Frankfurter Allgemeine Zeitung - 13.08.2019

(WallPaper) #1

SEITE 22·DIENSTAG, 13. AUGUST 2019·NR. 186 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


HerrFuhrmann, Ihr Wettbewerber Thys-
sen-Krupp leidet unter der Stahl- und
Autokrise.Wie steht die Salzgitter AG
aktuell da?


Wir stehen gut da, sind finanziell und
bilanziell solide sowie technologisch gut
aufgestellt. Die in den vergangenen zwan-
zig Jahren schrittweise realisierte Diversi-
fikation unserer Aktivitäten trägt Früch-
te. Seit unserem Börsengang 1998 haben
wir das Eigenkapital verfünffacht – und
das aus eigener Kraft, ohne Kapitalerhö-
hungen von außen, den Umsatz verdrei-
facht und die Mitarbeiterzahl verdoppelt.
Aktuell durchfliegen wir eine Schlecht-
wetterfront; da helfen auch die relativ ho-
hen Gewinne von 2017 und 2018 wenig.
Die augenblickliche Situation ist ernst,
aber man hat schon Schlimmeres gesehen
und durchgestanden.


In der Politik gibt es Ideen, einen natio-
nalen Stahl-Champion aus Thyssen-
Krupp und Salzgitter zu schaffen, um
auf den Weltmärkten mithalten zu kön-
nen. Wäre das eine realistische Option?


Die Salzgitter AG und ihre Vertreter
sind nicht doktrinär festgelegt. Wobei die
letzten zwei Jahrzehnte in Eigenständig-
keit eine Erfolgsgeschichte waren. Offen-
sichtlich ist es uns gelungen, auf den rele-
vanten Märkten wettbewerbsfähig zu
sein. Gleichwohl verweigern wir uns kei-
nen Kooperationen. Wir betreiben immer-
hin einige. Nur muss jede Kooperation
auf eine ehrliche Win-win-Situation hin-
auslaufen. Bis heute habe ich noch kein
Konzept zur Fusion mit einem Wettbewer-
ber im Stahl gesehen, das eine für uns er-
kennbar vorteilhafte Perspektive beinhal-
tet hätte. Aber ich kann und will natürlich
nicht ausschließen, dass es das eines Ta-
ges doch geben könnte.


Welche Auswirkungen hat der Zollkon-
flikt mit den Vereinigten Staaten? Sie ha-
ben früher von Trumpomanie gespro-
chen. Jetzt scheint er aber doch zu einer
Gefahr für die Stahlbranche zu werden?


Seit mehr als einem Jahr antizipiert die
Börse einen spürbaren Konjunkturab-
schwung, der in erster Linie auf diversen
Handelskonflikten fußt. Auslöser dessen
ist – wie wir alle wissen – zumeist die ame-
rikanische Administration, die Diploma-
tie und Multilateralität durch massiven
Druck und Drohungen ersetzt. Dennoch
halte ich eine „Trumpomanie“ für ebenso
wenig angebracht wie die in anderen Zu-
sammenhängen um sich greifende Russo-
phobie. Gerade wir in Deutschland tun
uns schwer damit, unsere Gegenüber so
wahrzunehmen und zu akzeptieren, wie
sie nun mal sind. Wir müssen eben nicht
nur mit unseresgleichen einigermaßen
klarkommen können. Aber: Klare Anspra-
chen verdienen deutliche Antworten.


Was bedeutet der Zollkonflikt mit den
Vereinigten Staaten für den Salzgitter-
Konzern konkret?


