Frankfurter Allgemeine Zeitung - 13.08.2019

(WallPaper) #1

SEITE 10·DIENSTAG, 13. AUGUST 2019·NR. 186 Literatur und Sachbuch FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


Wiesich ausgerechnet aus der Kreuzung
zweier in der jüngeren deutschen Gegen-
wartsliteratur überstrapazierter Elemen-
te – des postapokalyptischen Dystopie-
Settings und des Themenkomplexes Hei-
mat/Fremde/Flucht – doch noch erzähle-
rische Funken schlagen lassen, das führt
uns hier Helene Bukowski vor Augen,
eine junge Berliner Autorin mit außerge-
wöhnlich sicherem Sprachgefühl. Ihr De-
büt „Milchzähne“, entstanden im Um-
feld des Literaturinstituts Hildesheim,
ist von einer ganz eigenen Tonalität, düs-
ter-zart in der Anmutung und dabei bis
ins Detail stilistisch konsistent.
Souverän ist auch, wie leichthändig
sich die Autorin im Gegensatz etwa zu
Thomas von Steinaecker in seinem
freilich ambitionierteren Roman „Die
Verteidigung des Paradieses“ darüber
hinwegsetzt, das intuitiv einigermaßen
nachvollziehbare Katastrophenszenario
(der Klimawandel scheint nicht ganz
unbeteiligt) mit komplizierten Erklä-
rungen logisch luftdicht zu machen. Es
dürfen Risse und Brüche in der rin-
dengroben Schale dieser Allegorie
klaffen, weil sie sich selbstbewusst als
eine solche präsentiert, als groteskes
Wimmelsinnbild für eine in archaischen
Isolationismus zurückfallende Gesell-
schaft, der fast alles Menschliche ab-
geht. Fast, das ist wichtig, denn es gibt
Ausnahmen.
Erzählt wird die Geschichte als Rück-
blick aus der Sicht Skaldes, einer jungen
Frau, die bereits nach der Apokalypse in
eine knorrige nordische Selbstversorger-
gemeinschaft hineingeboren wurde, als
Tochter einer aus „den toten Gebieten“
geflohenen, von einem der Siedler aufge-

nommenen Fremden aber nie wirklich
dazugehörte. Was sie von ihrer Kindheit
erzählt, schwankt zwischen Albtraum-
szenerien voller Symbolismus (tote Vö-
gel fallen vom Himmel) und nostalgi-
schen Kindheitserinnerungen, denn
Edith war nicht immer nur die von der
Tochter gehassliebte depressive Raben-
mutter, sondern auch eine liebenswürdi-
ge Erzieherin, die Skalde das Lesen bei-
brachte. Nicht von ungefähr bedeutet

dieser Name auf Altnordisch „Dich-
ter(in)“. Auf Zetteln hält die Protago-
nistin poetisch fest, „was im Begriff war,
sich aufzulösen: die Welt, wie ich sie
kannte“.
Dabei kannte sie nur die auf Dorfgrö-
ße geschrumpfte Notversion dieser
Welt. Die vereinzelten Häuser und ein
wenig Wald liegen eingezwängt zwi-
schen Meer und Fluss; die einzige Brü-
cke wurde aus Furcht vor Invasoren vor

langer Zeit gesprengt: „Wir wollen, dass
alles so bleibt, wie es ist.“ Relikte aus der
Hochzivilisation gibt es noch zahlreiche,
frappierende Mengen an Benzin (samt
Autos) oder Lack für den Gartenzaun,
aber auch Konserven und Kondens-
milch, die Edith auf geheimnisvolle Wei-
se herbeischafft, wenn sie nicht gerade
bedrückt in ihrem Schrank sitzt. Einige
Lebensmittel werden angebaut, notdürf-
tig haltbar gemacht und in einem rudi-
mentären Warenkreislauf getauscht. Er-
staunlicherweise funktioniert der Strom
noch, ein Windrad dreht sich selbstver-
gessen auf dem Meer. Dass es dafür zu-
dem Trassen, Umspannwerke und eini-
ges mehr brauchte – geschenkt. Die reso-
lute Beiläufigkeit, mit der die Erzählerin
ihre Welt schildert, lässt solch banale
Einwände nicht zu.
Als Skalde eines Tages im Wald ein
rothaariges Kind findet und kurzerhand
mitnimmt, geraten die Dinge ins Rut-
schen, sowohl innerhalb der Kleinfami-
lie (Quasi-Großmutter, Quasi-Mutter
und Quasi-Tochter auf engstem Raum,
das führt zu Zuständigkeitsgerangel und
Beziehungsneid, man kennt das), aber
mehr noch innerhalb der Gemeinschaft,
die das brüsk abgelehnte Kind erbar-
mungslos verhungern lassen würde: „Sie
gehört nicht hierher“, „Und dann diese
Haare.“ (Man kennt das.)
Skalde handelt eine riskante Gnaden-
frist heraus, was etwas mit den Milchzäh-
nen im Titel zu tun hat, aber schon aus
Blutgier, nicht nur aus Furcht führen die
Dörfler Böses im Schilde. Immer hefti-
ger eskaliert zudem der Streit zwischen
Mutter und Tochter darüber, ob man die
unsichere Heimat, Edith sagt „Gegend“,

