Ratgeber Frau und Familie - September 2019

(Jacob Rumans) #1
FA M I L I E

9/2019 Ratgeber 129

stattdessen kleinere Ziele, die eher realisier-
bar sind, wie „Ich werde ab sofort mit meiner
Tochter gemeinsam die Schultasche packen,
um sicherzustellen, dass alle benötigten
Schulsachen auch vorhanden sind.“


Ich habe als Lehrerin immer wieder mal er-
lebt, dass Eltern mit Konsequenzen drohen,
indem sie beispielsweise einen Rechtsanwalt
einschalten wollen, wenn ihr Kind nicht die
in ihren Augen angemessene Zeugnisnote
bekommt. Das ist der falsche Ansatz und ver-
giftet das Lehrer-Schüler-Verhältnis nach-
haltig. Der Lehrer sollte nicht als Feind wahr-
genommen werden.
Grundsätzlich gilt, warten Sie nicht zu lange:
Suchen Sie direkt zu Beginn eines Schuljah-
res den Kontakt zum Lehrer und nicht erst,
wenn Probleme auftauchen! Dann ist von
Anfang an eine gute Basis geschaffen und
auftretende Schwierigkeiten können früher
erkannt und leichter gelöst werden.


Schulleitung beziehungsweise Vertrauens-
lehrer „mit ins Boot holen“


Wenn alle Gespräche mit dem Lehrer nicht
fruchten, kann man im nächsten Schritt
einen Vertrauenslehrer und/oder die Schul-
leitung hinzuziehen. Oft sind die Fronten be-
reits so verhärtet, dass miteinander sprechen
nicht mehr hilft. Dann kann es durchaus
sinnvoll sein, eine dritte Person, als eine Art
Mediator, einzuschalten. Ihr gelingt es viel-
leicht eher, neutral und unvoreingenommen
zwischen beiden Parteien zu vermitteln und
eine für alle Seiten zufriedenstellende Eini-
gung zu erzielen.


Schulberatungsstelle aufsuchen
Sie können sich an eine schulpsychologische
Beratungsstelle oder eine Erziehungs- und
Familienhilfe in Ihrer Nähe wenden. Mög -
licherweise kann die Schule Ihnen dabei
helfen und Ihnen Adressen von geeigneten
Einrichtungen in der Umgebung nennen. Sie


sind bestimmt nicht die ersten Eltern mit
diesem Anliegen, also scheuen Sie sich nicht,
die Schulleitung beziehungsweise den Klassen-
oder Vertrauenslehrer darauf anzusprechen.

Einen Wechsel in Betracht ziehen
Wenn alle Gespräche fruchtlos bleiben und
die Situation festgefahren ist oder das Kind
inzwischen so frustriert ist, dass es nicht
mehr in die Schule gehen möchte, bleibt oft
nur ein Klassen- oder in letzter Konsequenz
ein Schulwechsel. Die Klasse zu wechseln
wäre der erste Schritt. Das kann gut funktio-
nieren, muss es aber nicht. Denn, auch wenn
der betreffende Lehrer, mit dem der Schüler
nicht klarkommt, in der neuen Klasse nicht
zu den unterrichtenden Lehrkräften gehört,
kann sich das jederzeit ändern. Dann geht
das Dilemma wieder von vorne los. Außer-
dem wissen die Kollegen über die Situation
bescheid und sind nicht ganz unvoreinge-
nommen. Daher ist es manchmal besser, auf
neutralem Boden an einer anderen Schule
neu zu beginnen. Dieser Schritt muss gut
überlegt sein und sollte die letzte Möglichkeit
darstellen. Mit dem Schulwechsel ist unter
Umständen auch der Verlust des Freundes-
kreises und damit des sozialen Rückhaltes
außerhalb der Familie verbunden. Abgese-
hen davon, spricht sich auch schnell herum,
dass das Kind auf der alten Schule mit den
Lehrern nicht klargekommen ist und hat so-
mit automatisch den Stempel „Problemschü-
ler“, was dann einem unbelasteten Neustart
im Wege stehen kann. Daher sollten weder
die Eltern noch das Kind den Grund für den
Schulwechsel an die große Glocke hängen.

Alles in allem lösen sich viele Probleme oft
von ganz allein, zum Beispiel durch einen
Lehrerwechsel, was häufig vorkommt. Oder
die Situation entspannt sich mit der Zeit.
Manchmal hilft es, das Problem auszusitzen.
Auch hier gilt, nichts wird so heiß gegessen,
wie gekocht.

Grundsätzlich
gilt, warten Sie
nicht zu lange:
Suchen Sie
direkt zu
Beginn eines
Schuljahres
den Kontakt
zum Lehrer
und nicht erst,
wenn Probleme
auftauchen
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