FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft MITTWOCH, 4. SEPTEMBER 2019·NR. 205·SEITE 17
dc. BERLIN, 3. September. Für Mütter
und Väter, die wegen ihrer Kleinkinder
beruflich kürzertreten, gibt es seit 2007
das Elterngeld. Nach Plänen von Famili-
enministerin Franziska Giffey (SPD) soll
der Staat künftig in ähnlicher Form auch
ein Pflegegeld zahlen, wenn Menschen
wegen pflegebedürftiger Angehöriger be-
ruflich kürzertreten. Ihr Ministerium prü-
fe gerade, „wie ein Konzept für ein Fami-
lienpflegegeld aussehen könnte“, kündig-
te sie am Dienstag an, veranlasst durch
einen für Sonntag geplanten „Aktions-
tag Pflegende Angehörige“. Ziel sei eine
„Art Lohnersatzleistung analog zum El-
terngeld, das über einen gewissen Zeit-
raum gezahlt wird und ermöglicht, dass
pflegende Angehörige weiter im Beruf
bleiben können“. Im Jahr 2015 hatten
Union und SPD die sogenannte Familien-
pflegezeit eingeführt. Sie gibt Arbeitneh-
mern gegenüber ihrem Arbeitgeber das
Recht, für Pflegeaufgaben in der Familie
bis zu zwei Jahre auszusteigen und die Ar-
beit dann wiederaufzunehmen. Zudem
erhalten sie verschärften Kündigungs-
schutz sowie das Recht auf ein zinsloses
Darlehen vom Staat; eine monatliche So-
zialleistung gibt es dafür aber noch nicht.
Die SPD hatte ein Pflegegeld im Wahl-
kampf 2017 gefordert, es aber im Koaliti-
onsvertrag nicht verankern können. Für
das Elterngeld erwartet Giffey in diesem
Jahr indes Ausgaben von 6,9 Milliarden
Euro. Daneben plant die Koalition gera-
de Entlastungen für Kinder, deren Eltern
im Heim gepflegt werden: Mit Jahresein-
kommen unter 100 000 Euro sollen sie
keine finanziellen Forderungen der Sozi-
alhilfeträger mehr fürchten müssen.
loe.BERLIN,3. September. Nach lan-
gem Streit haben sich CDU/CSU und
SPD auf ein umfassendes Paket für
mehr Tier- und Umweltschutz in der
Landwirtschaft geeinigt. An diesem
Mittwoch soll das Bundeskabinett drei
Beschlüsse fassen, hieß es am Dienstag
in Berliner Regierungskreisen. Dabei
geht es zum einen um das Tierwohl-
kennzeichen von Agrarministerin Julia
Klöckner (CDU), das im kommenden
Jahr eingeführt werden soll. Außerdem
auf der Tagesordnung steht das Insek-
tenschutzprogramm von Umweltminis-
terin Svenja Schulze (SPD), in dem es
auch um den Ausstieg aus dem umstrit-
tenen Unkrautvernichter Glyphosat
geht. Darüber hinaus ist eine Umschich-
tung der EU-Agrarsubventionen ge-
plant, so dass mehr Geld für die Förde-
rung einer nachhaltigen Landwirt-
schaft zur Verfügung stehen soll.
Mit Hilfe des Tierwohllabels sollen Su-
permarktkunden die Herkunft eines
Stücks Fleisch anhand eines staatlichen
Logos besser erkennen können. Die
Kennzeichnung soll zunächst nur für
Schweinefleisch gelten und in einem
zweiten Schritt auch auf Geflügel ausge-
weitet werden. Die wird, anders als von
der SPD gefordert, für den Handel frei-
willig sein. Die führenden Supermarkt-
ketten in Deutschland haben schon vor
längerer Zeit eigene Tierwohllabel ein-
geführt, die auf abgepacktem Frisch-
fleisch zu sehen sind. Diese gelten nicht
nur für Schweinefleisch, sondern auch
für andere Fleischsorten. Das staatliche
Tierwohllabel soll sich von ihnen da-
durch unterscheiden, dass die erste Stu-
fe schon über den gesetzlichen Mindest-
standard hinausgeht, die Schweine also
zum Beispiel mehr Platz haben müssen.
Zudem soll nicht nur die Haltung des
Tieres eine Rolle spielen, sondern auch
die Aufzucht und wie es transportiert
und geschlachtet wird.