Skalde „mein Zuhause“, für das noch Un-
sicherere verlassen soll. Beide Seiten ei-
ner Fluchtgeschichte auf engstem Ta-
bleau also: Ankunft als Unwillkomme-
ne, Aufbruch in Verzweiflung.
Dass sich die Figuren in diesem so
kreativ entworfenen Szenario allerdings
so prototypisch xenophob verhalten, wie
sie es in allen moralischen Geschichten
seit „Wer die Nachtigall stört“ tun, ist
dann doch leicht enttäuschend, weil sich
die Erzählung als (weitere) verklausu-
lierte Anklage kleiner macht, als sie sein
könnte. Auch die nochmalige Übersteige-
rung der Fremdenfeindlichkeit bis zum
Hexen-Aberglauben nimmt dem dunk-
len Setting grundlos etwas von seiner
hintergründigen Ambiguität.
Der auf der Handlungsebene viel-
leicht also einen Tick zu jugendlich kom-
promisslos, zu gesucht artifiziell und –
Stichwort Flüchtlingskrise – auch zu ge-
genwartsbezugsbeflissen ausbuchstabier-
te Konflikt, der bald auf Leben und Tod
ausgetragen wird, erreicht in der Wir-
kung daher nicht ganz die stille Wucht
von Marlen Haushofers feministischer
Robinsonade „Die Wand“, erkennbar ei-
nes der Vorbilder des Romans. Ein star-
kes, sprachlich überzeugendes Debüt
bleibt es aber allemal. OLIVER JUNGEN

Die Ostsee sei immer noch das, „als was
sie vor Jahrtausenden in die Geschichte
eingetreten ist: ein Meer der wirtschaftli-
chen, gesellschaftlichen und politischen
Interaktion und ein Kommunikations-
raum.“ So Martin Krieger über das kleine
Meer im Norden Europas. Er hätte diesen
Gedanken zum Motto seines Buches ma-
chen können: Bereits in vorgeschichtli-
cher Zeit fuhren Menschen über das Meer,
brachten Waren und Ideen von einem
Ufer zum anderen. Es bildeten sich die
Handelsnetze der Wikinger und der Han-
se, dann befuhren Niederländer, Schwe-
den und Russen die Ostsee. In der frühmit-
telalterlichen Siedlung auf Helgö, einer
kleinen Insel im Mälarsee bei Stockholm,
wurde eine Buddha-Figur gefunden –
schon in der Wikingerzeit gab es Kontakte
zwischen den Kontinenten.
Krieger erzählt die wechselvolle Ge-
schichte des gesamten Ostseeraums mit
seinem weit in den Kontinent hineinrei-
chenden Binnenland. Immer wieder tob-
ten Konflikte, von denen der Dreißigjähri-
ge Krieg, der Nordische Krieg und der
Zweite Weltkrieg die deutlichsten Spuren
hinterließen. Aber immer wieder erblühte
die Kultur neu, bildeten sich neue Staaten,
während andere von der Landkarte ver-
schwanden. Die Ostsee konnte nur durch
den Austausch von Gütern und Ideen zu ei-
ner Wiege der Zivilisation werden, schließ-
lich zu einem fast ganz zur Europäischen
Union gehörenden Raum.
Wechselvoll waren auch die natürli-
chen Umbrüche wie Landhebungen und
-senkungen. Das Schwanken des Wasser-
spiegels im Ostseeraum führte dazu, dass
neue Häfen gebaut werden mussten, um
die Verbindungen aufrechtzuerhalten.
Aufschlussreich ist auch die Geschichte
des Brückenbaus und der Trajektfähren,
auf denen ganze Eisenbahnzüge im Lini-
endienst über die Ostsee transportiert
wurden und werden. Der erste Eisbre-
cher der Welt entstand in der zweiten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts in
Kronstadt bei Sankt Petersburg. Dort
brauchte man ihn am dringendsten, um
den bedeutenden russischen Ostseeha-
fen in der Newa-Mündung besser zugäng-
lich zu machen. Heute leidet die Ostsee
unter Umweltzerstörung und Überfi-
schung. Und doch herrscht Aufbruchstim-
mung – Ergebnis einer jahrtausendelan-
gen Prägung von Menschen, die gelernt
haben, ihren Kulturraum immer wieder
neu zu gestalten. HANSJÖRG KÜSTER

