Berliner Zeitung - 17.08.2019

(Sean Pound) #1

Politik


· Berliner Zeitung·Nummer 190·17./18. August 2019^5 *························································································································································································································································································

NACHRICHTEN


Mehr als 10 000 Menschen
protestieren in Hongkong

TrotzoffenerDrohungenausPeking
mitmilitärischerGewaltistesamFrei-
tagin HongkongzuneuenProtesten
gekommen.NacherstenSchätzungen
gingenwiedermehrals10000Men-
schenfürFreiheitundDemokratieauf
dieStraße.Diestaatlichkontrollierte
ZeitungGlobalTimeswarnte,notfalls
müssedieZentrale„direkteMaßnah-
men“ergreifen.(dpa)

„Open Arms“ muss vor
Lampedusaausharren

DasRettungsschiff„OpenArms“
wartetmit134FlüchtlingenanBord
weiteraufeineEntscheidung.Am
DonnerstagundinderNachtzum
FreitagwurdenweitereFlüchtlinge
aufdieMittelmeerinselLampedusa
gebracht,weilsiemedizinischeoder
psychologischeHilfebrauchten,wie
dieHilfsorganisationProactivaOpen
Armsberichtete.(AFP)

Trump fordertmehr Kliniken
für „Geistesgestörte“

NachdenSchusswaffenangriffenin
denUSAhatPräsidentTrumpmehr
Anstaltenfür„Geistesgestörte“gefor-
dert. ErzieheernsthaftdieErrichtung
neuerKlinikeninErwägung,um
„geistesgestörteundgefährliche
MenschenausdemVerkehrzuzie-
hen“,sagteerinManchesterimUS-
BundesstaatNewHampshire.(AFP)

US-Abgeordnete Tlaib
verzichtet auf Israel-Besuch

DiedemokratischeUS-Abgeordnete
RashidaTlaibwillnunnichtmehr
nachIsraelfahren.NachdemIsrael
TlaibundderAbgeordnetenIlhan
Omar,zunächstgenerelleineEinreise
verweigerthatte,mühtesichTlaib
darum,zumindestihrebetagteGroß-
mutterimbesetztenWestjordanland
besuchenzudürfen–wasIsraelihr
gestattete.Dochkurzdaraufänderte
TlaibihreMeinungundsagteden
TripamFreitagkomplettab.(dpa)

ZweitesStandbein


MehralsjedervierteBundestagsabgeordnetegehteinerNebentätigkeitnach.Dieistmituntersehrlukrativ


VonChristian Burmeister

E


inVortraghier,einbisschen
„Beratung“ dort:Die
Bundestagsabgeordneten
haben seit dem Herbst
2017 durch Nebentätigkeiten zu-
sammen mindestens 16Millionen
Euro eingenommen.Mehr als jeder
vierte Volksvertretergehtinzwischen
einem bezahlten Nebenjob nach.
DarunterauchprominentePolitiker.
BeiderFDParbeiten 53 Prozent
derAbgeordnetennebenher.Inder
CSUsindesimmerhinnoch 46 Pro-
zent(CDU:34),amseltenstenpas-
siertdasbeidenGrünen.Dortkon-
zentrierensich 85 ProzentderAbge-
ordneten ausschließlich auf ihre
Hauptaufgabe,hat eine Untersu-
chungdesSpiegelundderTranspa-
renzinitiativeAbgeordnetenwatch.de
ergeben.Insgesamtarbeiten 202 Ab-
geordnetenebenbei.Dasentspricht
28 Prozent.IndervorigenWahlperi-
odewarenesnoch 22 Prozent.

WechselindieWirtschaft
„Die Verquickung zwischenPolitik
undWirtschaft ist grundsätzlich ein
Problem“,sagtAbgeordnetenwatch-
Sprecherin LéaBriand derBerliner
Zeitung (Redaktionsnetzwerk
Deutschland). „Unternehmen und
Lobby-Verbändeverschaffensichei-
nen privilegiertenZugang zuEnt-
scheidungsträgern,indemsieAbge-
ordnete bezahlen oder nach ihrer
Zeitim BundestagalsLobbyistenbe-
schäftigen.Wirmüssenendlichdar-
überdiskutieren,obLobby-Jo bsvon
AbgeordnetenundSeitenwechselin
dieWirtschaft nichtverboten gehö-
ren.“ Ähnliches gelte für hochran-
gige MitarbeitervonAbgeordneten,
diein Bereicheder Wirtschaftwech-
selten, die sievorher politisch bear-
beitethätten.
Top-Verdiener imBundestag ist
nominell der Steuerberater und
CSU-AbgeordneteSebastianBrehm.
ErhatEinkünfteausMandateninei-
ner Gesamthöhe vonmindestens
1383500 Euro angegeben.So viel
wie kein anderer.Allerdings: Als
Selbstständiger ist er verpflichtet,
seinenbeziehungsweisedenBrutto-

