Die Welt am Sonntag - 18.08.2019

(lily) #1

A


yse Isik hat gut zu
tun. Die 46-Jährige
arbeitet als selbst-
ständige Personalbe-
raterin, falls nötig
aaauch bis tief in dieuch bis tief in die
Nacht. Für ihre bei-
den Jungs im Alter von fünf und acht
Jahren hat sie ein ausgeklügeltes Betreu-
ungskonzept aus Kita, Hort und einem
Netzwerk aus Müttern, die im Notfall
aaaushelfen. Doch ab dem kommendenushelfen. Doch ab dem kommenden
Jahr könnte das System kollabieren. Ihr
Jüngster wird eingeschult, doch wo er
nach dem Unterricht betreut werden
soll, ist unklar. Der städtische Hort, die
Spiel- und Lernstube an ihrem Wohnort
in Bad Vilbel, wird 2021 ersatzlos ge-
schlossen. Neue Erstklässler werden
nicht mehr aufgenommen. Deshalb hat
Isik nun einen dritten Job neben Familie
und Firma: Seit Wochen kämpft die reso-
lute Betriebswirtin darum, dass der Hort
bleibt.Sie hat andere Eltern aktiviert,
Unterschriften gesammelt, Lokalpoliti-
ker kontaktiert. Kurzzeitig habe sie so-
gar überlegt, den Hort als Elterninitiati-
ve in Eigenregie weiterzuführen: „Aber
dann hätte ich dafür meinen eigenen Job
aaaufgeben müssen – das ist doch absuufgeben müssen – das ist doch absurd.“

Den Job aufgeben oder beruflich
kürzertreten, um die Kinder zu betreu-
en – für viele berufstätige Mütter und
manchmal auch Väter ist das nicht die
AAAusnahme, sondern die Regel. Im Ver-usnahme, sondern die Regel. Im Ver-
gleich zu vielen anderen OECD-Län-
dern hinkt Deutschland bei der Er-
werbstätigkeit von Müttern hinterher.
Die Teilzeitquote ist überdurch-
schnittlich hoch und der Beitrag der
Mütter zum Familieneinkommen mit
durchschnittlich 22,6 Prozent gering.
Dabei ist die Betreuung der Kleinsten
längst nicht mehr das größte Problem.
Seit es für sie einen Rechtsanspruch
auf Betreuung gibt, wurden massiv Ki-
taplätze aufgestockt. Doch genau
dann, wenn die Minis aus dem Gröbs-
ten raus sind und die Eltern beruflich
wieder durchstarten könnten, tut sich
fffür viele Familien mit der Einschulungür viele Familien mit der Einschulung
eine riesige Betreuungslücke auf. Und
meistens sind es eben doch die Mütter,
die beruflich zurückstecken. Ausge-
rechnet der Schulanfang wird für sie
zum Karrierekiller.
Plötzlich steht das eigene Kind, das in
der Kita noch zuverlässig bis 17 Uhr ver-
sorgt war, als Erstklässler schon um
kurz vor 12 Uhr wieder vor der Haustür.
Wer kocht das Mittagessen, wer hilft bei
den Hausaufgaben, wenn es keine Ganz-
tagsschule und nicht genug Hortplätze
gibt? Entziehen kann sich dem kaum ei-
ne Mutter, zumindest dann nicht, wenn
das eigene Kind den bestmöglichen

