Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1

E


s ist ein brennender Schmerz,
grausam und unaushaltbar, so
beschreiben es viele der Men-
schen, die überlebt haben – Me-
tall überlebt haben, abgefeuert
aus einer Pistole, Kaliber 9 mm, oder ei-
nem Sturmgewehr, das dann ihre Haut
durchbohrt hat, Muskeln, Organe, Blutge-
fäße in Millisekunden zerrissen, als seien
sie aus Papier. Danach, wenn die Patronen-
hülsen schließlich alle am Boden liegen
und Stille einzieht, wird es warm, der Kör-
per fühlt sich für einen Moment samt-
weich an. Und dann zieht und brennt es an
jeder Stelle, Blut tropft. Es mag makaber
klingen, die Verletzungen durch eine
Schusswaffe detailliert zu beschreiben, an-
dererseits sind sie die Folge, wenn Men-
schen aufeinander schießen, sich töten
oder grausam entstellen. Es sind nicht nur
die Toten, die es zu beklagen gilt, es sind
auch die Überlebenden, deren Seele oder
Rückenmark manchmal für immer von
den Kugeln beschädigt bleiben.
Diese Opfer gibt es in den USA beinahe
täglich, neue sind am vergangenen Wo-
chenende hinzugekommen, als zwei Täter
unabhängig voneinander in den US-Städ-
ten El Paso und Dayton 31 Menschen töte-
ten und Dutzende weitere teils schwer ver-
letzten.
Tatsächlich ist Waffengewalt eine der
größten Epidemien, die das Land je heim-
gesucht hat. Sie bedroht die Gesundheit
von Millionen US-Bürgern; die Dimensio-
nen sind vergleichbar mit den Zika- oder
Ebola-Seuchen in anderen Ländern. Doch
bis heute sind in den Köpfen von Millionen
US-Bürgern bis hin zum Präsidenten zwei
Irrtümer verankert, die eng verbunden
sind mit der Antwort auf die Frage, warum
es nicht gelingen will, die Epidemie einzu-
dämmen: Der erste Irrtum ist die Vorstel-
lung, dass das Recht auf Waffenbesitz eine
Form der Freiheit sei. Diese Idee ähnelt der
in Deutschland hitzig geführten Debatte
über ein Tempolimit auf Autobahnen –
wenn auch deutlich weniger Menschen
durch Raserei zu Tode kommen denn
durch Waffengewalt.
Und doch scheint der Irrtum um den ver-
wendeten Freiheitsbegriff ähnlich zu sein,
denn streng genommen darf die Freiheit ei-
nes Einzelnen in einer fairen Gesellschaft
niemals auf Kosten anderer ausgelebt wer-
den. Eine Einschränkung der individuel-
len Freiheit – strenge Waffenkontrollen,

Tempolimit – kann gerechtfertigt sein,
wenn sie das Leben unbeteiligter Men-
schen rettet.
Damit zum zweiten Irrtum, dem auch
der US-Präsident erlegen ist: Waffen, so die
These, bringen nicht weniger, sondern
mehr Sicherheit. Doch die Wissenschaft
widerspricht. Zahlreiche Studien zeigen,
dass Waffen sehr wahrscheinlich nicht
mehr, sondern im Gegenteil sogar weniger
Sicherheit schaffen. Oder anders: Je weni-
ger Waffen in Privatbesitz, desto weniger
Tote. Was zunächst banal klingt, ist einer
detaillierten Betrachtung wert. Um sich die
Dimensionen klarzumachen, hilft ein Blick
in den jüngsten Report des Small Arms Sur-
vey-Forschungsprojekts. Weltweit sollen
Zivilisten über etwa 850 Millionen Schuss-
waffen verfügen – die genaue Zahl ist unbe-
kannt. Davon entfallen allein auf die USA
knapp 400 Millionen Waffen. Statistisch be-
trachtet besitzt also jeder US-Amerikaner
eine Knarre, manche sogar mehrere (In
Wirklichkeit besitzen wenige US-Bürger
viele Waffen, während ein Großteil der
Haushalte über keinerlei Waffen verfügt).
In Deutschland kommen, zum Vergleich,
auf 100 Einwohner schätzungsweise knapp
20 Schusswaffen, in Japan eine.

