Der Tagesspiegel - 18.08.2019

(Axel Boer) #1

Luckau- Für ein Zentrum des Humors
ist der Eingangsbereich überraschend
düster. „Willkommen im Hochsicher-
heitstraktfürHumorund Satire“,ruft An-
dreas Nicolai seinen Gästen entgegen.
Der Chef des Cartoonmuseums Branden-
burg steht in der spärlich beleuchteten
Haupthalle eines Gebäudes, dessen Ge-
schichte alles andere als lustig ist. „
Jahre lang war das hier ein Knast“, sagt
der 60-Jährige und zeigt nach oben. Über
ihm hängt ein Stahlnetz, auf dicken Bal-
ken liegen hölzerne Bohlen, die auf drei
Stockwerken wie Brücken zu dicken
Stahltüren führen – der einstige Zellen-
trakt. „Hier nebenan standen bis zur
Wende die Baracken für die Gefangenen-
arbeit“, erzählt Nicolai und zeigt aus ei-
nemder vergitterten
Fenster auf die Frei-
flächenebendem ro-
ten Backsteinge-
bäude. „Feilen für
den Sozialismus.“
Erst 2005 wurden
dieletzten Zellen ge-
räumt, in dem Jahr
wurde ein neues Ge-
fängnis außerhalb
Luckaus eröffnet.
Das denkmalge-
schützte Gebäudeen-
semble im Zentrum der Luckauer Alt-
stadt wurde zu einem Ort der Erinne-
rung, der Kultur – und des gezeichneten
Witzes. Einige Exemplare können die Be-
sucher gleich in der dunklen Eingangs-
hallebegutachten, sie hängenanEisengit-
tern vor den alten Gefängniszellen.
Derzeit sind hier Cartoons des aus Ber-
lin stammenden Zeichners Peter Butsch-
kow zu sehen, dessen Bücher mit humo-
ristischen Kommentaren zu menschli-
chen Beziehungen und anderen Alltags-
themen Bestseller des Genres sind. Alle
vier Monate gibt es hier eine neue Aus-
stellung.
Seit2011 befindet sich dasCartoonmu-
seum im Erdgeschoss des einstigen Ge-
fängnisses, erzählt Andreas Nicolai. Be-
triebenwirdesvomin Königs Wusterhau-
sen sitzenden Verein Cartoonlobby, der
sich seit gut zehn Jahren für die Interes-
sen von Karikaturisten und Cartoonisten
einsetzt, die komische Zeichenkunst för-
dert, ein kontinuierlich wachsendes Ar-
chiv mit Originalzeichnungen aus den
Nachlässen von Künstlern pflegt und
sich für einen dauerhaften Ort stark-
macht, an dem diese gesammelt, ausge-
stellt und in Veranstaltungen präsentiert
und diskutiert werden.


Luckau ist da nur eine Zwischensta-
tion.„Wir sind Untermieterdes Landkrei-
ses, der hier sein Archiv hat – und Anfang
2021 müssen wir wieder ausziehen“, er-
zählt Nicolai seinen Besuchern, während
man in einer Sitzecke im rund 150 Qua-
dratmeter großen Ausstellungsraum
Platz nimmt, der im Gegensatz zum Ein-

gangsbereich hell und freundlich wirkt.
Außer dem Tagesspiegel-Redakteur ist
auch Klaus Stuttmann mitgekommen, für
dendieser Ort einebesondere Bedeutung
hat.
Der vielfach ausgezeichnete politische
Karikaturist, der seit rund 20 Jahren auch
für den Tagesspiegel zeichnet, ist Mit-
glied der Cartoonlobby und trommelt zu-
sammen mit Nicolai für ein ehrgeiziges
Vereinsziel: „Berlin als politische Haupt-
stadt braucht auch einen ständigen Ort
für die politische Karikatur“, sagt der
Zeichner, der kürzlich seinen 70. Ge-
burtstag begangen hat. „Hier gibt es ei-
nen unheimlich guten Grundstock, auf
dem man in Berlin aufbauen könnte.“
Stuttmanns Traum, und auch der von
Andreas Nicolai und ihren Mitstreitern
von der Cartoonlobby: Ein Museum im
Zentrum Berlins,andem regelmäßig Aus-
stellungen gezeigt werden, Diskussions-
veranstaltungen zu aktuellen Themen
stattfinden und nebenbei genug Platz ist,
umdie inzwischenauf rund10000Publi-
kationen zur komischen Kunst und
40000 Originalzeichnungen gewachsene