Start für die Schulkarriere bekommen
soll. „Ich bin immer wieder erstaunt,
wie wenig sich gerade bei der Betreuung
von Schulkindern in den vergangenen
20 Jahren getan hat“, sagt Christiane
von der Eltz, im Vorstand der „Working
Moms“ in Frankfurt, einem Netzwerk
von Karrierefrauen mit Kindern. „Zu-
mal die Schulen von den Eltern zuneh-
mend erwarten, dass sie sich einbrin-
gen. Das kann aber nur jemand leisten,
der nicht in Vollzeit arbeitet. Mit einem
ambitionierten Berufsleben ist das
schwer in Einklang zu bringen.“
Die Statistik belegt die Misere. Wäh-
rend die Betreuungsquote für Kitakin-
der bundesweit bei rund 94 Prozent
liegt und knapp die Hälfte der Kleinen
sogar einen Ganztagesplatz hat, liegt
diese Quote für Grundschulkinder jetzt
bei 34,5 Prozent. „Mit dem Schulbeginn
geht der Stress für berufstätige Eltern
erst richtig los“, konstatiert Wido Geis-
Thöne vom Institut der deutschen
Wirtschaft in Köln. Das gilt vor allem
dann, wenn man in Gegenden wohnt, in
denen das Angebot besonders klein und
die Nachfrage groß ist. In Niedersach-
sen ist der ungedeckte Betreuungsbe-
darf laut dem Deutschen Jugendinstitut
(DJI) am höchsten, gefolgt von Hessen
und Schleswig-Holstein. Im Osten
Deutschlands sowie in Berlin und Ham-
burg ist die Lage deutlich entspannter.
Dort existieren entweder flächende-
ckende Ganztagsschulen, oder aber es
gibt genug Hortplätze.
AAAbhilfe bhilfe verspricht zwar der Koaliti-
onsvertrag: Bis 2025 will die Bundesre-
gierung den Rechtsanspruch auf einen
Ganztagsplatz für Schulkinder umset-
zen und dafür zwei Milliarden Euro
ausgeben. Das klingt gut. Doch hegen
Experten Zweifel, dass das Ziel erreicht
wird. Immerhin müssten bis dahin
6 65.000 neue Ganztagsplätze geschaf-
fffen werdenen werden. Wo das Personal dafür her-
kommen soll, ist unklar. Zumal Quanti-
tät nicht gleich Qualität bedeutet –
aber genau die werde für eine sinnvolle
Betreuung von Schulkindern ge-
braucht, sagt Geis-Thöne. Und da sich
die Länder vom Bund sicher nicht in ih-
re Bildungshoheit hineinreden lassen
wollten, dürfte am Ende wohl jedes

Land sein eigenes Gesetz mit eigenen
VVVorstellungen vom Ganztagsplatz ver-orstellungen vom Ganztagsplatz ver-
abschieden. Der vermeintliche Fort-
schritt in Sachen Vereinbarkeit und da-
mit die eigenen Karrierechancen blie-
ben dann weiterhin eine Frage des
WWWohnorts.ohnorts.
Die Bonner Wirtschaftsweise Isabel
Schnabel kennt den Spagat zwischen
Kind und Karriere als Mutter dreier
Töchter nur zu gut. Sie sagt: „Eine ver-
lässliche Ganztagsbetreuung in den
ersten Schuljahren würde einen wichti-
gen Beitrag dazu leisten, dass beide El-
tern berufstätig sein können.“ Dabei
gehe es nicht allein um Beaufsichti-
gung. „Vielmehr sollten Bildungsange-
bote unterbreitet werden, wie eine
hochwertige Hausaufgabenbetreuung
oder Instrumentalunterricht, sodass
der Abend als echte Familienzeit zur
VVVerfügung steht.“ Für die Ökonominerfügung steht.“ Für die Ökonomin
ist ein Rechtsanspruch auf Ganztags-
betreuung im Grundschulalter ein ers-
ter wichtiger Schritt, aber längst nicht
ausreichend. „Gerade der Übergang in
die weiterführende Schule ist nicht
einfach, und viele Kinder benötigen in
den ersten Jahren noch eine Betreu-
ung“, sagt sie WELT AM SONNTAG.
„Die Kommunen werden diese Aufgabe
nicht alleine stemmen können. Das be-
deutet, dass Bund und Länder in erheb-
lichem Umfang Geld in die Hand neh-
men müssen.“
Allein für die fehlenden Ganztags-
plätze wären rund 3,9 Milliarden Euro
fffällig, hat das DJI errechnet. Eine In-ällig, hat das DJI errechnet. Eine In-
vestition, die sich lohnen sollte. Ist der
Nachwuchs gut betreut, müssen Müt-
ter und in seltenen Fällen Väter auch
nicht mehr Karriere gegen Kinderbe-
treuung tauschen. Das stärkt das Fami-
lieneinkommen und bringt dem Staat
mehr Steuern und Sozialabgaben.
„Dass sich die Kommunen trotzdem
schwertun mit dem Ausbau, liegt vor
allem daran, dass nur ein kleiner Teil
der zusätzlichen Steuereinnahmen den
kommunalen Haushalten zugute-
kommt, diese aber einen bedeutenden
Teil der Betreuungskosten tragen“,
sagt Geis-Thöne. Dennoch rät er El-
tern, mehr Betreuung in ihren Kommu-
nen einzufordern.
AAAyse Isik hat das längst verinnerlicht.yse Isik hat das längst verinnerlicht.
„In der Türkei gibt es ein Sprichwort:
,Ein Kind, das nicht schreit, kriegt kei-
nen Schnuller‘“, sagt sie. Einen ersten
Erfolg hat sie mithilfe der Lokalpolitik
und des Kreises bereits errungen: Ein
fffreier Träger hat zugesagt, den Hortreier Träger hat zugesagt, den Hort
eventuell zu übernehmen. Unterschrie-
ben ist zwar noch nichts, doch Isik ist
zuversichtlich. „Ich kämpfe so lange
weiter, bis die Betreuung steht. Ich bin
qualifiziert, ich habe bis jetzt immer ge-
arbeitet.“ Das will sie nicht ändern, nur
weil eine Einschulung vor der Tür steht.