Und so kommen in den USA überdurch-
schnittlich viele Menschen durch Schuss-
waffen ums Leben. Eine Studie, publiziert
im FachmagazinJama, zeigt: Im Jahr 2016
kamen auf nur sechs Länder etwa die Hälf-
te aller 251 000 Todesfälle weltweit durch
Schusswaffen. Neben Brasilien, Mexiko,
Kolumbien, Venezuela und Guatemala, wo
zahlreiche Bandenkriege ausgetragen wer-
den, zählen auch die USA zu den Toplän-
dern. Zum Vergleich: In Japan, eines jener
Länder mit der niedrigsten Zahl an Schuss-
waffen in privater Hand, kamen im selben
Jahr wahrscheinlich drei Personen durch
eine private Schusswaffe ums Leben. In
den USA waren es knapp 40 000 Men-
schen.
In der Public Health-Forschung wird
deshalb weniger über die Frage diskutiert,
ob Schusswaffen tatsächlich mehr Sicher-
heit bringen könnten, sondern vielmehr
was passieren muss, damit die hohe Zahl

an Opfern sinkt. Um einer Antwort näher
zu kommen, lohnt sich ein Blick auf die Op-
fer von Waffengewalt. Denn es sterben ver-
gleichsweise wenige Menschen durch An-
schläge, Amokläufe oder Bandenkriege.
Die meisten US-Bürger richten ihre Waffe
nicht auf andere, sondern auf sich selbst.
Laut Datenbank der US-Seuchenschutzbe-
hörde CDC sterben jedes Jahr in den USA
etwa 23000 Menschen durch einen Schuss-
waffensuizid – und damit doppelt so viele
Menschen wie etwa durch Schießereien.
Wissenschaftler beklagen seit Jahren
mangelnde Ressourcen in der Präventions-
forschung zur Waffengewalt. So starben in
den USA allein im Jahr 2016 etwa 3000
Kinder und Jugendliche im Alter zwischen
0 und 17 an einer Schussverletzung – und
damit mehr als an Krebs. Die jährlichen
Aufwendungen für Forschung spiegeln die-
se Zahlen nicht wider. Im gleich Jahr inves-
tierten die nationalen Gesundheitsbehör-
den etwa 480 Millionen Dollar in die Kin-
derkrebsforschung, aber nur etwa vier Mil-
lionen Dollar in Arbeiten, die sich mit Waf-
fengewalt gegen Kinder beschäftigen, wie
das FachjournalScienceberichtet.
Doch trotz dieser Sachlage stellen mäch-
tige Pro-Waffen-Kräfte wie etwa die Natio-
nal Rifle Association (NRA) weiterhin infra-
ge, ob Forschung zu Waffengewalt tatsäch-
lich ausgebaut werden sollte. An dieser De-
batte zeigen sich fast schon klischeehaft
zwei verfeindete Lager: So twitterte die
NRA Anfang 2018, die „selbstgefälligen
Anti-Waffen-Ärzte“ sollten doch besser bei
ihrer Arbeit bleiben, statt Studien zu publi-
zieren, in denen strengere Waffengesetze
vorgeschlagen werden. Ärzte veröffentlich-
ten im Gegenzug Fotos aus dem Schock-
raum mit blutverschmiertem Boden und
fügten hinzu: „Das ist unsere Arbeit!“
Doch trotz der aus Sicht vieler Experten
mickrigen Forschungsgelder gibt es Da-
ten, die einen detaillierten Blick auf das
Waffenproblem der USA erlauben. So zeigt
sich beispielsweise, dass es sich besonders
um ein Problem von und mit Männern han-
delt. Gerade mal 13 Prozent aller Schuss-
waffen-Suizidopfer in den USA sind weib-
lich. Auch bei Gewalt gegen andere wird
deutlich: Stirbt ein Mensch durch eine Ku-
gel, war der Schütze in aller Regel ein
Mann. Ähnliches gilt für das private Um-
feld. Kommt es beispielsweise zu häusli-
cher Gewalt, ist es etwa fünfmal wahr-
scheinlicher, dass eine Frau von einem

