National Geographic Germany - 09.2019

(Ann) #1
Der Park ist der Praxistest für Sergej Zimows
Hypothese – und, so hofft er, ein Weg, um den
Klimawandel zu begrenzen. Eine Graslandschaft,
vor allem mit Schnee bedeckt, reflektiert mehr
Sonnenlicht als ein dunkler Wald. Weidende

Tiere zerstampfen den Tiefschnee, sodass die im
Boden gespeicherte Wärme entweichen kann.
Beide Effekte kühlen das Land ab. Wenn Wild-
tiere die Graslandschaft wiedererstehen lassen,
würde das Abtauen des Permafrostes verlang-
samt. Doch um einen merklichen Unterschied
zu bewirken, müsste man Tausende Herden von
Wildtieren auf Millionen Hektar arktische Land-
schaft ansiedeln. 

D

IE ZIMOWS sehen viel-
versprechende Anzei-
chen: Selbst bei nur
etwa hundert Tieren
stellen sie fest, dass die
Graslandschaft im Park
erheblich kühler ist als
im Umland. Aber lassen
sich diese Beobachtun-
gen auf einen großen Naturraum übertragen?
Forscher bestreiten die von den beiden Russen
geschätzte Zahl an großen Tieren, die im Pleis-
tozän durch Sibirien streiften, auch halten sie
ihre Theorie des ökologischen Wandels für zu
simpel. Die meiste Kritik aber gilt der Kühnheit
ihres Plans.
Derweil hoffen wir, es werde mit dem Klima-
wandel nicht so schlimm werden. Wir verlassen
uns auf technische Fortschritte. Und das, ob-
wohl Klimaforscher – vor allem Permafrost-
experten – sagen, dass wir schnell, vielleicht
auch viel kühner als bislang handeln müssen.
Sergej und Nikita Zimow haben Erfahrung mit
einer unerbittlichen Natur, in der sich Sturheit
auszahlt. Sie fragen: Ist es wirklich so viel ver-
rückter, die Kältesteppe wiederherzustellen, als
sich darauf zu verlassen, dass wir die globale
Energieversorgung rasch umbauen? „Um den
Klimawandel zu bekämpfen, müssen wir gleich-
zeitig an vielen Fronten auf verschiedene Weise
handeln“, sagt Nikita. Nur das wird unsere Zu-
kunft sichern. N
Aus dem Englischen von Ina Pfitzner

Nahe der Inupiatsied-
lung Kaktovik inspiziert
dieser Eisbär ein Auto.
Schmelzendes Meereis
treibt immer mehr sol-
cher Tiere an Land, wo
sie Futter suchen. Das
ist auch verlockend,
weil tauende Eiskeller
immer mehr Bewohner
Alaskas dazu zwingen,
Fisch und Fleisch im


Freien zu lagern.


PERMAFROST 127

Dieses Projekt wurde von der National
Geographic Society und damit durch den Kauf des
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