Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1
von christoph giesen
undtobias zick

C


hinas Politiker sind derzeit alle
im Urlaub, und zwar gemein-
sam. Abgeschirmt von einem Di-
ckicht aus Zedern, Zypressen
und Fichten, bewacht von Spezi-
aleinheiten des Militärs, verbringen die
Spitzenkader ein paar Tage in den getünch-
ten Villen in Beidaihe, dem Badeort der chi-
nesischen Elite am Golf von Bohai, so wie
jedes Jahr Anfang August. An den abge-
sperrten Strand östlich der Hauptstadt ge-
langen die Funktionäre über Gänge und
Tunnel. Bei Spaziergängen im Abendlicht
wird dann Personalpolitik gemacht: Wer
wird neuer Gouverneur in Gansu? Und wer
leitet künftig die Versicherungsaufsicht?
In diesem Jahr ist das anders. In den Klau-
suren und vertraulichen Runden wird es
sich immer wieder um dieselben Fragen
drehen: Wie geht es mit den USA weiter?
Wie soll man bloß auf diesen Donald
Trump reagieren?
Während die ersten Kader in Beidaihe
eintrafen, lockerte die chinesische Zentral-
bank Anfang der Woche den Wechselkurs
zum Dollar. Zum ersten Mal seit elfeinhalb
Jahren kostet ein Dollar nun mehr als sie-
ben Yuan. „Cracking the Seven“, nennen
Devisenhändler das, ein deutliches Signal,
dass Peking versucht, die jüngsten Straf-
zölle abzumildern. Wenige Tage zuvor hat-
te US-Präsident Trump angekündigt, von
September an Abgaben von zehn Prozent
auf chinesische Waren im Wert von weite-
ren 300 Milliarden Dollar zu erheben – ei-
ne Verschärfung, die die Volksrepublik
empfindlich treffen könnte. Erstmals wer-
den dann etwa Geräte wie das iPhone von
Apple mit Zöllen belegt sein.


Die Sorge in Peking ist, dass Hersteller
sich dazu entschließen könnten, ihre Pro-
duktion zu verlagern. Vietnam kommt als
Standort infrage, in den vergangenen Wo-
chen wurden immer wieder Delegationen
in Hanoi gesichtet. Die Hafenanbindung
ist ähnlich gut wie in Südchina, die Löhne
sind sogar noch niedriger. Samsung lässt
bereits im großen Stil in Vietnam fertigen.
Für Peking kein schönes Szenario: Zum ei-
nen würde der Export in die USA noch stär-
ker einbrechen, zum anderen müsste sich
die Regierung etwas einfallen lassen, was
man mit Hunderttausenden Wanderarbei-
tern macht, die auf einmal keinen Job
mehr haben. Sozialer Zündstoff.
Die Genossen am Strand wissen, bei
den Zöllen sitzt Washington am längeren
Hebel. Amerikanische Waren im Wert von
etwa 110 Milliarden hat China mit Zöllen
belegt – viel mehr geht nicht. Trump hinge-
gen hat noch Spielraum, da die USA jedes
Jahr für mehr als 550 Milliarden Dollar in
der Volksrepublik eingekauft haben. Dazu
die Angriffe auf chinesische Technologie-
firmen. Den Netzwerkausrüster Huawei
will die amerikanische Regierung ausboo-
ten. Welche Trümpfe also hält China in die-
ser Auseinandersetzung überhaupt noch
in der Hand?
In Beidaihe wird sicherlich über die Sel-
tenen Erden diskutiert werden. Ende Mai
besuchte Chinas Staats- und Parteichef Xi
Jinping eine Mine in der zentralchinesi-
schen Provinz Jiangxi, in der einige jener
17 Metalle gefördert werden, die unerläss-
lich sind für die Produktion eines Smart-
phones, die in den Antennen verbaut wer-
den, genauso wie in Akkus von Elektroau-
tos. Das Staatsfernsehen berichtete minu-
tenlang in den Hauptnachrichten. Wenig
später zog dieVolkszeitungnach: „Sagt
nicht, wir hätten euch nicht gewarnt“,
schrieb das Blatt. „Werden Seltene Erden
eine Gegenwaffe Chinas zu dem ohne je-
den Grund aufgebauten Druck der USA?