Mann getötet wird, wenn eine Waffe im
Haus ist. Frauen in den USA werden
16-mal häufiger erschossen als Frauen in
anderen Industrieländern. Waffengewalt
also ist überwiegend männlich – und das
laxe Waffenrecht der USA wird insbesonde-
re für Frauen zur Lebensgefahr.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Massen-
schießereien im öffentlichen Raum. Exper-
ten um den Rechtswissenschaftler James
Silver von der Worcester State University
haben im vergangenen Jahr im Auftrag des
FBI erstmals die Originalakten von öffentli-
chen Massenschießereien in einem Zeit-
raum von 13 Jahren ausgewertet und sozio-
demografische Merkmale der Täter zusam-
mengetragen. Das Ergebnis: Die Unter-
schiede sind groß, mal sind die Täter jung,
mal alt, mal arbeitslos, mal nicht. „Es gibt
nicht das eine typische Profil“, sagt Silver.
Einzig auffällig sei, dass die Täter meist
weiße Männer waren, einige mit Suizid-Ge-
danken, die sich teils Wochen vor der Tat
auffällig verhielten. Deshalb müsse auch je-
ne Forschung zu der Frage ausgebaut wer-
den, inwiefern falsche Männlichkeitsbil-
der, psychische Erkrankungen und Tö-
tungsabsichten zusammenhängen, sagt
Silver. Es sei allerdings wichtig zu betonen,
so der Kriminologe, dass nicht jeder der in
der Studie untersuchten Schützen psy-
chisch krank war.

Die FBI-Analyse kommt zudem zu dem
Ergebnis, dass viele der Schützen vor der
Tat ähnliche Auffälligkeiten zeigten. So wa-
ren sie häufig getrieben von Wut und dem
Gefühl, nicht gehört zu werden. Oft ging es
ihnen um Rache für eine angebliche Be-
nachteiligung durch die Gesellschaft, auch
Rassismus spielte immer wieder eine Rol-
le. Das besondere daran: Viele der unter-
suchten Täter berichteten schon lange vor
der Tat in Gesprächen oder im Internet von
ihren Gedanken – Warnhinweise, die vom
nächsten Umfeld womöglich hätten er-
kannt werden können.
Die Autoren des FBI-Papiers um James
Silver betonen allerdings, dass es falsch
sei, Vorwürfe zu erheben. Sie wollen viel-
mehr aus den Tatdetails lernen, um die Ge-
sellschaft besser für auffällige Verhaltens-

weisen zu sensibilisieren. So ließen sich
manche Taten womöglich verhindern,
sagt Kriminologe Silver. „Wir brauchen in
den USA auf lokaler Ebene Ansprechpart-
ner, an die sich Menschen wenden können,
wenn sie Sorge haben, dass sich jemand
aus ihrem Umfeld zum möglichen Täter
entwickelt.“ Es gehe dabei nicht um eine
Festnahme durch die Polizei, sondern um
Vorbeugung.
Doch Freunde oder Familienangehörige
eines potenziellen Täters tun sich in der Re-
gel extrem schwer damit, einen solchen
Verdacht an die Behörden zu melden. Was
tun, wenn sich jemand, der Zugang zu Waf-
fen hat, auffällig verhält, aggressive Sätze
äußert, offen über Mordfantasien spricht?
Zu Polizei gehen? Schweigen?
In Deutschland hat die „Stiftung gegen
Gewalt an Schulen“ nach dem Amoklauf in
Winnenden eine Telefonnummer einge-
richtet, die Menschen anrufen können,
wenn sie in ihrem Umfeld eine Person aus-
machen, die ihnen auffällig erscheint. Die
Hinweise landen bei der Kriminologin Brit-
ta Bannenberg an der Universität Gießen.
Ziel des Projekts ist es, den Anrufern Hilfe-
stellung zu leisten bei der Frage: Was tun?
„Die meisten Anrufer würden im Leben
nicht zu Polizei gehen“, sagt Bannenberg –
dabei sei das oft dringend nötig, etwa
wenn ein Schüler im Internet Bilder oder
Texte zu Amoktaten in den USA postet und
diese zustimmend kommentiert.
Bannenberg hat mit ihrem Forscher-
team Amoktaten junger Täter in Deutsch-
land bis in die frühen 1990er-Jahre analy-
siert und kommt ähnlich wie ihre FBI-Kol-
legen zu dem Ergebnis, dass die Täter
meist männlich und von außen selten nach-
vollziehbaren Wut-, Hass- und Rachege-
fühlen getrieben sind. „Sie sehen sich stän-
dig gemobbt und schlecht behandelt – und
sind gleichzeitig zwanghaft kontrolliert,
mit einer kalten flachen Mimik“, sagt Ban-
nenberg. Die meisten potenziellen Täter
steigern sich schließlich regelrecht hinein
in ihre Gefühle und planen einen Angriff
über Monate oder sogar Jahre hinweg. In
dieser Phase bestehe eine Chance für das
Umfeld, dies zu erkennen.
Letztlich aber können Projekte der Sui-
zidprävention und Beratungshotlines nur
ein Teil der Strategie sein, um das komple-
xe Phänomen der Waffengewalt in den
Griff zu bekommen. Die Gesundheitswis-
senschaftler Adam Briggs und Elliott S. Fis-