umsatzseinesUnternehmensanzu-
geben. Brehm sagt, der meisteUm-
satz werdedurch se ineM itarbeiter
erwirtschaftet. Eine unabhängige
Mandatsausübungseigarantiert,die
Mandate stünden mit seinerBun-
destagstätigkeitnichtinVerbindung.
EinerderprominenterenTop-Ver-
dienerimBundestagistPeterRam-
sauer (CSU). Derehemalige Ver-
kehrsministererhieltindieserLegis-
laturperiodealleineals„Strategiebe-
rater“mehrals 300000 Euro.Von
wem, ist unklar.Nach den aktuellen
Verhaltensregeln dürfte Bundestags-
präsidentWolfgang Schäuble(CDU)
vonden Abgeordneten verlangen,
wenigstensdieBrancheihreranony-
misierten Vertragspartner offenzule-
gen, um mögliche Interessenkon-
flikte zu erkennen.Laut Spiegel pas-
siertdas bisher aber nicht. Briand:
„Wenn Abgeordnete die Geldgeber
vonMillionensummenverschweigen
können,ist das skandalös.Der Bun-
destag muss umgehend wirksame
Transparenzpflichtenbeschließen.“

Berater,Redner,Publizist
BeiEx-Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt(SPD) ist wenigstens die
Branchebekannt. Sieerhielt in
knapp zwei Jahren mindestens
120000EurofürihrenVerwaltungs-
ratspostenbeimSchweizerPharma-
konzernSiegfried Holding AG.Der
langjährige Unions-Fraktionschef
Volker Kauder (CDU) ist als Berater
einerBergbaufirma aktiv –und er-
hältdafüreinemonatlicheÜberwei-
sungzwischen3500und7000Euro.
DieBezüge als Abgeordneter in
Höhe von10083 Euro (brutto) sind
für Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel
(SPD) finanziell eher ein Zubrot:
Seine„publizistischeTätigkeit“beim
Holtzbrinck-Verlag wirdmit einem
monatlichenBetragzwischen
und30000Eurovergütet.
FDP-Chef Christian Lindnertrat
seitAnfangderWahlperiode50-mal
als bezahlter Vortragsredner auf.
Sein Gesamthonorar:mindestens
311500 Euro.DakannauchGregor
Gysi (Linke) kaum mithalten. Er
wurde 87-mal gebuchtund erhielt
dafürmindestens177000Euro.

Neben ihrer Arbeit imParlament haben viele Abgeordnete noch einenweiteren Job.IMAGO

NEBENVERDIENST

202
Abgeordnete
arbeiten neben ihrer
Tätigkeit im Bundestag.

300 000


Euro verdientePeter Ram-
sauer in dieser Legislaturpe-
riode als Strategieberater.

16
Millionen Euro haben dieAb-
geordneten seit Herbst 2017
nebenbei eingenommen.

Trumpplant


angeblichKauf


vonGrönland


US-Präsidentbesuchtim
SeptemberDänemark

D


asangeblicheInteresse vonUS-
PräsidentDonaldTrumpanei-
nemKaufGrönlandsistaufderArk-
tisinsel und in Dänemarkauf Ver-
wunderung und Kritik gestoßen.
„Selbstverständlich stehtGrönland
nichtzumVerkauf“,stelltedieRegie-
rung der politisch zu Dänemarkge-
hörendenInselam Freitagklar .„Wir
haben eine gute Zusammenarbeit
mit den USA, und wir betrachten
diesalsAusdruckeinesgrößerenIn-
teresses an Investitionenin unser
LandundandenMöglichkeiten,die
wir bieten“,hieß es in der kurzen
Stellungnahmeder Regierung um
Sozialdemokrat KimKielsen weiter.
DerehemaligedänischeMinister-
präsident Lars Løkke Rasmussen
schrieb auf Twitter:„Dasmuss ein
Aprilscherzsein.“
DasWall Street Journal, dieWa-
shingtonPost und derSender CNN
hatten zuvor berichtet,Trump habe
Beraterangewiesen,dieMöglichkeit
zuprüfen,diezumdänischenKönig-
reichgehörendeautonomeArktisin-
sel zu erwerben. Wieseriös dieAb-
sichtenseien,seiselbstfürseineMit-
arbeiterunklar.Ess eietwadiskutiert
worden,obeinesolcheOfferteüber-
hauptlegalsei,wieeinesolcheOpe-
ration vonstatten gehen könne und
wodasGelddafürherkommensolle.
Fest stehe ,dass Trump,der als Im-
mobilienunternehmerreich wurde,
AnfangSeptemberseinenerstenDä-
nemark-Besuchplane.


