Selbst ist der Mann - September 2019

(Joyce) #1
D Lehmfarben
Der Trend zur Gesundheit ist
ungebrochen: Zunehmend
sollen auch Lehmfarben
ihren Anteil daran tragen,
jedoch nicht immer mi t dem
gewünschten Effekt.

P


raktisch heißt nicht immer besser:
Vermehrt trifft n1an im Handel auf
fix und fettig angemischte Lehn1farben.
Das ist selbstverständlich verarbei­
tungsfreundlich, da man sie wie übliche
Kunstharzfarbe direkt verstreichen
kann. Auch ist die Farbtonvielfalt kaun1
eingeschränkt und reicht nicht nur von

Das Angebot an Lehmfarbe
wird stetig größer und
die Verarbeitung einfacher

Graubeige bis Dunkelbraun. Der ver­
wöhnte Farbkunde findet also sogar
knallige Farbtöne, die jedoch immer
matt abtrocknen. Aber auch das liegt
im Trend - wer will schon glänzende
Latexflächen? Den Anspruch, mit den1
alteingesessene Lehrnputz- und
Lehtnfarbenhersteller angetreten sind,
erfüllen diese modernen Farben aber
weniger. Dem1 vvorin liegt die ursprüng­
liche Stärke von Lehmfarbe? Vor allem
natürlich soll sie sein, ökologisch wert­
voll und mit allen positiven Eigenschaf­
ten des Lehn1s ausgestattet: Der Neu­
tralisation schlechter Gerüche und
Schadstoffe, der Bindung von Wärme
und Feuchtigkeit und der schönen Sau­
berl<eit - denn Lehm lädtsich nicht auf
und zieht deshalb keinen Staub und
Schmutz an. Ebenso wie bei vielen

SCHON GEWUSST?

Inhaltstoffe von Lehmfarben
Lehm ist ein Gemisch aus verschie­
denen Sanden und TonmehL Na­
türlich ist dies der Hauptbestand­
teil einer jeden Lehmfarbe. ln der
Regel enthält sie daneben noch
Zellulosefasern, Kreide und zum
Teil Talkum. Die weiteren Inhalts­
stoffe hängen auch von der
Farbenart ab (siehe Kasten unten).
Trockenpulver lässt es meist mit
den genannten Stoffen bewenden.
Eine verarbeitungsfertig vorge­
mischte Lehmfarbe enthält jedoch
oft Konservierungsmittel wie Me­
thyl- und Benzisothiazolinon, ein
Biozid, das auch in herkömmlichen
Kunstharzfarben enthalten sein
kann, gleichfalls in Waschmitteln.
ln dem Zusammenhang sei noch
Titandioxid zu erwähnen, das
ebenfalls in Weißwaschmitteln als
Bleichmittel enthalten ist sowie in
fertig gemischten Wandfarben als

Weißmacher. Die aufgeführten
Konservierungsmittel können bei
empfindlichen Menschen haut­
und augenreizende Wirkung ha­
ben. Titandioxid soll nur gesund­
heitlich problematisch sein, wenn
man feine Staubpartikel davon
einatmet. Bei gebundener Farbe
schlecht möglich. Dennoch kann
man sagen, das Trockenpulver in
der Regel eine natürlichere Zusam­
mensetzung hat als fertig vorge­
mischte Farbe.

Natürliche Farbtöne �
Tonerden kommen von Natur I 0
aus in verschiedenen ö
�====---------- Farbtönen vor. ========---' u..

Natur- und Mineralfarben sind diese
positiven Eigenschaften geringfügig
verwässert worden, um die Allwender­
freundlichkeit und das Angebot zu er­
höhen und den Preis zu senken. Das
soll keinesfalls heißen, dass fertig an-

Bei klassischer Lehmfarbe
Pinsel und Bürste mit
Naturborsten verwenden1)

getnischte Lehmfarben keine dieser
positiven Eigenschaften hätten, nein,
nur zwangsläufig in geringerem Maße
wie klassisches Trocl<enpulver. Hiermit
kommt derverwöhnte Kunde allerdings
an seine Grenzen, ist er es doch nicht

mehr gewohnt, Wandfarbe n1it Wasser
anzumischen und aus ökologischen
Gründen nur • auf Erdfarbtöne angewie-
sen zu sem.
Wer hingegen Spaß am Mischen hat,
wird solche Farben vielleicht schätzen
lernen. Gleichfalls sollte er vor allem
dann auf den gesamten Wandaufbau
achten. Absperrender Ze1nentputz
hat unter Lehmfarbe genauso wenig
zu suchen wie schichtenweise Kleister
samt Tapeten - der Wandaufbau sollte
diffusionsoffen sein, sonst braucht man
obendrauf keine teure Lehmfarbe. Denn
letztlich ist es beim Anstrich wie bei der
Dämmung des Hauses: Man muss die
Wand als Ganzes betrachten.
1> Kunstfaserborsten nehmen die Lehmschlämme nicht so gut auf und hinterlassen eher Streichspuren.

I LEHMFARBEN IM ÜBERBLICK
TROC KEN PU LVER
Klassische Lehmfarbe besteht aus Pulver,
hauptsächlich TonmehL Als weitere Binde­
mittel sind Pflanzenstärke bzw. Zellulose
enthalten, als Füllstoffe für gute Deckung
Marmormehl und Kreide. Sind kräftigere
Farbtöne als die der Erden gefragt, kann
man mineralische Farbpigmente zuset­
zen. AHes rein natürlich. Pigmente stets
ins Trockenpulver einrühren und nicht zu
viel zugeben2}, sonst kreidet der Anstrich!
10 kg Pulver mit 7 bis 81 Wasser anrühren.

FERTI GGEMISCH
Relativ neu sind Lehmfarben, die fix und
fertig angemischt und in allen erdenkli­
chen Farbtönen lieferbar sind. Mittlerwei­
le bieten sogar Baumärkte unter ihren
Handelsmarken derartige Farben an.
Vorteil: Man kann direkt losstreichen und
das in gewohnt problemloser Manier.
Nachteil: So wie es auch den technischen
Merkblättern zu entnehmen ist, enthalten
solche Lehmfarben oft Konservierungs­
mittel. Ganz natürlich sind sie dann nicht.

SELBST GEMISCHT
Ein Teil Tonmeht zwei Teile Sand sind die
Hauptbestandteile. Wichtig für die Stre·ich­
fähigkeit ist die Feinheit des Sandes. Mit
feinem Marmormehl oder Quarzsand liegt
man richtig. Daneben kann man Kreide
zusetzen und als zusätzliches Bindemittel
Pflanzenstärke/Zellulose. Wird ein Farb­
ton verlangt, kommt Pigment hinzu. Alles
trocken durchrühren und dann langsam
mit Wasser richtig einstellen, ggf. weiteres
Tonmehl oder Pflanzenstärke beigeben.
2l Soll eine angemischte Farbe nachpigmentiert werden, müssen Sie die Pigmente vorher mit etwas Wasser verflüssigen, sonst klumptes -wie bei Mehlschwitze.

Abonnenten von "selbst ist der Mann11 erhalten den Ordner* komplett kostenlos frei Haus unter 01806/012908*
Lieferung, solange der Vorrat reicht *• 0,20 Euro/ Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobiffunk max. 0,60 Euro/Anruf (Mo.-Fr. 8-20 Uhr, Sa. 9-14 Uhr)

Free download pdf