Die Welt Kompakt - 13.08.2019

(Barré) #1

SPORT DIE WELIE WELIE WELT KOMPAKTT KOMPAKT DIENSTAG, 13. AUGUST 2019 SEITE 28


E


r ist eine lebende Le-
gende. Ein halbes Jahr-
hundert im Spitzenfuß-
ball aktiv, 102 Länder-
spiele für Dänemark bestritten,
15 Jahre lang Nationaltrainer in
seiner Heimat. Morten Olsen, in
der Bundesliga durch seine Enga-
gements beim 1.FC Köln be-
kannt, wird am 14.August 70 Jah-
re alt. Der Kosmopolit lebt seit
Jahren in Brüssel. Die Party zu
seinem runden Geburtstag feiert
er aber in Kopenhagen. Viele
Weggefährten des erfolgreichen
Spielers und Trainers kommen in
die dänische Metropole.

VON HANS-GÜNTER KLEMM

WELT:WWWie geht es dem Pensio-ie geht es dem Pensio-
när Morten Olsen?
MORTEN OLSEN:Ich kann nicht
klagen. Seit dreieinhalb Jahren
bin ich nicht mehr im Job und ge-
nieße das Leben. Ich habe eine
fantastische Zeit in meinem Be-
ruf erlebt, interessante 50 Jahre
als Spieler und Trainer. Einmal
musste Schluss sein.

Rentner ganz ohne Fußball?
Natürlich nicht, Fußball war
mein Leben, bleibt mein Leben –
wenn auch in dosierter Form.

Wie darf man sich dies
vorstellen?
Früher habe ich ungefähr 500
Spiele im Jahr geschaut, nun nur
noch etwa 50. Am Fernseher oder
in Anderlecht, ich wohne fünf
Autominuten vom Stadion ent-
fernt. Ich selektiere, wähle die
Partien aus, bei denen ich mir gu-
ten Fußball verspreche.

Sie bleiben sich treu, gelten seit
jeher als Freund des ästheti-
schen Fußballs. Was macht für
Sie das schöne Spiel aus?
Ich liebe den Angriffsfußball, das
dominante Spiel, Ballbesitz und
Positionsspiel auf hohem techni-
schen Niveau. Fußball, wie ihn
beispielsweise Barcelona oder
Manchester City verkörpern.

Wie betrachten Sie unter Be-
rücksichtigung dieses Ideals
die Entwicklung im modernen
Fußball?
Zuletzt wurde nur noch selten
guter Fußball geboten. Schöner
Fußball aus Sicht des neutralen
Fans, der anders wertet als ein
Anhänger mit dem Blick durch
die Vereinsbrille, ist zu einer Ra-
rität geworden. Bei den letzten
großen Turnieren wurde kein
schöner und unterhaltsamer
Fußball gespielt. Oft waren es
recht langweilige Partien. Mit
Vergnügen habe ich indes die
meisten Spiele im Europacup,
speziell in der Champions Lea-
gue mit der sehr hohen Qualität,
ab dem Viertelfinale geschaut
und genossen.

Woran liegt es?
Viele Teams, besonders die von
der Papierform her schwächeren,
legten den Schwerpunkt auf die
Abwehrarbeit. Verteidigen kann
heutzutage jeder. Die kleineren

Klubs oder Nationalmannschaf-
ten verbarrikadieren sich 30 Me-
ter vor dem Tor mit mitunter
zehn Mann, taktieren und ver-
dichten die Räume. Gute Mann-
schaften haben es so schwer, mit
ihrem Angriffsspiel durchzukom-
men. Keine guten Voraussetzun-
gen für ein gutes Fußballspiel.
Die deutsche Elf mit ihren un-
glücklichen Auftritten in Russ-
land lieferte das beste Beispiel.

Wird das Umschaltspiel immer
wichtiger?
So ist es. Was passiert in dem Au-
genblick, in dem du den Ball ge-
winnst? Doch die Spieler müssen
aaauch die Qualität haben, diesenuch die Qualität haben, diesen
Moment zu nutzen, durch genaues
Passspiel und gelungene Kombina-
tionen daraus zu profitieren. Viele
Spieler der vor allem auf Defensive
setzenden Mannschaften besitzen
nicht diese technische Fertigkei-
ten, wodurch mangelnde Präzision
und Hektik das Spielgeschehen
aaausmachen. Die Folge: Ungenauig-usmachen. Die Folge: Ungenauig-
keiten und Fehlpässe, der Zufall
regiert. Dadurch werden Stan-
dards immer wichtiger. Und eine
enorme Bedeutung kommt immer
mehr dem ersten Tor zu.

Sie haben das WM-Aus der
Deutschen angesprochen. Bis
auf Frankfurt haben die deut-
schen Starter auch im Europa-
cup zuletzt nicht begeistert. Es
hagelte viel Kritik. Wie sehen
Sie den Zustand des deutschen
Fußballs?
Manche Kritik halte ich für über-
zogen. Es ist normal, dass nach so
erfolgreichen Jahren mal eine

Schwächephase einsetzt. Die deut-
schen Vereine sind europäisch
konkurrenzfähig, die Nationalelf
zählt weiterhin zu den vier besten
Team auf dem Kontinent. Joachim
Löw macht als Bundestrainer eine
aaausgezeichnete Arbeit. Ich schätzeusgezeichnete Arbeit. Ich schätze
besonders, dass er seiner Philoso-
phie treu bleibt. Und er formt die
Mannschaft um, baut mehr und
mehr junge Spieler ein.

