Handelsblatt - 16.08.2019

(nextflipdebug2) #1
Liga für Aktionäre
Fußballaktien, Performance seit 1.8.2018 in Prozent

HANDELSBLATT Quelle: Bloomberg

Juventus Turin

Ajax Amsterdam

Borussia Dortmund

AS Rom

Manchester United

Brondby IF

Verein
1,43

17,20

9,11

0,50

17,34

0,72





US$

dkr

Aktueller Kurs
+63,5

+47,6

+46,3

%

%

%

-4,2 %

-15,
%

-52,9 %

Performance

Judith Henke, Peter Köhler Frankfurt

F


ür die Fußballfans geht die entbeh-
rungsreiche Zeit an diesem Freitag zu
Ende. In der 57. Saison der Bundesliga
setzen viele Beobachter auf einen Titel-
gewinn von Borussia Dortmund, dem
einzigen börsennotierten Vereins in der Ersten Li-
ga. Beim BVB geben sich Offizielle wie Spieler
selbstbewusst, allein Trainer Lucien Favre will sich
weiter öffentlich zurückhalten. „Ich verstehe, dass
wir das sagen. Wir haben eine sehr gute letzte Sai-
son gespielt und müssen ehrgeizig sein. Aber mei-
ne Philosophie bleibt weiter ‚Spiel für Spiel‘“, sagte
der Schweizer vor der ersten Begegnung gegen den
FC Augsburg.
Bisher ist Borussia Dortmund der einzige Bun-
desliga-Klub, der Kursgewinne und Tore miteinan-
der verbindet. Und so fiebern nicht nur BVB-Fans
einem Sieg entgegen, sondern auch seine Aktionä-
re. Zurzeit liegt die im SDax gelistete BVB-Aktie bei
9,10 Euro. Ein Wert, der sich schnell ändern kann,
wenn der Verein wichtige Spiele verliert. So lag das
52-Wochen-Hoch kurz nach dem Sieg gegen die
Bayern letzten November bei 10,40 Euro und das
Tief kurz vor Beginn der vergangenen Saison bei
5,95 Euro.

Niederlagen drücken die Kurse
Wie eng bei Fußball-Aktien wirtschaftlicher und
sportlicher Erfolg zusammenhängen, zeigt der
Kursverlauf der Aktie des holländischen Meisters
Ajax Amsterdam. Kurz vor der Rückrunde des
Champions-League-Halbfinales im vergangenen
Mai war die Ajax-Aktie 24,80 Euro wert. Nach dem
Halbfinal-Aus sank der Wert kontinuierlich, bis er
einen Wert von 16,90 Euro erreichte. Mittlerweile
liegt die Aktie wieder bei 17,80 Euro. Schwankun-
gen wie diese erwecken den Eindruck, Fußball-Ak-
tien seien besonders volatil und damit ein riskantes
Geschäft, eher für Fans geeignet als für Anleger.
Der Chef des Analysehauses FMR Frankfurt Main
Research, Marcus Silbe, teilt diesen Eindruck nicht:
„Eine Fußballvereins-Aktie muss nicht volatiler sein
als eine Industrieaktie.“ Viele Vereine würden deut-
lich professioneller geführt als früher und hätten
konzernähnliche Strukturen.
Fußball ist mittlerweile ein Milliardengeschäft,
das zeigen auch die Umsätze der internationalen
Topvereine. Laut „Football Money League Report“
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte setz-
ten die zwanzig umsatzstärksten Klubs im letzten
Jahr 8,3 Milliarden Euro um – mehr als siebenmal
so viel wie noch vor gut zwanzig Jahren. Unter den
Top 20 werden allerdings nur fünf an der Börse ge-
handelt: Manchester United, Juventus Turin, A.S.
Roma, Arsenal London und Borussia Dortmund.
Im Index „Stoxx Europe Football“ sind 22 europäi-
sche Vereine zusammengefasst. In den vergange-
nen Jahren konnte der Index leicht zulegen. Die
einzelnen Werte driften jedoch stark auseinander.
So verlor die Aktie des in Dänemark drittplatzier-
ten Vereins Brøndby IF in den vergangenen fünf
Jahren fast 60 Prozent.
Die Aktie von Borussia Dortmund hat sich dage-
gen in den vergangenen fünf Jahren fast verdrei-
facht. Doch für Anleger der ersten Stunde bleibt
die BVB-Aktie ein Verlustgeschäft. Der Ausgabe-
preis von elf Euro, mit dem sie am 31. Oktober
2000 an die Börse ging, wurde nie wieder erreicht.
2009 stand die Aktie nur noch bei 80 Cent. In der
laufenden Saison könnte die Aktie aber erstmals
seit dem Börsengang auf über elf Euro klettern,
sagt Analyst Christoph Schlienkamp vom Bankhaus
Lampe. Anfang August hob er das Kursziel von
zehn auf zwölf Euro an. Grundlage der Berechnung
ist eine Schätzung des Kaderwerts abzüglich der
Spieler, deren Verträge diese Saison auslaufen, so-
wie des Markenwerts des Vereins. In der Summe
läuft dies auf eine Marktkapitalisierung von über ei-
ne Milliarde Euro hinaus.
Doch gerade der Wert des Kaders kann zurück-
gehen, bleibt der BVB hinter den sportlichen Er-
wartungen zurück – beispielsweise wenn er nicht
um die Meisterschaft mitspielt oder in der Grup-
penphase aus der Champions League fliegt. Die
Teilnahme an internationalen Wettbewerben

