Der Nordpol ist nicht immer am selben
Ort, jedenfallsnicht der magnetische. Der-
zeit wandert er allmählich Richtung Sibiri-
en, zugleich wird das Erdmagnetfeld pro
Jahrhundert um etwa fünf Prozent schwä-
cher. Manche Forscher befürchten daher,
dass eine Polumkehr zwischen Nord- und
Südpol bevorsteht, die womöglich gravie-
rende Auswirkungen für das Leben auf der
Erde hätte. Gerät das Magnetfeld durchein-
ander, könnte etwa der natürliche Schutz-
schild der Erde gegen radioaktive Teilchen
aus dem All zusammenbrechen. Eine Stu-
die im FachblattScience Advancesgibt nun
aber Entwarnung: Eine Polumkehr würde
vermutlich Tausende Jahre dauern, schrei-
ben Geologen um Brad Singer von der Uni-
versität Wisconsin-Madison. Singer hat
die erdgeschichtlich letzte Polumkehr un-
tersucht, die sich vor rund 770 000 Jahren
ereignete. Dazu analysierte er Lavagestein
aus dieser Epoche, das durch Vulkane an
die Erdoberfläche gelangte. Die Steine ver-
raten demnach, dass der Prozess damals et-
wa 22 000 Jahre dauerte. Die ersten 18 000
davon wurde das Magnetfeld zunächst
instabiler, bis es sich dann innerhalb von
4000 Jahren komplett umdrehte. Der
Menschheit blieben also wohl viele Genera-
tionen Zeit zur Vorbereitung. cvei
Da es in den Tiefen der Ozeane meist stock-
dunkel ist, haben viele Lebewesen im Lau-
fe der Evolution spezielle Methoden entwi-
ckelt, mit denen sie sich selbst zum Leuch-
ten bringen oder sich und ihre Beute bes-
ser wahrnehmen können. So auch Katzen-
haie, bei denen vor einigen Jahren ein hell-
grünes Schimmern entdeckt wurde. Den
zugrunde liegenden Mechanismus haben
Wissenschaftler nun im Fachmagazin
iSciencebeschrieben.
Für ihre Studie konzentrierten sich Ja-
son Crawford von der Universität Yale so-
wie David Gruber von der City University
in New York auf zwei Arten aus der Familie
der Katzenhaie: den Schwellhai und den
Kettenkatzenhai. Beide Tiere leben für ge-
wöhnlich nahe des Meeresbodens. Und bei-
de weisen eine scheckige Haut auf, bei der
manche Flecken heller und manche dunk-
ler sind. Bei einer chemischen Analyse der
Haut konnten die Meeresbiologen ein Fluo-
reszenzmolekül identifizieren, das aus-
schließlich in helleren Hautregionen auf-
trat. Dieses Protein, so die Forscher, lässt
die Haie grün schimmern. Allerdings kön-
nen lediglich andere Haie den grünen Farb-
ton wahrnehmen. „Stellen Sie sich vor, ich
würde grün leuchten, Sie wären aber der
einzige, der das sehen könnte“, wird Craw-
ford in einer Pressemitteilung des Fachma-
gazins zitiert. Es handle sich um eine neue
Form mariner Biofluoreszenz, die sich
vom Leuchten anderer Meeresbewohner
fundamental unterscheide, betonen die
Meeresbiologen.
Darüber hinaus hat das von ihnen gefun-
dene Molekül wohl eine weitere Funktion.
Den Wissenschaftlern zufolge wirkt es als
potenzieller Schutz gegen mikrobielle In-
fektionen. tobias herrmann
Dass ein Bad in der Ostsee zu einer tödli-
chen Infektion führen kann, mag viele
Menschen erstaunen. Doch in Mecklen-
burg-Vorpommern ist dies gerade pas-
siert, wie der Direktor des Landesamtes
für Gesundheit und Soziales, Heiko Will, in
Rostock bestätigte. Eine hochbetagte Frau
starb an einer Infektion mit dem Bakteri-
um Vibrio vulnificus, das zur Gattung der
Vibrionen gehört, die natürlicherweise in
Süß- und Meerwasser vorkommen.