Die unmittelbaren Konsequenzen der
Zollsätze auf Stahlimporte sind für die
Salzgitter AG mit Absatzschwerpunkt Eu-
ropa überschaubar. Mittelbar sieht es an-
ders aus, zumal zunehmend auch wichti-
ge Stahlabnehmerbranchen von den Han-
delskonflikten und protektionistischen
Gegenmaßnahmen betroffen sind. Davon
abgesehen wird das für uns als europäi-
sche Stahlindustrie eventuell weitere Kon-
sequenzen haben, weil die amerikanische
Stahlindustrie aufgrund ihrer stark verbes-
serten Gewinnsituation in Kapazitätser-
weiterungen und lange unterlassene Mo-
dernisierung investieren kann und dies
auch tut. In Verbindung mit der „Buy
American“-Politik könnten dadurch die
mittelfristigen Absatzchancen für Impor-
teure in den Vereinigten Staaten schwieri-
ger werden. Die Gefahr ist, dass die welt-
weiten Überkapazitäten zu einer weite-
ren Verschärfung der Lage auf dem EU-
Stahlmarkt beitragen.


Gleichzeitig kommt die europäische
Stahlindustrie als einer der großen
CO 2 -Emittenten mit dem Klimaschutz
unter Druck. „Ich will, dass ihr in Panik
geratet“, rufen die Klimaschutz-Aktivis-
ten um Greta Thunberg. Gerät die Salz-
gitter AG schon in Panik?
Wer in Panik gerät, handelt unüberlegt.
Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.
Ich ziehe es vor, Realist zu bleiben. Spätes-
tens nach der von Greta Thunberg ausge-
lösten Massenpsychose müssen wir uns
auf eine politisch forcierte Dekarbonisie-
rung nicht nur unserer Energieerzeugung
und Industrie einstellen.


Das klingt nicht nach Verständnis für
Greta Thunberg.


Doch, manche Forderungen kann ich
durchaus nachvollziehen.


Zum Beispiel?
Ich finde es gut, wenn die Erkenntnis
reift, dass liebgewonnene Gewohnheiten
von mehrfachen Urlaubsflügen pro Jahr
über stromfressende Klimaanlagen bis
hin zu SUVs in Frage zu stellen sind, falls
wir es mit der Dekarbonisierung unserer
Gesellschaft wirklich ernst meinen soll-
ten. Sonst wird gerade unser deutsches
Bildungsbürgertum noch bigotter, als es
heute schon ist. Klimaschutz ist eben
nicht nur eine Sache der Industrie; auch
über das Verhalten von Privatpersonen
muss nachgedacht werden. Das scheint
nicht jedem ausreichend klar zu sein.

Welche Auswirkungen haben die ver-
schärften CO 2 -Regeln für die europäi-
sche Stahlindustrie – Zertifikatehandel,
CO 2 -Steuer, Strompreise?
Die wesentlichen Teile unserer produk-
tionsbedingten CO 2 -Emissionen unterlie-
gen mit dem Emissionshandel ja schon ei-
ner Bepreisung. Die Salzgitter AG steht
vergleichsweise gut da, weil wir für die
vierte Emissionshandelsperiode von
2021 bis 2030 vorausschauend agiert und
vorsorglich CO 2 -Zertifikate erworben ha-
ben, welche die geschätzte Unterdeckung
überwiegend kompensieren. Der Emissi-
onshandel verursacht aber auch indirekte
Kostenbelastungen: Da der Preis für
CO 2 -Zertifikate in den letzten zwei Jah-
ren von um die 5 Euro je Tonne CO 2 auf
heute nahezu 30 Euro gestiegen ist, erge-
ben sich erheblich steigende Kosten für
fremdbezogenen Strom. Die zum Aus-
gleich dieser indirekten Mehrbelastungen
vorgesehene CO 2 -Strompreiskompensati-
on muss daher – anders als heute – den be-

