Frankfurter Allgemeine Zeitung - 17.08.2019

(Tuis.) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Feuilleton SAMSTAG, 17. AUGUST 2019·NR. 190·SEITE 9


DasSommerbeet auf dem Falkenplatz in
der Schweizer Bundesstadt ist auch in die-
sem Jahr ein Traum. „Stadtgrün Bern“ hat
einen Gartenraum wie aus dem Lehrbuch
geschaffen. Die Pflanzen sind exakt aufein-
ander abgestimmt und für die Jahreszeit
ideal ausgewählt. Gertrude Jekyll, die ge-
niale englische Gartenarchitektin, wäre be-
geistert!
Für die vertikalen Strukturen sorgen der
rotblättrige Wunderbaum (Ricinus commu-
nis), die gelbe Sonnenblume (Helianthus
annuus), das silbergrüne Federborstengras
(Pennisetum setaceum), die dunkelrote
Hirse (Pennisetum glaucum) und eine bu-
schige gelbe Dahlie. In der Fläche wirken
in Gruppen gepflanzte kirschrote und gel-
be Sonnenhüte (Rudbeckia hirta). Leuch-
tende Farbtupfer geben die purpurrote
Buntnessel (Plectranthus scuthellarioides)
und ein zierlicher Salbei mit scharlachro-
ten Blütentrauben (Salvia coccinea). Einge-
fasst wird das Beet von niedrigwachsen-
dem, hellgelbem Sonnenhut, der die Ein-
heit der Komposition betont, von orange
blühenden Zinnien (Zinnia angustifolia),
der Neuseeland-Segge (Carex comans)
und der Ziersüsskartoffel (Ipomoea ,Sweet-
heart Light Green‘), die mit ihrem hellgrü-


nen Laub die Farbwirkung der blühenden
Pflanzen unterstreicht.
Dass wir uns in vielen Städten an öffent-
lichen Grünflächen ganzjährig erfreuen
und Parkanlagen intensiv zur Erholung
nutzen können, verdanken wir Stadtgärtne-

reien. Auch wenn in der Bevölkerung und
in der politischen Klasse unstrittig ist, dass
der Städtebau gartenplanerische Anliegen
berücksichtigen muss, hängen die Gestal-
tungsmöglichkeiten von der finanziellen Si-
tuation der jeweiligen Kommune ab. In
Bern belaufen sich die Nettokosten auf
etwa zwanzig Millionen Franken im Jahr.
Größere Stadtgärtnereien sind inzwischen
Unternehmen, die in Konkurrenz zu priva-
ten Anbietern arbeiten und kostenpflichti-
ge Dienstleistungen erbringen.
Die Anfänge der städtischen Gärtnerei-
en liegen im neunzehnten Jahrhundert, als

das ungebremste Wachstum vieler Städte
im Zuge der Industrialisierung das Bedürf-
nis nach urbanen Grünanlagen verstärkte;
die romantische Hoffnung auf Versöhnung
mit der Natur beflügelte entsprechende In-
itiativen ebenso wie hygienische und sozi-
alpolitische Interessen. Aufklärerische Pro-
jekte aus dem achtzehnten Jahrhundert,
als herrschaftliche Gärten für die Bevölke-
rung geöffnet wurden, waren Vorbilder. Er-
holung und Vergnügen im Grünen sollte
nun aber nicht mehr allein dem flanierfreu-
digen Bürgertum gewährt werden, sondern
auch ärmeren Schichten. Hinzu trat die Ab-
sicht, die aufstrebende Stadt durch prächti-
ge Parks, breite Alleen und kunstvolle Es-
planaden adäquat zu inszenieren.
Die Mittel waren zunächst bescheiden.
Die städtische Gärtnerei in Bern startete
1877 mit einem Mitarbeiter. Die sukzessi-
ve Ausdehnung der Zuständigkeiten ließ
den Personalstamm deutlich anwachsen.
Heute sind an der Aare zweihundert Be-
schäftigte in Lohn und Brot. Diese Ent-
wicklung ist repräsentativ: Die Betriebe
kümmern sich um die Gestaltung von
Parks und die Pflege von Grünflächen,
aber oft auch um die Sicherheit von Spiel-
plätzen, den Bau von Sportanlagen und die

