Focus - 16.08.2019

(Sean Pound) #1
BLINDBLIND

Foto: action press

A

ls Matteo Salvini den
Strand betritt, bricht spon-
tan Applaus los: Gan-
ze zweieinhalb Stunden
hat er seine Anhänger in
der Mittagshitze warten
lassen, doch das scheint
sie nicht zu stören. Fast
berauscht wirken manche, als sie den
italienischen Innenminister sehen. Eine
kleine Frau mit grauen Haaren wirft ihm
die Arme um den Hals. „Matteo! Mat-
teo!“, ruft sie. Salvini lächelt sie kurz an,
tätschelt ihren Arm und bahnt sich seinen
Weg durch die Menge.
Die Menschen sind erleichtert, dass
Salvini wirklich gekommen ist. Denn hier,
in Termoli, sind sie es gewohnt, überse-
hen zu werden. Die kleine Hafenstadt
liegt an der Adriaküste in der Region
Molise, die mit ihren rund 300 000 Ein-
wohnern nicht viel mehr Menschen zählt
als mancher Stadtteil Roms. Die Region
gehört zu den einkommensschwächsten
Italiens. Nur rund 19 800 Euro verdienen
die Menschen hier im Schnitt jährlich. Die
Jungen ziehen wegen der hohen Arbeits-
losigkeit weg, zurück bleiben die Alten
in einer immer schwächer werdenden
Gegend.
Heute erwarteten zwei- bis dreihun-
dert Menschen Salvini, der am Vortag die
Regierungskoalition mit der 5-Sterne-
Partei beendet hatte, weil er Neuwahlen
anstrebt – aus denen er, so sagen es
Umfragewerte voraus, mit rund 37 Prozent
als Sieger hervorgehen würde. Genau das
ist sein Ziel: dass ihm die Italiener „die
volle Macht“ übertragen, wie er es for-
muliert. Das ganze Land ist also gespannt
auf seine nächsten Schritte, doch erst


Der Lega-Chef macht Ernst:


Matteo Salvini hat die


Koalition mit der 5-Sterne-


Bewegung aufgekündigt


und greift nach der Macht in


Italien. Geht sein Plan auf?


Auf ein Selfie


mit Salvini


ORTSTERMIN

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