Handelsblatt - 16.08.2019

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le des Geschäftsführers der Stiftung und ehemaligen
Freundes von Fritz Koenig. Aus dem Unmut über
den Umgang mit dem Künstlererbe heraus formier-
te sich 2018 ein Freundeskreis Fritz Koenig e. V. Zu
den Jagdszenen aus Niederbayern zählt auch eine
Rufmordkampagne gegen Stefanje Weinmayr, die
ehemalige Leiterin des dem Werk des Künstlers ge-
widmeten Skulpturenmuseums (SKM) im Hofberg.
Im Kern geht es in dieser Schlammschlacht um
die Frage, wie entschieden die Stadt Landshut und
die von ihr mitkontrollierte Fritz-und-Maria-Koenig-
Stiftung für den Zusammenhalt des Œuvres nebst
Hinterlassenschaften zu sorgen hat. Konkret geht es
um zurückliegende Verkäufe aus Stiftungsbesitz, um
Interessenkonflikte auf der Führungsebene der Stif-
tung und eine Stadtspitze, die die ehemalige SKM-
Direktorin zum Sündenbock machen möchte.
Nachdem am 20. Juli auch noch als Stiftungsbesitz
deklarierte Werke versteigert worden waren und he-
rauskam, dass zusätzlich circa 80 der Stiftung gehö-
rende Werke verschwunden sein sollten, schlug die
Fachwelt Alarm. Der Bremer Museumsdirektor Arie
Hartog, eine Kapazität auf dem Gebiet von Bildhau-
ernachlässen, schrieb unter dem Eindruck der Auk-
tion einen Brandbrief an den Kulturminister von
Bayern, Bernd Sibler (CSU). Darin bezeichnet er die
Vorgänge in Landshut als einen „Modellfall für Fehl-
entwicklungen in der Nachlasspflege“. Wenige Tage
später forderte der Publizist und Historiker Michael
Wolfssohn die Staatsanwaltschaft Landshut auf,
endlich die Ermittlungen aufzunehmen.

Die Personen
Auf der einen Seite steht Ex-Museumsdirektorin Ste-
fanje Weinmayr, die penibel und hartnäckig um den
Erhalt des Künstlererbes kämpft. Bis August 2017 lei-
tete sie das Skulpturenmuseum. Dann wurde ihre
Arbeitsplatzbeschreibung geändert und ihr die Lei-
tung des Skulpturenmuseums in der Praxis entzo-
gen. Die Stadt bewertet dies anders. Hierüber strei-
ten die Parteien inzwischen vor dem Arbeitsgericht.
Seit 1. August ist Weinmayr freigestellt. Sie darf sich
zu den Vorgängen aus arbeitsrechtlichen Gründen
nicht äußern. Auf der anderen Seite stehen Rein-
hard Sax, im Vorstand der Stiftung seit 1995, seit
Langem auch deren Geschäftsführer, Testaments-
vollstrecker von Fritz Koenig und selbst Sammler
von Koenig-Werken. Ferner die Stadt Landshut mit
ihrem Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP), der
gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Stiftung ist.
„Das Verschwinden von 80 Werken aus dem Stif-
tungsbestand sehe ich mit großer Besorgnis, zumal
eine städtische Beschäftigte seit mehr als 20 Jahren
für den Stiftungsbestand zuständig ist“, schreibt
Putz auf Anfrage des Handelsblatts. Die Stiftung ha-
be bereits im April dieses Jahres Strafanzeige bei der
Staatsanwaltschaft Landshut gestellt. Geschäftsfüh-
rer Sax selbst wollte auf Nachfrage keinen Kommen-
tar zur Sache abgeben.
Die angeschossene Weinmayr hat Rückendeckung
nicht nur in der Kunstszene. Bis zu ihrer Degradie-
rung habe sie von ihren Arbeitgebern stets sehr gute
Zeugnisse erhalten, erinnert sich das ehemalige Vor-
standsmitglied der Koenig-Stiftung, Ute Kubatschka.
Laut Kubatschka, die bis 2014 auch für die SPD im
Stadtrat saß, verhielt sich Weinmayr stets korrekt.
Sie habe den Vorstand stets informiert, wenn sie ge-
wahr wurde, dass Werke aus dem Stiftungsbestand
in Auktionen auftauchten oder sie feststellen muss-
te, dass Objekte veräußert wurden.

Der Interessenkonflikt
Das zurzeit noch rätselhafte Verschwinden der
80 Werke kaschiert den tieferliegenden Interes-
senkonflikt. Der besteht darin, dass der Stiftungs-
geschäftsführer Sax eigentlich alles daransetzen
müsste, das Werk zusammenzuhalten und den
Bestand zu kontrollieren, aber selbst als Samm-
ler eigene Interessen verfolgt. Das zeigte zuletzt
die eingangs erwähnte Versteigerung beim Auk-
tionshaus Ruef in Landshut am 20. Juli. Hier trat
Sax als erfolgreicher Bieter auf eines der beiden
als Stiftungsbesitz ausgewiesenen Koenig-Werke
auf.
Weder er noch der Oberbürgermeister in seiner
Eigenschaft als Stiftungsvorsitzender hatten damit
ein Problem. Zupass kam ihnen, dass sich später
beim Nachhaken durch die örtliche Presse heraus-
stellte, dass sich das Auktionshaus bei seiner Kata-
logangabe geirrt hatte: Die beiden Werke stamm-
ten doch nicht aus Stiftungsbesitz, sondern von
anderen Sammlern.

Christiane Fricke Düsseldorf

L


ange schien es, als handele es sich um
ein lediglich in der niederbayerischen
Provinz angesiedeltes Mikrodrama. Im
Mittelpunkt: der Nachlass eines bedeu-
tenden, heute jedoch nicht mehr ange-
sagten Künstlers. Es geht um den deutschen Bild-
hauer Fritz Koenig (1924 – 2017). Zuletzt war er im
Gespräch, als seine Außenskulptur „Große Kugelka-
ryatide NY“ relativ unversehrt unter den Trümmern
des World Trade Centers geborgen werden konnte.
Heute steht Koenig wieder im Licht der Öffentlich-
keit; jedoch nicht so, wie es für die Hüter seines Er-
bes, die Stadt Landshut und die Fritz-und-Maria-
Koenig-Stiftung, wünschenswert wäre.

Der Streit
„Fritz Koenig ist unter die Leichenfledderer gefal-
len!“, quittierte im November 2017 eine Leserin der
„Süddeutschen Zeitung“ empört den Versuch der
Fritz-und-Maria-Koenig-Stiftung, das Mobiliar des ihr
anvertrauten erhaltungswürdigen Künstlerwohnsit-
zes versteigern zu lassen. „Der große Ausverkauf “
betitelte dieselbe Zeitung ihren Artikel über die Rol-

Jagdszenen

aus Niederbayern

In Landshut eskaliert ein lange schwelender Streit um das Erbe


des bedeutenden deutschen Bildhauers Fritz Koenig.


Fritz Koenigs
„Große Kugel-
karyatide NY“:
Überstand den
Terrorangriff auf
das World Trade
Center 2001 nur
leicht beschädigt.
Heute steht
sie im Norden
New Yorks.

action press

Kunstmarkt
WOCHENENDE 16./17./18. AUGUST 2019, NR. 157
56

Fritz Koenig: Existenziellen Fragen zugetan.
Links eines der „Bodenkreuze“.

Website Museen der Stadt Landshut, KOENIGmuseum
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