Gestaltung von Friedhöfen. Zugleich sind
die Ansprüche der Bevölkerung an die
Grünanlagen gestiegen, und die Belastung
durch den Klimawandel hat zugenommen.
Die größte Herausforderung besteht
heute darin, die divergierenden Bedürfnis-
se zu integrieren. Langfristigen Erfolg ha-
ben die Anstrengungen aber nur, wenn
sich Bürger für das öffentliche Grün enga-
gieren. Die Bürgergärtner dürfen nicht nur
ihren eigenen Garten kultivieren, sondern
müssen den Aktivitäten der steuerfinan-
zierten Stadtgärtnereien mit wachem –
und kritischem – Interesse begegnen.
Es genügt nicht, herrlich blühende Ra-
batten von Unrat freizuhalten; man sollte
sich unter professioneller Anleitung aktiv
an der Pflege der städtischen Natur beteili-
gen. Wer nicht systematisch invasive Neo-
phyten bekämpfen will, kann bei sommerli-
cher Trockenheit Straßenbäume gießen.
Kleine Freiflächen am Straßenrand laden
auch Mieter zur Bepflanzung ein. Gärtneri-
sche Initiative im öffentlichen Raum ist
eine ökologische Pflicht und eine sozial-
integrative Aufgabe. Und wer keinen grü-
nen Daumen oder keine Zeit hat, der kann
immerhin eine Pflanzenpatenschaft über-
nehmen. STEFAN REBENICH

GARTEN


SCHULE


30.8.–


1 9.9.


2019


In Zusammenarbeit mit
der Stiftung Berlliner
Philharmoniker

Orchhestra


BBCSy Orchestra
Sakari Oramo

Orchestre Révoluutionnaire et
Romantique &MMMoontevveerrddiiCCChoir
Sir John Eliot Gardinner

Royal Concertgebouuw Orchesstra
Amsterdam
Tugan Sokhiev

Orchestre Les Siècles
François-Xavier Roth

Münchner Philharmoniiker
Valery Gergiev

#musikfestberlin


unnd viele weiteeeeeere
Gastorchesterrrrrr,EEEEEEEEEEEEEnnnnnsembles
undddddddddSSSSSSoooooollllliist*innennnnn

D


as Museum gilt unverändert
als geschützter Raum;
schon seine Synonyme wie
„heilige Hallen“ oder „Mu-
sentempel“ deuten eine ge-
wisse Weihe und einen Aus-
nahmestatus an, in dem die Seele vor den
Zumutungen des Alltags fliehen kann und
Asyl erhält. Die noch ungeschriebene Ge-
schichte der Kämpfe zwischen Museums-
direktoren und Autoritäten hingegen wäre
eine erschreckend wüste: Kaiser Wilhelm
II., der dem Nationalgaleriedirektor Hugo
von Tschudi um 1900 diktiert, keine impres-
sionistischen „violetten Schweine“ mehr
auszustellen, und schließlich für seine Ent-
lassung sorgt. Bis zu seiner Immunisierung
als Leiter der Akademie der Schönen Küns-
te in Berlin ungezählte Anwürfe gegen
Klaus Staeck wegen seiner politischen Pla-
katkunst. Von 1974 an schärfste Kritik an
Armin Zweite als Direktor der Städtischen
Galerie im Münchner Lenbachhaus auf-
grund mancher Ankäufe wie „Merda d’ar-
tista“ von Manzoni. Besonders seit der letz-
ten Documenta in Kassel Vertreter rechter
Parteien, die verstärkt ihr grundsätzliches
Recht nutzen, politisch missliebige Ausstel-
lungen und die dazugehörigen Häuser un-
ter oft fadenscheinigen Vorwänden in Fra-
ge zu stellen. Mit diesem winzigen Aus-
schnitt deutscher Museumskämpfe sind die
massiven Bedrohungen in osteuropäischen
oder etwa lateinamerikanischen Ländern
noch nicht einmal erwähnt.
Das Museum war somit als Bastion
künstlerischer Freiheit nie unangefochten.
Es bewahrt jedoch wie in einer Schneeku-
gel auch die strittige Geschichte der Kämp-
fe um die Kunst für die Ewigkeit, denn ein
Museum wie beispielsweise die Ermitage
in Sankt Petersburg ist die einzig überdau-
ernde Institution über alle Umstürze Russ-
lands hinweg, wie es derzeit der russische
Pavillon auf der Biennale in Venedig mit
seiner Erzählung der Landesgeschichte an-
hand des Wandels und der Kontinuität im
größten Museum des Riesenreiches zeigt
(F.A.Z. vom 17. Mai). Die Institution Muse-
um bewahrt – nicht zuletzt durch die bestän-