Was den Ausstieg aus dem umstritte-
nen Unkrautvernichter Glyphosat an-
geht, gab es zwischen dem Umwelt- und
dem Landwirtschaftsministerium seit
Monaten Streit über den Zeitplan und
mögliche Ausnahmen. Sowohl Klöck-
ner als auch Schulze hatten eigene Plä-
ne vorgelegt, die unter anderem den
Einsatz von Glyphosat für Privateigen-
tümer und auf öffentlichen Flächen ein-
schränken. Neu ist, dass offenbar auch
die Verteilung der EU-Agrarsubventio-
nen neu geregelt werden soll. Bislang
ist deren Auszahlung vor allem an die
Fläche eines landwirtschaftlichen Be-
triebes geknüpft. Nun soll ein höherer
Prozentsatz daran geknüpft werden,
wie viel ein Landwirt für den Umwelt-
schutz und die Insektenvielfalt tut.
mas.BERLIN, 3. September. Verkehrs-
minister Andreas Scheuer (CSU) wirft
den gekündigten Maut-Betreibern wei-
terhin vor, unzulässig noch schnell Ver-
träge zu Lasten des Bundes abgeschlos-
sen zu haben. Diese seien nachweislich
erst nach Kenntnis der Betreiberpartei-
en von der Kündigung des Betreiberver-
trages erstellt, unterzeichnet und an den
Bund übersandt worden, hieß es am
Dienstag im Ministerium. Wie berichtet
(F.A.Z. vom 19. August), hatte Scheuer
die Verträge wegen „treuwidrigen Verhal-
tens“ der Betreiber ein zweites Mal ge-
kündigt. Kurz nach dem EuGH-Urteil
vom 18. Juni, welches das Ende der ge-
planten Maut bedeutete, hatte er dies
zum ersten Mal gemacht.
Insgesamt stößt sich das Ministerium
an acht Unterauftragnehmerverträgen
zwischen dem Betreiber und seinen Ge-
sellschaftern. „Sie bezogen sich auf Leis-
tungen, die nach Kündigung des Betrei-
bervertrages durch den Bund offensicht-
lich gegenstandslos waren“, hieß es. Die-
se Verträge seien ohne die erforderliche
vorherige Zustimmung des Bundes abge-
schlossen worden und hätten allein dem
Zweck gedient, nachträglich unberechtig-
te Entschädigungsforderungen gegen
den Bund richten zu können. Nach Anga-
ben von „Süddeutscher Zeitung“ und
„WDR“ geht es um 576 Millionen Euro.
Ein Sprecher der Betreiberfirma Autoti-
cket sagte: „Die Vorwürfe des Bundes
sind nicht neu und entbehren nach wie
vor jeglicher Grundlage.“ Die Verträge
bezögen sich auf Leistungen, die schon
in dem Angebot, das den Zuschlag be-
kommen habe, detailliert benannt wor-
den seien.
mas./tine. BERLIN/FRANKFURT, 3.
September. Das amerikanische Unterneh-
men IBM ist die wichtigste Beratungsge-
sellschaft der Bundesregierung. Das geht
aus einer Antwort des Bundesfinanzmi-
nisteriums auf eine Frage des Linken-Ab-
geordneten Matthias Höhn hervor. Die
deutsche Tochtergesellschaft des Kon-
zerns aus dem Bundesstaat New York er-
reichte demnach im ersten Halbjahr Ver-
träge über Beratungs- und Unterstüt-
zungsleistungen mit einem Auftragswert
von 115,2 Millionen Euro. An zweiter
Stelle steht die IT-Beratungsgesellschaft
Conet mit 79,5 Millionen Euro. Dahinter
folgt Pricewaterhouse Coopers mit 55,
Millionen Euro.