Mit all seiner Tragik ist der Fall aller-
dings weder extrem außergewöhnlich,
noch Zeichen einer massiv erhöhten Gefahr
für die Millionen Menschen, die jährlich ih-
re Ferien an der Ostsee verbringen. Denn
die Bakterien sind vor allem für Menschen
mit chronischen Erkrankungen gefährlich.
Diabetes, Leberleiden, Krankheiten, die
mit einer Schwächung des Immunsystems
einhergehen, aber auch ein hohes Alter ge-
hören zu den Risikofaktoren. Auch die jetzt
an der Ostsee gestorbene Patientin zählte
zu den gefährdeten Personen.
Die stäbchenförmigen Bakterien drin-
gen hierzulande typischerweise über Ver-
letzungen der Haut in den Körper ein. Bei
gefährdeten Menschen lösen die Erreger
Wundinfektionen aus. Auch Durchfall,
hohes Fieber und Schüttelfrost können auf-
treten. Werden rechtzeitig Antibiotika ver-
abreicht, kann die Infektion gestoppt wer-
den. In einigen Fällen kann sich dagegen
eine tödliche Sepsis – im Volksmund auch
Blutvergiftung genannt – entwickeln.
Heiko Will warnt dennoch vor Panik.
Denn all diese Geschehnisse sind selten. In
Mecklenburg-Vorpommern wurden von
2003 bis heute insgesamt 50 Erkrankun-
gen beobachtet. Acht Patienten starben in
diesem Zeitraum. Im vergangenen, sehr
heißen Sommer zählte das Land 17 Infekti-
onen, von denen drei tödlich endeten. In
dieser Saison wurden neben der tödlichen
Erkrankung der alten Dame noch vier wei-
tere Fälle gezählt.
Vibrionen leben bevorzugt in leicht salzi-
gem Wasser. Steigt die Wassertemperatur
über 20 Grad Celsius, vermehren sich die
Erreger besonders gut. In warmen Som-
mern bietet die Ostsee den Keimen damit
optimale Bedingungen. Aktuell weist die
europäische Seuchenschutzbehörde ECDC
ein mittleres Infektionsrisiko für weite Tei-
le der Ostsee von Dänemarks Küste bis
zum Süden Finnlands aus. Ein hohes Risi-
ko besteht für den Schwarzmeerraum.
Forscher befürchten allerdings, dass die
Vibrio-Infektionen zunehmen werden,
wenn der Klimawandel die Weltmeere wei-
ter erwärmt. Schon in den vergangenen
Jahrzehnten wurde ein Anstieg registriert.
Wurden in den Anrainerstaaten der Ostsee
in den 1980er-Jahren noch deutlich weni-
ger als zehn Fälle jährlich gemeldet, stiegen
sie im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtau-
sends auf 20 bis 30 Fälle pro Jahr. Die ameri-
kanische Seuchenschutzbehörde CDC regis-
trierte zwischen 1996 und 2005 eine Zunah-
me der Fälle um 40 Prozent. Allerdings ste-
cken sich in den USA die meisten Menschen
an, wenn sie rohe oder unzureichend gegar-
te Meerestiere essen. Vor allem Austern
sind eine Gefahrenquelle.
In einer anderen Untersuchung hatten
Forscher gezeigt, dass die Oberflächentem-
peratur der Meere in den zurückliegenden
fünf Jahrzehnten um mehr als ein Grad Cel-
sius anstieg. Gleichzeitig nahm die Zahl der
Vibrio-Bakterien in Wasserproben zu, die
die Wissenschaftler an neun verschiede-
nen Stellen im Nordatlantik und der Nord-
see genommen hatten. Damit ist mehr
denn je aktuell, was das Robert-Koch-Insti-
tut schon vor Jahren schrieb: Menschen
mit offenen Wunden sollten den Kontakt
mit warmem Meerwasser meiden. Das gilt
insbesondere, wenn sie an Vorerkrankun-
gen leiden oder ein geschwächtes Immun-
system haben. berit uhlmann
von marlene weiss
B
erichte des Weltklimarats sind sel-
ten für positive Überraschungen
gut. Aber diesmal ist es besonders
bitter, was rund 100 Experten im „Spezial-
bericht über Klimawandel, Wüstenbil-
dung, Landverschlechterung, nachhalti-
ges Landmanagement, Ernährungssicher-
heit und Treibhausgasflüsse in terrestri-
schen Ökosystemen“ zusammengetragen
haben. In ihrer komplexen Verknüpftheit
erscheinen die Probleme nahezu unlösbar.