Sammlung der Cartoonlobby unterzu-
bringen und ständig zu erweitern.
Der Austausch mit dem Publikum ist
fürAndreas Nicolaieinbesonders wichti-
ger Grund, um sein Museum nach Berlin
verlegen zu wollen. Denn in Luckau habe
mangelernt,dasszwar zuAusstellungser-
öffnungen wie der von Peter Butschkow
viele Leute anreisen. Unter der Woche ist
es aber in dem Ausstellungsraum, in dem
Dutzende bunte Zeichnungen an den
Wänden hängen, oft menschenleer. „Es
ist eine schöne Schlafstadt“, sagt Nicolai
überLuckau,das mitseinen frisch saniert
wirkenden Pastell-Fassaden und einigen
prägnanten historischen Gebäuden zwar
optisch einiges hermacht, aber tatsäch-
lich wenig belebt wirkt.
In Berlin hingegen, so wissen die bei-
den von Veranstaltungen, bei denen es
um Karikaturen ging, sei das Interesse
sehr groß. „Wir brauchen ein nachhalti-
ges Forum, um an aktuellen Debatten teil-
nehmen zu können, so wie es sie kürzlich
über die umstrittene Ehrung für die
Emma-Karikaturistin Franziska Becker
oder zuvor um Charlie Hebdo gegeben

hat“, sagt Andreas Nicolai. Zudem wäre
man näher an den Mitgliedern dran und
könnte Veranstaltungen mit denen zu-
sammen organisieren: Etwa die Hälfte
derrund 100 inder Cartoonlobbyorgani-
sierten Zeichner lebe in Berlin.
„Wir suchen Räume, die zu den Be-
triebskosten nutzbar sind“, sagt Nicolai.
So sei die Regelung auch mit dem Land-
kreis in Luckau. Denn über viel Geld ver-
füge die Cartoonlobby nicht. Auch seine
Arbeit als Museumsdirektor sei ehren-
amtlich. Sein Geld verdient er sich als
selbstständiger Ausstellungsmacher für
Veranstaltungen wieden Deutschen Kari-
katurenpreis in Dresden.
Bislang hatten Nicolai, Stuttmann und
Co. mit ihrer Suche nach einem neuen
Ortkeinen Erfolg. Siehaben beieiner An-
hörung im Kulturausschuss für ihr Anlie-
gen geworben, sind mit der Senatskultur-
verwaltung im Gespräch, aber noch habe
sich nichts Greifbares ergeben. „Im Feb-
ruar2021 müssen wir hierraus“, sagt An-
dreas Nicolai. „Wir sind schon etwas ner-
vös.“ Für Klaus Stuttmann ist die Idee ei-
nes Museums für komische Künste in der

Hauptstadt eigentlich eine Selbstver-
ständlichkeit: „Berlinist seitdem 19.Jahr-
hundert das Zentrum der politischen Ka-
rikatur“, sagt er.„Es gibt hierso viele Mu-
seen zu allen möglichen Themen – da
sollte sich auch ein Ort für Karikaturen
und Cartoons finden lassen.“

— Cartoonmuseum Brandenburg, Nonnen-
gasse 3, 15926 Luckau, geöffnet Dienstag,
Donnerstag, Samstag und Sonntag 13-
Uhr, Eintritt 2/erm. 1 Euro (Kinder gratis),
mehr unter http://www.cartoonmuseum.de. Und
mehr von Klaus Stuttmann gibt es hier:
http://www.stuttmann-karikaturen.de.

TAGESSPIEGEL.DE

Von Lars von Törne

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Er gehört zu den profi-
liertesten politischen
Karikaturisten
Deutschlands. Ab
Ende der kommen-
den Woche wird
Klaus Stuttmann,
der für den Tagesspie-
gel und einige weitere Zeitungen arbei-
tet, mit einerAusstellungin der „Carica-
tura“ geehrt, der Galerie für komische
Kunst im Kasseler Hauptbahnhof. „Is
was?“ lautet der Titel der Ausstellung,
die am 23. August um 19.30Uhr eröff-
net wird. Aus Anlass seines 70. Ge-
burtstages haben die Kuratoren des
Hauses rund130 Arbeitenvon Stutt-
mann zusammengetragen, von seinen
täglichen Karikaturen, die seit mehr als
15 Jahren regelmäßig auf der Meinungs-
seite dieser Zeitung erscheinen, bis zu
seinen Illustrationen für die Essays in
der Sonntagsausgabe. Bis zum 10. No-
vember ist die Schau dienstags bis
sonnabends von 12 bis 19Uhr sowie
sonntags und feiertags von 10 bis 19
Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet 5, er-
mäßigt 4 Euro. lvt

BILDERSTRECKE
Karikaturen, Cartoons, Comics
Eine Fotostrecke mit mehr Bildern
aus dem Cartoonmuseum und weitere
Artikel zur Zeichenkunst gibt es auf
unseren Online-Comicseiten unter
http://www.tagesspiegel.de/comics

Geballter Humor.Rund 40 000 Originale lagert Andreas Nicolai, hier mit Klaus Stuttmann (links), in den Schubladen des Cartoonmuseums. Aktuell ist dort eine Ausstellung von Peter
Butschkow zu sehen. Der Cartoon ist seinem Buch „Butschkow Cartoons – eine zeichnerische Biografie“ entnommen (Selbstverlag, 18 Euro, http://www.butschkow.de). Fotos: Lars von Törne