Wie die Parlamentarische Finanzstaats-
sekretärin Bettina Hagedorn (SPD) her-
vorhebt, gibt es in den Ministerien keine
einheitliche Definition für Beratungs-
und Unterstützungsleistungen. Deshalb
könne nicht davon ausgegangen werden,
dass die Angaben aus den verschiedenen
Ministerien miteinander vergleichbar sei-
en. Der Linken-Politiker Höhn forderte
die Bundesregierung auf, den Bürgern zu
erklären, „wieso Abermillionen an Steuer-
geldern auf den Konten dieser externen
Berater landen“. Dass auf der Liste mit
den zehn größten Beratungs- und Unter-
stützungsleistungen auch Accenture und
Orphoz GmbH – eine Tochtergesellschaft
von McKinsey – stehen, nannte er pikant,
da ein Untersuchungsausschuss derzeit
die Rolle von Accenture und McKinsey in
der Bundeswehr-Berateraffäre untersu-
che. „Dieser Einfluss umstrittener Unter-
nehmen hinterlässt, gelinde gesagt, ein
bitteres Geschmäckle.“ Insgesamt hat der
Bund mehr als 500 Beraterverträge abge-
schlossen. Ein großer Teil entfällt auf die
IT-Beratung. Wie viele Großunterneh-
men auch können die Ministerien und
ihre nachgelagerten Behörden viele
Schwierigkeiten nicht allein stemmen,
die sich durch die Digitalisierung und die
neue Datenwelt stellen. Am meisten Geld
gibt das Verteidigungsministerium für ex-
terne Berater aus – im ersten Halbjahr wa-
ren es ungefähr 155 Millionen Euro und
damit fast genau so viel wie alle anderen
Ministerien zusammen. Das Innenminis-
terium hat rund 79 Millionen Euro für Be-
ratungs- und Unterstützungsleistungen
gezahlt, auf das Konto des Verkehrsminis-
teriums entfallen immerhin noch knapp
48 Millionen Euro.
Die Beraterausgaben der Ministerien
stoßen regelmäßig auf Kritik. Vor allem
das Verteidigungsministerium hat für Em-
pörung gesorgt, weil es mehrfach gegen
das Vergaberecht verstieß. Seit Januar be-
fasst sich ein Untersuchungsausschuss
des Bundestages mit den Beraterausga-
ben des Verteidigungsministeriums. Am
- Dezember sollen die ehemalige Vertei-
digungsministerin Ursula von der Leyen
und ihre frühere Staatssekretärin Katrin
Suder vor dem Ausschuss erscheinen. Der
Bundesverband Deutscher Unterneh-
mensberater wehrt sich gegen die These,
dass der deutsche Staat „kaputtgespart“
wurde und nun externen Beratern hilflos
ausgeliefert ist. Die Honorare im öffentli-
chen Sektor seien im Schnitt niedriger als
in der Privatwirtschaft. Übliche Stunden-
sätze für Berater im öffentlichen Sektor
liegen nach seinen Angaben zwischen
100 und 190 Euro.
ppl.LONDON, 3. September. Die politi-
schen Turbulenzen und Brexit-Wirren im
Vereinigten Königreich belasten den
Pfundkurs. Am Dienstag sank der Außen-
wert der britischen Währung im Handels-
verlauf unter 1,20 Dollar und damit auf
den niedrigsten Kurs seit drei Jahren.
Auch gegenüber dem Euro verlor das
Pfund leicht und lag zeitweise unter 1,
Euro, während im Parlament in Westmins-
ter die Schlacht um den Brexit-Kurs be-
gann: Als die Johnson-Regierung durch
den Austritt des Abgeordneten Phillip
Lee ihre Mehrheit verlor, stieg der Pfund-
kurs auf ein Tageshoch. Der Premiermi-
nister wird seit Tagen und Wochen von
der Opposition und von Tory-Rebellen an-
gegriffen, die seinen harten Brexit-Kurs
ablehnen. Nun will die Opposition versu-
chen, per Gesetz einen Austritt aus der
Europäischen Union ohne Abkommen
(No-Deal-Brexit) zu verhindern.
Die britische Wirtschaft zittert, dass es
zu einem chaotischen EU-Ausstieg kom-
men könnte. Seit dem Frühjahr ist die
Konjunktur deutlich gebremst, was an
Brexit-Unsicherheit, aber ebenso an dem
eskalierenden Handelskrieg zwischen
den Vereinigten Staaten und China liegt.
Nach einem starken Jahresauftakt ist das
Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal
leicht geschrumpft. Jüngste Daten aus der
Industrie weisen auf eine schlechte Ent-
wicklung hin, der Einkaufsmanagerindex
sank auf den niedrigsten Wert seit sieben
Jahren. Aus der Bauindustrie wurde ein
weiterer Verfall des Stimmungsbarome-
ters im Juli gemeldet.
