Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1
von christina berndt

V


orhang auf für den ersten Akt im
großen Psychotheater! Und alle
Hüllen weg von der Seele: Zwi-
schen schwerem roten Samt und
unter glitzernden Kronleuch-
tern haben sich an diesem Abend im Kasi-
no Kornmarkt in Trier Menschen zusam-
mengefunden, die sich kennen und lieben
lernen wollen. Sich selbst. Und andere
auch. Was kann da schon schiefgehen?
Schließlich ist hier Stefanie Stahl am Werk,
Psychologin und Bestsellerautorin mit Mil-
lionenauflage. Slogan: „die Frau, die ganz
Deutschland therapiert“.
Gut gelaunt nehmen die Teilnehmer
von Stahls erster „Matching-Party“ ihre
Plätze ein. Graue Haare werden keck nach
hinten gepustet, Hüften durch die vollen
Stuhlreihen geschwungen. Augenschein-
lich suchen die meisten nicht noch, son-
dern noch einmal den Partner fürs Leben.
Und dann tritt die Frau, die dabei helfen
soll, auf die Bühne, im schwarzen Abend-
kleid mit viel kronleuchtertauglichem Glit-
zer an den Ohren und einem Jäckchen, das
aus einer Begegnung eines extrovertierten
Flokati mit einem introvertierten Polyes-
ter hervorgegangen zu sein scheint.


Der Saal ist voll besetzt, wobei die Frau-
en deutlich in der Mehrheit sind – eine et-
was ungünstige Konstellation für eine Mat-
ching-Party unter Heteros. Wer gehofft
hatte, jetzt gleich in die tieferen Geheimnis-
se der Partnerfindung eingewiesen zu wer-
den, muss Geduld aufbringen. Ausführlich
doziert Stefanie Stahl zunächst über die
Persönlichkeit des Menschen. Bevor man
autorisiert mitflirten darf, muss man sich
erst mal selber definieren. „Gehe ich gerne
unter Menschen? Erzähle ich gerne von
mir? Dann bin ich extrovertiert“, erklärt
Stahl. Bin ich eher praktisch oder theore-
tisch? Sachlich oder herzlich? Organisiert
oder spontan? Das notieren die Zuschauer
alles brav mit Stefanie-Stahl-Kugelschrei-
bern auf Stefanie-Stahl-Notizblöcken.
Die Psychologin eröffnet gerade ein neu-
es Geschäftsfeld. Früher hat sie in ihrer Pra-
xis in Trier Menschen in Therapiesitzun-
gen behandelt, „nie auf Kasse“, wie sie be-
tont. Dann hat sie, eher aus Zufall, mit dem
Schreiben begonnen – und das mit be-
trächtlichem Erfolg. Seit mehr als drei Jah-
ren steht ihr Buch „Das Kind in dir muss
Heimat finden“ mit dem nicht eben be-
scheidenen Untertitel „Der Schlüssel zur
Lösung (fast) aller Probleme“ auf den vor-
deren Plätzen derSpiegel-Bestsellerliste,
Die Gesamtauflage ihrer Bücher liegt bei
1,3 Millionen.
„Jeder ist beziehungsfähig“ heißt eines
ihrer jüngeren Werke. Stefanie Stahl hat
die Sehnsucht der Menschen nach einer ge-
lungenen Partnerschaft für sich entdeckt.
Die Matching-Party ist da nur logische
Konsequenz: Wenn jeder beziehungsfähig
ist, muss man nur herausfinden, mit wem.
Fast zwei Stunden lang führt Stahl
durch eine psychologische Typenlehre
nach dem Vorbild von Myers-Briggs, die
sie etwas abgewandelt hat. Was extrover-
tiert ist und was introvertiert – sie be-
schreibt das mit großer Akribie. Zwischen-
durch streut Stahl, Jahrgang 1963, ein paar
Witze ein. Das Publikum ist mehrheitlich
angetan. Plattitüden? Abgegriffene Män-
ner-Frauen-Schablonen? Werden mit freu-
digem Johlen pariert, der Wille, sich mitrei-
ßen zu lassen, ist offenbar groß. Es kommt
bei einer Matching-Party ja auch nicht so
gut, wenn man griesgrämig auf seinem ro-
ten Samtstuhl sitzen bleibt.
So stellen die Teilnehmer schließlich
fest, ob sie „IADL“ sind, „introvertierte,
abstrakte, lockere Denkentscheider“ oder
vielleicht „EKFO“, „extrovertierte, konkre-
te, organisierte Fühlentscheider“, oder ob
sonst eine der insgesamt 16 möglichen
Kombinationen auf sie zutrifft. Je nach
Typ bekommen sie einen Button in Blau,
Grün, Gelb oder Rot. Augen auf nach der
gleichen Farbe, heißt es dann: Mit diesem
Menschen versteht ihr euch!
Denn dass sich Gegensätze anziehen,
hält Stahl für „Quatsch“: Die finde man viel-
leicht am Anfang einer Beziehung ganz
reizvoll, aber solche Eigenschaften gingen
einem zunehmend auf die Nerven. Wenn