Die Antwort ist kein Geheimnis“, hieß es
nebulös.
So mächtig, wie es sich die chinesische
Regierung möglicherweise erhofft, ist ihr
Druckmittel „Seltene Erden“ allerdings
nicht. Ein Ausfuhrstopp dürfte den Verei-
nigten Staaten eher kurzfristig wehtun.
Denn anders, als es der Name suggeriert,
sind die 17 Elemente in der Erdkruste gar
nicht so selten; größere Vorkommen gibt
es etwas auch in Brasilien, Indien, Australi-
en und den USA selbst. Es ist aber kompli-
ziert, die Metalle aus den verschiedenen
Verbindungen herauszulösen, in denen sie
vorliegen. Und da, bei den Kapazitäten für
die Verarbeitung, sind die Chinesen in der
Tat seit den Neunzigerjahren weltweit füh-
rend; wobei die Wettbewerbsvorteile des
Landes hauptsächlich in billigen Löhnen
und laxen Umweltgesetzen liegen. Sogar
die Seltenen Erden, die in Kalifornien abge-
baut werden, in der Mountain-Pass-Mine,
werden nach China verfrachtet, um dort
per Säurebad als reine Metalle aus dem Ge-
stein herausgelöst zu werden.
Nachdem Peking den Amerikanern
durch den Xi-Besuch in Jiangxi andeutete,
die Ausfuhr zu bremsen, hat die Regierung
in Washington begonnen, sich verstärkt
nach alternativen Quellen umzusehen. Die
könnten wesentlich im eigenen Land lie-
gen. Das neue Betreiberkonsortium der
Mountain-Pass-Mine in Kalifornien hat
ohnehin bereits angekündigt, im kommen-

den Jahr die brachliegenden Verarbei-
tungsanlagen vor Ort wieder in Betrieb zu
nehmen – dann würde der Umweg der
amerikanischen Erze über China überflüs-
sig. Zudem hat das Pentagon, das Seltene
Erden etwa für Nachtsichtgeräte und
Kampfjets braucht, nach eigenen Anga-
ben Verhandlungen mit Minenfirmen in
Burundi aufgenommen. In Afrika lagern
nach Einschätzung von amerikanischen
Fachleuten noch große, unerschlossene
Vorkommen.
Deutlich größer ist die Furcht derzeit
bei amerikanischen Unternehmen. Im
Gegensatz zu US-Präsident Trump sind
die Durchgriffsmöglichkeiten des chinesi-
schen Regierungsapparats beinahe unbe-

grenzt. Er kann anordnen, dass die staatli-
chen Fluglinien statt Boeing künftig nur
noch Maschinen von Airbus kaufen und
statt Gasturbinen von General Electric
dann eben Anlagen vom Rivalen Siemens.

Auch für die amerikanischen Firmen, die
derzeit in der Volksrepublik fertigen, bei-
spielsweise der Autohersteller GM, kann
es schnell unangenehm werden. Ein mah-
nendes Beispiel ist die südkoreanische Su-
permarktkette Lotte. Nachdem das Unter-
nehmen in der Heimat zugestimmt hatte,
dass auf dem Gelände eines Golfplatzes
ein US-Raketenabwehrsystem installiert
wird, verlor Lotte Milliarden in China. Es
fing mit Boykottaufrufen an, dann wurden
die ersten Läden geplündert, und schließ-
lich musste Lotte Filialen schließen, angeb-
lich aus Brandschutzgründen. „Nicht
tarifäre Handelshemmnisse“ nennen Öko-
nomen das. Man könnte auch von Schika-
nen sprechen.
Eine davon testet Peking gerade im Mitt-
leren Westen der USA. Seit Anfang August
gilt de facto ein Importstopp für amerika-
nische Agrarprodukte, staatliche Betriebe
sind angewiesen worden, nicht mehr in
den Vereinigten Staaten zu kaufen. Das

