Ratgeber Frau und Familie - September 2019

(Jacob Rumans) #1
156 Ratgeber 9/2019

Leben aus. Nur mit ihrem Dialekt
haben wir etwas Mühe. Das recht
regnerische Wetter, das uns doch
manchmal zu schaffen macht, fin-
den sie für Oktober völlig normal.
Vielleicht hätten wir uns vorher
besser darüber informieren sollen,
dämmert es uns langsam ...
Am nächsten Morgen galoppieren
unsere Lieblinge auf uns zu, als wir
sie – bewaffnet mit zwei Eimern le-
ckerem Getreide – von ihrer Wiese
abholen. Wie wird uns warm ums
Herz! Beim Beladen müssen wir sie
immer wieder herzen. Wir brechen
früh auf, um vor einem erwarteten
Gewitter das Dorf Le Pont de
Montvert zu erreichen, das Steven-
son als den ersten Ort seiner Wan-
derung mit südländischem Flair
beschrieben hat: Cafés, gut gelaun-
te, schwätzende Leute. Wir sind
schon so gespannt!
Auf der Höhe vor Le Pont de Mon-
vert, der „Brücke am grünen Berg“,
überraschen uns Wind und heftiger
Regen auf einem schmalen, alpinen


Pfad. Die Esel ignorieren unser
doch so herzliches Verhältnis und
bleiben einfach stehen. Im strömen-
den Regen hilft alles Zerren, Brül-
len, Locken mit Brot und Früchten
und auch Stockschläge nicht. Mit
V-förmig gespreizten Vorderbeinen
stehen sie da. Nach einer halben
Stunde Stillstand wird uns kalt.
Ulrike und Meg lassen sich bewe-
gen, schon einmal zum Dorf hinab-
zusteigen und im ersten Café an der
Brücke, die dem Ort seinen Namen
gegeben hat, auf uns zu warten.

Gefahr im
strömenden Regen
Nach weiteren ratlosen 15 Minuten
gehen Macumba und Mouscade
plötzlich weiter. Unser Glück dauert
nur drei Minuten. Hinter einem
Tor geht es etwa 60 Zentimeter
hinab auf eine schräge, nasse Fels-
platte. Ich bin fast erleichtert, als
Macumba sich weigert, den gefähr-
lichen Sprung zu wagen. Ricarda

findet im strömenden Regen eine
Möglichkeit, das Tor zu umgehen.
Nun steigen wir zügig hinab zum
Dorf. Im Zentrum von Le Pont de
Montvert liegt – wie der Name
schon sagt – eine alte Brücke über
dem Flüsschen Tarn. Bevor wir in
das Café gehen können, müssen
wir ein Plätzchen für unsere launi-
schen Esel finden. Es ist Markt. Die
Besucher sind von unserem trauri-
gen Anblick eher amüsiert. Statt
Mitleid ernten wir dumme Sprüche
und erhalten die Information, auf
der anderen Seite des Flusses gebe
es eine umzäunte Wiese für Esel.
Das interessiert uns überhaupt
nicht! Wir müssen sie relativ weit
vom Café in einer Ecke, ohne
Schutz vorm Regen und mit dem
vollen Gepäck auf dem Rücken, an-
binden. Dort regt sich hoffentlich
keiner auf, wenn sie äpfeln.

Im Café herrscht lebhafte Stim-
mung, es gibt guten Kaffee und
Suppe. Wir rufen die Familie, in
deren Chalet wir die kommende
Nacht verbringen werden, an, und
sie sind gleich bereit, Ulrike und

Das malerische Dörfchen
Le Pont de Montvert
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