Neue Zürcher Zeitung - 10.08.2019

(Ann) #1

16 ZÜRICH UND REGION Samstag, 10. August 2019


Drohnen müssen am Boden bleiben


Behörden warnen vor dem Einsatz der Flugobjek te an Festen wie der Street Parade


An Grossanlässen werden immer


wiederAufnahmen mit Drohnen


gemacht. Die Behörden rufen


nun dieRegeln in Erinnerung.


Künftig gelten schärfere Gesetze.


JOHANNA WEDL


Mit einem Himmelstanz der besonderen
Art solltendie Zuschauerinnen und Zu-
schauer am diesjährigen Züri-Fäscht in
den Bann gezogen werden.150 rote und
weisse Drohnen «tanzten» an der ers-
ten Schweizer Drohnenshow am Nacht-
himmel. Davon abgesehen waren die
QuadrocopteramGrossanlasseigentlich
verboten.FlügeüberMenschenansamm-
lung en sind bewilligungspflichtig, wenn
die Drohne mehr als 500 Gramm wiegt
oder der Sicherheitsabstand zur Menge
geringeristals100Meter.Dochnichtalle
Besucher hielten sich an dieRegeln.Die
Stadtpolizei Zürich hat mehrere Piloten
gestoppt und ihre Aufnahmenkontrol-
liert. In einigenFällen sindRapporte er-
stelltworden, die an das Bundesamt für
Zivilluftfahrt (Bazl) weitergeleitet wor-
den sind, wie die Stadtpolizei in einer
Medienmitteilung vom Donnerstag
schreibt. Sie mahnt Besucher der Street
Parade, Drohnen nicht steigen zu lassen.


Registrierung obligatorisch


Während eines Überflugs von Men-
schenmengen bestehe das Risiko, dass
bei einemKontrollverlust oder einem
Absturz einerDrohne Personen verletzt
würden,erläutertederBazl-Medienspre-
cher Christian Schubert auf Anfrage.
Laut Schubert ist für die StreetParade
keine Anfrageum Bewilligungeines
Drohnenflugs eingegangen. Bloss heisst
dies nicht, dass niemand einsolches Ge-


rät illegal steigen lässt. Schweizweit sind
laut Schätzungen etwas mehr als 10 0000
Drohnen im Einsatz.In der Szene gibt es
schwarze Schafe, die sich nicht umVor-
schriften scheren.
Dabei werdenVerstösse gegen das
Luftfahrtgesetz mit harten Sanktionen
geahndet, das Bazl kann Bussen in einer
Höhe von bis zu 20000Franken verhän-

gen. Das Problem ist aber, dass die Be-
hörden die Piloten identifizieren und er-
wischen müssen, und das ist schwierig.
Ab dem nächstenJahr ist eineRegis-
trierungspflicht geplant.Laut S chubert
arbeitetdieEuropäischeUnionaneinem
Gesetz, das für Drohnen ab 250 Gramm
eineRegistrierung vorsieht.Vor dem
ersten Flug muss sich der Pilot über ein

Smartphone mit einer Handynummer
und weiteren persönlichen Angaben
identifizierenundanmelden.Weitermüs-
sen Hobby- undkommerzielle Drohnen-
piloteneineFluglizenzbesitzen.Ineinem
Online-Training sollen sie sich mit den
rechtlichen Grundlagen und mit Sicher-
heitsbestimmungen auseinandersetzen
und vertraut machen. Die Schweiz wird

das Gesetz voraussichtlich übernehmen,
es soll Mitte 2020 in Kraft treten.

