17
- August 2019
DIE ZEIT No 34 WIRTSCHAFT
Was Frauen im Job erleben
Diskriminierung gehört noch immer zum Alltag in vielen deutschen unternehmen. Eine Dokumentation
VON KERSTIN BUND, ASTRID GEISLER, ANNE KUNZE UND SASCHA VENOHR
»Sie haben sich durch
Ihre Schwangerschaft
ja selbst aus dem
Rennen gekegelt.«
Vorgesetzer zu Angestellter, 34 Jahre
»Wir brauchen dich,
damit du im Meeting
sitzen und schön
aussehen kannst.‹«
Kommentar zu Angestellter im Bereich
Marketing, PR und Design, 24 Jahre
»Mein verheirateter Kollege
verfolgte mich auf der
Weihnachtsfeier bis aufs Damen-
klo. Es gelang ihm, die verriegelte
Klotür zu öffnen. Ich rannte weg,
er fasste mir unters Kleid
und zerriss die Strumpfhose.«
Angestellte aus der It-Branche, 40 Jahre
»Ein Kunde sagte
im Meeting zu mir:
›Ach ... Sie ver-
stehen das wahr-
scheinlich nicht,
oder? Ja. Das macht
nichts, wenn eine
Frau ein Kugellager
nicht versteht.
Das ist ja auch
nicht rosa, gell?‹«
Leitende Angestellte im
Maschinenbau, 31 Jahre
»Ich wurde am Po, am Busen angefasst, geküsst und
musste mir ständig Kommentare über meine ›geilen
Titten‹ anhören. Ich wurde einem Schülerpraktikanten
mit ›das ist die X, die bläst hier allen einen‹
vorgestellt. Dieser Kollege ist jetzt Chef der HR.«
Angestellte in der Logistikbranche, 34 Jahre
»Der männliche Kollege wurde vor mir befördert,
da er schließlich eine Familie ernähren müsse.
Allerdings hat er eine gut verdienende Frau – und
ich war alleinerziehend.«
Leitende Angestellte in der Medienbranche, 36 Jahre
»Kollegen kamen zu mir und haben gesagt,
dass zum Glück endlich mal jemand mit großen
Brüsten eingestellt wurde, und mit einem Kopf-
nicken zum Vorgesetzten: ›Alles richtig gemacht!‹«
Beschäftigte in der Konsumgüterbranche, 20 Jahre
»Kollegen nennen mich
›Mäuschen‹ oder fragen ›Biste
wieder untervögelt?‹
Beim Bewerbungsgespräch wurde
mir gesagt: ›Lassen Sie sich doch
lieber noch mal schwängern, dann
brauchen Sie nicht arbeiten.‹«
Auszubildende in der Medienbranche, 30 Jahre
»Dann zog er
an meinem
T-Shirt, um
den Ausschnitt
tiefer werden
zu lassen.«
Wissenschaftlerin
im öffentlichen Dienst,
26 Jahre
»Eines Mittags verglich
einer der Teamleiter den
Geruch unseres Sushis mit
dem unserer Genitalien.«
Angestellte im Bereich Industrie
und Maschinenbau, 27 Jahre
»Ich halte einen
Vortrag. Ein Kollege
schläft in der ersten
Reihe. Ich nenne laut
seinen Namen und bitte
ihn, zuzuhören oder
rauszugehen. Er sagt in
die Runde, dass er
mich gern mal übers
Knie legen würde.«
unternehmensberaterin, 33 Jahre
»Ich weiß,
dass du gut
bist, eine der
Besten. Aber
es ist egal, wie
gut du bist.
An meinem
Schwanz
kommst du
nicht vorbei.«
Chef zu freier Journalistin bei einer
tageszeitung, 40 Jahre
»Auf dem Arbeitsamt
riet man mir:
›Vielleicht sollten Sie
die Kinder und den
Doktortitel aus dem
Lebenslauf nehmen.‹«
Bewerberin aus dem Kulturbereich, 36 Jahre
»Im Mitarbeitergespräch
wurde mir gesagt, dass
ich ›für eine Frau ganz
schön geldgeil‹ sei.«
Angestellte in der It-Branche, 33 Jahre
»Der Vertriebsleiter
fasste mir an den Po.
Er sagte, mein Hintern
habe ihm schon länger
gefallen, da habe er
einfach zugreifen müssen.«
Angestellte in der It-Branche, 32 Jahre
»Für so ein Gehalt kann
ich auch einen echten
Mann einstellen.«
Vorgesetzter zu Angestellter in der It-Branche, 25 Jahre
»In unserer
Firma sind
befristete Ver-
träge Standard.
Sobald man
schwanger wird
und in Eltern-
zeit geht, ist
klar, dass man
raus ist.«
Angestellte, 24 Jahre
»Ein männlicher Kollege mit vergleichbarer
Position und Erfahrung bekam beim
Einstieg 1000 Euro brutto mehr als ich.«
Leitende Angestellte im Bildungsbereich, 32 Jahre
»Mein Chef sagte zu
mir: ›Beförderung
gibt’s bei mir nur
gegen sexuelle
Gefälligkeiten –
sag Bescheid, wenn
du befördert
werden willst.‹«
Angestellte,
43 Jahre
»Frauen brauchen nichts außer
einen guten Schluckreflex.«
Kommentar zu Angestellter, 23 Jahre
»Abteilungsleiter hatten einen
Firmenwagen der Mercedes
C-Klasse. Mir wurde als Abteilungs-
leiterin eine A-Klasse angeboten.«
Leitende Angestellte im Handel, 35 Jahre
»Am ersten
Tag nach
meiner
Elternzeit hat
mir mein
Chef fristlos
gekündigt.
Er brauche
›nicht noch
eine Mutter
im Team‹.«
Angestellte im Bereich Kunst,
Kultur und sport, 33 Jahre
»Oder man
erzählt mir, wie
man mich
›ficken‹ würde.«
Auszubildende im Handwerk,
23 Jahre
»Mein Chef fragte mich zum Feierabend
stets, ob ich wirklich schon gehen wollte.
Er dachte, wir könnten noch Sex haben.«
Marketing-Managerin, 26 Jahre
»Mein Abteilungsleiter
antwortete auf die Frage,
wieso ich jetzt für ihn
und nicht für den anderen
Abteilungsleiter arbeiten
solle: ›Die andere
Abteilung wurde vergewal-
tigt, und Sie, Mäuschen,
sind das Opfer.
Sie gehören mir.‹«
Angestellte in der Automobilbranche
»Ich verschwende
meine Zeit
nicht mit dir.
Spätestens wenn
du schwanger
bist, bist
du eh nichts
mehr wert.«
Kommentar zu Angestellter in der
It-Branche, 28 Jahre
»Wir haben
morgen ein
wichtiges
Meeting.
Zieh dir was
Schönes an.«
Kollege zu Angestellter
im Bereich Konsumgüter
und Handel,
29 Jahre
s. 18/
»Beim Kanu-Teamevent
spritzt mich ein Kollege
nass und sagt zu mir:
›Wenn ich schon mal die
Chance habe,
eine Frau vollzuspritzen,
dann muss ich das ja
ausnutzen.‹«
Angestellte im Bereich Marketing,
PR und Design, 28 Jahre