trifft vor allem die Soja-Farmer schwer.
Viele von ihnen haben aufgrund der stei-
genden Nachfrage aus China (Tofu, Soja-
soße und Schrot für die Tiermast) ihre Pro-
duktion erheblich ausgebaut. Vor einem
Jahr dann der erste Dämpfer: 25 Prozent
Strafzoll. Der vollständige Bann verschärft
die Lage noch einmal deutlich, zumal in
diesen Wochen die Erntesaison beginnt.
Unter Druck geraten sind auch amerika-
nische Schweinemastbetriebe. Weil in der
Volksrepublik gerade die Afrikanische
Schweinepest grassiert und Millionen Fer-
kel gekeult werden mussten, haben viele
Landwirte in den Vereinigten Staaten ihre
Herden in den vergangenen Monaten ver-
größert, in der Erwartung, die Versor-
gungslücke in China zu schließen. Schwei-
nefleisch ist in der chinesischen Küche es-
senziell. Doch statt bei amerikanischen
Farmern zu kaufen, stornieren chinesi-
sche Importeure dieser Tage Lieferungen
sogar und decken sich bei Schlachthäu-
sern in Brasilien ein.
Der Grund für das chinesische Manöver
ist, dass viele Landwirte bei der letzten
Wahl für Trump gestimmt haben. Die Hoff-
nung in Peking ist, dass sie das 2020 nicht
noch einmal tun werden oder, noch bes-
ser, dass ihr Protest so lautstark ist, dass
Donald Trump seine Politik ändert. Und
man sich schon im kommenden Jahr am
Strand von Beidaihe wieder Personalfra-
gen widmen kann.

Wenn Finanzexperten einem Laienpubli-
kum verdeutlichen wollen, welch unge-
heure politische Wucht sich in ihrer Welt
entwickeln kann, greifen sie gerne zum
Wortschatz des Militärs. Aus hochriskan-
ten Wertpapieren werden dann „Massen-
vernichtungswaffen“, aus einem Milliar-
denprogramm zur Euro-Rettung die „big
bazooka“ oder die „dicke Bertha“.
In den Vereinigten Staaten macht der-
zeit ein neuer Begriff die Runde: die „nu-
kleare Option“. Gemeint ist, dass China
Washington im laufenden Handelsstreit
jederzeit den Kredithahn zudrehen könn-
te, denn die Volksrepublik besitzt ameri-
kanische Staatsanleihen im Wert von un-
fassbaren 1,1 Billionen Dollar. Sie ist da-
mit hinter der US-Notenbank der zweit-
größte Gläubiger Washingtons. Ob Präsi-
dent Donald Trump finanziell handlungs-
fähig bleibt, entscheidet damit nicht zu-
letzt sein chinesischer Kollege Xi Jinping.
Staaten finanzieren sich für gewöhn-
lich aus Steuern und Abgaben. Die meis-
ten Regierungen jedoch müssen zusätz-
lich die Finanzmärkte anpumpen, indem
sie Anleihen an Banken, Kleinsparer und
andere Staaten verkaufen. Die Papiere,
auch Bonds genannt, sind je nach Lauf-
zeit unterschiedlich hoch verzinst und
können vom Erwerber weiterveräußert
werden. Allein die USA müssen zur De-
ckung ihres Haushaltsdefizits Anleihen
im Wert von rund 80 Milliarden Dollar
ausgeben – pro Monat. Insgesamt schul-
det die US-Regierung ihren Gläubigern in
aller Welt so rund 16,2 Billionen Dollar.
Sollten die Chinesen nun als Käufer
ausfallen oder gar ihren bisherigen Be-
stand auf den Markt werfen, würde dies
weltweit ein finanzielles Erdbeben auslö-
sen. Die Kurse der US-Anleihen fielen in
den Keller, gleichzeitig schössen die Risi-
koaufschläge in die Höhe: Die USA müss-
ten also bei der nächsten Auktion deut-
lich höhere Zinssätze anbieten, um genü-
gend Bond-Käufer zu finden. Auch die
Zinsen für Firmen-, Privat- und Hausbau-
kredite, die sich an den Anleihesätzen ori-
entieren, würden steigen. Sollten die Chi-
nesen die eingenommenen Dollar-Sum-
men in andere Währungen umtauschen,
in Euro etwa, würde zugleich der Kurs
des Dollar absacken. Das würde die Infla-
tionsgefahr in den USA erhöhen und die
Exportwirtschaft in Europa belasten. Der
weltweite Konjunkturschaden wäre am
Ende noch viel größer als der, den Trump
und Xi durch die dauernde Verhängung
von Zöllen bereits angerichtet haben.

