UNTERNEHMEN
*„New York Magazine“ vom 10.6.2019
FOCUS 33/2019 49
rel gestaltete. 2008 überredete McKelvey
Neumann, mit Krawlers in das Trendviertel
Dumbo umzuziehen. Neumann vermietete
dort einen Teil seiner Büros, um Geld zu
sparen. Beide Männer überzeugten ihren
Vermieter, bei einem Experiment mitzu
machen: Sie übernahmen eines seiner
leer stehenden Gebäude, unterteilten es
in Gemeinschaftsbüros und vermieteten
sie weiter. Bis heute ist es das Business
Modell von WeWork, in dessen Büros sich
auch Konzerne wie IBM, Facebook oder
Amazon einrichten.
Befreundet mit Jared und Ivanka
2010 erkannte das Duo, dass die Rezes
sion eine Gelegenheit zum Geldverdie
nen eröffnete. Immobilien waren billig,
selbst in New York. Mitarbeiter, die in der
Krise ihren Job verloren hatten, brauch
ten Platz, um Karrieren als Selbstständi
ge zu starten. Neumann tauchte mit der
Entschlossenheit eines Straßenkämpfers
in die aggressive Welt der New Yorker
Immobilienhaie ein. Den Vertrag für die
zweite Bürofläche für WeWork gegenüber
dem Empire State Building schloss er
bei einer Flasche Johnnie Walker Black.
Er löste Konflikte mit Jared Kushner –
damals noch ein junger Immobilien
mogul, heute Donald Trumps Schwieger
sohn – per Armdrücken. Neumann und
seine Frau Rebekah sind Freunde von
Kushner und Ivanka Trump.
Mehr als zwölf Milliarden Dollar sam
melte er als Wagniskapital ein. Geldgeber
sagen, sie hätten nicht nur in sein Unter
nehmen investiert, sondern auch in sei
ne Energie und seinen Ehrgeiz. Er prahlt
damit, 20 Stunden am Tag zu arbeiten. „Es
gab Meetings, die um zwei Uhr morgens
begannen und bei denen Neumann 45 Mi
nuten zu spät kam“, erzählt ein früherer
WeWorkManager. Zu Beginn jeder Woche
mussten die Mitarbeiter nach Feierabend
noch für einen TeambuildingEvent blei
ben, der Stunden dauern konnte. Neu
mann hielt eine Rede, anschließend gab
es Tequila.
Der Personenkult wird besonders beim
jährlichen Summer Camp zelebriert – für
manche ein Highlight, für andere ein Alb
traum. Es gibt Kurse in Yoga, Blätterdruck
oder Axtwerfen. Aber es wird auch bis zur
Erschöpfung gezecht. „Es war einfach so
viel von allem“, sagt ein ExManager.
„Alkohol, Drogen. Essen war das Einzige,
von dem es nicht so viel gab.“ Neumann
wurde mit „Olé, olé, olé“Gesängen
gefeiert. Ein Mitarbeiter aus Kalifornien
brüllte: „Du veränderst die Welt, Adam!
Wir lieben dich!“
Vor zwei Jahren traf Neumann einen
Mann, der ähnlich ehrgeizig ist wie er:
Masayoshi Son, Chef des japanischen Kon
glomerats SoftBank, wichtigster Wagnis
kapitalgeber für Startups. Dessen Vi
sion Fund hat ein Volumen von 100 Milliar
den Dollar, 45 Milliarden stammen von
der Regierung SaudiArabiens. Der Fonds
investierte in Uber, Slack und Dutzende
andere TechFirmen. Sons Strategie wird
oft abfällig „blitzscaling“ genannt: Unter
nehmen werden so schnell wie möglich
auf eine Größe hochgepumpt, mit der
sie den Markt dominieren. Profit spielt
zunächst keine Rolle.
Son investierte 4,4 Milliarden und er
klärte, dass WeWork noch nicht „ver
rückt genug“ sei. WeWork könne „einige
Hundert Milliarden Dollar wert sein“.
Neumann hatte WeWork immer als „erstes
physisches soziales Netzwerk der Welt“
bezeichnet. WeWork sei im gleichen Sta
dium wie Amazon,
als es nur Bücher
verkaufte. Jetzt ge
be es die Idee, eine
Maschine zu bau
en, die in gigan
tischem Ausmaß
Flächen vermieten,
gestalten, bauen
und verwalten
kann. Auf dieser
Basis ließen sich
viele weitere Ge
schäfte entwickeln.
Der Verkauf von
Dienstleistungen,
Krankenversiche
rungen und Soft
ware – bislang macht das nur fünf Prozent
der Umsätze aus.
Mit der Geldspritze von SoftBank konnte
WeWork die steigenden Kosten im Immo
bilienmarkt stemmen. Viel Geld kosteten
auch die DumpingAngebote, mit denen
andere CoworkingFirmen verdrängt wur
den. Die Belegungsquoten von WeWork
gingen nach oben. Doch Neumanns Stra
tegie ähnelte der eines Immobilienhais:
Alteingesessene Mieter wurden verdrängt,
Konkurrenten mit Klagen wegen Verstö
ßen gegen Markenrechte überzogen.
Neumann und McKelvey bezeichneten
ihre Erfahrungen in Kommunen zwar als
prägend für die Idee von WeWork. Doch
Neumann nannte die israelische Kom
mune auch ein „gescheitertes soziales
Selbstbewusst Adam wuchs in Israel
auf, diente dort auch als Soldat
485
466
12
4,2
Die Erfolgsstory von
WeCompany in Zahlen *
Tausend
Tausend
Millionen
gründete Adam
Neumann mit
31 Jahren zusam-
men mit Miguel McKelvy die Firma in seiner
Wahlheimat New York. Heute, neun Jahre
später, gehört WeCompany zu den wertvollsten
Start-ups der Welt
Milliarden
Dollar Verlust
machte die Firma
im vergangenen Jahr.
Offizielle Begrün-
dung: Investitionen
in neue Gebäude
Länder
haben
Coworking-Spaces
von WeCompany.
Dazu gehören etwa
die USA, China,
Peru, Costa Rica und
Taiwan
Milliarden
US Dollar –
diesen Wert hat das
Start-up vor dem
Börsengang
Milliarden
Dollar Um-
satz erzielte WeWork
- Fünf Jahre zu-
vor waren es noch
75 Millionen Dollar
Mitglieder zählt
das Community-
Unternehmen. Mehr als 100 000
davon kommen aus Europa. Ein
Drittel sind größere Unternehmen
wie VW, Lufthansa, IBM, Facebook
und Amazon
Beschäftigte
hat die Firma
aktuell. Jede
Woche kom-
men 100 dazu
Quadratmeter
Bürofläche kann
WeCompany
weltweit weiter-
vermieten. In
Manhattan ist
das Unterneh-
men sogar der
größte Mieter
WeWork-Standorte gibt es in mehr als
100 Städten weltweit, in Deutschland in Berlin,
Hamburg, München, Frankfurt und Köln
47
1,8
1,9
2010
28