sich Partner ähnlich sind, bleiben sie zu-
sammen, sonst laufen sie auseinander,
meint Stahl: „Schließlich ist es bei uns ja
nicht wie bei Adam und Eva: Liebst du
mich noch? Ja, wen denn sonst?“ Das Publi-
kum johlt.
Dass die Typenlehre längst zu den psy-
chologischen Wirrungen der Vergangen-
heit gehört, die von der modernen, wissen-
schaftlichen Psychologie abgelehnt wer-
den? Geschenkt. Die Teilnehmer saugen
Stahls Ausführungen begierig auf. Hier sit-
zen vor allem Menschen jenseits der fünf-

zig, die in ihrer Jugend vermutlich nicht
ganz so viel über ihre eigene Befindlichkeit
sprachen, wie ihre eigenen Kinder das heu-
te tun. Diese Generation hat noch Sprüche
gehört wie „Solange du deine Füße unter
meinen Tisch stellst ...“ – Eltern, die mit ih-
ren Kindern auf Augenhöhe diskutieren
wollten und sie nach ihren Gefühlen frag-
ten, waren damals eine Kuriosität.
Stefanie Stahl scheint die Bedürfnisse
ihrer Zielgruppe sehr genau zu kennen.
Und so nimmt das Publikum jetzt dankbar

auf, dass da jemand ist, der ihnen in einer
sehr einfachen Sprache erklärt, weshalb
sie sich manchmal tief im Inneren traurig
fühlen, oft negativ über sich selbst denken
und Verhaltensweisen an den Tag legen,
die ihnen später leidtun. Und vor allem:
Wie sie das ändern könnten.
Ihre Leser und Zuschauer, das seien „die
Normalgestörten“, sagt Stefanie Stahl im
persönlichen Gespräch, die sind ihr lieber
als die wirklich kranken. Die Psychologin
ist gerade in einem Hotel am Münchner
Hauptbahnhof abgestiegen, gemeinsam
mit ihrem Ehemann Holger, einem ebenso
freundlichen wie unauffälligen Endvierzi-
ger, der für seine Frau Manager, Coach, Se-
kretär, Motivator und Tröster in einem zu
sein scheint. Eben hat sie ihrem Verlag ei-
nen Besuch abgestattet, gleich geht es wei-
ter ins Schwäbische, sie muss dort einen
Vortrag halten. Diese ständigen Auftritte
gehen ihr auf die Nerven, erzählt Stahl. Im
kommenden Jahr wolle sie lieber weniger
Termine vor größerem Publikum. „Bei den
kleinen Veranstaltungen bekommt jeder
Neurotiker die Bühne. Die großen kosten
viel weniger Energie. Die Leute erlauben
sich da weniger.“
Deshalb also jetzt die Matching-Party?
„Showmaster zu sein ist leichter als Thera-
peutin“, sagt Stahl und knipst ein Lächeln

