P.M. History - 09.2019

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(1905-1969) arbeitete als Schau­
spielerin und Journalistin. Sie
gründete das politische Kabarett
.Die Pfetfermühle", emigrierte
1937 nach Amerika und atta­
ckierte dort auf Vortragsreisen
das NS-Regime. Später verwalte­
te sie den Nachlass ihres Vaters.

ein kecker, einfacher, originel-
ler Gedanke, das Ei des Colum­
bus. ( ... ) Der alte (William Butler)
Ye ats schreibt im Dial sehr drollig
über Stockholm und wie zuerst
im November "ein Journalist sich
meldete, um mir einen Absatz von
Reuters zu zeigen, der besagte,
dass der Nobelpreis wahrschein­
lich Herrn Mann verliehen werden
würde ( ... ) oder mir selbst".
Der Gute hat es daraufhin sehr
unwahrscheinlich gehalten, dass
er den Preis bekommen würde.


(1923 ging der Preis
an den Iren Yeats;
englisches Original
übersetzt. Anm. der
Red.)

Nach einer Vortrags­
reise durch West­
europa im Frühjahr
1933 und dem Sieg der
NSDAP bei den Reichs­
tagswahlen bleibt Mann
zunächst in der Schweiz.
Allerdings bezieht er nicht offen
gegen das NS-Regime Stel­
lung. Als sein jüdischer,

noch in Deutschland lebender
Verleger von einem Exilanten als
"Schutzjude" des Propagandaminis­
teriums diffamiert wird, verteidigt
Mann ihn in der "Neuen Zürcher
Zeitung". Damit richtet sich seine
erste öffentliche Äußerung ausge­
rechnet gegen einen Juden im Exil.

ERIKA MANN am 19. Januar 1936 aus
Biel in der Schweiz
Lieber Z., -dass Dein "Protest" in
der N.Z.Z. mir traurig und schreck­
lich vorkommen musste, hast Du
natürlich gewusst, -falls Du einen
Gedanken in diese Richtung gedacht
haben solltest. Ich meinerseits weiß
immer, dass ich kein Recht habe, Dir
"Vorhaltungen zu machen" und mich
sonst wie "einzumischen". Immerhin
möchte ich Dir erklären, warum Dei­
ne Handlungsweise mir dermaßen
traurig und schrecklich vorkommt,
dass es mir schwierig scheint, Dir in
näherer Zukunft überhaupt unter
die Augen zu treten. (. .. ) Falls es ein

Opfer für Dich bedeutet, dass ich
Dir mählich, aber sicher, abhanden­
komme-: leg es zu dem übrigen. Für
mich ist es traurig und schrecklich.
Ich bin Dein KindE.

THOMAS MANN am 23. Januar 1936 aus
Arosa in der Schweiz
Liebe Eri, Dein Brief hat mir na­
türlich wehgetan, und das sollte
er als Revanche für den Schmerz,
den ich Dir zugefügt- nicht gern
und nicht recht wissentlich. ( ... )
Zum Sichüberwerfen gehören
gewissermaßen immer zwei,
und mir scheint, mein Gefühl

für Dich lässt dergleichen gar
nicht zu. Wenn ich denke, wie Du
manchmal gelacht und Thränen
in den Augen gehabt hast, wenn
ich Euch vorlas, so scheint mir
Deine Ankündigung auch wieder
unwahrscheinlich. Du bist viel
zu sehr mein Kind Eri, auch noch
in Deinem Zorn auf mich ( ... ). So
kommt im Grunde auch Dein Zorn
auf mich kindlich von mir her; er
ist sozusagen die Objektivierung
meiner eigenen Zweifel und Skru­
pel. ( ... ) Herzlich Z.

Nach weiteren-vorwurfsvollen-Brie­
fen distanziert sich Mann im Februar
1936 in der "NZZ" deutlich vom NS-Re­
gime. Damit ist der Friede mit seiner
Tochter wiederhergestellt. •

Die Schreiben werden hier zitiert nach:
Erika Mann: Mein Vater, der Zauberer.
Hg. von lrmela von der Lühe und Uwe
Naumann, Rowohlt Verlag, Reinbek 1996.
Ausgewählt für P.M. HISTORY hat die
Briefpassagen Professor Heike Gfrereis.
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