Landidee Wohnen & Deko - August-September 2019

(Steven Felgate) #1

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die Pflanzen einwurzeln und errichtete sogenann-
te „abschlagbare Gewächshäuser“, also Verschläge
aus Holz, die man im Sommer wieder entfernte.
Inspiriert durch niederländische Gärtner, denen es
in Amsterdam gelungen war, Ananasschößlinge in
einem Glashaus hochzuziehen, entstanden dann
im 17. Jahrhundert die ersten „Orangerien“, Ge-
bäude mit bodentiefen, portalartigen Glasfenstern,
in denen man in Kübeln gezogene Pomeranzen-,
Zitronen- und Orangenbäume über die Winter-
monate brachte.

Feiern zwischen Palmen
Die barocke Lust an geschwungenen Formen, an
reicher Ausgestaltung, an mythologisierenden Bil-
dern und Figuren machte aus der Orangerie bald
schon ein repräsentatives Bauwerk, in dem die
Adelsschicht ihren Reichtum und ihre gesellschaft-
liche Position zur Schau stellte. Die zum Teil mo-
numentalen Gebäude wurden zum Ort höfischer
Lustbarkeiten: Umgeben vom Immergrün exoti-
scher Pflanzen, fanden in den Orangerien Banket-
te, Konzerte, Lesungen und Gemäldeausstellungen
statt. Dresdner Zwinger, Schönbrunn in Wien,
Versailles – all diese Schlösser sind nicht zuletzt
aufgrund ihrer Orangerie zum touristischen An-
ziehungspunkt geworden. Auch in späteren Jahr-
hunderten wurden Wintergärten zum Schauplatz
mondänen Lebens. Federführend und beispielhaft
für den Nachbau gläserner Monumentalgewächs-

1 Das Palmenhaus
im Hortus Botanicus
von Amsterdam. Hier
war es 1682 erstmalig
gelungen, Ananas-
früchte in einem torf-
beheizten Treibhaus
hochzuziehen. 2 Die
Orangerie des Her-
zogspalasts von Dijon.
Im Gemälde von
Guido Carignani wird
anschaulich gezeigt,
dass die Orangerien,
Wintergärten und Pal-
menhäuser Treffpunk-
te der mondänen
Gesellschaft waren


3 Das Palmenhaus im Park von Schönbrunn wurde in
den Jahren 1880 bis 1882 im Auftrag Kaiser Franz Jo-
sephs errichtet. An seiner Kuppelspitze erreicht es eine
Höhe von 25 Metern. 4 Die barocke Orangerie in Kassel
besitzt die typischen bodentiefen Portalfenster

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