P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1
KONFERENZ Delegierte beider Länder
verhandeln direkt auf der Grenzlinie in Ba­
racken mit Türen nach Norden und Süden

streifens je ein Dorf, mit dem sie den
Gegner beeindrucken wollen. Das im
Norden soll angeblich 200 Bauernfami­
lien, einen Kindergarten und ein Kran­
kenhaus beheimaten -tatsächlich aber
sind die meisten Häuser Attrappen oder
Kasernen der Volksarmee. Ganz real
hingegen errichtet Nordkorea hier ei­
nen hohen Flaggenmast.
Im südkoreanischen Dorf in der
DMZ leben etwa 200 Bauern unter stän­
diger Beobachtung des Militärs. In den
80er-Jahren baut die Regierung hier
einen 98 Meter hohen Turm und hängt
eine riesige südkoreanische Fahne da-


SOLDATENFLUCHT Im November
2017 durchbricht ein Nordkoreaner die
Grenzsperren. Als sein Auto stecken
bleibt, flüchtet er unter Beschuss zu Fuß

GRENZÜBERGREIFEND Südkoreas Präsident Moon Jae-in (r.) und Diktator
Kim Jong-un reichen sich in Panmunjom im April 2018 die Hände. Danach
betritt Kim als erster Staatschef Nordkoreas seit 1953 Südkorea

ran. Daraufhin kontert der Norden
und erhöht seinen Mast auf giganti­
sche 160 Meter- damals ein weltweiter
Spitzenwert, der erst 2010 in Aserbaid­
schan übertroffen werden wird. Die rie­
sige Flagge allein wiegt 270 Kilogramm
und ist vom Süden gut zu sehen.

A

ber auch Privatleute aus Südko­
rea beteiligen sich an der Propa­
ganda. 2014lassen Demonstran­
ten zehn Ballons über die DMZ steigen,
die 200000 Broschüren, 1000 US-Dol­
lar, DVDs und Bücher tragen. Nordko­
rea feuert mit Flugabwehrkanonen auf
die Ballons. Als einige Geschosse auf
südkoreanischer Seite landen, kontert
die dortige Armee mit einem kurzen
Feuerstoß. Danach herrscht wieder
Ruhe: Die Dauerbeschallung wurde
zehn Jahre zuvor eingestellt.
Die fast unberührte Natur der DMZ
zieht neben Wildtieren auch Touristen
an. 2016 eröffnet am Zonenrand ein
Naturpark mit einem Ökodorf, in dem
die Besucher traditionelle Kuchen aus
Bioreis backen und Vögel beobachten
können. Auch in die Sicherheitszone
Panmunjom gelangen Touristen - von
beiden Seiten. Fotos dürfen sie nur von
bestimmten Punkten aus schießen.
Alkohol, Flip-Flops und bauchfreie

Oberteile sind verboten. Für Flücht­
linge aus Nordkorea bleibt die Front
jedoch tödlich. 2017 durchbricht ein
Deserteur einen Kontrollpunkt vor der
Sicherheitszone mit einem Geländewa­
gen und fährt ins Dorf Panmunjom. Als
sein Wagen stecken bleibt, rennt er zu
Fuß weiter zur Linie. Nordkoreanische
Soldaten folgen ihm und schießen. Der
Überläufer wird getroffen, erreicht aber
ein schützendes Mäuerchen im Süden,
hinter dem er zusammenbricht.
Obwohl er viel Blut verliert, retten
ihn südkoreanische Ärzte mit einer
Notoperation. Bei einer weiteren Unter­
suchung entdecken sie in seinem Darm
einen Wurm von 27 Zentimeter Länge.
Ein Jahr später beginnen die bei­
den koreanischen Staaten, die mehr als
800 000 Landminen in der DMZ zu räu­
men. Die Verhandlungen dazu hat der
südkoreanische Präsident Moon Jae-in
eingeleitet. Er kennt den Todesstreifen
und Panmunjom bestens - 1976, als die
Pappel gefällt wurde, war er als Elite­
soldat dabei. •

Martin Pfaffenzeller sah das Vi­
deo der Soldatenflucht mehr­
fach. Er war schockiert, wie
kaltblütig die Nordkoreaner auf
den Überläufer schossen.
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