Die Zeit - 15.08.2019

(Tuis.) #1
Eigentlich ist es fast egal, was Meghan,
Herzogin von Sussex, so macht, denn
uns klatschinteressierten Journalisten
liefert die Neue im Königshaus auch so
genug Stoff. Wer es einmal gewagt hat,
den Buchstabenkombination M-e-g-h-
a-n in die Google-Suche seines Smart-
phones einzutippen, wird für den Rest
seiner Tage mit News über ihr schwiiiie-
ri ges Leben versorgt: Warum stand sie
beim Polo-Match nicht lebhaft plau-
dernd neben Kate? Hassen sich die bei-
den etwa?!? Haben sich ihre Männer, die
einst so inniglich verbundenen Brüder,
über die beiden Frauen zerstritten????
Und so weiter, immer im Stil einer »be-
sorgten Freundin«, die einem gleichzei-
tig die Feindin ersetzt.
Jetzt hat M. aber etwas getan, was wirk-
lich Fragen aufwirft. Und zwar hat sie
in einer von ihr kuratierten Ausgabe der
Vogue ein Gedicht veröffentlicht, das ein
britischer Autor geschrieben hat, zum
Thema Bikini-Körper: »Hello. I am the
beach. I am created by waves and cur-
rents. I am made of eroded rocks (...). And
I have to tell you something. I don’t care
about your body. I am the beach. I lite-
rally don’t give a fuck (...).« Das sei eines
ihrer liebsten Gedichte, schrieb Meghan,
und natürlich folgte ein Twitter-Tsuna-
mi: Ein solcher Text ausgerechnet in
der Vogue, der Zeitschrift also, die die
letzten hundertzwanzig Jahre nicht ge-

rade gegen den Bikini-Body gekämpft
hat. Überhaupt: Kitsch! Unsubtil! Das
schlechteste Gedicht ever!
Wir sagen dazu jetzt einfach gar nichts.
Außer dass wir finden, dass Meghan sich
dringend mal mit Boris Johnson treffen
sollte, der es nämlich auch versteht, der
welken Textform des Gedichts enorme
Aufmerksamkeit zu verschaffen.
In seiner Zeit als Außenminister trug er
an einer heiligen Stätte in Myanmar ein
nostalgisches Kolonial-Poem vor, vom
Dschungelbuch-Autor Rud yard Kipling
(»Bei der alten Pagode von Moulmein,
die gen Osten schaut zum Meer, da sitzt
ein Burmeser Kind, und ich weiß, ich ge-
falle ihr sehr«), bis ihm der britische Bot-
schafter zuzischelte, der Vortrag sei »not
appropriate«. Und als Böhmermann von
Erdoğan bedroht wurde, dichtete Boris
einen Limerick, in dem sich Ankara auf
»wankerer« reimt, müssen wir das Wort
wirklich übersetzen?
Liebes England. Du hast uns dein Ver-
trauen und deine zollfreien Märkte
entzogen, aber du schenkst uns dafür
zwei Superpromis, die noch viel für das
globale Bruttosozialprodukt tun wer-
den, denn schließlich zählen dazu auch
Klatschblätter, Paparazzi-Fotos und der
Strom, der bei der Lektüre von Promi-
nachrichten verbraucht wird, und keine
Grenze und kein Handelskrieg kann
unser Interesse daran je aufhalten.

Von Heike Faller

Foto


Getty Images


Gesellschaftskritik ÜBER ENGLAND

Brexit hin oder her, auf der Insel
tun zwei Superpromis viel für
das globale Bruttosozialprodukt

CULTURE


C L A S H VO M


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