Um die aktuell 7,7 Milliarden Menschen
auf der Erde zu ernähren – immerhin dop-
pelt so viele wie in den 1970er-Jahren –,
wird rund ein Viertel der eisfreien Landflä-
chen der Erde so stark oder falsch genutzt,
dass sich ihr Zustand verschlechtert. Wüs-
ten dehnen sich aus, Staubstürme nehmen
zu. Zugleich hat sich die Temperatur über
Land stärker erwärmt als über den Ozea-
nen: seit dem Ende des 19. Jahrhunderts
um mindestens 1,5 Grad. Auch das macht
Landwirtschaft und Ökosystemen zu schaf-
fen. Böden erodieren durch intensive Be-
weidung, Wälder werden gerodet, Ökosys-
teme kippen, fruchtbare Böden versalzen,
weil sie zu stark bewässert werden. Ein un-
schöner Vergleich drängt sich auf: Der
Mensch ist über die Erde gekommen wie
ein Heuschreckenschwarm.
Oft beeinflussen sich Klimaerwärmung
und Veränderungen von Landschaften ge-
genseitig. Manchmal sogar im positiven
Sinn: So haben der erhöhte CO 2 -Gehalt in
der Luft und die gestiegenen Temperatu-
ren bislang in den meisten Regionen zu üp-
pigerer Vegetation geführt. Allerdings
macht die Erwärmung Starkregen heftiger
und häufiger, was fruchtbaren Boden weg-
schwemmt. Wo Übernutzung dazu führt,
dass Wüsten sich ausdehnen, wird das bis
dahin in Boden und Pflanzen gespeicherte
CO 2 frei und fördert die Erwärmung, auch
wenn der kahle Boden dann mehr Sonnen-
licht reflektiert. Weil Hitzewellen den arkti-
schen Permafrost schmelzen lassen, gibt
dieser Methan frei, was wiederum den
Klimawandel antreibt. Nicht zuletzt tragen
Land- und Forstwirtschaft 23 Prozent der
menschlichen Treibhausgasemissionen
bei.
Je weiter die Erwärmung voranschrei-
tet, desto größer werden die Risiken. Bei
den global bereits unvermeidlichen
1,5 Grad Erwärmung bis 2100, so der IPCC,
sind die Risiken von Wasserknappheit,
Waldbränden, Permafrostverlusten und
Schwankungen in der Nahrungsmittelver-
sorgung „hoch“. Erwärmt die Erde sich um
zwei oder drei Grad, steigen sie weiter an.
In dieser bedrohlichen Lage steht die
Welt somit vor zwei historischen Aufgaben
auf einmal. Die Verbrennung fossiler Res-
sourcen muss schnellstmöglich aufhören.
Und zugleich muss die Landwirtschaft so
umgebaut werden, dass sie auch künftig
und trotz eines fortschreitenden Klima-
wandels Lebensmittel liefern, Tier- und
Pflanzenarten eine Heimat bieten sowie
idealerweise auch noch zusätzliches CO 2
speichern oder Bioenergie produzieren
kann. Das ist viel verlangt.
Wie das zumindest teilweise gelingen
könnte, haben die Autoren des IPCC zusam-
mengetragen. So soll das, was in der Land-
wirtschaft theoretisch als gute fachliche
Praxis bekannt ist, sich auch in der Realität
durchsetzen. Höhere Produktivität, soweit
dies naturverträglich möglich ist, sparsa-
me Bewässerung, Fruchtfolgen, zurückhal-
tendere Beweidung. Wälder sollen nicht
mehr abgeholzt werden, logisch, Wiesen
und Weiden seltener in Ackerland verwan-
delt werden. Böden sollen schonender be-
wirtschaftet werden, um Erosion – etwa
durch Pflügen – und zu starker Verdich-
tung durch schwere Maschinen entgegen-
zuwirken.
