Ihre elementare Bedeutung für die Verteidi-
gung des Landes ist ebenso wenig bekannt wie
der hohe Norden selbst. Seit je müssen die Ran-
ger mit winzigen Budgets und gebrauchter Aus-
rüstung zurechtkommen. Ihre Repetiergewehre
mit der eingeprägten britischen Krone stammen
aus den Vierzigerjahren.
Doch das soll sich jetzt ändern. Es mehren
sich die Zeichen, dass es bald ein internationales
Wettrennen geben wird: um neue Gebiets-
ansprüche in der wärmer werdenden Arktis und
die riesigen unerschlossenen Bodenschätze im
hohen Norden, die der Klimawandel nun frei-
gibt. Politiker in Ottawa haben den Rangern
deshalb bereits bessere Ausrüstung und finan-
zielle Unterstützung versprochen. So sollen
noch mehr Freiwillige gewonnen werden. Ver-
treter des US-Militärs überlegen schon, in Alas-
ka etwas Ähnliches einzurichten.
Patrouillenchef Atqittuq begrüßt das Interes-
se. Er ist im Polargebiet aufgewachsen und hat
einen Sohn. Jahrelang hat Kanada die Tatsache
ignoriert, dass es in der Arktis schneller warm
wird als überall sonst auf der Welt. Nun will das
Land endlich handeln.
„Wir Inuit reden schon lange über den Klima-
wandel“, sagt Atqittuq. „Jetzt hat es auch die
Regierung kapiert und will, dass wir die Region
beschützen. Warum nicht? Wir sind stolze Ka-
nadier.“ Er grinst. „Wären wir doch bloß gut
genug für anständigen Handyempfang.“
A
nfang Mai reiste US-Au-
ßenminister Mike Pom-
peo nach Rovaniemi. In
Lapplands Hauptstadt
hielt er eine Rede vor
dem Arktischen Rat.
Die Organisation be-
steht aus den acht Ark-
tisstaaten Dänemark,
Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland,
Schweden und USA. Dazu kommen Vertreter
der indigenen Völker der Region und nichtark-
tische Staaten mit Beobachterstatus, unter
ihnen auch Deutschland. Seit etwa 20 Jahren
fördert der Rat die internationale Zusammen-
arbeit und Maßnahmen gegen den Klimawan-
del. Beides wird von der derzeitigen US-Regie-
rung nicht sonderlich geschätzt.
„Es ist an der Zeit, dass Amerika als Polarstaat
Verantwortung übernimmt und die arktische
Zukunft mitgestaltet“, erklärte Pompeo auf einer
Veranstaltung vor Beginn des Treffens. „Denn
die Arktis ist nicht das öde Hinterland, für das
sie lange gehalten wurde ... Sie steht ganz vorn,
was Chancen und Reichhaltigkeit angeht.“
Pompeos Rede signalisiert ein Umdenken der
USA: Was einst als eisige Öde galt, bietet plötz-
lich Chancen für Pioniere und Investoren. Kurz:
Die Arktis lässt sich wirtschaftlich nutzen.
Schon lange vermuten Forschungsreisende,
Spekulanten und Wissenschaftler reiche Boden-
schätze unter dem Polareis sowie potenzielle
Seewege oberhalb des 66. Breitengrads. Doch
tödliche Kälte, lähmende Dunkelheit und rie sige
Entfernungen verhinderten bislang die Ausbeu-
tung der Region.
Heute ist die arktische Landschaft grüner, als
man es sich vorstellen mag. Es gibt weniger Ka-
ribus und Rentiere, dafür wärmere Sommer und
mehr Mücken. Die bedrohlichste Veränderung
findet auf dem Meer statt. Dort verschwindet
das im Meer treibende Sommereis. Das Ausmaß
ist gigantisch, und manche Forscher glauben,
dass sich der Prozess beschleunigt.
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