Dagegen hielt sich der Dienstleistungs-
sektor, der ungefähr 80 Prozent der briti-
schen Wirtschaft ausmacht, bislang ganz
robust. Das liegt auch am privaten Kon-
sum und der guten Arbeitsmarktlage mit
Rekordbeschäftigung und dem stärksten
Lohnwachstum seit elf Jahren. Nun mel-
det der Einzelhandel jedoch eine Flaute.
Laut dem Handelsverband British Retail
Consortium (BRC) waren die Umsätze
im August „flach“. „Die größere wirt-
schaftliche und politische Unsicherheit
hat die Verbrauchernachfrage runtergezo-
gen“, sagte die BRC-Chefin Helen Dickin-
son.
Umstritten ist, ob Brexit-besorgte Ver-
braucher Vorräte anlegen. Es gibt Anek-
doten von Leuten, die größere Mengen
Reis, Nudeln und Konserven horten, weil
sie befürchten, nach einem chaotischen
Brexit könnte es Versorgungsengpässe ge-
ben. Laut einer Umfrage des Zahlungs-
dienstleisters Barcleycard soll jeder fünf-
te Bürger schon etwas gehortet haben. Im
Juli hieß es nach einer Umfrage, die Bür-
ger hätten für mehr als 4 Milliarden Pfund
Hamsterkäufe getätigt – vor allem von Le-
bensmitteln. Doch diese Zahl basierte
aber auf einer fehlerhaften Hochrech-
nung, wie Faktenprüfer zeigten. „Wir se-
hen in den Verkaufszahlen keine Belege
für individuelle Vorratsanhäufung. Und
es gibt auch keinen Grund für Verbrau-
cher, das zu tun“, stellte Andrew Opie
klar, Direktor der Abteilung Lebensmittel
beim BRC. Die Händler hätten ausrei-
chend große Lager, schwierig könnte es
bei einem No-Deal-Brexit nur mit fri-
schem Obst und Gemüse vom Kontinent
werden. Susan Barratt vom Verein IDG,
der Lebensmittelhändler berät, sieht bis-
lang nur einen minimalen Einfluss des
Brexits auf das Käuferverhalten. Zwar nä-
here sich das Brexit-Datum 31. Oktober,
„aber nur 3 Prozent der Käufer sagen,
dass sie begonnen haben, Vorräte für die-
sen Zweck anzulegen“, sagte Barratt.
Die deutschen Unternehmen, die Wirt-
schaftsbeziehungen mit der Insel haben,
stellen sich auf einen Brexit am 31. Okto-
ber ein. Der Pharmakonzern Bayer bei-
spielsweise bereitet sich mit zusätzlicher
Lagerhaltung vor. „Wir sind auf alle Sze-
narien vorbereitet“, erklärte ein Sprecher.
So sollen Risiken begrenzt werden, zum
Beispiel Verzögerungen an den Grenzen
aufgrund von Zollformalitäten. Ein briti-
scher Regierungsbericht warnte vor kur-
zem vor langen Warteschlangen und mög-
lichen Versorgungsengpässen.
pwe.TOKIO, 3. September. Auf den es-
kalierenden Handelskrieg zwischen den
Vereinigten Staaten und China sucht Süd-
korea eine kluge Antwort. Das Land wol-
le durch neue Freihandelsverträge mit
Schwellenländern seine Abhängigkeit
von den beiden Schwergewichten im Welt-
handel verringern, erklärte das Handels-
ministerium in Seoul.
Das ist leichter gesagt als getan: Südko-
rea wickelte im vergangenen Jahr 24 Pro-
zent seines gesamten Außenhandels mit
China ab und weitere 12 Prozent mit den
Vereinigten Staaten. Mit Abstand sind
das die größten Handelspartner, danach
folgen Japan mit 7,5 Prozent und Viet-
nam mit 6 Prozent. Die Zahlen verdeutli-
chen, dass der Versuch, den Außenhandel
stärker zu streuen, wenn überhaupt nur
auf sehr lange Sicht Erfolg haben kann.
Die Zahlen zeigen auch, warum der aktu-
elle Handelskrach mit Japan, dem dritt-
größten Handelspartner, für Südkorea so
bedrohlich wirkt.
