P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1

Ich wäre auch rettungslos auf dem Tor­
steine verschieden, hätte Carlos nicht
zwei Männer auf der Brücke erblickt.
Sie beschlossen, mich in das Haus des
Chirurgen der Vorstadt zu tragen. Un­
ter anfänglichen Schmerzen und in
Anwesenheit von vier Ärzten und allen
Chirurgen des Hospitals wurden nun
meine Blessuren sondiert und sorgfältig
en detail verbunden. ( ... )


LORCA
In der (Beherbergung) musste ich zwei
Stunden warten, ehe ich ein Zimmer
angewiesen erhielt, und dennoch fand
ich eine dumpfe Grabesluft in ihm und
die Matratze wimmelte von Flöhen; der
mannigfache Ärger aber hatte mein
Blut so sauer gemacht, dass sie nicht bei
mir blieben. Nach kurzer Ruhe ließ ich
mir eine Schokolade kochen. ( ... )

Ich war halb ohnmächtig, schon


spürte ich die kalten Messer, die in


meinem Leibe wühlten


ORIHUELA
Zeitlebens werde ich an die Olla denken,
die jetzt erschien! Es war, als habe des
Teufels Großmutter für die Verdamm­
ten gekocht. Ungeschälte Kartoffeln,
Bocksfleisch, Schweinsbohnen, Birnen,
würfelförmige Speckschnitten, Wurst­
trümmer, roter Pfeffer, Kirschenstiele,
Aprikosensteine, Erbsen, Hammels­
füße, Schweinsohren, halbgeschälte,
harte Eier und einige Kapaunenschen­
keL (. .. ) Es fehlte nichts mehr als Krö­
tenaugen, Kreuzspinnen, Maikäferköp­
fe, Froschlaich und Eidechsenschwänze
und der Hexenkessel wäre fertig ge­
wesen. Die (Maultiertreiber) schnitten
sich Teller aus Brot und aßen mit den
Händen. Es ging über meine Kräfte!


Im dicken Bodenfass der Schoko­
lade aber entdeckte ich ein Stückehen
Wurst. Ich rate auch keinem Fremden,
mit einer spanischen Magd einen Streit
anzufangen; er behält sicher nicht das
letzte Wort und empfängt Titel, die man
in keinem Dictionär findet.

GRANADA
Wenn ein Kreuzfahrer nach vielen Lei­
den und Gefahren endlich die Stadt
seines inbrünstigen Verlangens (. .. ) er­
reichte, kniete er nieder -dankte Gott
und begrüßte mit ausgebreiteten Armen
das Ziel. In derselben Stellung grüßte
ich nun die himmelschöne Glorienstadt,
deren Wunderbild mich viele Jahre lang
rastlos in seine beglückende Nähe zog.

MÄRCHENHAFT
Die Alhambra in
Granada wurde
lange sich selbst
überlassen, bis im


  1. Jahrhundert
    immer mehr Rei­
    sende das Bauwerk
    für sich entdeckten
    (Darstellung aus
    dem 19. Jh.)


Tief zu meinen Füßen lag sie ausgebrei­
tet mit den unzähligen Kuppeln, Tür­
men und Palästen, erglühend vom ers­
ten Kusse der Morgensonne. (. .. )
Links stand in voller Purpurpracht
der himmlische Alhambra, wie ein
Blutrubin, der aus dem Flammenhaar
der Sonne fiel. ( ... )
Die Spanierinnen sind durchgängig
schön, aber die von Granada sind die
schönsten. Das milde Klima leiht ihren
Wangen den reinen Schnee der Sierra
und ein ewiger Frühling überhaucht
ihn mit zarter Rosenglut. (. .. )
(Man) hatte mir gesagt, man müsse
den Albambra das erste Mal bei Son­
nenuntergang betrachten. Wir gingen
also am 15. Juli abends 5 Uhr hinauf.
(. .. ) Großen Ärger machte mir die van­
dalische Eitelkeit, mit der an tausend
Besucher ihre werten Namen hier in
die geheiligten Wände kratzten (. .. ).
Im großen Saale der Gesandten, der
eine fünffache Aussicht auf Granada
gewährt, warteten wir den Sonnenun­
tergang ab. Ich könnte ebenso gut Gott
beschreiben, wie er leibt und lebt -als
diesen Anblick-darum still davon! <<

Zurück in der Heimat stieg Aufjenberg
in Karlsruhe zum badischen Hofmar­
schall auf. 1849 imitierte er während
eines Essens -angeheitert-den Groß­
herzog. Der feuerte den Dichter prompt)
ließ seine Stücke offenbar aus dem
Programm nehmen -und trug so dazu
bei, dass Aufjenberg vergessen wurde.
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