Bonsai Focus - Juli-August 2019

(Michael S) #1

Wie sah Ihre berufliche Ausbildung
aus?
Ich studierte die Biologie der Pflanzen an
der Universität. Ich liebe die Natur, ins-
besondere die Pflanzen. Deswegen drehte
sich der Großteil meiner Ausbildung um
dieses Thema. Seit meiner Kindheit ver-
brachte ich viel Zeit mit dem Gartenbau,
dem Gärtnern und mit Bonsai. Ich träum-
te schon damals davon, meine eigene
Gärtnerei zu haben, in denen ich Pflanzen
für den Verkauf kultivieren würde, mit
denen ich arbeiten und die ich studieren
würde und mit denen ich meinen Lebens-
unterhalt verdienen würde.


Wie alles begonnen hat?
Meinen ersten Bonsai sah ich in einem
Einkaufszentrum. Ich war mit meiner
Tante dort. Ich entdeckte ihn, während
ich einen Blick auf den Gartenbereich
warf. Ich versuchte sie zu überzeugen,
mir den Baum zu kaufen. Zunächst lehnte
sie ab. Aber ich war sehr hartnäckig und
so schenkte sie ihn mir schließlich. Un-
glücklicherweise ging er innerhalb kurzer
Zeit ein. Daraufhin begann ich damit, da-
rüber nachzudenken, womit ich die leere
Schale füllen könnte. So nahm ich einen
Baum aus dem Garten. Und zu Anfang


Die Bonsai Leidenschaft von Manuel Germade


Text und Fotos: Bonsai Focus Studio
Das Einzige, was Manuel Germade bedauert, ist die Tatsache, dass er nicht schon viel früher nach Japan gegangen ist. Nun, nach-
dem er vor einigen Jahren offiziell seinen Abschluss als Bonsai Meister gemacht hat, findet er seinen Weg in den Westen, um dort
sein Wissen zu zeigen und mit anderen zu teilen.


Gezwungen, Lösungen zu finden


PROFIL


funktionierte es sehr gut.
Das ermutigte mich, in die
Welt von Bonsai einzutau-
chen.

Wer war Ihr Bonsai
Lehrer?
Währen meiner Ausbil-
dung hatte ich zwei Leh-
rer. Zu Anfang wurde ich
von Nobuichi Urushibata
unterrichtet. Am Ende von
seinem Sohn Taiga Urus-
hibata. Es war eine schwie-
rige Zeit für mich, weil die
Beiden sehr verschieden
sind. So erlebte ich in der Mitte meiner
Ausbildung ich eine große Veränderung.
Am Ende jedoch fühlte ich mich sehr
glücklich, weil ich von beiden sehr viel
gelernt habe. Auf diese Weise habe ich
verschiedene Sichtweisen kennengelernt,
wie man Bonsai lesen kann und wie sie
gestaltet und verwirklicht werden kön-
nen. Das Wichtigste jedoch, was ich von
ihnen gelernt habe, war, wie Bonsai zu
einem Beruf werden kann und nicht nur
ein Hobby ist. Meine Herangehensweise
an Bonsai hat sich total verändert.

Wie haben Sie es geschafft, mit
den verschiedenen Kulturen zu
leben (Spanien und Japan)?
Das war das Schwierigste für mich. Der
Unterschied ist so groß, dass man fast
ständig in Schwierigkeiten ist. Die meiste
Zeit ist es mir schwergefallen, das rich-
tige zu sagen oder zu tun. Es gab häufig
Missverständnisse. Ich versuchte immer
höflich und respektvoll zu sein. Aber
manchmal wurde das, was ich gut ge-
meint habe, nicht in der richtigen Art und
Weise verstanden.

Wie haben Sie in Japan kommuni-
ziert?
Anfangs in Englisch. Dann habe ich
versucht Japanisch im Selbststudium zu
lernen. So begann ich eine Mischung aus
beiden Sprachen zu sprechen. Ich ver-
wendete die japanische Sprache so viel,
wie ich konnte. Und wenn ich etwas nicht
verstand, musste ich Englisch sprechen.
Taiga verlangte von mir, japanisch zu
sprechen. Ich arbeitete von früh morgens
bis spät in der Nacht. So passierte es, dass
ich einschlief, wenn ich versuchte nach
dem Abendessen zu studieren.

Warum haben Sie Urushibatas
Garten ausgewählt?
Ich habe begonnen Bonsai Bücher und
Magazine zu lesen, um daraus zu lernen.
Zu dieser Zeit fand ich ein paar Artikel
über Nobuichi Urushibata. Ich war sehr
überrascht von einigen seiner Arbeiten

52 Bonsai Focus

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