Der Stern - 15. August 2019

(Barré) #1
FOTOS:

BERND

BEUTNER/BILD

ZEITUNG;

JÜRGEN

MAHNKE

/BILD

ZEITUNG

N


ur wenigen Menschen wird ein
unbeschwertes Leben in die Wie-
ge gelegt. Bei Alexander Falk
schien es lange Zeit, als zähle er
zu dieser seltenen Spezies. Sei-
nem Vater gehörte der berühm-
te Stadtplan-Verlag, der Filius wuchs in
Hamburg-Blankenese auf, segelte Regat-
ta, spielte Hockey, seine Jugend sei „herr-
lich sorgenfrei“ verlaufen, erklärte er
einmal. Als der Vater starb, veräußerte er
den Verlag, stieg in die New Economy ein,
brachte es zum Multimillionär – und
kaufte schließlich eine Bank. Mit Anfang
30 zählte Alexander Falk zu den 100 reichs-
ten Deutschen.
Was kann da noch passieren?
Vor wenigen Tagen ist Falk nun 50 Jahre
alt geworden, doch „Sascha“, wie seine
Freunde ihn nennen, hat diesmal nicht ge-
feiert. Seit fast einem Jahr sitzt er in Frank-
furt in Untersuchungshaft. Ihm werden
versuchte Anstiftung zum Mord sowie An-
stiftung zu gefährlicher Körperverletzung
vorgeworfen: Falk soll die Tötung eines
Frankfurter Anwalts in Auftrag gegeben
haben. Zum Mord kam es nicht. Aber der
Jurist wurde 2010 von einem Unbekann-
ten durch einen gezielten Schuss in den
Oberschenkel schwer verletzt.
Am 21. August beginnt vor dem Frank-
furter Schwurgericht der Prozess gegen den
Spross aus der Hamburger Hautevolee. Die
Anklage stützt sich vor allem auf die
Aussage zweier Belastungszeugen aus dem
kriminellen Milieu sowie auf eine Ton-
bandaufnahme, auf der sich Alexander Falk
erfreut über den Schuss auf den Juristen
äußert. Dass auf dem Band seine Stimme
zu hören ist, steht außer Frage, den Vorwurf
aber, einen Anschlag in Auftrag gegeben zu
haben, weist Falk vehement zurück. Die
Verteidigung setzt auf Freispruch.
Mordauftrag oder Räuberpistole? Diese
entscheidende Frage führt weit in die Ver-
gangenheit des Millionärssohns zurück.
Denn es ist nicht das erste Mal, dass Falk
in Haft sitzt. Vor Jahren kam er schon ein-
mal mit dem Gesetz in Konflikt: Damals
wurde ihm vorgeworfen, die Bilanz seiner
Firma Ision aufgeblasen zu haben, bevor
diese für sagenhafte 762 Millionen Euro an
das britische Unternehmen Energis
verkauft wurde. 2008 fiel das Urteil des
Hamburger Landgerichts: Weil sich der
Schaden beim Käufer nicht beziffern ließ,
wurde Falk „nur“ wegen versuchten Be-
trugs verurteilt – zu vier Jahren Haft.
Seinerzeit saßen auch Anwälte der inter-
nationalen Großkanzlei Clifford Chance
im Gerichtssaal. Sie waren von Energis ent-
sandt –darunterWolfgang J., jener Jurist,

Am 4. September 2018 wurde Alexander Falk in seinem
Büro verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, hinter dem Anschlag
auf einen Anwalt zu stecken (unten der Tatort)

GESELLSCHAFT


Der Verlagserbe Alexander Falk soll versucht haben,


einen Auftragskiller anzuheuern. Kurz vor Prozessbeginn


gerät nun der Kronzeuge selbst in Verdacht


WEM WERDEN SIE


GLAUBEN?


Von Johannes Röhrig


48 15.8.2019
Free download pdf