Die Weltwoche - 08.08.2019

(Ben Green) #1
Weltwoche Nr. 32.19 49

Prophetin der Umweltapokalypse: Greta Thunberg (2.v.r.) mit Teilnehmerinnen des Gipfels «Smile for Future» in Lausanne.


Z


wei ergraute Herren begleiteten Greta
(Thunberg) in Lausanne: der Ehren­
präsident des Club of Rome Ernst Ulrich von
Weizsäcker, 80, und der einheimische Nobel­
preisträger Jacques Dubochet, 77, der einst im
Waadtland als erster Schüler mit Dyslexie
anerkannt worden war. Sie kam auf Einladung
des lokalen «Fridays for Future»­Komitees,
Lausanne war dank seiner fleissig streikenden
Schüler Dutzenden von Städten vorgezogen
worden. Eine ganze Woche dauert der Gipfel
«Smile for Future» mit Jugendlichen aus ganz
Europa. Alle Teilnehmerinnen und Teilneh­
mer reisten mit der Bahn an – auch aus
Bulgarien und der Ukraine.
«Wenn man den Nobelpreis bekommen hat,
wird alles geglaubt, was man sagt», spottete
Dubochet. «Davon mache ich Gebrauch, um
die Dummheit unserer Wirtschaft anzupran­
gern, die Geld schafft und die Umwelt zer­
stört.» Und, zu Greta gewandt, ergänzte er:
«Du hast mich zum Weinen gebracht.»
Der Sechzehnjährigen glaubt man noch
mehr als jedem Wissenschaftler. Die Prophetin
der Umweltapokalypse erliess einen dramati­
schen Aufruf an die älteren Generationen, die
Jugend bei der Rettung der Welt nicht allein
und im Stich zu lassen. Konkrete Ziele wurden
propagiert und radikale Massnahmen gefor­
dert. Der CO 2 ­Ausstoss soll bis 2030 um 80 Pro­
zent verringert, bis 2050 neutralisiert werden.
Die Gründung einer politischen Partei schwebt
Greta nicht vor, Umweltsünder müssen nicht
ins Gefängnis – aber von Brüssel wird neues
Bildungsmaterial verlangt.

Der Schulstreik geht weiter
Die rund hundert anwesenden Journalisten
forderte Greta auf, dem neuen Bericht der
Uno­Klimaexperten, die gerade in Genf tagen,
die nötige Publizität zu vermitteln: «Wenn die
Menschen begreifen, worum es geht, werden
sie erwachen.»
Greta was here. «Schulstreik Woche 50», hatte
sie bei ihrer Abreise aus Stockholm getwittert:
«Dies ist der letzte Tag für mich in Schweden.»
Lausanne war die erste Station, jetzt geht es
zur Uno­Klimakonferenz, die im September
in New York stattfindet. Emissionsfrei wird sie
über den Atlantik segeln, der Beginn der Reise
hängt vom Wetter ab.
Ihre Tour wird sie nach Kanada und Süd­
amerika führen. Der Schul streik aber, hat sie
zum Abschied getwittert, geht weiter: «Solan­
ge es erforderlich ist.» Nach den Ferien und
dem laut Klimaexperten heissesten Juli aller
Zeiten erst recht.

Ikone der Woche


Greta war da


Von Jürg Altwegg
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