an. Partys möge sie seit ihrer Kindheit in
Hamburg, wo es in ihrem Elternhaus auch
immer „große Feste mit viel Prominenz“
gegeben habe. Ihr Vater war Vorsitzender
des Vereins Atlantikbrücke, die Mutter
Heilpraktikerin mit einem Faible für Psy-
chothemen. „Auf die Matching-Party hab
ich voll Bock drauf.“
„Voll Bock“ gehört zu den zurückhalten-
deren Formulierungen der Psychologin.
Sprachlich langt sie gerne mal zu. So pastel-
lig ihre Buchtitel mit der Schrift in Grün-
und Rosatönen und den lieblichen Nestlein
und Vögelchen rüberkommen, so ent-
schlossen wirkt sie im echten Leben. Im Ge-
spräch bekommt das Bild von der einfühl-
samen Therapeutin Risse. Zum Beispiel,
wenn sie sich über all jene aufregt, die die
deutsche Grammatik mehr schätzen, als
sie das tut. Beim Sprechen verweigere sie
konsequent den Genitiv, sagt Stahl, auch
den Konjunktiv. „Ich kenne die Regeln,
aber das klingt so affig. Leute, die den Kon-
junktiv konsequent gebrauchen, da könn-
te ich reinschlagen. Das sind Narzissten.“
Vor allem über Männer regt sie sich ger-
ne auf. „Das kotzt mich an, dass die
schlimmsten Neurotiker unserer Zeit, die
Männer, abwertend über Psychologie spre-
chen“, empört sie sich. „Die sitzen da in
irgendwelchen Aufsichtsräten und werten

die Psychologie ab.“ Solche unreflektierten
Führungskräfte könne sich die Gesell-
schaft gar nicht mehr erlauben.
Von November an bekommt sie ein neu-
es Forum für ihre Ansichten. Dann bringt
die ZeitschriftBrigitteein eigenes Psycho-
logiemagazin mit Stahls Namen heraus.
Die pastellige Nestchen-Steffi wird da eher
nicht wiederzufinden sein: „Ich will viel fre-
cher sein“, sagt sie, „da teile ich aus, da
kommt eine Kampfansage.“ Sie habe dem
Verlag schon Rubriken vorgeschlagen: das
„Neurotiker-Bashing“ oder das „Arschloch
des Monats“.

Auch sich selbst schont sie dabei nicht.
„Ich bin total extrovertiert“, erzählt sie auf
der Bühne in Trier. „Und wie alle Extrover-
tierten finde ich Meditieren sturzlangwei-
lig – ich find ja auch nichts in mir vor.“
Selbstironie kommt meist gut an, es macht
Menschen gleich mal sympathischer, auch
wenn Kalkül dahintersteckt. Und dass sie
gefallen will, gibt Stefanie Stahl selbst zu.
„Ich bin eitel. Also äußerlich“, sagt sie. Wäh-
rend der Matching-Party weist sie den Fo-
tografen an, er möge gefälligst keine
Schnappschüsse von ihr machen. Er darf
wohlinszenierte Porträts aufnehmen, da-
für hält sie in ihrem Redefluss kurz inne,
dann soll er seine Linse wieder auf das Pu-
blikum richten.
Dabei lautet ihr Credo doch eigentlich:
So bin ich eben! Das ist auch die Kernbot-
schaft ihrer Matching-Party: Der Mensch
neigt zu einem bestimmten Verhalten, er
lässt sich nur schwer ändern. Und das
passt zum Partner oder eben nicht. Stahl
demonstriert das auf ganz simple Weise:
„Legen Sie mal die Arme über Kreuz“, for-
dert sie die Zuhörer auf. „Und jetzt mal den
anderen Arm nach oben. Das fühlt sich
doch irgendwie komisch an.“ Auch in die-
sem Punkt scheint die Autorin den Nerv ih-
res Publikums getroffen zu haben. Es ist ja
auch bequem, wenn man alles so machen
darf wie gehabt, weil man sich angeblich so-
wieso nicht ändern kann. Dabei vertreten
Persönlichkeitspsychologen heute die ge-
genteilige Ansicht: Wir sind in unserem
Wesen viel wandlungsfähiger, als uns das
die Nachfahren von Sigmund Freud immer
eingetrichtert haben.
Die Matching-Party steuert nun auf ih-
ren Höhepunkt zu. Es geht jetzt, Stunden
später, um die „Dating-Tipps“. Aber erst
müssen nach Anleitung der Therapeutin
noch die Stühle ordentlich weggestapelt
werden. Also, wie funktioniert die erfolgrei-
che Kontaktaufnahme? Stefanie Stahl
macht es kurz und knapp. Erstens: Steh zu
dir, schau freundlich. Zweitens: Interessier
dich wirklich für den anderen, hör zu. Drit-
tens: Öffne dich, erzähl von dir, „aber, lie-
ber Mann, bitte ohne zu viel anzugeben“.
Und dann kommt wieder so ein Satz, bei
dem man im Jahr 2019 eigentlich nur noch
aufheulen kann: „Männer lieben es an
Frauen, wenn sie nicht zu needy sind“,
warnt Stahl, „und Frauen lieben es an Män-
nern, wenn sie zielstrebig sind und sie zum
Essen ausführen.“
Hieß es nicht vor einer halben Stunde
noch, man sei eben, wie man ist, eine Per-
sönlichkeit, die ihrem Wesen treu bleibt?
Lange kann man nicht darüber nachden-
ken, denn jetzt erschallt Klaviermusik, zu
der sich die Partygäste selbst in den Arm
nehmen sollen. Die Message: Ich darf so
sein, ich hab mich lieb. Das Publikum ist
auch damit einverstanden. Leises Jauch-
zen, mit Richard Clayderman im Gehör-
gang. Und dann geht es darum, jemanden
zu finden, den man auch lieb haben kann.
Sie sei „absolut zufrieden“ mit dem
Abend, sagt eine Frau Mitte 40 im bunten
Rock. Eine andere bemängelt lediglich,
dass „so wenige Männer da sind“. Nur weni-
ge sind kritisch, etwa die Best-Agerin mit
grauer Lockenpracht. Aber sie gehört auch
nicht zur eingefleischten Stefanie-Stahl-
Gemeinde, die auf jedes neue Buch mit be-
geisterten Kundenrezensionen reagiert.
„Für mich hat der Abend nichts Neues ge-
bracht“, sagt sie. „Ich habe aber auch nicht
viel erwartet.“
Die nächste Matching-Party findet übri-
gens Mitte Oktober in Berlin statt. Die Frau-
enkarten sind schon ausverkauft. Jetzt wer-
den noch Männer gesucht – am besten wel-
che, die Frauen zum Essen ausführen.