bringt wichtige TV-Einnahmen, die die bedeutend-
ste Erlösquelle für viele Klubs sind. Beim BVB ma-
chen TV-Einnahmen mit mehr als 167 Millionen
Euro rund ein Drittel des Gesamtumsatzes aus.
Fußballklubs verfolgten traditionsbedingt eher das
Ziel der Umsatz- und Nutzenmaximierung. Die Res-
sourcen würden für den bestmöglichen sportli-
chen Erfolg, und weniger für die Gewinnmaximie-
rung eingesetzt, heißt es bei Deloitte.

Fußball-Aktien gelten als krisenfest
Ein Großteil der Umsätze von Erstliga-Klubs sei un-
abhängig davon, ob die Mannschaften während
der Saison gut Fußball spielen würden, meint FMR-
Chef Markus Silbe. Außerdem seien diese Umsätze
unabhängig von wirtschaftlichen Zyklen. „Fußball
wird auch in Krisenzeiten geschaut.“ Allerdings wä-
ren nicht alle Fußball-Aktien ein „kluges“ In -
vestment. Die Aktie von Juventus Turin stieg zwar
im vergangenen Jahr um mehr als 70 Prozent von
84 Cent auf 1,49 Euro an. Silbe hält die Juve-Aktie
dennoch für einen Hype, weil sie am Ende an zu
hohe Erwartungen geknüpft sei. Die italienische
Meisterschaft sei bereits eingepreist, zudem werde
ein langes Verbleiben in der Champions League er-
wartet. Dementsprechend wenig Luft gäbe es nach
oben. „Läuft die kommende Saison von Juventus
Turin nicht perfekt, wird sich das negativ auf die
Kurse der Vereinsaktie auswirken.“ Ähnlich ver -
hielte es sich mit Manchester United. Mit einem
Umsatz von 666 Millionen Euro ist der Premier
League-Verein zwar auf Platz drei der umsatz-
stärksten Klubs der Welt. In England ist ManU je-
doch in der letzten Saison nur auf Platz sechs ge-
landet. Der Kurs sank innerhalb des vergangenen
Jahres um knapp 20 Prozent von 19,13 Euro auf
15,48 Euro.
Nachhaltiger als Aktien von Juve und ManU zu
kaufen sei es laut Silbe daher, in Vereine wie den
BVB oder Ajax Amsterdam zu investieren, die
sportlich positiv überraschen könnten. Die Ajax-Ak-
tie legte im vergangenen Jahr um 50 Prozent zu.
Eine hohe Erwartungshaltung sieht Silbe auch
ausgerechnet bei der Aktie eines Vereins, der in
ganz anderen Sphären unterwegs ist als Juventus
Turin: beim deutschen Drittligisten Spielvereini-
gung Unterhaching. „Das Risiko der Unterhaching-
Aktie ist groß, weil der Aufstieg in die Zweite Bun-
desliga als Ziel quasi eingeplant ist, und das bei ei-
ner kaum vorhandenen Transparenz bezüglich der
Erfolgsaussichten“, sagt Silbe. Seit Ende Juli ist der
Verein in München notiert. Anleger konnten für
8,10 Euro pro Aktie einsteigen. Zwischenzeitlich

Wenn Tore


den Kurs


bestimmen


Anstoß zur 57. Bundesliga-Saison. Mit


den Auftaktspielen rücken auch wieder


Fußball-Aktien in den Fokus der


Anleger. Sie gelten als riskante Papiere


in Europa. Doch es kann sich lohnen, in


Juventus, BVB und Co. zu investieren.


Private


Geldanlage


WOCHENENDE 16./17./18. AUGUST 2019, NR. 157
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