Die Welt - 16.08.2019

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16.08.19 Freitag, 16. August 2019DWBE-HP



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6 POLITIK DIE WELT FREITAG,16.AUGUST


rin mit Peking (Das „+ 1“ steht für Chi-
na) über wirtschaftliche Zusammenar-
beit. Im April kam zudem Griechen-
land hinzu. Nun sind es also 17 plus 1
Staaten.
In Chinas Masterplan spielen die
Osteuropäer eine andere Rolle als
Deutschland oder Frankreich, wo sie
Marken und Know-how erwerben wol-
len. In den Mitgliedsländern der „17 + 1“
soll über Investitionen in Infrastruktur
langfristig politischer Einfluss gewon-
nen werden – um den Einfluss aus Wa-
shington, Paris oder Berlin zurückzu-
drängen. Peking hat in den vergange-
nen Jahren Milliarden von Dollar in die
Region gepumpt, es hat große Infra-
strukturprojekte angekündigt, zwi-
schen Budapest und Belgrad etwa will
die Volksrepublik eine Expresszugstre-
cke bauen, in Rumänien ein Atomkraft-
werk. Telefonnetze, Straßen und Brü-
cken: Die Chinesen kommen mit viel
Geld, und sie sind bereit, es dort auszu-
geben, wo die EU Investitionen als un-
rentabel sieht.

E


s ist eine Geschichte wie aus
Zeiten des Kalten Krieges.
Nur dass sie sich heute ab-
spielt, im Jahr 2019. Und
dass nicht mehr die USA
und die Sowjetunion einander gegen-
überstehen, sondern ein neuer Akteur
auf den Plan getreten ist, der weltweit
seinen Einfluss ausbaut: China. An ei-
nem nebligen Januarmorgen verschafft
sich eine Einheit des polnischen In-
landsgeheimdienstes ABW (Agentur für
Innere Sicherheit) Zutritt zu der War-
schauer Wohnung des chinesischen Ge-
schäftsmanns Wang Weijing. Die Beam-
ten konfiszieren seine Akten, nehmen
seinen Computer mit. Wenig später
durchsuchen sie die Büros des chinesi-
schen Technologiekonzerns Huawei in
der polnischen Hauptstadt.

VON PHILIPP FRITZ
AUS WARSCHAU

Der Huawei-Manager Wang wird
festgenommen – so wie ein Bekannter
von ihm, der polnische Staatsbürger
und Ex-ABW-Mitarbeiter Piotr Dur-
bajlo. Die polnischen Behörden werfen
ihnen Spionage vor. Die beiden Männer
kommen in das berüchtigte Warschauer
Untersuchungsgefängnis Bialoleka. Das
kommunistische Regime hielt Opposi-
tionelle dort fest, damals, als die Volks-
republik ein Satellitenstaat der Sowjet-
union war. Das ist lange her. Heute ist
Polen ein Mitglied der Nato, der EU und
ein enger Verbündeter und strategi-
scher Partner der USA – und es ist Wa-
shington, das in einem Handelskonflikt
mit China steckt.
Die Amerikaner lobten denn auch
unverzüglich das harte Vorgehen der
Polen gegen Huawei. Weltweit versucht
die westliche Führungsmacht schon
seit Monaten, den Einfluss des chinesi-
schen Großunternehmens zurückzu-
drängen. Der Grund: Huawei bietet ver-
schiedenen Ländern, auch Deutsch-
land, an, ihre 5G-Netze auszubauen.
Für die USA handelt es sich hierbei um
eine Schlüsseltechnologie, über die
Einfluss ausgeübt werden kann, so wie
über Unterseekabel oder globale Han-
delsrouten.
Es geht um nichts weniger als Kom-
munikation, Datenströme und darum,
wer die Welt von morgen maßgeblich
gestalten wird. Der Fall Huaweisteht
für die Einsicht der Entscheidungsträ-
ger in Washington, dass sich China
nicht in eine liberale Ordnung inte-
griert, die von den USA dominiert wird.
In Polen und Osteuropa treten die Inte-
ressen der Großmächte nun wieder be-
sonders deutlich zutage – in der Peri-
pherie der EU und vor den Augen Ber-
lins, das sich noch nicht entschieden
hat, wie es sich in dieser neuen, nicht
mehr regelbasierten Welt unübersicht-
licher Konflikte verhalten will. Andere
sind da schneller.
China hat – in Deutschland kaum
bekannt – einen strategischen Plan für
Osteuropa, der ein Teil des Projekts
der Neuen Seidenstraße ist. Mit des-
sen Hilfe möchte China endgültig zur
WWWeltmacht werden. Das Land zeigteltmacht werden. Das Land zeigt
seine Interessen in der Region seit
2 012 in einem Format mit dem Namen
„16 + 1“. Sechzehn Länder aus Osteuro-
pa, elf davon in der EU, verhandeln da-