her vom Dartmouth Institute for Health Po-
licy and Clinical Practice fordern daher ein
grundsätzliches Umdenken im sogenann-
ten Framing, also der Frage, welche Begrif-
fe in der Debatte um Schusswaffenpräven-
tion eigentlich verwendet werden. Ihr Vor-
haben setzt am bereits erwähnten Frei-
heitsbegriff an. In der Debatte um die Waf-
fenepidemie der USA sei oftmals die Rede

von „gun control“, also der Kontrolle von
Waffen. Doch mit dem Begriff der Kontrol-
le sei das Vorhaben zum Scheitern verur-
teilt, schreiben die Autoren in einem Kom-
mentar im WissenschaftsmagazinThe Lan-
cet. Denn das Wort „Kontrolle“ assoziieren
viele US-Bürger, insbesondere Konservati-
ve, mit der Beschneidung ihrer individuel-
len Freiheit. Besser sei es daher, den Be-
griff „gun safety“ zu verwenden. „Sicher-
heit ist ein fundamentales Bedürfnis, auch
von Waffenbesitzern“, sagt Elliott Fisher.
Mit einem solchen positiv besetzten Be-
griff könne es eher gelingen, schärfere Waf-
fengesetze durchzusetzen. „Sprache ist
enorm wichtig – und es ist unsere Aufgabe
in der Public Health-Forschung, Faktoren
zu identifizieren, die die Gesundheit von
Menschen verbessert“, so Fisher. Eine Um-
deutung des Begriffs sei in dem For-
schungsfeld aber ein bisher zu wenig be-
achteter Ansatz, um Gesetze zu verschär-
fen.
Dabei wären schärfere Gesetze drin-
gend nötig, wie viele Beobachtungen zei-
gen. Eine Studie, erschienen Anfang des
Jahres imBritish Medical Journal,hat die
Härte von Waffengesetzen in US-Bundes-
staaten mit der Zahl der Schießereien ver-
glichen. Die Autoren kommen zu dem ei-
gentlich logischen Schluss: Dort, wo beson-
ders strenge Waffengesetze gelten, etwa
im US-Bundesstaat Massachusetts, ster-
ben deutlich weniger Menschen in Schieße-
reien als etwa in Alabama, einer jener Bun-
desstaaten, in der das Waffenrecht eher
lax ist. Allerdings haben die Forscher keine
weiteren Einflussfaktoren untersucht. Zu-
mindest theoretisch wäre es möglich, dass
weitere Faktoren die hohe Opferzahlen in
Staaten mit laxem Waffenrecht erklären
könnten.