Dabei ist Südkorea schon heute wie Me-
xiko eines der Länder, die sich durch Frei-
handelsverträge am meisten dem freien
Warenhandel geöffnet haben. 15 Freihan-
delsverträge zählt das Land, darunter mit
China und den Vereinigten Staaten, mit
der Europäischen Union und den Staaten
des Efta-Raums, mit Indien, Australien
und dem Asean-Bund. Seoul ist damit
aber nicht zufrieden und arbeitet weiter
an neuen Freihandelsverträgen – gerade
erst einigte die Regierung sich auf den
Freihandel mit Israel. Wenn alles gutgeht,
werden bis November spezielle Freihan-
delsverträge mit den Asean-Staten Indo-
nesien, Malaysia und Philippinen fertig
sein. Den für die kommenden Wochen
wichtigsten Freihandelsvertrag aber un-
terzeichnete Südkorea im August mit
dem Vereinigten Königreich. Wenn die
Briten wahrscheinlich Ende Oktober die
Europäische Union verlassen, wird Südko-
rea mehr oder weniger unter den gleichen
Bedingungen wie derzeit Waren ins Verei-
nigte Königreich liefern oder von dort be-
ziehen können. Die Regierung in Seoul
macht Druck, dass der Vertrag noch recht-
zeitig vorher das Parlament passieren
wird. Mit einem Handel im Umfang von
13,2 Milliarden Dollar im vergangenen
Jahr oder 1,2 Prozent des gesamten südko-
reanischen Handelsvolumens steht das
Vereinigte Königreich zwar nur auf Rang
21 der wichtigsten Handelspartner des
Landes. Zum Vergleich: Deutschland mit
2,7 Prozent teilt sich mit Australien und
Saudi-Arabien Rang sieben. Dennoch
bringt der vorbeugend geschlossene Frei-
handelsvertrag mit dem Vereinigten Kö-
nigreich den südkoreanischen Unterneh-
men ein wenig mehr Ruhe in den turbu-
lenten Wochen nach dem Brexit.
Diese vorausblickende Handelspolitik
zeichnet Südkorea in Asien derzeit aus.
Bislang ist kein anderes asiatisches Land
durch einen Freihandelsvertrag mit dem
Vereinigten Königreich auf den Brexit vor-
bereitet. Australien und Neuseeland ha-
ben nach Angaben der britischen Regie-
rung Verträge zur wechselseitigen Aner-
kennung von Produktstandards geschlos-
sen. Immerhin.
Giffey plant neues
Familien-Pflegegeld
jch.FRANKFURT, 3. September. Seit
zwei Monaten gehören Elektroroller vie-
lerorts zum Stadtbild in Deutschland
und werden für manche schon zu einem
Feindbild angesichts versperrter Wege,
heftiger Unfälle und betrunkener Fahrer.
Das Umweltbundesamt (UBA) kritisiert
den Einsatz von mehreren zehntausend
Miet-Elektrorollern in den Großstädten
an einer weiteren Stelle. „Die gefahre-
nen Strecken sind meist sehr kurz und
können regelmäßig auch zu Fuß, mit
Bus, Bahn oder Fahrrad bewältigt wer-
den“, sagte die Präsidentin des UBA, Ma-
ria Krautzberger. Die Mietroller machen
für die Behörde den Verkehr in den In-
nenstädten bisher kaum umweltfreundli-
cher und wären in Außenbezirken besser
aufgehoben. Werde der E-Scooter an-
statt der eigenen Füße oder des Fahrrads
benutzt, sei das schlecht für Umwelt und
Gesundheit, lautet das Urteil.
Gleichzeitig hält das Umweltbundes-
amt die Ökobilanz der Elektroroller für
deutlich besser im Vergleich zu Autos.
Darauf verweisen die Verleiher der Miet-
roller. „Wir müssen Autofahrer dazu er-
mutigen, dass Auto stehen zu lassen und
andere Verkehrsmittel zu nutzen, wenn
wir die umweltschädliche Überlastung
der Straßen stoppen wollen“, teilt etwa
Circ der F.A.Z. mit. Das Hauptproblem
der Verkehrswende und der Verbesse-
rung der Lebensqualität sei die hohe
Zahl privater Autos. Circ arbeitet daran,
seine Roller sicherer und langlebiger zu
machen, um mit längerer Akkulaufzeit
und austauschbaren Batterien den ökolo-
gischen Fußabdruck zu verringern. Oh-
nehin dürfte es im Interesse der Anbie-
ter selbst sein, dass die Elektroroller lang
halten. Das UBA schlägt vor, zum Ver-
leih nur E-Scooter mit guten Umweltkri-
terien zuzulassen, wie die Austauschbar-
keit der Akkus und eine lange Lebenser-
wartung.