Polen hat als größtes Land der Regi-
on bisher die meisten chinesischen Di-
rektinvestitionen empfangen. Der Füh-
rung in Warschau war das lange will-
kommen, denn die polnische Wirt-
schaft boomt, im vergangenen Jahr ist
sie um stolze fünf Prozent gewachsen.
Es ist zudem abzusehen, dass Polen
bald keine Subventionen mehr aus
Brüssel erhalten wird, und spätestens
2027, so die Voraussage, werde das
Land sogar vom Nettoempfänger zum
Nettozahler in der EU.
Polen also muss sich auch nach In-
vestoren außerhalb Europas umsehen,
wenn es weiter wachsen will. Gleich-
zeitig aber fürchtet Warschau sich vor
seinem aggressiven, großen Nachbarn;
seit der völkerrechtswidrigen Annexi-
on der ukrainischen Halbinsel Krim
durch Russland 2014 setzt Polen umso
entschlossener auf die USA als Sicher-
heitsgarant.
Erst im Juni dieses Jahres kündigte
Donald Trump während eines Besuchs
des polnischen Präsidenten Andrzej

Duda im Weißen Haus an, 1000 weite-
re Soldatennach Polen zu verlegen.
Duda versprach im Gegenzug, moder-
ne amerikanische Kampfflugzeuge
vom Typ F-35 anzuschaffen. Die USA
als Schutzmacht und neustes amerika-
nisches Kriegsgerät auf der einen Sei-
te, auf der anderen eine wirtschaftli-
che Zusammenarbeit mit China: Es
sah lange so aus, als könnte Polen bei-
des haben.
Unter Trump allerdings versuchen
die USA, Chinas Einfluss weltweit ein-
zudämmen, eben auch in Osteuropa –
und stellen ihre Verbündeten vor die
Wahl: wir oder die. Andere Länder in
der Region spüren die Folgen der neuen
Auseinandersetzung der Großmächte
weniger: Ungarn unter Premierminister
Viktor Orbán oder Tschechien sind
zwar Nato-Mitglieder, sehen in Moskau
aber keine Gefahr und binden sich des-
wegen nicht an die USA. China gewinnt
so zunehmend an Bedeutung.
In Ungarn mit seinen lediglich zehn
Millionen Einwohnern übersteigen die

chinesischen Investitionen in einigen
Bereichen bereits die in Polen. Die un-
garische Regierung hatte im vergange-
nen Jahr ein EU-Dokument nicht unter-
zeichnet, in dem die Menschenrechtssi-
tuation in China verurteilt wurde. Das
ist nur ein Beispiel dafür, wie China
wirtschaftlichen in politischen Einfluss
verwandelt. Warschau sendet derartige
Signale noch nicht, denn für Polen wird
der amerikanisch-chinesische Gegen-
satz zur Zerreißprobe.
„Im Grunde haben wir uns schon ent-
schieden“, sagt Jacek Bartosiak WELT.
„Und zwar für die USA.“ Der einfluss-
reiche Politikberater und Chef des
Thinktanks Strategy and Future wartet
vor dem Eingangsgebäude der Techni-
schen Militäruniversität im Warschauer
Stadtteil Bemowo. Uniformierte Män-
ner und Frauen marschieren allenthal-
ben über das weitläufige Gelände. Bar-
tosiak kennt sich hier aus, gerade
kommt er von einer Unterredung mit
dem Generalstab der polnischen Streit-
kräfte. Er gilt als Experte für den Ein-