Der Zustand zwischen Schlaf und Wach-
sein ist eine Kostbarkeit. Für kurze Zeit
führt man eine Art Dämmerexistenz, noch
halb weg und nicht ganz da. Manchmal
kann man den Rest eines Traums erha-
schen und darüber sinnieren. Doch an den
meisten Tagen wacht man ohne Bilder im
Kopf auf, dann klingelt der Wecker. Auch
das ist ein Grund, warum man den Sonn-
tag gebührend genießen sollte: Weil man
einmal nicht aus dem Schlaf gerissen wird.
Es klingelt auch kein Paketbote, der das
Zeug vorbeibringt, das mal wieder keiner
persönlich entgegennehmen will, obwohl
es zuvor mit höchster Dringlichkeit be-
stellt wurde, im Zweifel von Mitgliedern
der eigenen Familie oder von lieben Nach-
barn, die Pakete-Pingpong spielen.
Genau hundert Jahre ist es her, dass der
Sonntag zur Ausnahme von der Regel wur-
de. In der Weimarer Reichsverfassung
vom 11. August 1919 heißt es unter Artikel
139 knapp: „Der Sonntag und die staatlich
anerkannten Feiertage bleiben als Tage
der Arbeitsruhe und der seelischen Erhe-
bung gesetzlich geschützt.“ Dieser Artikel
gilt bis heute, er wurde im Grundgesetz
von 1949 wortgleich übernommen, ein
Relikt der ersten deutschen Demokratie.


Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war auf
Betreiben von Kirchen und Gewerkschaf-
ten ein Gesetz verabschiedet worden, das
die Sonntagsarbeit einschränkte, vor al-
lem die endlosen Schichten in den Fabri-
ken. Fortan herrschte in Deutschland, dem
Land der Strebsamen, eine relativ strenge
Sonntagsruhe, die durch das Ladenschluss-
gesetz von 1956 abgesichert wurde – Not-
und Rettungsdienste, Krankenhäuser und
Polizei, Gaststätten, Theater, öffentliche
Verkehrsbetriebe oder auch Zeitungen aus-
genommen.
Wobei die Ausnahmen im Lauf der Zeit
weiter wucherten, um der Dienstleistungs-
gesellschaft gerecht zu werden. Laut Statis-
tischem Bundesamt arbeiteten 2016 etwa
15 Prozent der Erwerbstätigen regelmäßig
an Sonn- und Feiertagen, deutlich mehr
als zehn Jahre zuvor. Aber das liegt wohl
auch daran, dass die Regelung vielen eher
lästig ist: 28 Prozent aller Deutschen wür-
den das generelle Verkaufsverbot am Sonn-
tag gerne kippen, ergab eine GfK-Umfrage
vor ein paar Jahren. Die meisten wollen
wohl, dass das Leben wie ein Lieferdienst
ist: Man kriegt, was man bestellt, und zwar
sofort. Wobei am besten immer die ande-
ren die Päckchen tragen.

