ALS ICH DIESES LEISTENKROKODIL fotografierte, das
am Ast eines Baumes im australischen Northern
Territory hing, dachte ich: Das ist die missverständ-
lichste Aufnahme, die ich je gemacht habe. Das Rep-
til war rund 50 Jahre alt. Aus einem 70 Gramm leich-
ten Jungtier war ein vier einhalb Meter langer, mehr
als 450 Kilo schwerer Koloss geworden. Als das Kro-
kodil vor einem halben Jahrhundert schlüpfte, ging
gerade eine 25 Jahre dauern de Phase intensiver
kommerzieller Jagd zu Ende, die beinahe zur Aus-
rottung dieser Art geführt hätte.
Ich hatte Sorge, das Foto könnte so verstanden
werden, als würde es den Tod des Krokodils feiern.
Man könnte meinen, die Männer, die neben dem
Reptil stehen, hätten keinen Respekt vor ihm. Statt-
dessen dokumentiert das Bild das Ende einer ner-
venaufreibenden Jagd, bei der ich lernte, dass Jäger
durchaus etwas für die Tiere empfinden, die sie töten.
Sie können sogar zum Erhalt einer Spezies beitragen.
Kurz: Die Krokodiljagd für NATIONAL GEOGRAPHIC
zu begleiten erwies sich als komplex.
Seit 1971 sind Leistenkrokodile im Northern Ter-
ritory geschützt. Der Staat regelte damals auch die
Nutzung der Tiere. Es wurde festgelegt, dass eine
bestimmte Zahl von Eiern in freier Wildbahn gesam-
melt werden darf. Die daraus geschlüpften Tiere
werden in Farmen großgezogen, ihre Haut später
verkauft. Ein weiteres Kontingent von Krokodilen- darunter solche, die schon Menschen bedroht
haben – wird jedes Jahr zur Jagd freigegeben. Dank
dieser Beschränkungen hat der Bestand wild leben-
der Leistenkrokodile im Northern Territory seit den
Sechzigerjahren von rund 5 000 Tieren auf etwa
100 000 zugenommen. Er ist damit Wissenschaftlern
zufolge wieder fast ebenso hoch wie zuvor.
TEXT UND FOTO: TREVOR FROSTÜberwältigend
und traurig
EIN FOTOGRAF BEGLEITET
DIE GEFÄHRLICHE JAGD
AUF EIN LEISTENKROKODIL.
UND ERFÄHRT DABEI,
WIE VIEL RESPEKT DIEJÄGER FÜR IHREN GEGNER
EMPFINDEN.EXPLORER | JAGD AUF EIN REPTIL
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