fluss Chinas und die Interessen der USA
im pazifischen Raum.
Das polnische Vorgehen gegen Hua-
wei und die Anschaffung amerikani-
scher Waffensysteme sind für den Si-
cherheitsexperten ein Zeichen dafür,
dass Polen fest an der Seite der USA ste-
he. „Vor allem ein geheimdienstlicher
Austausch ist mit den Amerikanern
nicht zu haben, wenn wir Huawei Netze
bauen lassen“, sagt Bartosiak. „Auch
die Anschaffung kommunikations-
intensiver Systeme nicht.“
Bartosiak hat das Kampfflug-
zeug F-35 im Sinn und das Projekt
„Weichsel“, basierend auf der US-
Raketenabwehr Patriot. Es ist der
bisher teuerste Einkauf der polni-
schen Armee in Höhe von umge-
rechnet etwa vier Milliarden Euro,
einhergehend mit einem Technologie-
transfer. Polen reagiert damit auf die in
der russischen Exklave Kaliningrad sta-
tionierten Raketen.
Was das für das polnisch-chinesische
Verhältnis bedeutet, ist noch unklar.
Tatsächlich ist aber jetzt schon ein
Rückgang chinesischer Investitionen in
Polen zu beobachten, der auf Dauer
schmerzhaft sein könnte. Im Juli dieses
Jahres kamen eilig die chinesische und
die polnische Seite in Warschau zu ei-
nem zweitägigen Gipfel zusammen. Die
chinesische Delegation wurde ange-
führt von Außenminister Wang Yi. Er
warb förmlich um die Polen und eine
Zusammenarbeit mit Huawei und ver-
sprach, dass sein Land mehr polnische
Waren importieren werde.
Darüber zeigte sich der polnische Au-
ßenminister Jacek Czaputowicz hocher-
freut, denn China hat gegenüber Polen
einen deutlichen Handelsüberschuss.
Noch während der Gespräche kam der
polnische Staatsbürger, der wegen Spio-
nage für China festgenommen wurde,
auf Kaution frei. Polnische Medien wer-
teten das als „Normalisierung“ der pol-
nisch-chinesischen Beziehungen. Es
sieht so aus, als wollte Peking Polen
nicht als Teil seiner Osteuropa-Strate-
gie abschreiben.
China ist jedoch flexibel, es kann oh-
ne Probleme Großprojekte in anderen
Mitgliedsländern der „17 + 1“ anschie-
ben. So soll nun ein Kohlekraftwerk in
Bosnien-Herzegowina erweitert werden


  • also in einem Land, das kein EU-Mit-
    glied ist. Um amerikanische Einfluss-
    nahme muss sich Peking dort keine Sor-
    gen machen. Die Projekte werden in der
    Regel mit chinesischen Krediten finan-
    ziert, und die Hälfte der Arbeiter
    kommt aus China. Die osteuropäischen
    Länder, die keine EU-Mitglieder sind,
    gelten Peking als Sprungbrett in die EU.
    Berater Bartosiak sieht Europa in ei-
    ner Phase dramatischer machtpoliti-
    scher Veränderungen. Gerade mit Blick
    auf Osteuropa, sagt er, sei entschei-
    dend, wie Deutschland sich verhalte.
    „Die Deutschen sind das Zünglein an
    der Waage, was die Zukunft Europas
    und die der Globalisierung allgemein
    angeht“, so der Experte weiter. Denn
    Berlin widersetze sich dem amerikani-
    schen Führungsanspruch, es sei unent-
    schieden im Verhältnis zu Russland und
    China. „Ich habe den Eindruck, den
    Deutschen ist nicht bewusst, wie wich-
    tig sie sind. In Osteuropa bereitet uns
    das Sorgen.“


Chinas „17 plus 1“-Angriff


aaauf Europauf Europa


Peking nähert sich diskret – aber mit Macht. Im Osten des Kontinents liegt ein


3 000 Kilometer langes Band von Staaten, die eng mit der Volksrepublik verbündet


sind. Sie spielen eine besondere Rolle


Quelle: Quelle: Quelle:
Merics

Chinas �� VerbündeteChinas �� VerbündeteChinas �� Verbündete


Direktinvestitionen von ���� bis ���� in MilliardenDirektinvestitionen von ���� bis ���� in MilliardenDirektinvestitionen von ���� bis ���� in MilliardenDirektinvestitionen von ���� bis ���� in MilliardenDirektinvestitionen von ���� bis ���� in Milliarden Euro
(ausgewählte Länder)(ausgewählte Länder)(ausgewählte Länder)