Auf hoher See und vor Gericht ist man in
Gottes Hand. Selbst wenn man von der Be-
rechtigung seiner Sache fest überzeugt ist,
kann man niemals sicher sein, dass das Ge-
richt dies genauso sehen wird. Wie kommt
es zu dieser Unberechenbarkeit des
Rechtssystems, obgleich doch alle staatli-
chen Amtsträger strikt an Recht und Ge-
setz gebunden sind? Diese Frage will Jo-
chen Theurer beantworten. Über die Prä-
sentation einiger juristischer Gemeinplät-
ze, garniert mit einer kräftigen Prise Kü-
chenpsychologie, gelangt er allerdings
nicht hinaus. Dass zahlreiche Rechtsbe-
griffe unbestimmt sind und den Interpre-
ten beträchtliche Auslegungsspielräume
eröffnen, weiß jeder, der einmal den
Grundrechtsteil des Grundgesetzes gele-
sen hat. Dass man anderen Menschen
nicht hinter die Stirn schauen und daher
niemals sicher wissen kann, ob die vom
Richter vorgebrachten Gründe tatsächlich
ausschlaggebend für seine Entscheidung
waren, ist ebenfalls eine Einsicht, für die
man kein Jurastudium braucht.
Dass die Behörden weder willens noch
in der Lage sind, jeden Gesetzesverstoß zu
verfolgen, ist ein Glück für jeden Autofah-
rer. Dass Abgeordnete nicht vor der Versu-
chung gefeit sind, sich selbst oder ihren
Unterstützern dubiose Vorteile zuzuschan-
zen, ließ sich im vergangenen Jahr an der
im Schnellverfahren durchgepeitschten
Änderung der staatlichen Parteienfinan-
zierung bewundern. Und dass man mitun-
ter abwägen sollte, ob eine Rechtsnorm
wirklich strikte Befolgung verdient, ist nie-
mandem fremd, der einmal bei menschen-
leerer Straße vor einer roten Fußgänger-
ampel gestanden hat. Neu, aber nicht un-
bedingt merkenswert ist lediglich, dass
Theurer in diesem Zusammenhang Kant
zum Stammvater der Rechtspositivisten er-
klärt. Am Ende räumt freilich auch Theu-
rer ein, dass erfahrene Juristen den Aus-
gang der meisten Rechtsverfahren ziem-
lich zuverlässig vorhersagen können. Für
die rechtstypische Verschränkung von Si-
cherheit und Unsicherheit, Stabilität und
Offenheit sorgen Faktoren wie die Instan-
zenzüge, die führenden Kommentare und
nicht zuletzt persönliche Beziehungen,
die Rechtsgespräche auch außerhalb der
Bindungen formalisierter Verfahren er-
möglichen. Zu diesen Mechanismen, ih-
ren Leistungen und Gefahren (Stichwort:
Deal) findet sich bei Theurer allerdings
kaum etwas. Er banalisiert sein Thema
nicht nur, er halbiert es auch. Schade um
die vertane Chance. MICHAEL PAWLIK