troffenen energieintensiven und im inter-
nationalen Wettbewerb stehenden Unter-
nehmen nicht nur teilweise, sondern mög-
lichst vollständig gewährt werden. So
oder so: Es wird wesentlich teurer wer-
den. Und zwar nicht nur für die Industrie,
sondern für jeden einzelnen Bürger, der
am langen Ende ohnehin alles bezahlen
muss. Es wird höchste Zeit, dass dieser
Aspekt in der Öffentlichkeit ankommt
und der Wahrheit ins Auge geblickt wird.
Das Sankt-Florians-Prinzip wird jeden-
falls nicht funktionieren; dazu sind die
Kosten dieser politisch gewollten Trans-
formation zu gewaltig. Und: Wenn die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen In-
dustrie in den Weltmärkten zu stark lei-
den sollte, könnte es den Bürger sogar
doppelt treffen, denn er zahlt mehr für al-
les, und es drohen Arbeitsplatzverluste.
Das muss unbedingt verhindert werden!

Die Politik setzt das Ziel, bis zum Jahr
2050 klimaneutral zu werden. Was tut
Salzgitter zur Dekarbonisierung?
Wir fahren ein zweigleisiges Konzept:
Einerseits haben wir den überwiegenden
Teil der im nächsten Jahrzehnt benötig-
ten Zertifikate zu aus heutiger Sicht güns-
tigen Preisen bereits beschafft. Anderer-
seits machen wir der Politik mit unserem
Konzept Salcos – das steht für Salzgitter
Low CO 2 Steelmaking – ein sehr konkre-
tes Angebot. Wir haben uns für einen
nachhaltigen Weg entschieden, der jetzt
auch branchenweit immer mehr Befür-
worter und Nachfolger findet: die schritt-
weise Dekarbonisierung der Stahlherstel-
lung mittels Wasserstoff und erneuerba-
ren Stroms. Anstatt zu überlegen, was mit

dem unerwünschten Treibhausgas CO 2 ge-
schehen soll, wenn es schon entstanden
ist, will unser Konzern das CO 2 erst gar
nicht entstehen lassen.

Wie soll das aussehen?
Wir haben konkrete Pläne für einen
Transformationsprozess des integrierten
Hüttenwerks in Salzgitter. Kerngedanke
ist der schrittweise Ersatz von Kohle bei
der Erzeugung von Eisen durch Wasser-
stoff und Strom aus erneuerbaren Ener-
giequellen. Am Ende stünde auf diese
Weise eine Verminderung der CO 2 -Emis-
sionen um 95 Prozent. Die erforderlichen
Produktionstechnologien sind heute zu-
meist vorhanden; deshalb können wir im
Prinzip unverzüglich anfangen.

Wann kann Wasserstoff Kohle ersetzen?
Kann er das überhaupt?
Ja, Wasserstoff kann Kohle als soge-
nanntes Reduktionsmittel, das der unum-
gänglichen Entfernung des Sauerstoffs
aus Eisenerz dient, voll ersetzen. Die
großtechnische Umsetzung ist eine abso-
lute Pionierleistung, aber nach meiner
Auffassung auf der Zeitachse, beginnend
etwa 2025 in Stufen bis Mitte des Jahrhun-
derts, stemmbar. Es ist allerdings nicht zu
erwarten, dass die Kosten des Betriebs im
Vergleich zum kohlenstoffbasierten Hoch-
ofen sinken werden.

Was kostet die Umrüstung, welche Risi-
ken hat sie für den Unternehmensstand-
ort?
Die Umrüstung kostet im ersten
Schritt für 25 Prozent CO 2 -Reduzierung
gut eine Milliarde Euro inklusive der In-
vestitionsbeträge für die Wasserstoff-Pro-

duktion per Elektrolyse. Die gesamte Um-
rüstung würde sich auf ein Mehrfaches
dessen – die entsprechende Elektrolyse-
kapazität eingeschlossen – belaufen. Das
ist sehr viel Geld, aber ein integriertes
Hüttenwerk, dessen Kernbestand wir ja
erhalten wollen, würde einen ordentli-
chen zweistelligen Milliardenbetrag kos-
ten. Insofern sind die Relationen zu be-
achten. Um die Risiken der Umstellung
zu minimieren, wollen wir sie schrittwei-
se vornehmen.