Verleiher Tier hält einen Vergleich der
Ökobilanz von Roller und Rad für wenig
zielführend: „Nach dieser Logik könnte
man auch Fahrradfahrern vorhalten, sie
hätten eine schlechtere Ökobilanz als
Fußgänger.“ Die Mietroller sollen die ers-
te und letzte Meile im Mobilitätsmix
sein, Rad, Bus und Bahn ergänzen und
so laut Tier eine Alternative zum Auto
sein. Der Verleiher verweist darauf, dass
es für Deutschland noch keine empiri-
sche Erhebung gebe, welche Transport-
mittel durch Elektroroller ersetzt wer-
den, und ausländische Studien unter-
schiedliche Resultate brächten. So haben
in San Francisco 40 Prozent der Befrag-
ten angegeben, dass sie anstelle des Leih-
rollers ein motorisiertes Fahrzeug ge-
nutzt hätten. Das UBA nennt eine Um-
frage, wonach in Paris nur acht Prozent
mit dem geliehenen E-Scooter eine
Auto- oder Taxifahrt ersetzt hätten.
Ob Elektroroller eines Tages die Ver-
kehrswende vorantreiben? Darauf setzt
die Berliner Senatsverwaltung für Um-
welt, Verkehr und Klimaschutz nicht: „Ei-
nen Beitrag zur Verkehrswende, also zu
deutlich mehr Lebensqualität in den
Städten, wird es daher nur und in erster
Linie mit deutlich weniger Autos und
mit mehr ÖPNV, Rad- und Fußverkehr
geben.“ Daher sei im Berliner Mobilitäts-
gesetz der Vorrang für den Umweltver-
bund aus Bahn-, Bus-, Rad- und Fußver-
kehr verankert. Gegenüber 1,2 Millionen
zugelassenen Autos in der Hauptstadt ist
die Zahl von bis zu 9000 Miet-Elektrorol-
lern gering. Welche Rolle diese dauer-
haft im Verkehrsmix der Städte spielen
können und spielen werden, ist für die Se-
natsverwaltung noch nicht ausgemacht.
Die Stiftung Warentest hält ähnlich
wie das UBA den Beitrag von Miet-Elek-
trorollern zu einem sauberen Stadtver-
kehr für bisher überschaubar. Da jede
Nacht E-Scooter oft von Transportern
eingesammelt werden, an zentraler Stel-
le geladen und gewartet und dann früh-
morgens wieder auf die Straße gebracht
werden, enttäuschten die Miet-Scooter
Hoffnungen auf ein umweltfreundliches
Verkehrsmittel bisher noch, teilte die Stif-
tung Warentest mit. Auch seien die Prei-
se oft hoch, und die Apps würden häufig
mehr Daten als notwendig sammeln.
Koalition einig zu Tierwohllabel
Auch zu Glyphosat zeichnet sich eine Lösung ab
Scheuer attackiert
Maut-Betreiber
Die Bundesregierung kauft gern IBM-Expertise ein
Neue Angaben zu Beratungs- und Unterstützungsverträgen / Linken-Politiker beklagt bitteres Geschmäckle
Brexit-Gegner protestieren vor dem Amtssitz von Premierminister Boris Johnson in der Downing Street. Foto AFP
Warum Südkorea den Brexit nicht fürchten muss
In Asien hat nur ein Land einen Freihandelsvertrag mit dem Vereinigten Königreich geschlossen
dc.BERLIN, 3. September. Deutschlands
Schulen sind sicherer geworden – die Zahl
der Schulunfälle geht zurück. Das zeigt die
neue Jahresbilanz des Spitzenverbands
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversi-
cherung (DGUV). Zwar wurden demnach
im vergangenen Jahr 1,27 Millionen Mal
Schüler auf dem Gelände ihrer Schule so
stark verletzt, dass ein Arzt eingeschaltet
wurde. Das entspricht aber einem Rück-
gang um 50 000 Fälle gegenüber 2017 und
sogar um 80 000 Fälle gegenüber 2016.