Dabei kann es so herrlich sein, eine
Zwangspause einzulegen, sich zu entkop-
peln, wie das die „European Sunday Alli-
ance“ empfiehlt, ein Zusammenschluss eu-
ropäischer Organisationen, der vor aus-
ufernden Arbeitszeiten warnt. „Der Sonn-
tag gehört dringend verteidigt und ein für
alle Mal unter Artenschutz gestellt“,
schreibt Constanze Kleis in ihrem neuen
Buch „Sonntag! Alles über den Tag, der aus
der Reihe tanzt“. Die Autorin erzählt, wie

aus dem Tag des Herrn ein Tag der Selbst-
bestimmung wurde, ein Familientag, an
dem man endlich mal Zeit hat zum Lieben,
Lesen, Feiern, Kochen, Wandern, Werkeln,
Träumen; und wenn sich manche einfach
nur von der Party am Samstagabend erho-
len wollen, ist das auch okay. Also klare
Empfehlung: Mehr Garfield wagen!
Andererseits gibt es Menschen, die mit
dem Sonntag, dem potenziell einsamsten
Tag der Woche, so gar nichts anfangen
können. Und wer Teenager zu Hause hat,

kann beobachten, wie 15-Jährige mit aller
Macht versuchen, den Tag als solches zu
negieren, Stunde um Stunde im abgedun-
kelten Zimmer hinauszuzögern, bis wieder
die Dämmerung anbricht. Früher gab es in
vielen Familien die finstere Drohung eines
gemeinsamen Spaziergangs, die bei Heran-
wachsenden Angst und Schrecken verbrei-
ten konnte. Doch der unspektakuläre Sonn-
tagsausflug ist wie der Sonntagsbraten
nicht mehr zeitgemäß. Heute absolviert
man lieber Halbmarathons, fährt mit dem
E-Bike 3000 Meter hohe Berge hoch, wan-
dert mit Stöcken durch die Vulkaneifel,
hangelt sich durch Hochseilgärten oder
bucht einen Trip fürs Wochenende in Bar-
celona, was ein ähnliches Völlegefühl her-
vorrufen kann wie ein Sonntagsbrunch.
Vernünftiger ist es, das in der Verfas-
sung vorgesehene Recht auf seelische Er-
hebung auch mal zu Hause in Anspruch zu
nehmen. Auf dem Sofa produziert man am
wenigsten CO2, man verbringt den Tag mit
jener Nachhaltigkeit, zu der nur haltlose
Sonntagsschlawiner fähig sind. Jetzt darf
man nur nicht den Fehler machen und
gleich wieder was bestellen. Am Montag-
morgen klingelt der Paketbote schon früh
genug. christian mayer

Am Sonntag sollte einen nichts aus der Ruhe bringen – es spricht auch viel dafür,
länger im Bett zu bleiben. FOTO: JOHN TUESDAY / UNSPLASH

DEFGH Nr. 184, Samstag/Sonntag, 10./11. August 2019 GESELLSCHAFT 51


Wie man am wenigsten
CO2produziert? Na klar,
auf dem Sofa

Mehr Garfield wagen


Seit 100 Jahren ist der Sonntag in Deutschland von der Verfassung geschützt. Aber was hat es eigentlich mit der „seelischen Erhebung“ auf sich?


Sie mag die großen Auftritte:
„Showmaster zu sein
ist leichter als Therapeutin“

In Berlin findet die nächste
Matching-Party statt. Die Tickets
für Frauen sind schon weg

Topf


auf


Deckel


Die Bestsellerautorin


Stefanie Stahl hat 1,3 Millionen


Ratgeber verkauft. Jetzt will


sie Singles zusammenbringen.


Zu Besuch bei ihrer


Matching-Party


Wenn jeder beziehungsfähig


ist, muss man nur


herausfinden, mit wem


Umringt von Fans:
Stefanie Stahl bei ihrer
„Matching-Party“ in
Trier. Die Teilnehmer
müssen allerdings erst
mal herausfinden, was
für ein Typ sie sind.
Und dann gibt es
Dating-Tipps. Zum
Beispiel: „Schau freund-
lich.“FOTO: LENNART KRAMP
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