Wann geht es los?
Dafür müssen erst einmal die Rahmen-
bedingungen stimmen.

Das heißt, Sie erwarten Zugeständnisse
der Politik. Welche genau?
Nicht nur aufmunternde Worte, son-
dern zeitnahe, wirkungsvolle Unterstüt-
zung. Konkret formuliert, benötigen wir
passende ökonomische und politische
Rahmenbedingungen für unser Vorha-
ben. Das beginnt bei der Anschubfinan-
zierung des Umbaus unserer Anlagen,
denn die Investitionen werden nicht mit
für den Kunden andersartigen Produktei-
genschaften verdient. Die Frage ist daher,
wie man es schaffen kann, dass unsere
Kunden mittel- und langfristig einen wirt-
schaftlichen Nutzen davon haben, wenn
sie CO 2 -armen Stahl verarbeiten. Nur
dann werden sie ihn bevorzugt kaufen. Es
gibt noch weitere politische Themen: So-
lange zum Beispiel jede Kilowattstunde
Windstrom mit einer EEG-Umlage belas-
tet ist, wird man nicht zu wettbewerbsfähi-
gen Kosten CO 2 -arm produzieren kön-
nen. Strom ist zentral, wenn wir unsere
Produktion dekarbonisieren wollen.
Dann muss er zu im globalen Maßstab
wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar
sein. Man sieht, es gibt viele Ansätze, mit
denen wir uns beschäftigen und die wir
auch mit Politikern in Brüssel, Berlin und
Hannover derzeit intensiv diskutieren.

Wie reagieren die Politiker, verstehen
sie, welcher Strukturwandel in der Stahl-
industrie gerade ansteht?
Ja und nein. Nicht überall hat sich her-
umgesprochen, dass die Industrie ein Ga-
rant der Wohlfahrt nicht nur der dort di-
rekt Beschäftigten, sondern weit darüber
hinaus ist. So hängt ein Großteil der
Dienstleistungsbranche von industrieller
Existenz ab. Das gilt besonders für
Deutschland, das nicht zuletzt wegen des
hohen Industrieanteils so glimpflich
durch die globale Finanzkrise gekom-
men. Andere Länder auch in der EU be-
neiden uns darum. Ohne einen gewissen
Wohlstand gibt es weniger gesellschaftli-
chen Frieden, Ausgleich und soziale
Wohltaten. Der beste Nährboden für poli-
tische Radikalität sind gravierende Wirt-
schaftskrisen – wie zu Anfang der dreißi-
ger Jahre. Das sollten wir nie vergessen.

Das Gespräch führteCarsten Germis.


D


eutschland war für den britischen
Essenslieferdienst Deliveroo
schon immer ein schwieriger Markt, in
dem nicht nur der Konkurrent Foodo-
ra Millionen für Werbung verbrannte.
Der Rückzug erfolgte schrittweise, war
aber wohl unausweichlich. Lieferdiens-
te tun sich hierzulande schwerer als an-
derswo, was nur zum Teil an der guten
Infrastruktur von Supermärkten und
Restaurants liegt. Es gibt unter den
Deutschen auch eine größere Skepsis
solchen Geschäftsmodellen gegen-
über. Das Telefon ist jedenfalls ein
mächtiger Konkurrent der Start-ups,
die auf Smartphone-Apps setzen.Dass
Deliveroo der Appetit auf Deutschland
vergangen ist, könnte auch daran lie-
gen, dass die Investoren irgendwann Re-
sultate sehen und nicht nur dabei zu-
schauen wollen, wie ihr Geld weniger
wird. Unternehmen wie Deliveroo
wachsen nämlich noch zu hohen Kos-
ten. Gleichwohl haben Amazon und an-
dere erst kürzlich mehr als 500 Millio-
nen Dollar in Deliveroo gesteckt, und
zwar nicht, weil es ihnen an Alternati-
ven mangelt. Dem Online-Essensliefer-
dienst wird eine große Zukunft voraus-
gesagt. Rund um die Welt ist der Markt
umkämpft, wovon die Verbraucher pro-
fitieren. Doch die Märkte zeigen auch
Konsolidierungen: In Deutschland gibt
es mit Lieferando praktisch nur noch
einen Anbieter, der die Konkurrenz
verdrängt oder aufgekauft hat. Die
Musik spielt künftig anderswo.