Ungarn

Griechenland

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Polen

TschechienTschechienTschechienTschechienTschechienTschechien

RumänienRumänienRumänien

Bulgarien

SlowenienSlowenienSlowenienSlowenien

KroatienKroatien

SlowakeiSlowakeiSlowakei

LitauenLitauenLitauen

Lettland

Estland

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in den nächsten Wochen ähnlich verhal-
ten wie im Umgang mit den beiden an-
deren Autokraten – nämlich ambiva-
lent, unberechenbar und mit blitzarti-
gen Positionswechseln. Die Kernfrage
ist in allen drei Fällen dieselbe: Stellt
sich Trump auf die Seite von Rechtstaat
und Demokratie? Oder zielt er auf einen
Deal mit Xi, im wirtschaftlichen Inte-
resse der USA – aber unter Preisgabe
von Freiheit und Demokratie?
Bisher schwankte Trump in allen gro-
ßen geopolitischen Krisen zwischen
beiden Polen. Im Fall von Russland etwa
inszenierte er sich im Wahlkampf noch
als Freund von Putin. Er schien sogar
bereit, über die Annexion der Krim hin-
wegzusehen. Das Volk der Krim wolle
offenbar lieber zu Russland gehören als
zur Ukraine, sagte er dem amerikani-
schen Fernsehsender ABC im Juli 2016.
Als Präsident werde er prüfen, ob die
USA die russische Kontrolle über das
Gebiet anerkennen könnten.
Seine Aussagen waren ein Schock für
Europa. Ein amerikanischer Präsident,
der völkerrechtswidrige Praktiken gut-
heißt, das westliche Bündnis infrage
stellte und den Schulterschluss mit Pu-
tin sucht? Das war bis dato undenkbar.
Als Donald Trump die Präsidentschafts-
wahl tatsächlich gewann, feierten russi-
sche Abgeordnete mit Sekt. Kaum war
Trump jedoch im Amt, änderte er plötz-

B


eiläufig, fast schon flapsig stellt
Donald Trump die Frage: „Per-
sönliches Treffen?“ Der US-Prä-
sident mischt sich in den Konflikt zwi-
schen Hongkong und China ein, und er
tut es, wo er Außenpolitik am liebsten
macht: auf dem Kurznachrichtendienst
Twitter. Nun will er sich also mit sei-
nem chinesischen Pendant Xi Jinping
treffen. Er sei sicher, schreibt er, dass Xi
die Krise in Hongkong „schnell und hu-
man“ lösen könne, wenn er wolle.
Trump kenne Xi „sehr gut“, er sei ein
„guter Mann“ in einem „harten Ge-
schäft“.

VON CAROLINA DRÜTEN

Es ist nicht das erste Mal, dass Trump
sich auf kumpelhafte Weise einem auto-
kratischen Herrscher nähert. Auch dem
nordkoreanischen Herrscher Kim Jong-
un hatte er im Juni auf Twitter ein Tref-
fen angeboten. Nach einem Telefonat
mit dem russischen Präsident Wladimir
Putin im Mai schrieb er: „Mit Russland,
China und allen anderen gut auszukom-
men ist eine gute Sache, keine schlech-
te.“
Das plötzliche Angebot von persönli-
chen Treffen weckt Erinnerungen an
Trumps Strategie in der Ukraine-Frage
und der atomaren Krise mit Nordkorea.
In der Hongkong-Frage könnte er sich

lich seine Rhetorik. Sein Sprecher ließ
verlauten, Trump habe „sehr deutlich
gemacht, dass er von der russischen Re-
gierung erwartet, die Gewalt in der
Ukraine zu deeskalieren und die Krim
zurückzugeben“.
Im Dezember 2017 wurde zudem be-
kannt: Amerika plant Waffenlieferun-
gen an die Ukraine. Im Mai vergange-
nen Jahres wurden 37 Panzerabwehrra-
keten geliefert. Das US-Außenministeri-
um hatte erklärt, man wolle die Ukraine
dabei unterstützen, „ihre Souveränität
und territoriale Integrität zu verteidi-
gen und künftige Aggressionen abzu-
wehren“. Als im November 2018 die La-

