Der Stern - 08.08.2019

(Ann) #1

W


ir haben uns am Berliner
Hauptbahnhof verabredet.
„Lassen Sie uns zusammen
mit der Straßenbahn fahren“,
hatte Katja Oskamp gesagt.
„M6 bis Marzahner Prome­
nade.“ Das sei ein guter Weg, sich ihrer
Geschichte zu nähern. Zu verstehen, wo sie
gelandet ist. Wobei „gelandet“ wohl nicht
ganz richtig ist. Sie selbst würde „ange­
kommen“ sagen.
Doch das muss man erst mal begreifen:
Katja Oskamp, die eigentlich ein Theater­
mensch ist, die eigentlich eine Autorin ist,
die erst mit einem Dirigenten und dann
mit einem Literaten zusammenlebte, ist
seit vier Jahren Fußpflegerin in Marzahn.
Es gibt manchen, der sagen würde: in jeder
Hinsicht ganz unten. Viele ihrer alten
Freunde sagen das.
„Von der Schriftstellerin zur Fußpflege­
rin – ein fulminanter Absturz“, schreibt sie
selbst in dem Buch, das sie über sich und
ihre neue Rolle geschrieben hat.
„Marzahn, mon amour“ heißt es. Unter­
titel: „Geschichten einer Fußpflegerin“.
Wobei der Name schon verrät: Es ist kein
bitterer Schicksalsroman, den sie da ge­
schrieben hat, sondern eine Liebeserklä­

Der Autorin Katja Oskamp
war das Leben zu traurig
geworden. Sie ist
jetzt Fußpflegerin – und
schreibt darüber

Neustart ganz


unten


Oskamp
arbeitete einst
als Dramaturgin
und studierte
am Deutschen
Literaturinstitut
in Leipzig


102 8.8.2019

BUCH


KULTUR


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