Bleibt also die Frage, welche konkreten
Änderungen des Waffenrechts überhaupt
sinnvoll sind. Ein erster Schritt könnte
zum Beispiel sein, nur noch Polizei- und
Militär den Zugang zu halbautomatischen
Waffen und Schnellfeuereinrichtungen zu
gewähren. Eine Studie eines Autoren-
teams um den Unfallchirurgen und Ge-
sundheitswissenschaftler Adil Haider von
der Harvard Medical School hat beispiels-
weise untersucht, welche Folgen Schieße-
reien mit halbautomatischen Sturmgeweh-
re haben. Zur trauriger Berühmtheit ist
das in den USA besonders beliebte Modell
AR-15 gekommen, das Schützen bei einem
Großteil aller Massenschießereien verwen-
deten. Denn das Gewehr ist einfach zu be-
dienen und hat gleichwohl eine hohe Feuer-
kraft. Gewaltige Schäden in den Organen
und Weichteilen sowie Querschnittsläh-
mungen und entstellte Gesichter der Opfer
sind die Folge. Der Schütze kann mit der
Waffe, und das macht dieses Modell beson-
ders gefährlich, Munition in kurzen Zeitab-
ständen abfeuern. Mit einer speziellen Vor-
richtung, einem sogenannten „bump
stock“, ist es sogar möglich, ein Dauerfeuer
abzugeben. Bei den in der Studie unter-
suchten Schießereien wurden besonders
dann viele Menschen verwundet oder getö-
tet, wenn die Schützen ein halbautomati-
sches Gewehr verwendeten.
Ein weiterer Ansatz könnten technische
Innovationen sein, beispielsweise soge-
nannte „smart guns“, also Waffen, die sich
nur mit PIN-Code oder Fingerabdruck ent-
riegeln lassen. Doch setzen sich diese Neue-
rungen bislang nicht flächendeckend
durch, auch wegen der hohen Kosten. Glei-
ches gilt für Gesetzesvorschläge, die etwa
landesweit den Zugang zu Waffen für be-
stimmte Personengruppen wie etwa verur-
teilte Straftäter zu erschweren. Diese Kon-
zepte scheinen sich derzeit wohl aber nicht
durchzusetzen – auch, weil US-Präsident
Donald Trump nicht dafür bekannt ist, auf
Ergebnisse der Public-Health-Forschung
besondern Wert zu legen.
Im Gegenteil: Trump zeigt sich zurück-
haltend, wenn es um die Verschärfung des
nationalen Waffenrechts geht. In Dayton,
als der Präsident vor wenigen Tagen im ört-
lichen Krankenhaus Verletzte des An-
schlags besuchte, machten ihm Bürger
klar, was sie davon halten. Auf ihren Plaka-
ten war zu lesen: „Schützt Kinder, nicht
Waffen“ und „Du bist der Grund“.

Wir können nicht zulassen,
dass die Toten in El Paso
und Dayton umsonst
starben. (...) Republikaner
und Demokraten
müssen zusammenkommen,
um strenge
Background Checkszu
bekommen – möglicherweise
in Verbindung mit
dringend erforderlichen
Immigrations-Reformen.
Wir müssen etwas Gutes,
wenn nicht GROSSARTIGES
aus diesen beiden tragischen
Ereignissen herausholen!“

US-Präsident Donald Trump

Jedes Mal, wenn es passiert,
wird uns gesagt,
dass strengere
Waffengesetze nicht alle
Morde stoppen werden;
dass sie nicht jedes gestörte
Individuum davon
abhalten werden,
(...) unschuldige Menschen
zu erschießen.
Aber es gibt Belege dafür,
dass sie einige der Tötungen
verhindern können.
Sie können einigen
Familien ein gebrochenes
Herz ersparen.“

Ex-US-Präsident Barack Obama

Viele Täter sahen sich ständig
gemobbt. Dafür wollen
sie dann Rache nehmen

Gewaltige Schäden in Organen
und Weichteilen sowie entstellte
Gesichter sind eine Folge
Metall, Blut

und Schmerz


Die jüngsten Schießereien


in den USA sind ein weiterer Beleg:


Im Land grassiert eine Epidemie – ausgelöst


durch Millionen Schusswaffen


in den Händen von Privatleuten.


