Berliner Zeitung - 17.08.2019

(Sean Pound) #1

Berlin


Berliner Zeitung·Nummer 190·17./18. August 2019 11 *···························································································································································································

A


uchohneGretaund Fridaysfor
futurewirddas Giga-Thema
Verkehr,UmweltundKlimainBer-
lin noch langeKonjunktur haben.
Unddamit fürZwist und Vertei-
lungskämpfe sorgen, auch beim
Spiel mit denZahlen. Schließlich
geht es umsGeld. Viel Geld. „Ein
guterAnsatz“,freutsichdaherder
verk ehrspolitischeSprecher der
SPD,Tino Schopf, über die halbe
Milliarde Euro,die als Investition
in den Nahverkehr vorg esehen
sind. Aber:„Wirdürfen denFuß-
verk ehrnichtverg essen,sagter,da
seiim HaushaltnochvielLuftnach
oben.ManmüssemehrGeldindie
Hand nehmen, „um Kreuzungen
sicherer und Ampeln fußgänger-
freundlicher zu machen“.Zudem
müssten mehrZebrastreifen ent-
stehen.DerÖPNVdürfedabeiaber
nichtvernachlässigtwerden.


ImHaushalt2020/21sindsechs
MillionenEurofürdiesogenannten
„Maßnahmen zur Verbesserung
des Fußverkehrs“vorg esehen.„Da
müssen wir höher ansetzen“, sagt
Schopf, das Thema sei zu wichtig.
AlsVergleichsgröße benennt er die
vorg esehenenAusgaben für
dieSicherheitimFahrrad-
verk ehr.Hier sieht der
Haushaltsentwurf
MillionenEurovo r.
DanielWesener,fi-
nanzpolitischerSpre-
cher derGrünen, kün-
digte an, dass man aus
Sichtder GrüneneinAugen-
merkauf den Bereich Stadtnatur
und-grünsetzenwerde. Zudemsei
die „Ballungsraum-Zulage“, also
150EuromehrfürBeamteundAn-
gestellte im öffentlichenDienst,
mitden Grünennichtzumachen.

Verkehr ,Umwelt, Klima


DieOppositionhatbeimKampf
ums Geldverteilen eine eigene
Sicht: DieCDU kritisiert, dass zu
viel Geld in die Förderung der
Energie- undUmweltprojekte ge-
stecktwerde, aberMittelnichtab-
flössen. „Sie haben eine Velo
GmbH gegründet, umRadwege
zu planen, dabei haben wir
Tiefbauverwaltungen im
SenatunddenBezirken.
Da wirdunnötig Geld
ausgegeben“, findet
ChristianGoiny,finanz-
politischerSprecher.
DieAfD sieht einigeIn-
vestitionen in dieVerkehrs-
wendekritisch.Elektrobusseseien
zurzeitteuer ,dieTechnikseinicht
ausgereift, Ladestationen fehlten.
„Hier Millionen zu investieren,
halten wir zum jetzigenZeitpunkt
fürabsurd“,soKristinBrinker.

E


swareinVersprechendes
Senats an die genervten
BürgerundandieBezirke:Seit
2016 hältdieBerlinerStadtrei-
nigung(BSR)imAuftragdes
LandesausgewählteParkssau-
ber.In46G rünanlagenimgan-
zenStadtgebiet kehrtsie den
UnrataufundleertdieMüllei-
mer,unteranderemimGörlit-
zerParkundrundumdenWei-
ßenSee.
Bislang galt das alsErfolgs-
modell. Doch in denHaus-
haltsverhandlungen ist ein
ernsthafter Konflikt um die
orangen Putztrupps erwach-
sen. DerGrund: Stellte derSe-
nat das Pilotprojekt zunächst
als Entlastungsmaßnahmefür
die klammenBezirke dar,so
sollen sie jetzt an den Kosten
vonjährlich rund 9Millionen
Eurobeteiligtwerden–mitei-
ner Million im nächstenJahr
undzweienimJahrdarauf,wie
Finanzstaatssekretär Fréderic
Verrycken(SPD)ineinemBrief
mitteilte.EinefaireSache?
Überhauptnicht,findendie
zuständigenStadträte,mit de-
nen die Berliner Zeitung ge-
sprochen hat.
„Wenn es
dazu
kommt,
dann
kündi-
gen wir
die Ver-
träge mit
der BSR“, sagte
Wilfried Nünthel(CDU), Um-
weltstadtrat in Lichtenberg.
„DerSenatbegehtWortbruch“,
ärgerte sich auch ClaraHerr-
mann vonden Grünen in
Friedrichshain-Kreuzberg. „Es
gab das Versprechen, dass die
Bezirke bei dieser Aufgabe
durch das Land entlastetwer-
densollen.“
Dassei auch nötig. 2,1 Mil-
lionen Euro bekam ihr Bezirk
2018 für dieVerwaltung seiner
Parks, darunter große Anlagen
wie der VolksparkFriedrichs-
hain oder der Viktoriapark.
Dieses Geld deckte aber ledig-
lich die Fixkosten,alleine 1,
MillionenEuromusstederBe-
zirkfürdieReinigungderBür-
gersteigevordenParkszahlen.
UmdieGrünflächensauberzu
halten, gab Friedrichshain-
Kreuzbergnur 425000 Euro
aus –die eigentlich für andere
Aufgabenvorgesehenwaren.
DieBSR veranschlagt allein
fürdie ReinigungdesGörlitzer
Parksdie anderthalbfache
Summe.Dasgehtauseinerin-
ternen Aufstellung derUm-
weltverwaltunghervor, dieder
Berliner Zeitung vorliegt. Der
Landesbetrieb arbeitet dem-
nach nicht günstiger als zuvor
die Bezirke –imG egenteil.Im
SchnittvonsechsParks,fürdie
Vergleichszahlenvorliegen,er-
gabsicheineVerdoppelungder
Kosten.ImGörlistiegensieso-
garaufdenvierfachenBetrag.
AlsGrunddafürnannteein
Sprecher der Umweltverwal-
tung die höhereQualität,
sprich: häufigereKontroll-
gänge.Außerdem bezahle die
BSRihr eMitarbeiterbesserals
die Subunternehmer,die im
Dienst der Bezirke arbeiten.
Stadträtin Herrmann sagte
dazu:„Wennwirviermalsoviel
Geld hätten für dieseAufgabe,
könnten wir auch einen völlig
anderenStandardbieten.“
Doch es geht nicht allein
ums Geld, sondernwie so oft
ums Prinzip.Ind en Bezirken
befürchtetman,dassdieBetei-
ligung an denKosten nur der
Anfang ist–und sie mit dem
nächstenHaushalt die kom-
plette Summe tragen müssen.
Wermit größterWahrschein-
lichkeit der Leidtragende ist,
wenn Senat undBezirke ihren
Konflikt nicht klären, ist klar:
Berlins ohnehin schütteres
Stadtgrün.

Parks


DPA/CHRISTOPH SOEDER, SABINE HECHER (7)
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