Ratgeber Frau und Familie - September 2019

(Jacob Rumans) #1
FA M I L I E

9/2019 Ratgeber 127

nzufriedenheit und Ärgernisse mit
dem Lehrer sind normal und gehö-
ren – in einem gewissen Maße –
zum Schulalltag dazu. Grundsätzlich sollten
SchülerInnen ihre Konflikte mit den Lehrern
allein lösen. Sind diese aber unverhältnismä-
ßig oder ist der Nachwuchs noch zu klein,
um selbstständig Konfliktlösungen herbeizu-
führen, sollten Eltern genauer hinhören und
gegebenenfalls einschreiten. Hierbei gibt es
folgende Möglichkeiten:


Hilfe zur Selbsthilfe
Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, eigenstän-
dig Lösungen zu finden, um den Konflikt mit
dem Lehrer zunächst allein zu lösen. Auch
bei Grundschulkindern ist dies, wenn es sich
nur um kleinere Probleme handelt, möglich.
Hierbei ist es wichtig, sich genau von dem
Kind schildern zu lassen, wie die Situation
aussieht. Nehmen Sie, bei allem Verständnis
für die Gefühle Ihres Kindes, bewusst auch
einmal die Position des Lehrers ein. Er
nimmt Ihr Kind im Klassenverband ganz an-
ders wahr, als Sie selbst mit Ihrem Mutter-
herz. Oft bewirkt schon die Tatsache, dass
man über die Situation spricht und sich das
Kind ernst genommen fühlt, eine Lösung des
Knotens und alles ist am nächsten Tag nur
noch halb so schlimm. Vermitteln Sie Ihrem
Kind, dass es in der Schule, wie auch in der
Familie und überall, wo verschiedene Mei-
nungen aufeinanderprallen, schon mal Miss-
verständnisse und Ärger geben kann und
davon nicht sofort die Welt untergeht.


Ich habe in meiner langjährigen Erfahrung
als Lehrerin die Beobachtung gemacht, dass
viele Kinder mit der Erwartungshaltung in
die Schule kommen, dass Lehrer ausschließ-
lich dazu da sind, die Schüler zu bespaßen.
Da dies natürlich nicht der Fall ist und in
einem Klassenverband von teils über 30 Kin-
dern, die alle unterschiedlich sind, auf das
einzelne nicht besonders eingegangen werden


kann (auch wenn das wünschenswert wäre),
ist Frust aufgrund von mangelnder Beachtung
häufig vorprogrammiert. Besonders au f -
fällig ist dies bei dem Übergang von der
Grundschule, wo noch viel spielerischer und
intensiver mit den Kindern umgegangen
wird, auf die weiterführende Schule, auf der
dann ein anderer Wind weht und den Schü-
lerInnen mehr Leistung abverlangt wird. Sie
tun Ihrem Kind einen Gefallen damit, indem
Sie es nicht nur in der Entfaltung seiner In-
dividualität stärken, sondern auch seine
Gruppenkompatibilität fördern. Schließlich
muss es während der gesamten Schullauf-
bahn als Teil eines Ganzen funktionieren.

Das Gespräch mit dem Lehrer suchen
Wenn Ihr Nachwuchs die Konfliktsituation
nicht allein klären kann, sollten Sie das Ge-
spräch mit der Lehrkraft suchen. Hierbei ist
es sinnvoll, sich genau vorzubereiten. Über-
legen Sie sich im Vorfeld, was Sie fragen und
sagen wollen. Machen Sie sich am besten No-
tizen und scheuen Sie sich nicht, den Merk-
zettel zu dem Gespräch mitzunehmen, sonst
haben Sie vor Aufregung hinterher die Hälfte
vergessen. Der Lehrer hat schließlich auch
seine Anmerkungen in Bezug auf die ein -
zelnen Schüler in Form von Klassen- und
Notenbuch vor sich liegen. Lassen Sie sich
über einen Zeitraum von zum Beispiel zwei
Wochen täglich genau berichten, wann sich
welche Problemsituation zugetragen hat. No-
tieren Sie alles in Form eines Tagebuches. So
sind Sie gut gerüstet für ein sachliches und
konstruktives Gespräch.

Vermeiden Sie Vorwürfe und Belehrungen,
das hört niemand gerne und führt meist
dazu, dass sich die Fronten weiter verhärten.
Stellen Sie nicht die Kompetenz und die Au-
torität der Lehrkraft infrage (auch dann nicht,
wenn in Ihren Augen berechtigter Grund
dazu besteht). Beschränken Sie sich darauf,
die subjektive Wahrnehmung Ihres

Unterstützen
Sie Ihr Kind
dabei, eigen-
ständig Lösun-
gen zu finden,
um den Konflikt
mit dem Lehrer
zunächst allein
zu lösen

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