Burton Holmes
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M
arokko, Mai 1894. Bun
te Teppiche aus Früh
lingsblumen wachsen
entlang der unbefes
tigten Pfade, auf denen
zwei Amerikaner zu Pferd, ein Führer
zu Esel, drei Diener und sechs Mulis ins
Landesinnere trotten. Eine Eskorte aus
Soldaten sichert die exklusive Karawa
ne während ihrer elftägigen Reise nach
Fes, der heiligen Stadt Marokkos. Tou
risten-noch dazu Ungläubige-sind in
dem nordafrikanischen Sultanat nicht
willkommen. "Kaum ein Reisender
wagt sich vor die Tore des zivilisierten
Tanger", berichtet der damals 24-jähri
ge Burton Holmes fasziniert.
Und genau das ist es, was ihn reizt:
Er will diesen geheimnisvollen Wüsten
staat entdecken - und seine Bewohner
fotografieren. Ausgerechnet in Marok
ko: wo die Abbildung von Menschen
streng verboten ist und die Einheimi
schen bekannt sind für ihren religiösen
Fanatismus. Ein Großteil von Holmes'
Gepäck besteht aus seiner Fotoausrüs
tung. Aber die Mulis sind auch schwer
mit exquisiten Lebensmitteln beladen;
ein Koch kreiert täglich mehrgängige
Menüs, die sich Holmes und sein Ge
fährte Nelson Barnes in einem Speise
zelt servieren lassen.
Burton Holmes ist ein Gentleman
auf Reisen, der schon bald Amerikas be
rühmtester Globetrotter sein wird. Das
Abenteuer Marokko kostet ihn zwölf
Dollar pro Tag-und beinahe das Leben.
In Begleitung von Hadsch, dem
arabischen Führer, schlendert Holmes
schließlich durch Fes. Die dunklen,
P.M. HISTORY - SEPTEMBER 2019
PHILIPPINEN
(1913)
Immer wieder
nimmt sich
der Meister in
exotischer
Kulisse selbst
ins Porträt, wie
hier mit Ange
hörigen vom
Volk der lgorot
auf der Insel
Luzon
PEKING,
CHINA
(1901)
Stundenlang
ergötzt sich der
Fotograf hier
an holpernden
Wagenko
lonnen unter
den hölzernen
Pailows .• jenen
Monumenten,
zu Ehren
einer großen
Persönlichkeit,
von der wir
noch nie ge
hört haben"