N

ur mal theoretisch: Falls sich
Björn Rosengren für eine Posi-
tion auf der obersten Kommandobrü-
cke von BMW beworben hätte, hätte er
keine Chance gehabt. Denn für Vor-
stände des bayerischen Autoherstel-
lers gilt: Mit 60 Jahren ist Schluss. Eine
solche Regel gibt es bei ABB nicht. So
also kann Rosengren einen Monat vor
seinem 61. Geburtstag die Führung
des größten Schweizer Industriekon-
zerns übernehmen. Man könnte nun
die Stirn runzeln: Ausgerechnet ein Un-
ternehmen, das sein Geld mit der Digi-
talisierung und Automatisierung, also
mit neuen Technologien, verdienen
will, verschiebt den Generationswech-
sel an der Spitze in die Zukunft. Bei ge-
nauerem Hinsehen lassen sich aller-
dings durchaus gute Gründe für diese
ungewöhnliche Personalwahl erken-
nen. Erstens hat Rosengren als Chef
der schwedischen Sandvik-Gruppe in
den vergangenen Jahren sehr gute Ar-
beit geleistet. Zweitens bringt der
Schwede etwas mit, das ABB gerade
jetzt sehr gut gebrauchen kann: Erfah-
rung im Umbau eines Unternehmens.
Rosengren weiß, wie man aus einem
hierarchisch geführten Konzern eine
dezentral und damit näher am Markt
agierende Gruppe macht. Die leidge-
prüften ABB-Aktionäre quittierten Ro-
sengrens Berufung mit Applaus. Wun-
der sollten sie von dem Schweden aber
angesichts des Konjunkturabschwungs
auf der Welt auch nicht erwarten.

Die schwache Konjunktur hat den Ge-
winn des Stahlkonzerns Salzgitter ein-
brechen lassen. Der Vorsteuergewinn
sackte im zweiten Quartal um gut
80 Prozent auf 19,4 Millionen Euro,
wie der Konzern am Montag mitteilte.
Im ersten Halbjahr schrumpfte der
Vorsteuergewinn um gut ein Viertel
auf 145,3 Millionen Euro. Für das ers-
te Halbjahr sieht das Unternehmen an-
gesichts der Krise der Stahlbranche
dennoch „eine insgesamt zufriedenstel-
lende Performance“. Alle Geschäftsbe-
reiche hätten positive Ergebnisbeiträ-
ge erwirtschaftet.
Der Umsatz schrumpfte im ersten
Halbjahr von 4,6 Milliarden leicht auf
4,5 Milliarden Euro, im zweiten Quar-
tal gab er um 3 Prozent auf 2,2 Milliar-
den Euro nach. Als Grund nannte die
Salzgitter AG geringere Walzstahlerlö-
se unter anderem durch die Krise der

Automobilindustrie, verbunden mit
einem weiteren Anstieg der Rohstoff-
preise. Hinzu kam ein Überangebot
an Stahl in der EU, das die Preise
drückte.
Der Salzgitter-Vorstandschef Heinz
Jörg Fuhrmann sagte: „Nach dem bes-
ten Auftaktquartal seit 2008 wirkten
sich sukzessiv verschlechterte Rah-
menbedingungen nun auch auf das Er-
gebnis des Salzgitter-Konzerns aus.“
Seine Prognose bekräftigte der Kon-
zern, formulierte sie aber vorsichtiger
als zuletzt. Demnach peilt Salzgitter
im Gesamtjahr weiterhin einen Vor-
steuergewinn zwischen 125 und 175
Millionen Euro an, verzichtet jetzt
aber auf den Zusatz, das Ergebnis wer-
de im oberen Bereich der Spanne lie-
gen. Das Unternehmen verwies dabei
auf die unsichere Konjunktur durch
den Handelsstreit zwischen den Verei-