  1. AUSSPIELUNG
    Lotto 6 aus 49:
    2, 6, 9, 28, 33, 45
    Superzahl: 0

    Spiel 77:3 350 693
    Super 6:736 880




    Alle Angaben ohne Gewähr




STUTTMANN-SCHAU D


Berlin ist


nach Klaus


Stuttmanns


Meinung das


Zentrum der


politischen


Karikatur


Oranienburg- Willy Brandt kannte er
persönlich, war im Untergrund aktiv und
wegen seines Widerstands gegen das
NS-Regime ab1938im Konzentrationsla-
ger Sachsenhausen in Oranienburg inhaf-
tiert. Der Lehrer und Sozialist Franz Bob-
zien starb am 28. März 1941 bei einem
Bombenräumkommando durch eine Ex-
plosion. Seit 2010 ehrt ihn die Stadt Ora-
nienburg mit einem nach ihm benannten
Preis. Im April 2020 wird der Franz-Bob-
zien-Preis zum sechsten Mal vergeben –
zum75. Jahrestagesder Befreiung des KZ
Sachsenhausen. Der Tagesspiegel unter-
stützt den Preis als Medienpartner.
Mit der Auszeichnung würdigen die
Stadt Oranienburg und die Gedenkstätte
Sachsenhausen Projekte, die zuDemokra-
tie, Toleranz und Vielfalt beitragen – be-
sonders wenn es gelingt, die Aufarbei-
tung des Nationalsozialismus und seiner
Folgen mitder Gegenwartzu verknüpfen.
Weitere Unterstützer sind das Aktions-
bündnis gegen Gewalt, Rechtsextremis-
mus und Fremdenfeindlichkeit Branden-
burg, die von Dirk Behrendt (Grüne) ge-
führte Berliner Senatsjustizverwaltung,
der Berliner Ratschlag für Demokratie,
der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
und der Zentralrat der Juden.
Möglich sind Bewerbungen oder Vor-
schläge von Vereinen, Schulen, Bildungs-
einrichtungen und Einzelpersonen aus
Brandenburg und Berlin. Das Gewin-
ner-Preisgeld beträgt 3000 Euro. Bewer-
bungsschluss ist am 27. September 2019.
Alle Details sind abrufbar unter:
http://www.oranienburg.de/bobzienpreis. axf

EFLOTTOZAHLEN


Aus dem Tagesspiegel


ins Museum


Gut gesichert.Das Museum befindet sich
in einem ehemaligen Gefängnis.

Pointen hinter Gittern


In Luckau gibt es die größte Sammlung der Region für Cartoons und komische Kunst – in einem früheren Gefängnis.


Deren Betreiber suchen jetzt eine neue Heimat. Sie werben zusammen mit Tagesspiegel-Karikaturist Klaus Stuttmann für ein Museum in Berlin


Bewerbung für


Bobzien-Preis bis


Ende September


14 DER TAGESSPIEGEL BERLIN / BRANDENBURG NR. 23 918 / SONNTAG, 18. AUGUST 2019


Wer bisher Zähne mit Inlays oder Kro-
nenversorgen wollte, musste mindes-
tens zwei Termine einplanen. Dr. Da-
niela Radtke beweist, dass es schnel-
ler und besser geht. Mit einem welt-
weit einzigartigen High-Tech-Digital-
Verfahren scannt sie den zu behan-
delnden Zahn und stellt ihn im An-
schluss am Bildschirm wieder her.
Eine Spezialsoftware errechnet dann,
wie er ursprünglich ausgesehen hat.
Per Computer entstehen 3D-Modelle
von Inlays, Kronen, Teilkronen und
Veneers (Keramikverblendschalen),
die dann innerhalb weniger Minuten
präzise aus einem Keramikblock gefertigt werden. Diese Keramik wird
dann adhäsiv adaptiert: Zahn und Zahnersatz werden nahtlos mitei-
nander verbunden, realisiert in nahezu makelloser Optik. Patienten
können Entstehung und Gestaltung live am Monitor mitverfolgen und
müssen nicht tagelang mit Provisorien vorlieb nehmen! Die Zahnsubs-

tanz wird spürbar geschont, und eine
bisher unerreichte technische Präzi-
sion verifiziert brillante Restauratio-
nen mit maximaler Haltbarkeit. Wenn
Sie nun noch bedenken, dass Ihre Be-
handlung zukünftig eine wirklich ein-
malige Angelegenheit darstellt, die in
einer guten Stunde erledigt ist, macht
der nächste Besuch beim Zahnarzt
vielleicht sogar ein wenig Spaß. Übri-
gens: Seit Januar gehört Herr Dr.
Husemann mit seiner langjährigen Er-
fahrung fachlichen Kompetenz zu
unserem Team und freut sich auf Sie!

Zahnärzte Westend
Reichsstr. 103
14052 Berlin
Telefon: 030/ 305 70 83
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Perfektion statt Provisorium!


Die Reichsstraße


Foto: Uwe Steinert, Text: Friedrich Reip

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Goldschmiede
Inhaber: Marcus Broszio
Reichsstraße 82
1 4052 Berlin (Westend)
U-Bahnhof Neu-Westend
Telefon 030/3 05 83 81

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1. OG mit dem Fahrstuhl

Telefon 0 30/45 09 00 5 2
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Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 8.00 – 20.00 Uhr

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