Die Weltwoche - 08.08.2019

(Ben Green) #1

12 Weltwoche Nr. 32.
Bilder: Carolyn Kaster (AP, Keystone), Twitter, Alessandro della Valle (Keystone), Screenshot SRF, zVg


Pascale Baeriswyl, Karrierediplomatin, er-
weist sich als aufmerksame Leserin der Welt­
woche. In der Sommernummer vom 25. Juli war
zu lesen: Ein «Topkader des EDA» habe einen
«persönlichen, allerdings anonymen Brief» an
Oscar Schwenk geschrieben, den Verwaltungs-
ratspräsidenten der Pilatus Flugzeugwerke.
Darin beklage der Mann, die Firma werde «auf
dem Altar» der Karriereambitionen von Staats-
sekretärin Baeriswyl geopfert. Noch am Tag des
Erscheinens der Zeitung verschickte das Aus-
sendepartement eine, offenbar mit heis ser
Nadel gestrickte, Medienmitteilung zu dem
Artikel: Die Behauptung in dem Brief, die
Staatssekretärin habe «aus persönlichen Karri-
eregründen» auf den Entscheid über Dienst-
leistungen von Pilatus in Saudi-Arabien Ein-
fluss genommen, «weisst [sic!] das EDA zurück».
Es handle sich bei dem Verfahren um ein recht-
liches, nicht um ein politisches. Gleichwohl
kam das EDA nicht umhin, bei der Gelegenheit
einzuräumen: «Der Entscheid wurde nach
Orientierung des Vorstehers EDA gefällt» –
sprich Aussenminister Ignazio Cassis (FDP).
Ob dieser die Sache aus Karrieregründen
durchwinkte, bleibe dahingestellt. (fsc)


Christian Miesch, Prügelknabe, wird späte
Genugtuung zuteil. Die Bundesanwaltschaft
hat das Strafverfahren gegen den früheren
SVP-Politiker wegen Bestechlichkeit und Vor-
teilsannahme eingestellt. Wir erinnern uns:
Die zuständigen Kommissionen von National-
und Ständerat hatten die Immunität des frü-
heren Präsidenten der Parlamentariergruppe
Schweiz- Kasachstan im Herbst 2018 aufgeho-
ben. Stein des Anstosses war ein Generalabon-
nement, welches Miesch von Kasachstan-Lob-
byist Thomas Borer vergütet bekommen hatte.
Anders als bei Miesch liess das Parlament die
Immunität von Christa Markwalder (FDP) un-
berührt. Im Rückblick erstaunt vor allem das
Handeln der ständerätlichen Kommission für
Rechtsfragen, welche Mieschs Immunität mit
9:1 Stimmen aufhob. Die Stange hielt dem Par-
lamentarierkollegen einzig der parteilose
Thomas Minder. Hingegen schwang Stände-
rat Andrea Caroni (FDP), von Haus aus Jurist,
die rhetorische Axt. Der ständerätlichen Kom-
mission gehört auch der Zürcher Strafrecht-
sprofessor Daniel Jositsch (SP) an. Anschei-


Personenkontrolle


Baeriswyl, Schwenk, Cassis,


Miesch, Borer, Markwalder,


Minder, Caroni, Jositsch,


Stöckli, Marti, Kutter,


Stauber, Huber, Trump,


Merkel, Kramp-Karrenbauer,


Wladimirow


Wer scherzt? Priester Wladimirow.

Hitzewarnung: Moderatorin Stauber.

Späte Genugtuung: alt Nationalrat Miesch.

«Angela!»: Präsident Trump.

Mit heisser Nadel: Diplomatin Baeriswyl.

nend wird bei Immunitätsfragen mit politisch
geeichten Ellen gemessen. (fsc)

Hans Stöckli, Planwirtschaftler, wälzt grosse
Ideen für den Schweizer Tourismus. Als mass-
geblicher Autor des neuen Positionspapiers der
SP will der Berner Ständerat ein abstraktes Ziel
seiner Partei verwirklichen: die Überwindung
des Kapitalismus. «Touristische Infrastruktur
wie Bergbahnen und Skilifte», heisst es im
Stöckli-Manifest, gehört «zum Service public»
und müsste demnach «von der öffentlichen
Hand kontrolliert werden». Ferner brauche es
eine mit Steuergeld aufgebaute Buchungsplatt-
form als Konkurrenz zu amerikanischen Inter-
netfirmen wie Airbnb und Booking.com und
einen grossen staatlichen Topf für Kredite. Ob
Ständerat Stöckli auch im neuen Parlament für
die Verwirklichung seiner sozialistischen Visio-
nen kämpfen darf, entscheiden die Berner Wäh-
ler im Herbst. (fsc)

Min Li Marti, Exorzistin, nutzte den schweize-
rischen Nationalfeiertag, um auf Twitter ein
bisschen gegen die Konkurrenz auszuteilen.

Und zwar traf es Nationalrat Philipp Kutter.
Als CVP-Mann ist der Politiker ja gewiss etwas
sensibel gegenüber Gleichnissen aus der Hölle.
Trotzdem warf ihm SP-Nationalrätin Marti vor,
mit einem Wahlkampfplakat «from hell» zu
werben. Zwar arbeitet Kutters Slogan «Badi
statt Bali – für ein gesundes Klima» zumindest
indirekt mit der Angst vor dem Fegefeuer der
Klimaerwärmung. Aber so richtig satanisch ist
das brave Wahlkampf-Sujet dann eben doch
nicht. (fsc)

Katja Stauber, Hiobsbotschafterin, hatte den
Zuschauern der SRF-«Tagesschau» am 26. Juli
ein gehöriges Katastrophen-Bulletin zu bieten:
Auf Geheiss des Bundesgerichts muss die UBS
die Daten von 40 000 gutgläubigen Kunden an
den französischen Fiskus ausliefern; im Mittel-
meer ist wieder ein Holzboot mit Immigranten
gesunken, doch der italienische Innenminister
Matteo Salvini bleibt hart und ist beim Volk be-
liebter denn je; das israelische Militär sprengt
eine palästinensische Siedlung am Grenzzaun
in die Luft – und dann auch das noch: Die Arktis
brennt! Waldbrände in Sibirien und in Alaska
Free download pdf