nigten Staaten und China. Es gebe
aber immer noch die Hoffnung, dass
sich die Lage zum Jahresende hin ver-
bessere. „Wir sind weit weg von einer
Katastrophenstimmung“, sagte ein Un-
ternehmenssprecher.
Die Aktien von Salzgitter fielen
nach dem vorsichtigeren Ausblick des
Stahlherstellers für das Gesamtjahr
zwischenzeitlich um gut 5 Prozent auf
den tiefsten Stand seit Anfang 2016.
Dabei verfügt das Unternehmen mit
einer Eigenkapitalquote von 34,8 Pro-
zent über eine solide Bilanz. Fuhr-
mann sprach von einer unaufgeregten,
auf Nachhaltigkeit setzenden Strategie
des Unternehmens, die sich neben
dem großen Volumen vorsorglich er-
worbener CO 2 -Zertifikate auch in In-
vestitionen zeige, mit denen Salzgitter
seine Position als Hersteller von Pre-
miumprodukten festige. cag.

ABB setzt auf Routine


VonJohannes Ritter


Ausgeliefert


VonJonas Jansen


D

iese Tage sind für Osram turbu-
lent. Die Aktionäre sollten sich
über eine zweite, deutlich höhere Offer-
te für das Lichttechnik-Unternehmen
freuen. Wettbewerb ist immer gut. Das
bringt einen besseren Preis. Mit dem
Auftritt der österreichischen AMS ent-
steht direkt der Eindruck, die deutsche
Traditionsmarke ist begehrt. Doch die-
ser Eindruck trügt. Es ist zu bezweifeln,
dass sich die Perspektiven unter einem
bislang in Deutschland unbekannten
Bieter aus der Steiermark tatsächlich
aufhellen. Zum einen muss ein Fragezei-
chen gesetzt werden, ob das Erreichen
der hohen Mindestannahmequote der
Übernahmeofferte von 70 Prozent auch
hier realistisch ist. Für das erste, niedri-
gere Angebot der Finanzinvestoren
Bain und Carlyle sind die Erfolgsaus-
sichten schon nahe null gesunken. Zum
anderen muss das vorgelegte, zunächst
schlüssig klingende Konzept angezwei-
felt werden. Die kleine AMS will die
große Osram schlucken. Auch wenn die
Finanzierung mit den Banken steht –
überhebt sie sich da nicht? Droht AMS,
auf Dauer von der Last erdrückt zu wer-
den? Alles klingt so positiv, wenn etwa
der wichtige Standort Regensburg ge-
stärkt werden soll. Bedenken sind ange-
bracht, ob die veranschlagten hohen Sy-
nergien im vom Umbruch geschüttelten
globalen Lichtmarkt mit dem erhofften
Wachstumspotential in so kurzer Zeit
greifen. Warum soll AMS das bewälti-
gen, was Osram in den vergangenen
Jahren nicht gelungen ist?

Im Gespräch: Heinz Jörg Fuhrmann, der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG


Salzgittersieht eine „insgesamt zufriedenstellende Performance“


Zurück auf Los


VonRüdiger Köhn


„Wer in Panik gerät, handelt unüberlegt“


Wirft dem Bildungsbürgertum Bigotterie vor:Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann fordert mehr Ehrlichkeit in der Klimadebatte. Foto Picture-Alliance


Der Chef des Stahl-


konzerns über Drohungen


der Klimaaktivisten und


darüber, was die Politik


tun muss, damit die


CO 2 -freie Produktion


beginnen kann.

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