-
kurrenten ZoomVideo, Okta und Slack
sind bereits börsenkotiert. Slack erzielte
bei seinem Börsengang imJuni in New
York eine Bewertung von mehr als dem
50-Fachen seiner Umsätze.

Die Jungfraubahnen-


Gruppeist flottunterwegs


lpa.· DieJungfraubahn-Gruppe blickt
auf ein erfreuliches erstesSemester 20 19
zurück. Die anhaltend hohe Nachfrage
nach demJungfraujoch, das Cross-Mar-
keting sowie dasWintersportangebot
wirkten sich positiv auf das Geschäfts-
ergebnis aus. Mit einem Betriebsertrag
von 106,7 Mio. Fr. wurde ein Zuwachs
um 6,5% gegenüber demVorjahr erzielt.
Im ersten Halbjahrreisten 470 900 Be-
sucher auf dasJungfraujoch.Das sind
1% mehr als während derselbenPeri-
ode imVorjahr. Zum zweiten Mal wur-
den saisonaleTarife durchgesetzt, wel-
che sich positiv auf denDurchschnitts-
ertrag auswirkten. Dieserkonnte von
Januar bisJuni 20 19 um 3,1% gesteigert
werden. AusdemWintersportgeschäft
resultierte ein Netto-Verkehrsertrag
von19,1 Mio. Fr.(+10,9%). Nach wie vor
liegt das Ergebnis aber deutlich hinter


den bestenWintersportjahren 2007/2008
zurück.Das Unternehmen erzielte ein
operatives Ergebnis (Ebit) von 30,8 Mio.
Fr. Im ersten Semester 20 19 erwirtschaf-
tete die Gruppe mit einem Gewinn von
23,9 Mio.Fr. das bisher besteHalbjah-
resergebnis. Es liegt um18,9% über dem
Vorjahr. Das Unternehmen vergrössert
ab Oktober 20 19 sein Shop-Angebot in
Interlaken mit einem neuen Flagship-
Store. Per November 20 19 übernimmt es
ausserdem dieFührung der Gastrono-
miebetriebe auf demJungfraujoch und
am Eigergletscher. Mit beiden Mass-
nahmen folgt die Gruppe ihrer Strate-
gie,sich zu einem integriertenFreizeit-
und Serviceunternehmen weiterzuent-
wickeln. «Reflexe», Seite 34

Lombard Odier
zieht vielNeugeld an

(awp/sda)· Die Genfer Privatbank Lom-
bard Odier hat ein durchzogenes erstes
Halbjahr hinter sich. So stiegen die ver-
waltetenVermögen stark an. Doch die
Einnahmen und der Gewinn gingen

wegen der vorsichtigerenKunden zu-
rück.Während dieoperativen Einnah-
men um 2% auf 581 Mio. Fr.abnahmen,
bildete sich derReingewinngarum 10%
auf 72 Mio. Fr. zurück, wie das Genfer
Tr aditionshaus am Mittwoch in einem
Communiqué bekanntgab. Unter dem
Strich hatte Lombard Odier vor einem
Jahr gar einen Überschuss von 205
Mio. Fr. ausgewiesen. DerVerkauf von
fünf Immobilien in Genf und derVer-
mögensverwaltung in Amsterdamhat-
ten 125 Mio. Fr. in die Kasse gespült.
Der nun ausgewieseneRückgang wird
um diesen ausserordentlichen Ertrag
korrigiert.

Emmiverdient
operativ etwas weniger

(awp/sda)· Emmi hat im ersten Halbjahr
2019 bei knapp gehaltenem Umsatz ope-
rativ leicht weniger verdient. Der inten-
siveWettbewerb und der Preisdruck set-
zen dem Innerschweizer Milchverarbei-
ter weiter zu.Für das Gesamtjahr wurde
die Gewinnprognose zwar bestätigt, das

Umsatzziel aber leicht nach unten an-
gepasst. Emmi hat in derPeriode von
JanuarbisJuniProdukte für 1,66 Mrd.
Fr. verkauft, was einem leichtenRück-
gang um 0,7% entspricht. Organisch
waren es allerdings 1,6% mehr. Das
Geschäft sei mit besonderemFokusauf
Wachstumsmärkte und denAusbau der
strategischen Nischen Dessert, Bio und
Ziegenmilch weiter gestärkt worden,
teilte Emmi am Mittwoch mit.Das Be-
triebsergebnis (Ebit) sank um 1,6%auf
93,5Mio. Fr. Deutlich rückläufig war der
Reingewinn, da imVorjahr derVerkauf
einer Beteiligung das Ergebnis nach
oben getrieben hatte. Unter dem Strich
fuhr derKonzern noch einenRein-
gewinn von 72,9 Mio. Fr. ein, nach 129
Mio. imVorjahr.Auf bereinigterBasis
sei der Gewinn aber leicht gestiegen,er-
klärte Emmi. DerleichteRückgang der
Marge wird mit dem «hohenKosten-
druck» begründet. Dieses Ergebnis sei
angesichts des harten Branchenumfelds
aber beachtlich. Man stelle sich für die
zweiteJahreshälfte 20 19 auf ein «unver-
ändert wettbewerbsintensives Umfeld»
ein, hiess es in der Mitteilung.

NZZGESCHICHTEONTOUR


DieSchweiz ist einesder reichsten Länder derWelt. Diefrühere Industrialisierung,
einestarke Ausrichtungauf dieWeltmärkte,internationale Finanz- und
Handelsdienstleistungenund einepolitischeKulturder Integration haben zum
Wohlstandbeigetragen.Wiehat sich derWirtschaftsplatzSchweiz über die
Jahrhunderteverän dert?Undwassind die Herausforderungen derZukunft?

Diese VeranstaltungfindetimRahmenvon«NZZ Geschichteon Tour»zumThema
«WohlstandswunderSchweiz?» statt. DasganzeProgramm zurTour findenSie
unter:nzz.ch/ontour

Datum
Montag,23.September2019
18.3 0bis20.00Uhr

Ort
Bernha rd Theater Zürich
Sechselä utenplatz1
8001Zürich

Eintritt Fr.15.–

Anmeldung
nzz.ch/zukunft
0442581383

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und23.September2019aufSpurensuche: nzz.ch/ontour

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