Dass China überhaupt so viele US-An-
leihen besitzt, liegt daran, dass das Land
seit Jahrzehnten mehr in alle Welt expor-
tiert als von dort importiert. So sind ge-
waltige Devisenreserven im Wert von um-
gerechnet gut drei Billionen Dollar aufge-
laufen – ein großer Teil davon in US-Wäh-
rung. Um das Geld gewinnbringend anzu-
legen, wählte Peking die nächstliegende
Option: US-Staatspapiere. Sie gelten als
sicheres Investment und werfen zugleich
deutlich mehr ab als Bonds vergleichba-
rer Länder wie Deutschland und Japan.
Warum aber hat Xi die „nukleare Opti-
on“ bisher nicht genutzt, um Trump und
dessen Zollpolitik Einhalt zu gebieten?
Die Antwort ist, dass China mit groß ange-
legten Anleiheverkäufen nicht nur den
USA, sondern auch sich selbst massiv
schaden würde. Durch die sinkenden Kur-
se verlören auch die Papiere, die im Pekin-
ger Depot verblieben, massiv an Wert, zu-
gleich geriete die eigene Währung, der Yu-
an, unter starken Aufwertungsdruck. Pe-
king müsste diese Aufwertung entweder
zulassen, was allerdings Exporte in die
USA verteuern würde, oder aber Dollar
kaufen, um den Kurs des Yuan zu verteidi-
gen. Zudem hätte ein wirtschaftlicher Ein-
bruch in den USA auch massive Rückwir-
kungen auf die Konjunktur in China.
Und noch ein Umstand hält Xi wohl zu-
rück. Ein Dollar-Absturz würde US-Ex-
porte nach China spürbar verbilligen und
Importe verteuern. Das US-Handelsdefi-
zit gegenüber dem Rivalen würde so wo-
möglich ausradiert – für Trump der ulti-
mative Triumph, der ihm im nächsten
Jahr die Wiederwahl sichern könnte. Das
aber wäre, wirtschaftspolitisch gespro-
chen, für China tatsächlich der nukleare
Ernstfall. claus hulverscheidt

Selten in der Militärgeschichte hat es ein
Land geschafft, seine Strategie auf ein
Wort zu reduzieren. China ist das, wenn
man so will, gelungen. Dong-Feng ist der
Sammelname für die chinesischen Rake-
tentypen, die in unterschiedlicher Bauwei-
se für unterschiedliche Reichweiten und
Bewaffnungen zur Verfügung stehen. So
gibt es dieDF 31für die interkontinentale
Reichweite, dieDF 26oder dieDF 21für
die Mittelstrecke und dieDF 15für die
Kurzstrecke. Die Strategie für alle Raketen
steckt im Namen. Dong-Feng lässt sich
mit „Ostwind“ übersetzen.
Chinas Raketen haben ein vorrangiges
Ziel, und das liegt im Osten des riesigen
Reiches, im Pazifik. Die Gefahr, der aus Pe-
kings Sicht zu begegnen ist, kommt aus
dieser Richtung, mit dem Ostwind, von
den USA und ihren Stützpunkten. Denn
China, so viel lässt sich aus dem Dong-
Feng-Programm ablesen, möchte nicht
nur seine Grenzen verteidigen, sondern be-
ansprucht auch einen Sicherheitsgürtel
vor seiner Küste. Und diesen Cordon sani-
taire garantieren nun die Raketen unter-
schiedlichster Bauart. Dort ist, neben dem
Streit über Handel und Technologieführer-
schaft, ein weiterer wichtiger Schauplatz
der amerikanisch-chinesischen Rivalität.
In den USA ist es Pflicht, dass die Regie-
rung regelmäßig Kongress und Öffentlich-