W


enn mitten im Bauhaus-Jahr
ein großformatiger Band er-
scheint, der lapidar mit „Mo-
holy Album“ überschrieben
ist, liegt der Verdacht nah, dass er das Ju-
biläum nutzt, aber nicht wirklich etwas
Neues in ihm erzählt wird. Was Jeannine
Fiedler hier aber im Folioformat vorlegt,
schlägt diesen Verdacht gleich aus dem
Feld. Der Untertitel des Bandes ver-
spricht einen „Perspektivwechsel auf
den Fotostrecken der Moderne“, und zu-
mindest für den besonderen Fall des ein-
flussreichen Bauhaus-Lehrers László
Moholy-Nagy fordert ihr Buch tatsäch-
lich neue Betrachtungen heraus.
Es wäre falsch, den nach dem Ersten
Weltkrieg aus Ungarn nach Deutschland

emigrierten Moholy-Nagy auf ein
Medium festlegen zu wollen. Zwischen
Malerei und Fotografie, Typographie
und Film, Skulptur und Installation
drückte er sich auf so vielfältige Weise
aus, dass man in ihm einen frühen Me-
dienkünstler erblicken sollte. Als sich
seine zweite Frau Sibyl nach Moholy-Na-
gys frühem Tod an einer ersten Gesamt-
deutung des Werks versuchte, sprach sie
von einem „Totalexperiment“. Sie fand
damit eine noch immer gültige Formel.
Und doch haben gerade Moholy-Na-
gys fotografische Experimente besonde-
re Bekanntheit erlangt. Zeitgleich mit
Man Ray und Christian Schad, das heißt
seit den frühen zwanziger Jahren, ver-
suchte auch er gemeinsam mit seiner ers-
ten Frau Lucia, die fotografische Bildpro-
duktion auf ihr wesentliches Prinzip zu-
rückzuführen. Lichtgestaltung, wie er es
nannte, bedurfte keiner Kamera, um zu
bedeutungsvollen Ergebnissen zu ge-
langen. Das ohne jeden Apparat entstan-
dene Fotogramm enthält bereits alles
Wesentliche, was eine Fotografie aus-
macht.
Doch wäre es ein Missverständnis,
würde man Moholy-Nagy für einen foto-
grammatischen, der Maschine entsagen-
den Puristen halten. Spätestens zur Mit-
te der zwanziger Jahre arbeitete auch er
mit verschiedenen Kameras. Eine kleine
Reihe dieser Bilder, zum Beispiel vom
Funkturm in Berlin, gehört lange schon
zu den Ikonen des Neuen Sehens. Aber
innerhalb seines Werks traten diese Foto-
grafien bislang merkwürdig solitär auf.
Eine kontinuierliche Auseinanderset-

zung mit der Kamera ließ sich im Fall
Moholy-Nagys nur voraussetzen, aller-
dings kaum konkret nachvollziehen. Mit
dem „Moholy Album“ wird diese Lücke
nun aber auf eindrucksvolle Weise ge-
schlossen. In vorzüglichen Reproduktio-
nen enthält es Hunderte von Aufnah-
men, die in den Jahren zwischen 1924
und 1937 entstanden sind. Umrissen wer-
den damit die wichtigsten Phasen von
Moholy-Nagys europäischem Schaffen.
Geradezu programmatisch zeigen die
letzten Aufnahmen des Bandes Bilder,
die im Juli 1937 zwischen Southampton
und New York auf der „SS Manhattan“
entstanden sind. Mit dieser Atlantik-Pas-
sage nahm Moholy-Nagy einen erzwun-
genen und endgültigen Abschied vom al-
ten Kontinent.
Wie wichtig ihm sein fotografisches
Werk war, zeigt bereits die Tatsache,
dass er viele Aufnahmen mit nach Ame-
rika brachte. Mehr noch: Im „Moholy Al-
bum“ treten uns diese Bilder nicht in lo-
ser Folge gegenüber, sondern als ein
sorgfältig eingerichtetes Archiv von Kon-
taktabzügen. Zu thematischen Gruppen
angeordnet, wurden diese Kontakte auf
großformatige Kartons aufgeklebt und
beschriftet. Offenkundig wurde großer
Wert gelegt auf eine genau eingerichtete
Ordnung, die dem Fotografen schnelle
Orientierung erlauben sollte. Uns aber,
das heißt den nachträglichen Betrach-
tern, wird es hierbei möglich, die Ent-
wicklung von Moholy-Nagys Blick durch
die Kamera nachzuvollziehen.
Auf bemerkenswerte Weise folgte die-
ser Blick recht gegensätzlichen Interes-
sen: formaler Strenge wie auch spieleri-
scher Spontaneität. Gewiss ist richtig,
was Fiedler in ihrem Kommentar mehr-
fach betont und in einem eigenen An-
hang minutiös belegt: Moholy-Nagy war
ein geradezu rastlos Reisender, der bis
zu seiner Emigration in die Vereinigten
Staaten beinahe überall in Europa Stati-
on gemacht hatte. In diesem Sinn sind
die Kameraaufnahmen auch ein Aus-
druck seiner Neugierde auf das Unbe-
kannte; zur Qualität seiner Bilder ge-
hört, dass er das bis dahin noch nicht Ge-
sehene in weit mehr als bloß touristische
Schnappschüsse übersetzte.
Vor allem aber in der Vielzahl seiner
Frauenporträts erweist sich Moholy-
Nagy als ein besonderer Augenmensch.
Seine erotische Obsession ist schwer zu
übersehen. Badeszenen waren offenbar
ein besonders willkommener Anlass
zum Fotografieren. Und doch bleibt stau-
nenswert, wie die leicht oder gar nicht
bekleideten Körper in fotografische
Formstudien übersetzt werden, die alles
Akademische rasch hinter sich lassen.
Gerade in solchen Annäherungen be-
weist sich die Qualität des von Jeannine
Fiedler herausgegebenen Bandes: Ge-
zeigt werden nicht allein die als gelun-
gen herausgestellten und für eine Publi-
kation vorgesehenen Aufnahmen, son-
dern auch jene, die dem Fotografen inter-
essant genug erschienen, um in sein Bild-
archiv im Albumformat aufgenommen
zu werden.
Es ist beinahe ein Wunder, dass sich
trotz Moholy-Nagys gewundenen Le-
benswegs diese mehr als 150 Tafeln bis
heute erhalten haben; erst recht aber ist
es ein Glücksfall, dass sich dessen Toch-
ter Hattula – die anerkannte Archäolo-
gin lebt hochbetagt in den Vereinigten
Staaten – seit Jahrzehnten für den Nach-
lass ihres Vaters einsetzt. Für die Heraus-
gabe dieses Albums hat sie in der Bau-