Auch die Luft- und Wasserverschmut-
zung müsste verringert werden. Moore
und Feuchtgebiete sollen geschützt und
wo nötig wieder instand gesetzt werden.
Energiepflanzenanbau könnte schnell CO 2
aus der Luft binden. Würde man das CO 2
speichern, das beim anschließenden Ver-
brennen frei wird, könnte man so der Atmo-
sphäre sogar Treibhausgase entziehen – ei-
ne solche Technik ist in fast allen Modell-
szenarien für ambitionierten Klimaschutz
eingeplant. Und schließlich sollten die
Menschen sich anders ernähren. „Ohne ei-
ne Änderung zu einer gesünderen und res-
sourcenschonenden Ernährungsweise, die
weit weniger tierische Lebensmittel bein-
haltet, gibt es kaum eine Chance, den Kli-
mawandel ausreichend zu begrenzen“,
sagt Marco Springmann von der Universi-
tät Oxford.
Zwar ist im Prinzip genug Land für Kli-
maschutz, Artenschutz und Ernährung da
- aber nur, wenn auch die wirtschaftliche
und soziale Entwicklung in die richtige
Richtung geht. Im IPCC-Bericht wird diese
in fünf Szenarien betrachtet, von einem
leichten Rückgang der Bevölkerung und
sparsamem Konsum bis hin zu schnellem
Bevölkerungswachstum und hohem Pro-
Kopf-Ressourcenverbrauch. Alle Ziele zu-
gleich kann man selbst im besten Fall nur
dann erreichen, wenn auch ein sehr opti-
mistisches Entwicklungsszenario eintritt - dafür müssten aus heutiger Sicht schon
mehrere Wunder auf einmal geschehen.
Wahrscheinlicher sind Kompromisse.
So sind manche Experten sehr skeptisch,
was großflächige Aufforstung und Bioener-
gie-Nutzung angeht: Alles, was mit zusätz-
lichem Flächenbedarf zu tun hat, dürfte
schwierig werden, wenn nicht unmöglich.
Der Bericht zeigt, wie eng alles mit al-
lem zusammenhängt. Klimaschutz, Um-
weltschutz und nachhaltige Entwicklung
lassen sich nicht getrennt betrachten. Und
noch etwas leistet die IPCC-Arbeit: Politi-
ker, die sich heute trotz allem gegen ent-
schlossenes Handeln entscheiden, werden
dereinst nicht sagen können, sie hätten
von nichts gewusst.
Ruhepol
Erdmagnetfeld wechselt langsam
Durch die Erderwärmung
könnten Vibrio-Infektionen
häufiger werden
Leuchtkraft
Wie Katzenhaie sich sehen
Tödliches
Bad
Fraustirbt an der Ostsee an
Infektion mit Vibrionen
Das verflixte System Erde
Der Weltklimarat gibt viele gute Ratschläge: Ökosysteme schützen, eine bessere Landwirtschaft
betreiben, Energiepflanzen anbauen. Doch alles zugleich wird kaum zu schaffen sein
Nicht nur die Energieversorgung
muss sich ändern, sondern
auch die Ernährung
Nicht gerade umweltschonend – besonders, wenn der Ertrag an Schweine und Rinder verfüttert wird: Soja-Ernte in Brasilien. FOTO: PAULO WHITAKER/REUTERS
14 HF2 (^) WISSEN Freitag,9. August 2019, Nr. 183 DEFGH
Grünlich schimmert der rund 50 Zentime-
ter lange Kettenkatzenhai – aber nur für
Artgenossen. FOTO: DAVID GRUBER / ISCIENCE
250
200
150
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- 1961 1970 1980 1990 2000 2010 2017
SZ-Grafik; Quelle: IPCC
Wachsende Wüsten und Trockengebiete
Veränderung in Prozent im Vergleich zu 1961 bzw. 1970
Bevölkerung in Gebieten, die von Wüstenbildung betroffen sind
Fläche der Trockengebiete, in denen Dürren auftreten
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