Die Forschung zeigt, dass es Strategien


gegen das Massensterben gäbe


text: felix hütten, grafik: hanna eiden, christian endt,
julia kraus und sarah unterhitzenberger

Was muss passieren,
damitdie hohe Zahl
an Schusswaffenopfern sinkt?

34/35 WISSEN Samstag/Sonntag,10./11. August 2019, Nr. 184 DEFGH


32

121

32

30

23

20

14

13

13

10

10

8

Strengere Gesetze wirken


Massenschießereien seit 1966


Die am häufigsten verwendeten Waffen


Illinois

Delaware

Washington

Rhode Island

Maryland

California

New Jersey

Connecticut

New York
Massachusetts

Alaska Hawaii

Minnesota

Nebraska

Iowa

Wisconsin

Michigan

Oregon

Florida
Pennsylvania

Colorado

Vermont

Virginia

North Carolina

Ohio
NevadaIndianaUtah

Tennessee

New Hampshire

Maine

South Dakota

Texas

North Dakota

Georgia

Arizona

Kansas

Kentucky

Idaho

Oklahoma

South Carolina

New Mexico

West Virginia

Wyoming

Arkansas

Missouri

Mississippi

Louisiana

Montana

Alabama

Viele Tote, kaum Forschung


halbautomatische
Pistolen

108


Die am häufigsten verwendeten Waffen


VieleTotekaumForschung


halbauuttttomatische
PiPistolenstolen

108


halbautomatische
Gewehre

71


Die Juristen des gemeinnützigen Gifford
Law Centers in San Francisco untersuchen
dieWaffengesetzeallerUS-Bundesstaaten
und veröffentlichen jährlich ein Ranking.
Pluspunkte vergibt die Organisation
beispielsweise für vorgeschriebene
Hintergrundchecks, bei denen Waffenkäu-
fer etwa auf Vorstrafen überprüft werden,
und für die Möglichkeit, Personen ihre
Waffen per richterlichem Beschluss zeitlich
begrenzt abzunehmen, wenn diese etwa
psychisch auffällig sind. Auch Gewalt-
präventionsprogramme werden positiv
bewertet. Abzüge gibt es für sogenannte
"Stand Your Ground"-Gesetze, die es
erlauben, sich gegen einen Angriff auch mit
Waffengewalt zu wehren, und für laxe
Vorgaben zum Mitführen der Waffen.
In Staaten mit schwacher Gesetzgebung
gemäß dem Gifford-Ranking ist die Zahl der
Todesfälle durch Schusswaffen statistisch
deutlich erhöht.

11,9
Tote pro 100 000 Einwohner
(nationaler Durchschnitt)

Einteilung entsprechend der
amerikanischen Schulnoten
A – beste Note
B
C
D – schlechteste Note
F – nicht bestanden („failed“)

Suizid
22 274

Mord
12 830
davon bei
Massenschießereien
55

unbeabsichtigte Todesfälle
487
durch
Strafverfolgungsbehörden
496
unbestimmt
295

0,4 1,0 10 100 200

0,002

0,01

0,1

1,0

10

100

Ertrinken

Magengeschwür
penetrierende
Verletzungen

Ersticken

Darminfektion
Kraft-
fahrzeuge

Brand

Blutarmut

Virushepatitis

Leber-
erkrankung

Lungenerkrankung

Krebs

Herz-
krankheit
Hirngefäß-
erkrankung
Sepsis

Alzheimer

Grippe und Lungenentzündung

Nierenentzündung,
nephrotisches Syndrom,
Nephrosis

HIV

Gallenwegs-
erkrankung

Unterernährung

Atherosklerose
Aspiration

Bluthoch- Diabetes
druck

Vergiftung

Parkinson

Sturz

Leisten-
bruch

Sterblichkeitsrate
pro 100 000 Einwohner

Forschungsförderung der US-Bundesregierung
in Milliarden US-Dollar

bei Massenschießereien in den USA

Todesfälle
durch Waffen
in den USA pro Jahr
Gesamt: 36 382*

*Mittelwert der Jahre
2013 bis 2017

der weltweiten Schusswaffen
im Privatbesitz gehören US-Bürgern

mehr als

40 %


Waffenbesitz und Todesfälle


Schusswaffen pro
100 Einwohner in privatem Besitz
(einschließlich illegale)

