Miba - September 2019

(Brent) #1

der DB mit Scheibenbremsen und zu-
sätzlich als einzige Diesellokomotive
der DB mit Magnetschienenbremsen
ausgerüstet. Eine hydrodynamische
Bremse war nicht vorgesehen. Die
elektrische Ausrüstung, die von BBC,
Mannheim, entwickelt und geliefert
wurde, entspricht in ihren Grund sätzen
der Ausführung, wie sie auch bei der
V 160 bzw. V 200.1 zum Einsatz kam.
Für die Beheizung von Reisezügen
sowie zur Vorwärmung und Warm-
haltung der Maschinenanlagen diente
ein ölgefeuerter Zwangsdurchlaufkes-
sel der Firma Hagenuk mit einer
Dampfleistung von 1200 kg/h. Zur Un-
terstützung der Licht-Anlassmaschinen
und des elektrisch angetriebenen Luft-
pressers im normalen Betrieb, insbe-
sondere aber während des Vorwär-
mens der Maschinenanlagen, war ein
luftgekühlter 22-PS-Hilfsdieselsatz ein-
gebaut.
Aufgrund der Weiterentwicklung im
Dieselmotorenbau konnte die Lok durch
die Verwendung zweier Daimler-Benz-
Motoren MB 839 Bb mit Aufladung letzt-
endlich mit einer Gesamtleistung von
2940 kW (4000 PS) realisiert werden.
Damit war die V 320 001 bei ihrer Fer-
tigstellung 1962 die stärkste Einrah-


men-Diesellokomotive der Welt und er-
reichte etwa die Leis tungsfähigkeit der
elektrischen Lokomotiven der DB-Bau-
reihe E 41.
Am 30. Dezember 1962 rollte der
Prototyp von Kassel zum BZA Mün-
chen, welches die Maschine einem um-
fangreichen Versuchsprogramm im
süddeutschen Raum unterzog. Nach
ihrer Abnahme am 6. September 1963
gelangte die Lok dann zum Bw Hamm/
Westf., von wo aus sie zusammen mit
der V 300 001 zwischen Hamm/Westf.
und Hannover beziehungsweise Braun-
schweig zum Einsatz kam. Mit einer
Leistung von 900 Kilometern war die
Lokomotive dabei täglich rund 20 Stun-
den unterwegs.
Aufgrund ihrer Bewährung ent-
schloss sich die DB, den Einzelgänger
für zehn Jahre anzumieten. Eine Be-
schaffung weiterer Maschinen dieser
Baureihe wurde jedoch trotz der guten
Beurteilung durch das Personal und
den Werkstättendienst nicht eingeleitet.
Auch der Versuch der Firma Henschel,
Ende der Sechzigerjahre der DB eine
kleinere Serie V 320 für den Einsatz auf
der Vogelfluglinie und der Schwarz-
waldbahn zu verkaufen, war nicht er-
folgreich. 1965 wurde die V 320 001

zum Bw Kempten umbeheimatet. Dort
kam sie bis zum Ende ihrer Mietzeit, ab
1968 in 232 001 umgenummert, im
schweren Schnellzugdienst vorrangig
auf der Allgäubahn zum Einsatz.
Da der Mietvertrag nicht verlängert
wurde, kehrte die 232 001 – sie hatte
während ihrer DB-Zeit ca. 1,4 Mio. Ki-
lometer zurückgelegt – am 30. Juni
1975 zum Herstellerwerk nach Kassel
zurück. Dort wurde sie zunächst gründ-
lich überholt, bevor sie an ihren neuen
Eigentümer übergeben wurde, der zwi-
schenzeitlich mit der Hersfelder Kreis-
bahn (HKB) gefunden werden konnte.
Als V 30 kam sie – nunmehr gelb orange
lackiert – ab dem 1. April 1976 im Ka-
liverkehr auf der steigungsreichen
HKB-Strecke zwischen Bad Hersfeld
und Heimboldshausen zum Einsatz.
Anfang 1989 ging sie in den Besitz
der Teutoburger Wald-Eisenbahn
(TWE) über, die den leistungsstarken
Einzelgänger für die Bespannung
schwerer Stahlzüge verwendete. Diese
verkehrten durchschnittlich dreimal
pro Woche zwischen Hanekenfähr (bei
Lingen) und Paderborn Nord, womit
die bei der TWE wieder als V 320 be-
zeichnete Henschel-Lokomotive noch-
mals auf DB-Gleise zurückkehrte.

Kein Aprilscherz: Ab dem 1.4.1976 kam das Einzelstück in
leuchtend-oranger Lackierung bei der Hersfelder Kreisbahn
zum Einsatz. Hier bespannte sie als V 30 schwere Kalizüge
auf den steigungsreichen Strecken der HKB. Im Bild trägt
sie bereits das moderne Logo der HKB.
Foto: Ludwig Fehr

Links: Seit dem Jahr 2000 stand die Lok im Dienst der Gleis-
baufirma Wiebe. In nicht minder auffälliger Lackierung in
Gelb mit unübersehbaren Logos, aber wieder mit der tradi-
tionsreichen Ursprungsnummer bezeichnet, war sie sicher-
lich das Highlight unter den Wiebe-Loks. Hier zu sehen am
22.6.2003 im Hauptbahnhof Fürth.
Foto: MK
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