Handelsblatt - 16.08.2019

(nextflipdebug2) #1
Reederei

Maersk sieht Welthandel bedroht


Der dänische Container-Riese
hat seinen Gewinn im zweiten
Quartal zwar gesteigert.
Konzernchef Skou warnt aber
vor empfindlichen Folgen des
Handelsstreits.

Helmut Steuer Stockholm

D


ie größte Container-Reederei
der Welt, Moeller-Maersk aus
Dänemark, sieht in dem Han-
delskonflikt zwischen den USA und
China eine Bedrohung des weltweiten
Handels. „Die Handelsrestriktionen,
die 2018 vor allem von den USA und
China eingeführt wurden, haben den
Handel zwischen den beiden Ländern
negativ beeinflusst und die Handels-
strukturen verändert“, erklärte Ma-
ersk-Chef Sören Skou bei der Vorlage
der Halbjahreszahlen in Kopenhagen.
Er würde gern mit dem US-Präsi-
denten Donald Trump „über den
Freihandel und seine Effekte auf den
Wohlstand“ diskutieren, erklärte
Skou auf einer Pressekonferenz in
der dänischen Hauptstadt. Mögli-
cherweise hat er tatsächlich dem-
nächst Gelegenheit dazu, denn
Trump wird am 2. September in Ko-
penhagen erwartet.
Die Auswirkungen des Konflikts hät-
ten zu einem Rückgang des Container-
volumens um 0,5 Prozent in diesem
Jahr geführt, sagte Skou. Bislang seien
die Effekte aber noch relativ gering, da
die US-Importeure ihre Waren statt
aus China nun aus anderen asiati-
schen Ländern wie Vietnam, Südko-
rea, Thailand und Indien beziehen.
Sollten die von Trump angekündig-
ten weiteren Zollerhöhungen aber
tatsächlich umgesetzt werden, könn-
te der Containerhandel im kommen-
den Jahr sogar um ein Prozent sin-
ken. „Wenn der Handelskrieg der
Startschuss zu einer weltweiten Re-
zession sein sollte und wenn Donald
Trump nach China seinen Blick auf
Europa lenken sollte, würde sich das
auf das Containergeschäft auswir-
ken“, erklärte auch Sydbank-Analyst
Mikkel Emil Jensen der dänischen
Zeitung „Berlingske“.

Erwartungen übertroffen
Trotz des Handelskonflikts konnte
der Container-Riese, der jeden fünf-
ten Container der Welt transportiert,
die Erwartungen der Analysten über-
treffen. Der Vorsteuergewinn stieg im
zweiten Quartal um 17 Prozent auf
1,36 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden
Euro). Analysten hatten nur mit 1,24
Milliarden Dollar gerechnet.
Maersk geht für das Gesamtjahr
weiterhin von einem Gewinn in Höhe
von rund fünf Milliarden Dollar aus.
Der Kurs der Maersk-Aktie stieg an
der Börse in Kopenhagen zeitweise
um mehr als sieben Prozent. Aller-
dings war der Kurs seit Mitte 2017 um
mehr als 40 Prozent gefallen.
Maersk hat in diesem Jahr vor al-
lem von den gestiegenen Frachtraten
und einem höheren Frachtvolumen
profitiert. Außerdem konnte der Kon-
zern seine Kosten senken. Skou zeig-
te sich auch zufrieden mit der Inte-
gration der verschiedenen Container-
Sparten, die früher als erwartet zu
Synergien geführt hätte. Dennoch
warnte der Maersk-Chef vor „größe-
ren Unsicherheiten“ aufgrund des
Handelsstreits und der globalen Kon-
junkturabschwächung.

Seit Skou im Sommer 2016 die Lei-
tung des mit Abstand größten däni-
schen Unternehmenskonglomerats
übernahm, hat sich einiges getan: Zu
dem Konglomerat gehörten damals
neben der Container-Reederei Maersk
Line auch die Ölförderung, die Er-
schließung neuer Ölfelder sowie eine
Tankerflotte und viele Häfen.
Das Öl- und Gasgeschäft wurde un-
ter Skous Leitung abgekoppelt, und
der Konzern konzentrierte sich wie-
der stärker auf die Logistiksparte. Da-
zu zählte auch die 3,7-Milliarden-

Euro-Übernahme des Containerkon-
kurrenten Hamburg-Süd vor zwei
Jahren. Seine Öl- und Gassparte ver-
kaufte Moeller-Maersk für 7,5 Milliar-
den Dollar an den französischen
Energieriesen Total.
Die Entscheidung, die Öl- und
Gassparte abzustoßen, war dabei laut
Analysten richtig. Der Konzern war
zu unübersichtlich geworden und
hatte sich mit seinen vielen unter-
schiedlichen Aktivitäten verzettelt.
Mittlerweile hat Skou den Konzern-
umbau weitgehend abgeschlossen.