Stichwort Bundestrainer: Sie
hatten mal ein Angebot des
DFB. Wie lief es damals? Wie
konkret war es?
Nach der EM in Portugal sollte
ich Nachfolger von Rudi Völler
werden. Franz Beckenbauer hat
mich 2004 angesprochen, mir das
Angebot unterbreitet.

Warum haben Sie abgelehnt?
Ich habe mich entschieden, Na-
tionaltrainer in Dänemark zu
bleiben. Wir hatten damals eine
gute Generation. Ich wollte in
meiner Heimat etwas erreichen.

Mit Sepp Piontek hatten Sie ei-
nen Deutschen als National-
trainer zu Ihrer Glanzzeit. Hat
es Sie nicht gereizt, diesem
Vorbild nachzufolgen und als
erster Ausländer den lukrati-
ven DFB-Job anzunehmen?
Es war keine leichte Entschei-
dung für mich, ich habe einige
Tage überlegt. Doch dann hat
mein Herz entschieden – pro Dä-
nemark. Obwohl ich in Deutsch-
land, in den Niederlanden und
Belgien gespielt und trainiert ha-
be, nun in Belgien lebe, es gilt:
Ich bin Däne und bleibe Däne.

Sie hatten mit der dänischen
Elf bemerkenswerte Erfolge.
Von Belang war für Sie stets,
wie die Siege errungen worden
sind.
Richtig, natürlich geht es wie in
jeder Sportart auch im Fußball,
speziell im Topfußball, ums Ge-
winnen. Doch für mich, ich wie-
derhole mich gern, ist immer
auch zentral, auf welche Art und

FUSSBALL

Hummels denkt noch
ans Nationalteam

Mats Hummels will eine Rück-
kehr in die Nationalmann-
schaft nicht kategorisch aus-
schließen. Wenn er irgend-
wann noch einmal das Trikot
für Deutschland anziehen dür-
fe, würde er sich nicht dagegen
wehren, sagte der Abwehr-
spieler von Borussia Dort-
mund, der von Bundestrainer
Joachim Löw aussortiert wur-
de, dem „Kicker“.

DFB ehrt beste
Nachwuchsspieler
Die Fritz-Walter-Medaillen in
Gold gehen in diesem Jahr an
die Talente Nicolas Kühn von
Ajax Amsterdam (U19) und
Karim Adeyemi von Red Bull
Salzburg (U17). Als beste Ju-
niorin zeichnet der DFB Klara
Bühl (SC Freiburg) aus. „Die
Fritz-Walter-Medaille hat sich
als bedeutendste Einzelaus-
zeichnung im deutschen Nach-
wuchsfußball etabliert“, sagte
Joti Chatzialexiou, Sportlicher
Leiter Nationalmannschaften.
Zu den Medaillenträgern ge-
hören unter anderem Timo
Werner oder Julian Draxler.

FORMEL 1

Fahrerwechsel im
Red-Bull-Team

Red Bull hat den Thailänder
Alexander Albon, 23, vom
Schwesterteam Toro Rosso ins
A-Team befördert. Albon er-
setzt bereits beim nächsten
Rennen in Belgien Anfang
September den glücklosen
Pierre Gasly, 23, an der Seite
des Niederländers Max Ver-
stappen, 21. Gasly kehrt dafür
zu Toro Rosso zurück. Der
Franzose hat nach zwölf von 21
Saisonrennen nur 63 Punkte
auf dem Konto und war im
teaminternen Duell gegen
Verstappen (181) chancenlos.

TENNIS

Nadal verteidigt
Titel in Montreal

Rafael Nadal hat wie im ver-
gangenen Jahr das Turnier in
Montreal gewonnen. Der Welt-
ranglisten-Zweite ließ dem
Russen Daniil Medwedew kei-
ne Chance und gewann 6:3,
6:0. „Zweifellos mein bestes
Match in dieser Woche“, sagte
Nadal, für den es 35. Erfolg bei
einem Masters-Turnier war.
Das Damen-Turnier in Toronto
gewann die Kanadierin Bianca
Andreescu. Gegnerin Serena
Williams hatte wegen einer
Rückenverletzung im ersten
Satz aufgegeben.

KOMPAKT


Darum lehnte ich


das Amt des


Bundestrainersab


Der Däne Morten Olsen sollte Nachfolger von


Rudi Völler werden. Er wäre der erste Ausländer


gewesen, der ein DFB-Team betreut. Vor seinem


7 0. Geburtstag erzählt er, was dagegensprach


Morten Olsenwurde in der
dänischen Hafenstadt Vor-
dingborg geboren. Seine El-
tern hatten ein Farbenge-
schäft in der Nähe von Kopen-
hagen. Er spielte als Profi
zunächst für Klubs in Belgien,
wurde mit Anderlecht 1983
Uefa-Pokal-Sieger. Zum Aus-
klang seiner Karriere wechsel-
te der Abwehrstratege 1986
ablösefrei zum 1. FC Köln (85
Pflichtspiele). Als Klubtrainer
war er für Bröndby Kopenha-
gen, den 1. FC Köln und Ajax
Amsterdam tätig.

PA/DPA

/FRANZ-PETER TSCHAUNER

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