keit über die Bedrohung des Landes und
die sicherheitspolitische Lage in aller Welt
informiert. Der jüngste Bericht des Penta-
gons zu China hat es dabei in sich. Kühl
stellen die Analysten anhand von Satelli-
tenaufklärung und Testbeobachtungen
fest, dass die Volksrepublik ein gewaltiges
Raketenarsenal aufgebaut hat. Vor allem
in der Langstrecke bis 5000 Kilometer,
aber auch in der Mittelstrecke bis 1500 Ki-
lometer haben die Chinesen ihre Arsenale
zum Teil verdoppelt. Viel wichtiger aber
ist, dass die Zielsteuerung der Waffen deut-
lich verbessert wurde und auch Mittelstre-
ckenraketen mit nuklearen Gefechtsköp-
fen bestückt werden können.

Übersetzt aus der Sprache der US-Mari-
ne-Strategen heißt das: Amerikas Pazifik-
Flotte, die Verbündeten in Chinas unmit-
telbarer Nähe wie Japan und selbst der US-
Pazifikstützpunkt Guam sind jederzeit im
Fadenkreuz chinesischer Waffen. Wirk-
lich gefährlich wird die Lage, weil China in-
zwischen auch eine veritable Zweitschlags-
kapazität aufgebaut hat. Auf U-Booten,
die sich im Südchinesischen Meer ver-

steckt halten, sind nukleare Langstrecken-
raketen stationiert. Die Logik der amerika-
nischen Dominanz funktioniert also nicht
mehr zwingend. China begegnet den USA
auf Augenhöhe.
Für eine Nation, die sich die Kontrolle
des Pazifiks, der Handelswege und den
Schutz der Verbündeten auf die Fahne ge-
schrieben hat und deren Einflusssphäre
sich bis in die Straße von Taiwan erstreckt,
ist das eine wichtige Nachricht. Strategen
benutzen das Akronym A2/AD, um das
neue Kräfteverhältnis zu beschreiben: An-
ti Access/Areal Denial. Das bedeutet, dass
China nun in der Lage ist, Amerikas Bewe-
gungsfreiheit im Pazifik deutlich einzu-
schränken. Sollte etwa China eines Tages
Taiwan militärisch angreifen oder die
Schifffahrtsrouten im Südchinesischen
Meer schließen, wird kein amerikanischer
Flugzeugträgerverband so ohne Weiteres
ins Krisengebiet steuern können.
Wie dynamisch sich die Gewichte im Pa-
zifik verschieben, zeigt die wachsende
Zahl der Zwischenfälle im Südchinesi-
schen Meer, das China trotz anderslauten-
der völkerrechtlicher Urteile zu fast
90 Prozent als sein Hoheitsgewässer bean-
sprucht. Auf künstlichen Inseln hat es dort
Militärstützpunkte geschaffen. Nachdem
unlängst ein Schiff einer chinesischen Fi-
scher-Miliz einen philippinischen Fisch-

kutter gerammt und versenkt hatte, resi-
gnierte der ansonsten großmäulige Präsi-
dent des Landes, Rodrigo Duterte, vor der
Allmacht aus Peking. Momentan liegt der
US-Flugzeugträger USS Ronald Reagan
mit seinem Verband in der Bucht von Mani-
la und sendet so die Botschaft aus: Es gibt
uns auch noch.
Mit Horror werden US-Strategen die
Nachricht aufgenommen haben, dass die
Regierung von Papua-Neuguinea China
um die Übernahme seiner Schulden gebe-
ten hat. Im Gegenzug wird sich Peking
wohl Einfluss zusichern lassen. In ameri-
kanischen Militärkreisen hatte man vor