ge zu eskalieren drohte – Russland hatte
zwei ukrainische Patrouillenboote fest-
gesetzt und die Besatzungen festge-
nommen –, sagte Trump sogar ein Tref-
fen mit dem russischen Präsidenten Pu-
tin ab.
Eiszeit in den russisch-amerikani-
schen Beziehungen? Aber nein. Im Mai
telefonierten Putin und Trump zum
ersten Mal, seit der Bericht des FBI-
Sonderermittlers Robert Mueller zur
Russland-Untersuchung veröffentlicht
wurde. Im Anschluss twitterte Trump,
es sei eine „gute Unterhaltung über vie-
le Dinge“ gewesen. Trumps Strategie
blieb unberechenbar – und bis heute
rätseln die Mächtigen, wie viel Kalkül
dabei ist und wie viel schlicht im Cha-
rakter des Präsidenten angelegt ist.
Er wechselt zwischen harter und
sanfter Tour – das eigentliche Ziel der
sprunghaften Diplomatie bleibt im Un-
gefähren. So auch in der Nordkorea-Kri-
se. Lange drehte sich die Beziehung
Trumps und des nordkoreanischen Dik-
tators Kim Jong-un um die Frage: Wer
hat den größeren Atomknopfhat den größeren Atomknopfhat den größeren Atomknopf? Der Kon-? Der Kon-
flikt drohte zu eskalieren. Nach Berich-
ten im August 2017, Nordkorea sei in der
Lage, Raketen mit Atomsprengköpfen
zu bestücken, drohte Trump: Er werde
auf Nordkoreas Provokationen mit
„Feuer, Wut und Macht“ reagieren, „wie
es die Welt noch nicht gesehen hat“.

Nordkorea erwiderte, man werde jeder-
zeit die US-Pazifikinsel Guam angrei-
fen, sollte Kim dies anordnen.
Seitdem gab es drei Treffen. Trump
nannte seine Beziehung zu Kim plötz-
lich eine „großartige Freundschaft“.
Aber in der Sache hat sich bisher so gut
wie nichts geändert. Nordkorea hat kei-
nesfalls aufgehört mit seinen atomaren
Provokationen – im Gegenteil. In der
vergangenen Woche testete Pjöngjang
erneut Raketen als Reaktion auf ein US-
südkoreanisches Militärmanöver.
Trumps außenpolitische Zuckerbrot-
und-Peitsche-Strategie hat in der Bilanz
nichts bewegt. Noch immer ist die Krim
annektiert, noch immer testet Nordko-
rea Atombomben. Trump changiert und
landet damit meist in einer Sackgasse.
In Hongkong deutet sich ein ähnli-
ches Muster an. Andere hochrangige
US-Politiker übten in der Tradition
amerikanischer Außenpolitik harte Kri-
tik an China und gaben ihrer Sorge Aus-
druck, die chinesische Armee könne in
Hongkong ein Massaker anrichten.
Trump gab sich zunächst gleichgültig.
„Ich hoffe, es bleibt friedlich. Ich hoffe,
niemand wird verletzt. Ich hoffe, nie-
mand wird getötet“, sagte er Anfang der
Woche.
Das schürte Befürchtungen, Trump
könnte sich wenig für das Schicksal der
Demonstranten interessieren – sondern

mehr für die eigenen wirtschaftlichen
Vorteile. Schließlich befinden sich die
Vereinigten Staaten in einem Handels-
krieg mit China. Wäre Trump bereit, für
ein Entgegenkommen Pekings im Zoll-
streit dem chinesischen Präsidenten
freie Hand zu lassen.
Auch die jüngsten Tweets waren wie-
der ambivalent. Zunächst rühmte er Xi
und schlug ihm lapidar das persönliche
Treffen vor und gab seiner Hoffnung
Ausdruck, Chinas Präsident werde das
Problem „human“ lösen. Aber dann
kam ein weiterer Tweet, der als erste
Einmischung in chinesische Angelegen-
heiten gelesen werden kann. „Wenn
Präsident Xi die Demonstranten direkt
und persönlich treffen würde, wäre das
ein glückliches und weises Ende des
Hongkong-Problems“, erklärte Trump.
Ein Tweet, der nur an der Oberfläche
neutral erscheint. Für den chinesischen
Präsidenten dürfte es eher wie eine Pro-
vokation wirken, wenn ihm der mäch-
tigste Mann der Welt nahelegt, was er
zu tun hat. Zumal aus Sicht Pekings
solch ein Treffen komplett undenkbar
sein dürfte. Wie es weitergeht, ist völlig
offen. Trumps nächste Aktionen sind
wie schon bei Putin und Kim kaum vor-
hersehbar. Sicher ist nur eins: Auf den
US-Präsidenten können die Hongkon-
ger Demonstranten nicht zählen – aber
das kann auch Xi nicht.

TTTrumps Autokraten-Managementrumps Autokraten-Management


Der US-Präsident will ein Treffen mit Chinas Staatschef Xi zur Hongkong-Krise. Das weckt Erinnerungen an den Umgang mit Wladimir Putin und Kim Jong-un


US-Präsident Donald Trump und sein
chinesischer Kollege Xi Jinping

REUTERS

/ KEVIN LAMARQUE

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