Maersk-Schiff
in Mexiko:
Neue Zölle könnten
das Container-
Geschäft schrumpfen
lassen.

Susana Gonzalez/Bloomberg/Getty Images

Kapitalanleger-Musterverfahrensge-
setz (KapMuG) angelegt. Weitere In-
vestoren können jetzt ihre Ansprü-
che zum Musterverfahren anmelden.
Der Kläger, der sich von der bekann-
ten Kanzlei Tilp vertreten lässt, wirft
dem Unternehmen vor, die Anleger
nicht ausreichend über die Bilanzma-
nipulationen informiert zu haben.
Während beim deutschen Kap-
MuG-Verfahren hauptsächlich Privat-
anleger beteiligt sind, haben zahlrei-
che institutionelle Investoren in Süd-
afrika eine Sammelklage angestrengt.
Sie fordern umgerechnet rund zwölf
Milliarden Euro als Kompensation für
Kursverluste. In den Niederlanden
hat die Aktionärsvereinigung VEB ei-
ne Feststellungsklage eingereicht.
Wie sehr die Anleger das Vertrauen
in Steinhoff verloren haben, zeigte sich
wieder diese Woche. Das Unterneh-
men hatte zum ersten Mal seit dem
Bekanntwerden des Bilanzskandals ei-
nen Kapitalmarkttag veranstaltet. Das
komplette Management inklusive Su-
pervisory Board wurde aufgeboten. Es
wurde über die Aufarbeitung der Krise
gesprochen und die künftige Strategie.
Doch dem Aktienkurs gab diese Veran-
staltung keine Impulse.


Einigung mit Gläubigern


Einen „wesentlichen Meilenstein“, wie
Steinhoff-Chef du Preez sagt, hat er
jetzt erreicht. Das Unternehmen hat
sich am Mittwoch dieser Woche mit
Gläubigern auf die Ausgabe von neuen
Schuldtiteln geeinigt. Dabei geht es
um 5,8 Milliarden Euro für die Stein-
hoff Europe und um 2,9 Milliarden
Euro für die Steinhoff Finance Hol-
ding. Auf die neuen Schuldtitel, die
bis Ende 2021 laufen, muss das Unter-
nehmen keine laufenden Zinsen zah-
len. Doch damit hat sich das Unter-
nehmen nur eine Atempause erkauft.
Entscheidend ist die künftige Stra-
tegie, aber die ist nur in groben An-
sätzen zu erkennen. Auf jeden Fall
wird sich die Struktur der Gruppe
noch mal deutlich ändern. „Um zu
überleben, muss Steinhoff zu einer
reinen Investment Holding werden
mit dem Schwerpunkt auf den Han-
delsaktivitäten“, sagt du Preez. Damit
ist klar, dass das Autozuliefergeschäft
der Gruppe zum Verkauf steht.
Geprüft wird wohl auch ein Bör-
sengang der Tochter Pepkor Europe,
dazu gibt es aber noch keine Ent-
scheidung. Kern von Pepkor Europe
sind Ketten von Billigläden in Osteu-
ropa unter der Marke Pepco und in
Großbritannien unter der Marke
Poundland. Trennen wird sich Stein-
hoff von diesen Aktivitäten jedoch
wohl nicht. Immerhin bezeichnet
Konzernchef du Preez im Gespräch
mit dem Handelsblatt Aktivitäten in
Osteuropa neben dem Kerngeschäft
Südafrika als wichtigen Zukunfts-
markt für Steinhoff.
Schwierig dagegen läuft es bei der
französischen Tochter Conforama.
Um die Schuldensituation zu ent-
schärfen, hat Steinhoff 50 Prozent
der Anteile der Möbel- und Einrich-
tungskette an die Gläubiger abgege-
ben. Außerdem soll eine vierstellige
Zahl an Arbeitsplätzen gestrichen
und sollen zahlreiche Läden ge-
schlossen werden.
Doch letztlich hängt alles an der Be-
wältigung des Bilanzskandals und den
rechtlichen Folgen. Eine der Fragen,
die ihm am häufigsten von Aktionären
gestellt würden, so du Preez, sei:
Wann kommt der Ex-Chef Markus
Jooste in den Knast? Die strafrechtli-
che Verfolgung von Jooste sei nicht die
Aufgabe des heutigen Managements,
so du Preez. Aber zivilrechtlich hätten
sie schon erste Schritte unternommen



  • und es würden noch weitere folgen.


Unternehmen & Märkte
WOCHENENDE 16./17./18. AUGUST 2019, NR. 157
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