Kanton handelt noch nicht


EsgibtaucheineandereMöglichkeit ,die
Drohnenam Boden zu halten. Die Kan-
tonekönnen nämlich Flugverbotszonen
schaffen. Diese gelten zusätzlich zu den
bereits bestehenden wie etwa im Um-
kreis von Flughäfen. In derWestschweiz
haben mehrereKantoneentschieden,
dass rund um Gefängnissekeine Droh-
nen steigen dürfen. Und amWinzerfest
in derRomandie, der Fête desVigne-
rons, dürfenvom 13.Juli bisam 13.Au-
gust 2019 ebenfallskeine Drohnen über
das Festgelände fliegen. Dieses tempo-
räreFlu gverbot hat derWaadtländer
Staatsrat ausgesprochen.
ÜberdenRavernanderStreetParade
gibt eskeine Flugverbotszone. Zurzeit
fehle eine kantonale gesetzliche Grund-
lage, sagt MichaelWalker , Sprecher der
Stadtpolizei Zürich, auf Anfrage. Eine
solchemüsstedasAmtfürVerkehrschaf-
fen. Bisher habe dafür allerdings noch
keine Notwendigkeit bestanden, erläu-
terteMarkusGerber,SprecherbeimAmt
für Verkehr. «Wir beobachten die Ent-
wicklung intensiv, es ist eine Option, so
etwas einzuführen.»
Laut Walker setzt diePolizei am An-
lass keine Drohnen ein. Sie überwacht
den Fluss derTeilnehmerströme aus der
Luft von einem Helikopter aus. Drohnen
nutzt diePolizei momentan zum Beispiel
dafür, auf einer Unfallstelle Übersichts-
aufnahmen zu machen.Es gab in derVer-
gangenheitallerdingsschonGrossanlässe
in Zürich,an denen von offizieller Seite
Drohnen eingesetzt wordensind.An der
Europameisterschaft 2008 war dies der
Fall,gesteuert wurden die Fluggeräte von
Angehörigen der Schweizer Luftwaffe.

Luftaufnahme der StreetParade 2018.Da Drohnen eine Gefahr darstellen können,braucht es eineBewilligung. ENNIO LEANZA/KEYSTONE

Worum es bei der Steuervorlage 17 geht


Am 1. September stimmt der Kanton Zürich über eine wegweisende Firmensteuerreform ab – die wichtigsten Fragen im Überblick


ANDRÉ MÜLLER


Der Kanton befindet am1. September
darüber, wie er dievom Bund beschlos-
sene Steuervorlage17 umsetzt. Die Bür-
gerlichen und die politische Mitte, die
Wirtschaftsverbände, die Gemeinden
und die Städte sind dafür, die Linke und
die Gewerkschaften dagegen. Beide Sei-
ten haben den Abstimmungskampf lan-
ciert, es werden viele Zahlen und Szena-
rien herumgeboten.


Worüber stimmen wir ab?


Die Schweiz schafft auf internationalen
Druck hin am1. Ja nuar 2020 mehrere
Steuerprivilegien zum Beispiel für Hol-
dinggesellschaften ab. Der Bund hat den
Kantonen einen«Werkzeugkasten» mit
neuen Steuerabzügen bereitgestellt, da-
mitsiedieFirmendennochbeisichhalten
können. Die Stimmbevölkerung hat die-
sem Paket am 19.Mai zugestimmt.
Die Zü rcherinnen und Zürcher ent-
scheiden am1. September, mit welchen
Instrumenten aus diesemWerkzeug-
kasten sie die Steuervorlage umsetzen
wollen. Einerseitssoll der Steuersatz für
Unternehmensgewinne im Kanton von 8
auf 7Prozent sinken. Gleichzeitig erhöht
der Kanton den Abzug fürForschungs-
und Entwicklungskosten, den Firmen
geltend machenkönnen, von 100 auf 150
Prozent. Neu eingeführt wird ein soge-
nannter Eigenkapitalzinsabzug, der vor
allem Finanzierungsgesellschaften zu-
gutekommen soll. Der durch die Abzüge
mögliche Gesamtrabattwirdauf 70 Pro-
zent der Summe beschränkt, die gemäss
ordentlichem Steuersatz fällig wäre.
Um die Gemeinden für ihre Steuer-
ausfällezuentschädigen,verteiltderKan-
ton einen grossenTeil der Einnahmen
von rund180 MillionenFranken weiter,
die er ab 2020 zusätzlich aus der direk-
ten Bundessteuer erhält.Rund 60 Millio-
nen Franken davon zahlt der Kanton, in-