THE IMAGE BANK/GETTY IMAGES

VONANJA ETTEL

Karrierekiller


SCHULBEGINN


Für die Kleinen ist es


der Start in ein neues


Leben. Für die


Mütter häufig das


Ende der Karriere.


Warum ist das so?


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Textchef

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Chefredaktion

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Chef vom Dienst

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18.08.1918. AUGUST 2019WSBE-VP1


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WELT AM SONNTAG NR.33 18.AUGUST2019 SEITE 29

WIRTSCHAFT


Ramstein:Eine Region zittert um ihre US-Soldaten S. 31


Der chinesische Smartphone-Her-
steller und Netzausrüster Huawei
hält den Atem an. Denn dieser Mon-
tag ist ein Schicksalstag. Mitte Mai
hatte die US-Regierung Huawei auf
eine schwarze Liste gesetzt. US-Her-
steller, die mit Firmen auf dieser Lis-
te Geschäfte machen wollen, brauch-
ten fortan eine Genehmigung, die
üblicherweise nicht erteilt wird. Un-
ternehmen wie die Chipkonzerne In-
tel und Qualcomm, aber auch Google
hatten daraufhin angekündigt, die
Beziehungen zu Huawei abzubre-
chen. Nach Gesprächen mit der chi-
nesischen Regierung verkündeten
die USA einen Aufschub ihrer Maß-
nahme um 90 Tage. Diese Frist endet
am Montag.
Die USA bezeichnen die Huawei-
Technik als Bedrohung für die natio-
nale Sicherheit. Sie könne von der
chinesischen Regierung zu Spiona-
ge- und Sabotagezwecken genutzt
werden. Huawei weist diese Vorwür-
fe zurück. Tatsächlich scheint das
Unternehmen zum Spielball im Han-
delskonflikt zwischen diesen Län-
dern geworden zu sein. Der Wochen-
anfang zeigt also auch, wohin die
Reise in diesem Konflikt geht.

Schicksalstag


für Huawei


VORSCHUSS

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Der Homeli

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Der elegante private Aufzug


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sich mit innovativer Technik. Der Lifton
befördert Sie leicht und bequem in die
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gen müssen erfüllt sein, um Ihr Wohn-
umfeld mit dieser modernen Form der
Mobilität zu bereichern: Sie benötigen
0,8 m^2 Platz und eine Steckdose. Das
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Er gleitet elegant an seitlichen Schienen
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nenraum herkömmlicher Aufzüge wer-
den damit überflüssig, wodurch so gut
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LiftonDUO bietet Platz für bis zu zwei
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