haus-Expertin Jeannine Fiedler eine De-
tektivin gefunden. Die Bildkommenta-
re nehmen nicht selten mehr Platz ein
als die reproduzierten Fotografien
selbst. Man sollte keine dieser Erläute-
rungen übergehen. In ihrer Gesamtheit
fügen sie sich zu einem Text, der als wert-
volle Vorarbeit gelten kann zu einem
noch immer nicht geschriebenen Hand-
buch über den Medienkünstler Moholy-
Nagy. STEFFEN SIEGEL

Helene Bukowski:
„Milchzähne“.
Roman.

Blumenbar Verlag,
Berlin 2019.
256 S., geb., 20,–€

Jochen Theurer: „Die Kunst, mit Gesetzen
umzugehen“. Eine Reise an die Grenzen
des Rechts.
Springer Verlag, Berlin 2019.
168 S., geb., 22,99 €.

Martin Krieger: „Die Ostsee“.
Raum – Kultur – Geschichte.
Verlag Philipp Reclam jun., Ditzingen 2019.
296 S., Abb., geb., 39,– €.

Jeannine Fiedler (Hrsg.): „Moholy Album“.
Perspektivwechsel auf den Fotostrecken
der Moderne. László
Moholy-Nagys schwarz-
weißfotografische
Arbeiten 1924–1937.

Steidl Verlag,
Göttingen 2019.
352 S., Abb., geb., 68,– €.

Schwere erotische Obsession

Kopfüber in den Naturzustand


Enge Herzen im Überlebenskampf: Helene Bukowskis postapokalyptische Phantasie „Milchzähne“ überzeugt in Sprache und Stil


Das Meer des


Miteinanders


Porträts, die László Moholy-Nagy am Lido von Ascona und an
südfranzösischen Stränden aufnahm: Den Frauen ist das erotisch-fotografische
Interesse offenbar angenehm, während der Fotograf das spielende Mädchen
eher kaltlässt. Und das Anschneiden des Kopfes hat bei diesen Bildern
Methode.
Abbildung aus dem besprochenen Band

Allein an der


roten Ampel


Helene Bukowskis Roman zeigt eine Notversion der Zivilisation. Foto Rabea Edel


Einblick ins Archiv:


Jeannine Fiedlers


stattliches Album mit


Fotografien von László


Moholy-Nagy zeigt den


frühen Medienkünstler


in einem neuen Licht.

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