Die Zeit - 15.08.2019

(Tuis.) #1

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klässler begriffen, welche Jobs eher als typisch für Mädchen
oder Jungs gälten, mit zehn oder elf Jahren dann erahnten
sie, welche Berufe von Eltern und Lehrern besonders wert-
geschätzt würden. »Ab diesem Alter passen die Kinder ihre
Wünsche dem sozialen Umfeld an«, so Ulrich.
Regelmäßig werden die Deutschen gefragt, wie sie das An-
sehen bestimmter Berufe einschätzen. Die Listen lesen sich
wie Protokolle der Berufswünsche der Kita-Kinder und da-
mit auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zu Ulrichs
Aussagen. Ganz vorn landeten nämlich zuletzt Feuerwehr-
leute, Polizisten und Müllwerker neben Ärztinnen und
Lehrern, während Versicherungsvertreter, Manager und
Beamtinnen hinten lagen. »Aber diese Listen sagen nur aus,
welche Berufe die Menschen sympathisch finden oder fin-
den wollen«, sagt der Bildungsforscher Ulrich. Und nicht,
dass sie die Tätigkeiten selber ausführen oder gar ihren
Kindern empfehlen würden. Er beobachte eine Doppel-
moral: »Wir erfreuen uns zwar an den Diensten helfender
Berufe, aber das bildet sich weder in der Bezahlung noch
im Pres tige ab. Wenn der Sohn tatsächlich Müllmann oder
Bäcker werden will, raten wir Eltern ab.«
In einer Studie hat das Bundesinstitut für Berufsbildung
2400 Schüler aus den höheren Klassen aller Schulformen
gefragt, welche Eigenschaften eines Berufstätigen dazu ge-

eignet seien, das Renommee im sozialen Umfeld zu stei-
gern. Die Antworten lauteten: »intelligent«, »gebildet«,
»reich« und »ehrgeizig«. Zuschreibungen wie »geschickt«,
»körperlich fit«, »fleißig«, »kontaktfreudig« oder »selbstlos«
taugen nach Einschätzung der Jugendlichen nicht, um sich
Pres tige zu verschaffen.
»Berufsinhaber, die weniger verdienen und/oder keine
höheren Bildungsabschlüsse vorweisen, erfahren somit
nach Meinung der Jugendlichen deutlich weniger An-
erkennung, selbst dann, wenn sie in ihrem Beruf eine
hohe Geschicklichkeit erwerben, sich als so zial umgäng-
lich und selbstlos erweisen«, so das Fazit der Studie. Den
Bäcker zum Beispiel schätzten die Jugendlichen allenfalls
als durchschnittlich in den Kategorien »Bildung«, »Intel-
lekt« und »Vermögen« ein. Kein Beruf, der aus Sicht der
Befragten soziales Ansehen verspricht.
Frühmorgens, kurz nach fünf. In der Backstube der Bä-
ckerei Lutum in Berlin-Charlottenburg brennt schon seit
zwei Stunden das Licht – zwei Kollegen von Julien Busch
formen Brötchen und Brote in der Frühschicht. Er hat
heute Kuchendienst – allein und selbstständig im dritten
Ausbildungsjahr. »Das macht schon stolz«, sagt er.
Busch, 26, blondes Haar, breites Lächeln, trägt eine
schwarz-weiß karierte Hose, darüber eine Schürze mit

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