dige Materialität der ausgestellten Werke –
eine feste Form gegen das Auf und Ab der
Politik im Außen; es bietet zugleich Asyl
für künstlerische Äußerungen, die in be-
stimmten politischen Kontexten außerhalb
dieses Schutzraums der Freiheit gar nicht
mehr geäußert werden können. Mehr noch:
Das Museum ist selbst politisch, es bietet
ein Podium für gesellschaftliche Diskussio-
nen, die andernorts längst im Grabenkrieg
der redundanten Talkshows und unversöhn-
lichen Scheindebatten steckengeblieben
sind. Das Museum ist eine Ermöglichungs-
form freien Denkens. Schon wegen der Un-
eindeutigkeit und schillernden Ambivalenz
seiner Objekte bestätigt es jedoch nie zu
hundert Prozent vorherrschende Meinun-
gen oder mehrheitsfähige Weltsichten. Oft
muss man sich darin wie in einer Höhle des
Löwen auch Kunstwerken stellen, die absto-
ßend oder ablehnenswert sind – man wird
dennoch mit Gewinn aus diesen dialekti-
schen Prozessen hervorgehen.
Dieser schützenswerten Institution wid-
met das Frankfurter MMK von heute an
eine Ausstellung mit dem allumfassenden
Titel: „Museum“. Das passendste Emblem
dieser Schau über das permanente Ringen
um politisches Gehörverschaffen und
Ernstgenommenwerden wäre Joseph
Beuys’ „Boxkampf für direkte Demokratie“

im ersten Geschoss. In einer langen Vitrine
ist ein Paar gebrauchter Boxhandschuhe ei-
nes 1972 real von Beuys geführten Kamp-
fes neben der in ihrer bandwurmartigen
Länge ausgezogenen Kordel der Faust-
kampfarena abgelegt. Sie wären als Reli-
quien längst geführter Kämpfe abzutun. Da
aber in unmittelbarer Nachbarschaft das
Foto der Entlassung des Künstlers aus der
Düsseldorfer Kunstakademie durch Johan-
nes Rau mit der triefend ironischen Auf-
schrift „Demokratie ist lustig“ hängt,
mahnt die Vitrine eher dazu, den Kampf
um die fragile Lebensform Demokratie täg-
lich fortzusetzen.
Freiheit existiert nur innerhalb einer
streng geordneten Form. Das kann in den
Arbeiten auch Rhythmus sein, wie Victoria
Santa Cruz in ihrem Video „Me gritaron ne-
gra“ (Sie schimpften mich Schwarze) von
1978 beweist: Unter Klatschen, Stampfen
und einer ausgefeilten Choreographie
kann man sich der reklamierten Freiheits-
rechte kaum entziehen. Überhaupt die
atemberaubenden Videos: Die erste
schwarze Philosophieprofessorin der Verei-
nigten Staaten und – in gleicher Intensität,
keinesfalls nebenher – Künstlerin Adrian
Piper flaniert 1973 selbstbewusst als „My-
thic Being“ durch New Yorks Straßen. Mit
dem angeklebten Bart, dem Afromob und

Sonnenbrille wirkt sie wie die intellektuel-
le Version von Starsky & Hutch. Nur ein
Kind erkennt des seltsamen Kaisers neue
Kleider. Es bleibt mit starrend offenem
Mund stehen, als die Künstlerphilosophin
für den Film „Other Than Art’s Sake“ des
Künstlers Peter Kennedy, aus dem im
MMK ein Ausschnitt über ebendieses my-
thische Wesen Piper gezeigt wird, plötzlich
mit heller Stimme ihre Aktion zu erläutern
beginnt. Dabei bewahren Pipers Arbeiten
bei aller Ernsthaftigkeit ihres Anliegens
eine spielerische, undoktrinäre Leichtig-
keit.
Früher als irgendwo sonst boten staatli-
che Museen die Möglichkeit, einer breiten
Öffentlichkeit diverse Formen von Anders-
sein vorzustellen. Das hat seinen histori-
schen Grund in der positiven Narrenfrei-
heit der Künstler; stets hatten sie das Privi-
leg, das in totalitären Systemen oft auch
Gefährdung an Leib und Leben bedeutet,
den Herrschenden und der Gesellschaft
den Zerrspiegel vorzuhalten, der eulenspie-
gelhaft Missstände zur Kenntlichkeit ver-
deutlicht. Ein Andy Warhol war mit seinen
queeren Identitätsspielen schon in großen
Museen vertreten, als außerhalb ihrer Mau-
ern die Straßenkämpfe von Christopher
Street und anderen längst nicht zugunsten
der Pluralität entschieden waren.