Kurzem noch darüber spekuliert, die zu Pa-
pua-Neuguinea gehörenden Manus-In-
seln als Ausweichstützpunkt ausbauen zu
können, sollte der Aufmarschplatz Guam
in Reichweite chinesischer Raketen zu un-
sicher werden.
Washingtons neuer Verteidigungsmi-
nister Mark Esper unternahm also nicht
zufällig seine erste große Auslandsreise zu
den Pazifik-Verbündeten der USA, auch
um nach dem Ende des INF-Vertrags Opti-
onen zur Stationierung von Mittelstre-
ckenraketen auszuloten. Fabrikation und
Tests dieser Raketen waren den USA laut
dem Vertrag verboten, das ändert sich
nun. Washingtons Unlust an einer Ver-
tragsverlängerung hatte – so machte die
Esper-Reise deutlich – mit der neuen Rake-
tenbedrohung im Pazifik und dem strategi-
schen Ungleichgewicht mit China zu tun.
Zum Schluss seiner Reise besuchte der
Verteidigungsminister die Mongolei, wo
ihm in alter Tradition zur Begrüßung ein
Pferd geschenkt wurde. Esper nannte es
symbolischerweise „Marshall“, offenbar
nach dem General und späteren Außenmi-
nister George C. Marshall, der als Stabs-
chef maßgeblich den Sieg der US-Streit-
kräfte auch im Pazifik verantwortete.
Nach Marshall ist übrigens auch ein Rake-
tentestgelände der USA in Alabama be-
nannt. stefan kornelius

Raketen-Schach


Mithilfe moderner Waffen baut die Volksrepublik ihren Einfluss im Pazifik aus, Washington will energisch dagegenhalten


Alles, was wehtut


Durch höhere Zölle kann Donald Trump die Chinesen stärker unter Druck setzen als umgekehrt.
Peking hat aber auch seine Optionen: Es kann US-Unternehmen im Land ruinieren und Rohstoffe verknappen

Waffe


mit Rückstoß


China könnte mit Staatsanleihen
der USA viel Schaden anrichten

Bei der Verarbeitung der


Seltenen Erden ist das Land


seit Jahrzehnten führend


Schweine von US-Farmern
sind nun plötzlich
nicht mehr erwünscht
Präsident Xi Jinping hat
die Möglichkeit bisher nicht
genutzt – aus gutem Grund

2 THEMA DER WOCHE HBG Samstag/Sonntag,10./11. August 2019, Nr. 184 DEFGH


Auf U-Booten hat China
nukleare Langstreckenraketen
stationiert

Was wird aus den US-Unternehmen in China? Autos des US-Herstellers GM und seines Partners in der Provinz Guangxi. FOTO: QILAI SHEN/BLOOMBERG

Chinesische Raketen vom Typ DF-
können amerikanische Schiffe im Pazifik
bedrohen. FOTO: GE JINFH/IMAGINECHINA

China
Brasilien
Vietnam
Russland
Indien
Australien
USA
Malaysia

Wo es seltene Erden gibt
Vorkommen in Tausend Tonnen

44 000
22 000
22 000
12 000
6900
3400
1400
30
SZ-Grafik: juho; Quelle: USGS

Sie überziehen sich mit Zöllen und nehmen einzelne Konzerne ins Visier. Der Konflikt zwischen Peking und


Washington ist voll entbrannt. Dabei haben beide Seiten ihre Mittel längst noch nicht ausgeschöpft


WER GEWINNT DEN HANDELSKRIEG?


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