demereinengrösserenAnteilderKosten
derErgänzungsleistungenübernimmt:
stattwie bisher 44 Prozent.Davon profi-
tieren werden vor allem Gemeinden, die
hohe Soziallasten zu tragen haben.
Etwa 60 MillionenFranken jährlich
dürften indirekte Effekte imFinanzaus-
gleich ausmachen:Weil viele Gemeinden
an Steuerpotenzial einbüssen werden,
muss der Kanton einen grösseren An-
teil der Gesamtkosten diesesAusgleichs
stemmen. Einige von derReform beson-
ders stark betroffene Gemeinden–dar-
unterdieGrossstädteZürichundWinter-
thur–erhaltenineinervierjährigenÜber-
gangszeit zudem noch einen Sonderaus-
gleichvon jährlich20MillionenFranken

zugesprochen.Auch dieLandeskirchen
erhalten vomKanton für die anfallen-
den Steuerausfälle eineKompensation.

Warum ist dieVorlage wichtig?


Ab 1. Ja nuar 2020 fallen die Privilegien
für bisherspeziell besteuerte Unterneh-
menweg;schweizweit,obZürichwilloder
nicht.Weil dieseFirmen ab dann auf ein-
mal viel mehr Steuern zahlen müssten,
ist es gut möglich, dass viele von ihnen
den Kanton verlassen, wenn dieser sein
Steuersystemnichtanpasst.DieAbschaf-
fungderSteuerstatusauf2020betrifftvor
allem Holding- und sogenannt gemischte
Gesellschaften – das sindFirmen,die nur
einebeschränkteTätigkeitinderSchweiz
aufweisen. Insgesamt zählt Zürich rund
2000 solcherFirmen, die gemäss Zahlen
des Kantons für rund 6000Arbeitsplätze
sorgen und derzeit, trotz starkreduzier-
ten Steuersätzen, etwa einen Sechstel
aller Unternehmenssteuern zahlen. 20 16
waren das 336 MillionenFranken.

Die Ausfälle träfen den Kanton, aber
auch gewisse Städte, in denenheuteüber-
proportional viele solche Gesellschaften
angesiedelt sind,würdendarunte r leiden.
Gerade für Horgen,Wallisellen und Klo-
ten würde es schwierig.Weil überdies fast
alle anderen Kantone ihreordentlichen
Gewinnsteuersätze senken, wird Zürich
auch für ordentlich besteuerteFirmen im
Verhältnis weniger attraktiv.
Doch auch dieReform selbst hat un-
angenehmeFolgen.Die Senkung der Ge-
winnsteuern führt beim Kanton und bei
den Gemeinden zu Steuerausfällen von
insgesamt rund einer halben Milliarde
Franken proJahr. Dass der Kanton sein
Steuergesetzin einerForm anpassen
muss, verneint kaum jemand. Die politi-
schenLager streiten aber darum, wer für
welchen Anteil der Steuerausfälle aufzu-
kommen hat.

Was sagen die Befürworter?


DasJa-LagerbestehtausdenWirtschafts-
verbänden, den Städten und Gemeinden
sowie denParteien von Mitte-links bis
rechts. Für sie ist die Steuerreform unab-
dingbar, damit der Kanton für Unterneh-
menals Standortattraktiv bleibt.Würden
bisherprivilegiert besteuerteFirmen en
masseabwandern,schmerzedasdenKan-
ton deutlich stärker als die erwarteten
Ausfälle. Die Steuereinbussen der Ge-
meinden würden zudem zu einem gros-
senTeil vom Kanton ausgeglichen. Die
Reform schaffeRechtssicherheit für die
Unternehmen, so dass sich mittelfristig
wiedermehrvonihnenimKantonZürich
ansiedeln würden.
DersozialeAusgleichviaErgänzungs-
leistungen undFinanzausgleich wirke
zudem gezielter als beispielsweise über
höhereFamilienzulagen.Ausserdemfalle
die Senkung des Gewinnsteuersatzes in
Zürich sehr moderat aus , im Unterschied
zu Kantonen wie Genf,Waadt oderBa-
sel-Stadt, die entsprechend auch höhere

sozialeAusgleichsmassnahmen beschlos-
sen hätten.