Ebenso wenig vergisst die Schau, das Mu-
seum als Laboratorium der Utopien zu wür-
digen. Symbolisch veranschaulicht dies
Beuys mit seiner „Capri-Batterie“. Wie ein
Kerzlein der Aufklärung glimmt eine durch
die Säure der angeschlossenen quietschgel-
ben Zitrone gespeiste Glühbirne vor sich
hin. Alternative Energien und Ökologien si-
ckerten seit den Siebzigern in die heiligen
Hallen, durchaus über den Umweg der Rit-
terschlaginstitution Documenta bei beson-
ders umstrittenen Kunstwerken wie etwa
Beuys’ Honigpumpe, der ein geschlossener
Kreislauf zugrundeliegt.
Ermöglichungsräume bedeuten immer
auch Verführung und Irrwege. Auf den
Punkt bringt das Hans-Peter Feldmann, der
den Betrachter in einem der fensterlos abge-
schiedenen Eckräume mit offen daliegen-
den Schokoriegeln auf dem Sockel in Versu-
chung führt. Kein Wärter, der bei diesem
ins Museum transferierten Marshmallow-
test dem Stibitzer auf die Finger schlüge.
Das Gewissen und das eingeimpfte Berüh-
rungsverbot von Museumsobjekten allein
sind Zeugen der Anklage. Rosemarie Tro-
ckels Hemd mit blütenweißem Kragen, in
den mit den Namen „Justine/Juliette“ und
„Collection Desir“ die schiere de Sadesche
Versuchung ebenso wie ein störender Fleck
eingestickt sind, macht klar, dass es keine
Schönheit ohne Gefahr gibt. On Kawaras
benutzbarer „Raucherraum“ ist ohnedies
gebaute Anarchie.
Eine letzte große Freiheit, wenn auch kei-
ne ungefährliche, bietet der knapp neunmi-
nütige Film „C’était un rendez-vous“ von
Claude Lelouch: Halsbrecherisch rasen wir
mit einem Auto in den frühen Morgenstun-
den durch die engen Straßen von Paris, auf
keine rote Ampel oder die wenigen Passan-
ten achtend. Kalkulierter Regelbruch im
Dienst der höheren Sache des Rendezvous.
Sage keiner, es handele sich um infantile
Männerphantasien – auch Frauen wurden
mit fiebrigen Augen vor dem Film gesehen,
die sich nicht mehr lösen konnten. Aber die-
se Dichotomien sind im Museum ohnehin
von gestern. STEFAN TRINKS
Museum.Im Museum für Moderne Kunst und Zoll-
amt, Frankfurt; bis zum 16. Februar 2020. Zur
Schau erscheint eine Broschüre mit Kurztexten.