Tote durch Schusswaffen
pro 100 000 Einwohner
USA

Finnland

Deutschland

Österreich

Schweden

Frankreich

Australien

Mexiko

Italien

Dänemark

Südafrika

Brasilien

12,2

2,4

1,1

2,8

1,3

2,3

1,0

11,6

1,1

0,9

10,5

22,0

Täter und Opfer von Massenschießereien Täter Opfer


32

32

0

derweltweitenSchu
im Privatbesitz gehören

mehrals

0

5

10

15

20

25

30

0

5

10

15

20

25

30

Alle Massenschießereien in der US-Geschichte seit 1966


Columbine High School,
Colorado13 Todesopfer

Universität von Texas,
Austin17 Todesopfer

Killeen, Texas
23 Todesopfer

San Ysidro, Kalifornien
21 Todesopfer

Sandy Hook Elementary
School, Connecticut
27 Todesopfer

Virginia Tech,
Virginia
32 Todesopfer

Nachtclub in
Orlando, Florida
49 Todesopfer

El Paso, Texas
22 Todesopfer
Parkland,
Florida
17 Todes-
opfer

Kirche in Sutherland
Springs, Texas
26 Todesopfer

Las Vegas, Nevada
58 Todesopfer

1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Fotos: Mauritius Images (2), dpa, Getty
Images; Quellen: Washington Post,
Mother Jones, Grant Duwe, Everytown
Research, Centers for Disease Control
and Prevention, United Nations Office on
Drugs and Crime, Small Arms Survey,
David E. Stark/Nigam H. Shah/Jama 2017,
Law Center to Prevent Gun Violence,
GunPolicy.org/University of Sidney, FBI,
US-Kongress, iCasualties.org, Politifact.com
und Gifford Law Center

Geschlecht
männlich

weiblich

unbekannt

464464

679

0

160

3

1

Alter
jünger als 14 Jahre

14 bis 17 Jahre

18 bis 21Jahre

22 bis 29 Jahre

30 bis 39 Jahre

40 bis 49 Jahre

50 bis 59 Jahre

60 bis 69 Jahre

70 bis 79 Jahre

80 bis 89 Jahre

90 Jahre und älter

unbekannt

72

63

103103

196

203

201

161161

92

36

10

3

3

2

5

18

49

36

36

11

4

1

0

0

2

25

30

Alle Massenschießereien in der US-Geschichte seit 196 6


Universität von Texas,

Waffengewalt


in den USA


Hierfür gibt es keine einheitlich anerkannte Definition. In dieser Grafik enthalten sind Schießereien an
öffentlichen Orten, bei denen mindestens vier Menschen getötet wurden. Todesfälle im Zusammenhang mit
anderen Verbrechen wie Raub sind nicht berücksichtigt, auch keine Auseinandersetzungen etwa innerhalb von Gangs.
Diese Definition verwendet auch der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses und die „Washington Post“.

Hierfür gibt es keine einheitlich anerkannte Definition. In dieser Grafik enthalten sind Schießereien an
öffentlichen Orten, bei denen mindestens vier Menschen getötet wurden. Todesfälle im Zusammenhang mit
anderen Verbrechen wie Raub sind nicht berücksichtigt, auchkeine Auseinandersetzungen etwa innerhalb von Gangs.
Diese Definition verwendet auch der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses und die „Washington Post“.

Auswahl an Ländern

imZeitraumvon1 966 bis 2018

im Zeitraum von 1966 bis 2018

Mitarbeit: Johannes Englmann

Anzahl der Getöteten

Was ist eine Massenschießerei?Was ist eine Massenschießerei?

getötete US-Bürger durch Schusswaffen seit 1968

1,6 Mio.


1,2 Millionen
getötete US-Bürger
in allen Kriegen
der Landesgeschichte

Waffengewalt

58 bis 32 31 bis 1716 bis 98 bis 5 unter 5

Alaska Hawaii
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