Wie argumentieren die Gegner?


Die linkenParteien und der Gewerk-
schaftsbund kritisieren, dass der Kan-
ton aus derReform einereine Steuer-
senkungsvorlage gemacht habe.Esfehl-
ten soziale Ausgleichsmassnahmen, wie
zumBeispielhöhereFamilienzulagen,die
den natürlichenPersonen zugutekämen.
SowürdendieBevölkerungundinsbeson-
derederMittelstandSteuergeschenkefür
dieKonzernebezahlen.Zudemfindendie
Gegner, dass der Kanton die neuen Ab-
zugsmöglichkeiten zu sehr ausreize, statt
diese selektiv anzuwenden. Die Umver-
teilung von180 MillionenFranken vom
Kanton an die Gemeinden seikein sozia-
lerAusgleich,sondernblosseineVerlage-
rung der finanziellen Probleme.

Und die Steuerausfälle?


Einfach zu berechnensind die Steueraus-
fälle, die auf einen Schlag ab 2020 anfal-
len: Der Kantonrechnet mit 300 Millio-
nen Franken bei sich selbst und weiteren
250 MillionenFranken bei den Gemein-
den, hauptsächlich wegen der Senkung
des Gewinnsteuersatzes.Weil die bisher
privilegiert besteuertenFirmen mehr
Steuern zahlen, erwartet der Kanton
allerdings auch 60 MillionenFranken
Mehreinnahmen bei sich selbst und 45
MillionenFranken bei den Gemeinden.
Umstritten sind die dynamischen
Effekte – also die Prognose, wie viele
Unternehmen in Zukunft wegen der
Steuerreform in denkommendenJah-
ren zuwandern beziehungsweise nicht
abwandern werden. Genau berechnen
kann man das nicht, weil zu viele Unbe-
kannte in der Gleichung stecken, nicht
zuletzt die Steuerpolitik der anderen
Kantone und imAusland. Und am Ende
entscheidet jedes Unternehmen für sich

selbst. Naturgemäss warnt dasJa-Lager
vor denKosten des Nichtstuns, während
dieNein-SeiteFirmenwegzügealskleine-
res Risiko betrachtet.
Uneinig sind sich Befürworter und
Gegnerauch, wie stark sich dieRabatte
auf das Steueraufkommen auswirken.
Die Linke vergleicht dieVorlage mit der
Unternehmenssteuerreform II, die viel
grössere Steuerausfälle mitsich brachte,
als es der Bund erwartet hatte. Die Be-
fürworter verweisen auch hierauf posi-
tive Effekte der USR II,dass nämlich die
Unternehmenssteuern insgesamt stark
gewachsen sind seit ihrer Annahme.

Steuervorlage 17


Kantonale Abstimmung
vom 1. September 20 19

PAROLENSPIEGEL


Kanton Zürich


Steuervorlage 17
Der Kanton befindet am1.September
darüber,wie er dieFirmensteuerreform
umsetzt. Die Steuervorlage17 umfasst
eine leichte Gewinnsteuersenkung,neue
und höhere Steuerabzüge für Unterneh-
mensowieZahlungendesKantonsandie
Gemeinden, mit denen sie ihre Steuer-
ausfälle teilweise ausgleichenkönnen.
Bürgerliche und Mitte-Politiker,Wirt-
schaftsverbände, Gemeinden und Städte
sind für dieVorlage.Sie sichere denWirt-
schaftsstandortundhalteZürichkonkur-
renzfähig.LinkeundGewerkschaftenbe-
kämpfen dieVorlage. Es fehle ein sozia-
lerAusgleich,zudemreizederKantondie
neuenAbzugsmöglichkeiten zu sehr aus.
Die NZZ unterstützt dieVorlage.

Ja SVP, FDP, GLP, EVP, CVP, EDU, Handelskammer,
Gewerbeverband, Gemeindepräsidentenverband
Nein SP, GP, AL, Gewerkschaftsbund
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