D

er Inbegriff der Bankrotterklä-
rung des unabhängigen Lesens ist
die Buchhandlung Amazon.books in
Pacific Palisades, ausgerechnet dem
Ort, wo Schriftsteller wie Thomas
Mann, Aldous Huxley, Lion Feucht-
wanger, Emil Ludwig oder Max Hork-
heimer gelebt haben. Das Geschäft
liegt an der Ecke Sunset Boulevard/
Swarthmore Avenue und ist damit so
etwas wie das Entrée zum Palisades
Village, einer Shopping-Mall unter frei-
em Himmel, die mit ihren kleinen Lä-
den, Grünflächen und kleinteilig ge-
pflasterten, gewundenen Wegen etwas
imitieren will, was es gar nicht gibt: die
Fußgängerzone eines europäischen
Dorfs. Die kleinen Läden und Lokale
halten teure Waren vor; hier sind die
Leute wohlhabend, aber einen eigenen
Geschmack will sich keiner leisten.
Wie sonst wäre der schon im Schau-
fenster des Amazon-Buchladens riesig
ausgehängte Slogan „Discover the
books customers love“ erklärbar, der
Entdeckungen verheißt, die längst
mehrheitsfähig sind? Und für welche
Mehrheiten! Ein Regal ist gefüllt mit
Büchern, die auf amazon.com mindes-
tens 10 000 Empfehlungen bekommen
haben, ein anderes bietet „highly quo-
table books“, worunter solche zu ver-
stehen sind, die „most highlighted“
sind, also von Benutzern des Amazon-
E-Readers Kindle am häufigsten anno-
tiert wurden. Die Absatzkette ist ge-
schlossen: Vom Besteller über die
E-Book-Leser bis zum Ladenkunden
dreht sich alles nur im Kreis und ver-
stärkt sich gegenseitig, für Abseitiges
ist hier natürlich kein Platz. Wenn man
sich ein weiteres Regal anschaut, das
den „100 Büchern, die man im Leben
gelesen haben sollte“, gewidmet ist,
dann finden sich gerade einmal zwei
Titel von im Original nichtenglisch-
sprachigen Autoren: Haruki Muraka-
mis Roman „Mister Aufziehvogel“ und
Marjane Satrapis Comic „Persepolis“.
Literarische Klassiker sind gleich gar
nicht zu erwarten, das älteste Buch ist
George Orwells 1948 erschienener Ro-
man „1984“. Wobei nicht auszuschlie-
ßen ist, dass unter den Leselebensemp-
fehlungen doch noch mehr fremdspra-
chige oder alte Bücher zu finden sind,
denn im Amazon-Buchgeschäft von
Pacific Palisades sind gerade einmal 45
der hundert Titel ausgestellt – „our
pick“, wie es erläuternd heißt, unsere
Auswahl. Das meint dann wohl die im
Laden tätigen Buchhändler, die damit
doch noch so etwas wie literarische
Kompetenz für sich in Anspruch neh-
men dürfen: auf der Basis einer Aus-
wahl von hundert Büchern. Kein
Gedanke, dass hier wie in vielen deut-
schen Buchhandlungen handgeschrie-
bene Empfehlungszettel der einzelnen
Angestellten individuelle Präferenzen
erkennen ließen. Doch dafür heißt es
am Eingang: „We curate books.“ Wie
diese kuratorische Tätigkeit aussieht,
steht gleich darunter: In diesem Ge-
schäft, so wird erläutert, finde man aus-
schließlich Artikel, die im Netz bei
Amazon „4 stars & above“ erhalten ha-
ben, „top-seller“ sind oder „new &
trending on amazon.com“. Und dann
gibt es auch noch eine Gruppe von vor-
rätigen Büchern, deren Lektüre Ama-
zon-Kunden auf ihren Kindles in drei
Tagen oder weniger absolviert haben.
„Unputdownable“ lautet das Werbe-
wort dazu: unablegbar oder besser
noch unausderhandlegbar. Da sage
noch jemand, die englische Sprache
könnte es der deutschen an Komposita
nicht gleichtun. Man möchte nur wis-
sen, wie es sich mit den Produkten des
Presseregals verhält: Ist die neueste
Ausgabe des „New Yorker“ zehn-
tausendfach empfohlen worden oder
wenigstens „new & trending“? Und die
vielen Gartenmagazine? Und warum
gibt es hier keine einzige Tageszeitung,
obwohl jede doch das Kriterium des in
drei Tagen Ausgelesenen lässig er-
füllen sollte? apl

Kuratierter Laden


Der Bürger ist immer der Gärtner


Stadtgärtnereien leisten einen wichtigen Beitrag zum kommunalen Leben – solange sie genug Geld haben


Diese Hallen

überdauern Weltreiche

Von Narrheit, Utopien und dem Recht auf Irrtum:


Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst zeigt


die grundsätzlichen Freiheiten des Ausstellungsraums.


Eine
Zitrone ist eine
Birne ist eine Sonne: Die
„Capri-Batterie“ von Joseph
Beuys leuchtet seit 1985 und
bringt als geschlossener
Kreislauf die Natur
ins Museum.
Foto Axel Schneider/
VG Bild-Kunst, Bonn 2019
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