HoffentlicheinWitz

DeraußenpolitischeSprecher der
dänischen Sozialliberalen, Martin
Lidegaard,schriebaufTwitter,bei
derKaufideehandeleessichhof-
fentlichumeinenWitz.Andernfalls
seidies„einschrecklicherGedanke
mitdemRisikoeinerMilitarisierung
Grönlands“.DiegrönländischeAb-
geordnete Aaja Chemnitz Larsen
twitterte:„Nein,dankezuTrumps
KaufplänenfürGrönland!“Vielmehr
müsseeinebessereundgleichbe-
rechtigte Partnerschaft mitDäne-
markzueinemstärkerenundunab-
hängigerenGrönlandführen.
Für Washington ist Grönland
nach US-Berichten durch seine
NähezuRussland,diechinesischen
Interessen und dievermuteten Bo-
denschätzestrategisch wichtig.Die
USA betreiben in Thule einenLuft-
waffenstützpunkt, derTeil ihres Ra-
ketenwarnsystems ist. 1951 hatten
die Vereinigten Staaten und Däne-
markein Verteidigungsabkommen
geschlossen.Im Zweiten Weltkrieg
nutzten die USA dieInsel für die
LuftbrückeüberdenAtlantik.


Trumanbot100MillionenDollar

NeuseidieUS-IdeeeinesGrönland-
Kaufs indes nicht, hieß esweiter:
Nach demZweiten Weltkrieg habe
der damaligePräsident HarryTru-
man 1946 Dänemark100 Millionen
Dollar fürGrönland geboten.Einen
anderenVorstoß soll es bereits 1867
gegebenhaben.
Grönland mit seinen 56000Ein-
wohnernist etwa sechsmal so groß
wie Deutschland, ein Großteil ist
ständigvonEisbedeckt.Geografisch
gesehen gehörtdie größteInsel der
Weltzu Nordamerika,politischaber
zu Dänemark.Seit 1979 genießt sie
weitgehendeAutonomie innerhalb
Dänemarks.(dpa)


Gerichtbestätigt


30Listenplätzefür


dieAfDinSachsen


Landesparteicheflegt
Beschwerdeein

S


achsens AfD darfmit 30 Listen-
kandidatenbeiderLandtagswahl
am 1. September antreten.Dasent-
schied der sächsischeVerfassungs-
gerichtshof in Leipzig amFreitag.
DemnachwardieEntscheidungdes
LandeswahlausschussesvonAnfang
Julirechtswidrig,nur18Kandidaten
der ursprünglich 61Plätzeumfas-
sendenLandeslistezuzulassen.
DieLeipziger Richter bestätigten
damitihreEntscheidungzuEilanträ-
gen vom25. Juli. Damals hatten sie
die Listenplätze19b is 30 vorläufig
genehmigt.Dabei wiesen sie darauf
hin,dassdieEntscheidungdesLan-
deswahlausschusses nachvorläufi-
ger Bewe rtung „mit hoherWahr-
scheinlichkeitrechtswidrig“sei.
DerLandeswahlausschuss hatte
seine Entscheidung unter anderem
damit begründet, dass die AfD ihre
KandidatenaufzweiParteitagenmit
zwei verschiedenenVersammlungs-
leiternwählte und das anfangs be-
schlosseneWahlverfahrenspäterän-
derte .Die ersten 30Plätzeder Liste
wurden in einemEinzelwahlverfah-
renbestimmt, danach wählte die
AfD ausZeitgründen imBlock. Der
WahlausschusssahsodieChancen-
gleichheit derKandidaten nicht ge-
währleistet. AfD-Parteichef JörgUr-
bankündigteeineBeschwerdebeim
Wahlprüfungsausschuss des Land-
BLZ/HECHER tagesan.(dpa)

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