Der Spitzenverband vertritt sowohl die
staatlichen Unfallkassen als auch die für
Arbeitsunfälle und Arbeitsplatzsicherheit
zuständigen Berufsgenossenschaften, die
sich durch Umlagen der Arbeitgeber finan-
zieren. Letztere registrierten im vergange-
nen Jahr insgesamt 877 000 Arbeitsunfäl-
le. Diese Zahl hat sich im Vergleich zum
Vorjahr geringfügig um 0,4 Prozent er-
höht.
Das rechnerische Unfallrisiko am Ar-
beitsplatz hat sich dennoch deutlich er-
höht, von 13,6 auf 14,8 Unfälle je eine Mil-
lion Arbeitsstunden. Ursache sei aber ein
statistischer Sondereffekt, erläuterte der
neue DGUV-Hauptgeschäftsführer Stefan
Hussy: Durch eine digitale Datenübermitt-
lung sei 2018 die Zahl der Arbeitsstunden
erstmals genauer erhoben worden – was
die gemessene Stundenzahl um 9 Prozent
sinken ließ. Die Zahl der Unfälle verteilt
sich nun auf weniger Stunden. „Das Unfall-
risiko steigt auf dem Papier“, sagte Hussy.
Der durchschnittliche Beitragssatz, den
Arbeitgeber an die Berufsgenossenschaf-
ten ihrer jeweiligen Branche zahlen, sank
2018 von 1,16 auf 1,1 Prozent. Auch dahin-
ter steht Hussy zufolge aber ein Sonderef-
fekt: Mit einer Fusion von Chemie-Berufs-
genossenschaften änderte sich dort die Ab-
rechnungsperiode, was einmalig auch den
Gesamtdurchschnittssatz drückte.
sibi./Reuters.FRANKFURT, 3. Septem-
ber. In der kommenden Woche trifft sich
der EZB-Rat in Frankfurt und könnte
über ein neues Lockerungspaket für die
Geldpolitik in Europa entscheiden. Mitt-
lerweile mehren sich allerdings die Signa-
le, dass zumindest einige der obersten
Euro-Währungshüter weiteren Zinssen-
kungen gegenüber offener wären als aber-
maligen Anleihekäufen.
Die Nachrichtenagentur Reuters berich-
tete unter Berufung auf nicht genannte
Quellen, noch sei nichts entschieden.
Aber eine Senkung des Einlagensatzes,
begleitet von Erleichterungen für Ban-
ken, sowie eine abermalige Änderung des
Ausblicks seien wahrscheinlich Teil des
Pakets. Manche Notenbanker unterstütz-
ten auch eine Wiederauflage der umfang-
reichen Anleihekäufe, aber es gebe Wider-
stand von wichtigen Ländern aus dem
Norden des Euroraums, was die Beratun-
gen erschwere. Robert Holzmann, der
neue Notenbankchef aus Österreich, hat-
te sich grundsätzlich gegen eine expansi-
ve Geldpolitik ausgesprochen, es solle
eher in die Gegenrichtung gehen. Bundes-
bankpräsident Jens Weidmann hatte der
F.A.S. gesagt, er mahne bei Staatsanleihe-
käufen besondere Vorsicht an, weil sie die
Trennlinie zwischen Geldpolitik und Fis-
kalpolitik zu verwischen drohten. Der
Chef der niederländischen Notenbank,
Klaas Knot, äußerte, er sehe aktuell keine
Notwendigkeit für mehr Staatsanleihekäu-
fe: Die Euro-Wirtschaft entwickele sich
nicht so schwach. Auch EZB-Direktori-
umsmitglied Sabine Lautenschläger sag-
te, sie sehe derzeit keine Notwendigkeit,
die Anleihekäufe auszuweiten. Dies wäre
nur im Falle einer drohenden Deflation
gerechtfertigt, diese sei aber nirgendwo in
Sicht. Zinssenkungen hingegen seien Teil
der herkömmlichen Geldpolitik.
Weniger Unfälle in Schulen
„Das Unfallrisiko steigt auf dem Papier“
Umweltbehörde bemängelt
Ökobilanz von E-Scootern
Verleiher verweisen auf Umweltschädlichkeit von Autos
Nervosität vor der großen Brexit-Schlacht
EZB-Paket ohne Anleihekäufe?
Notenbankchef Draghi scheint mit Widerstand zu kämpfen
Was passiert, wenn die Briten
die EU ohne Abkommen
verlassen? Der Pfundkurs gibt
nach – und manche Briten
decken sich mit Vorräten ein.