Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1
Vor den anstehenden Landtagswahlen
indrei ostdeutschen Bundesländern
gibt es Zweifel an der tatsächlichen
Politikkompetenz der AfD: Lediglich
neun Prozent aller Deutschen – sieben
im Westen und auch nur 15 Prozent im
Osten – versprechen sich eine bessere
Politik, falls die AfD dort an einer Lan-
desregierung beteiligt wäre. 58 Pro-
zent der Deutschen finden die Forde-
rung richtig, wonach es keinerlei Zu-
sammenarbeit mit der AfD geben soll.
Insgesamt 37 Prozent – 36 im Westen
und 45 im Osten – finden diese
Ablehnung nicht richtig.SZ

Politbarometer


von robert probst

A


m 11. August 1919 gibt es keinen
Festakt, kein Zeremoniell und
auch sonst kein Aufsehen. An
diesem Sommertag vor 100 Jah-
ren unterschreibt Reichspräsi-
dent Friedrich Ebert ein Dokument mit
181 Artikeln, in einem Ort namens Schwarz-
burg, wo er gerade Urlaub macht, 60 Kilo-
meter von Weimar entfernt. Das Deutsche
Reich hat nun eine der fortschrittlichsten
Verfassungen der Welt. Formal hat sich die
deutsche Gesellschaft gerade vom Obrig-
keitsstaat des Kaiserreichs in eine freiheit-
liche Demokratie gewandelt. Eine Sensati-
on – eigentlich. 1921 wird der 11. August Na-
tionalfeiertag, aber kein gesetzlicher Feier-
tag; die Zeremonien sind betont nüchtern,
eine einigende Wirkung entfaltet dieser
Verfassungstag nie. Ein neuer „Geist von
Weimar“, der die moderne Konstitution
mit dem politischen Alltag zusammen-
bringt, kommt nicht zustande. Es zeigt
sich, dass diese Verfassung „nicht im Son-
nenglanz des Glücks geboren“ wurde, wie
es der Staatsrechtler Hugo Preuß aus-
drückt, der Mann, der den Text maßgeb-
lich ausgearbeitet hat.
Die Umstände waren in der Tat drama-
tisch: Die Deutschen hatten die Kriegsnie-
derlage zu verarbeiten, den als demüti-
gend empfundenen Friedensvertrag von
Versailles zu verdauen und mussten mit
einer von Instabilität und Straßenkämp-
fen gekennzeichneten Lage fertig werden,
die jederzeit einen Bürgerkrieg möglich er-
scheinen ließ.
Mehr als ein halbes Jahr zuvor hat die
Niederlage im Weltkrieg die Sozialdemo-
kraten an die Staatsspitze gebracht. Fried-
rich Ebert als Vorsitzender des Rats der
Volksbeauftragten dachte nach dem 9. No-
vember 1918 und dem Sturz des Kaisers
aber nicht einmal daran, Revolution im so-
zialistischen Sinne zu machen; ihm genüg-
te im Grunde die Reform, die im Oktober
aus dem Kaiserreich eine Parlamentari-
sche Monarchie gemacht hatte. Und er
wollte von Anfang an alle entscheidenden
Fragen – nach der künftigen Regierungs-
form (Parlamentarismus oder Räteherr-
schaft) und der Wirtschaftsform (Privat-
wirtschaft oder Sozialisierung) – in die
Hand einer „Konstituante“ legen. Wobei
seine Präferenz klar war: Hauptsache kein
Bolschewismus, da war er mit vielen Bür-
gerlichen und Konservativen einer Mei-
nung. Radikale Linke und Kommunisten
sahen es anders; es kam zu Aufruhr, Stra-
ßenschlachten und vielen Toten, nur mit
Hilfe des Militärs konnte sich Ebert an der
Macht halten.

Bei der Wahl am 19. Januar 1919 zur Ver-
fassungsgebenden Nationalversammlung
wurde die SPD dann zwar stärkste Kraft,
war aber für eine Mehrheit auf die liberale
DDP und das katholische „Zentrum “ ange-
wiesen – diese „Weimarer Koalition“ ge-
nannte Verbindung hielt allerdings nicht
einmal bis zur ersten Reichstagswahl


  1. Und Ebert wurde zur Hassfigur – für
    Monarchisten, Nationalisten und Völki-
    sche war er ein „Novemberverbrecher“,
    der die unbesiegten Soldaten von hinten
    erdolchte. Für die radikalen Linken wieder-
    um „verriet“ er die Revolution.
    Die Verfassungsgebende Nationalver-
    sammlung tagte schließlich vom 6. Febru-
    ar an nicht in Berlin, sondern in Weimar.
    Die Regierung fühlte sich in der Stadt in
    Thüringen sicher vor gewaltbereiten Mas-
    sen, denen die Revolution nicht weit ge-
    nug gegangen war, und Konterrevolutionä-
    ren, die mit Gewalt die alten Verhältnisse
    wieder herzustellen trachteten. Zugleich
    wollte Ebert den süd- und westdeutschen
    Ländern buchstäblich entgegenkommen.
    Viele Landespolitiker sahen alles Übel
    schon immer vom übergroßen Preußen
    und den Militaristen in Berlin ausgehen.
    Auch mit dieser Ortswahl wurde die Ein-
    heit des Reiches bewahrt.
    Die 423 Abgeordneten – unter ihnen
    erstmals 37 Frauen – fanden dort einige
    vollendete Tatsachen vor. Denn seit dem
    Auftrag an den bürgerlichen Staatsrecht-
    ler Preuß, einen Entwurf zu erarbeiten,
    war klar: Marxistische Reformen stehen
    nicht an. Preuß betrachtete es als seine
    Aufgabe, in der Verfassung „den politi-
    schen und staatsrechtlichen Niederschlag
    der Revolution festzulegen“. Eberts
    Wunsch-Staatsform der Republik stand al-
    so fest. Von Vergesellschaftung von Schlüs-
    selindustrien war nicht mehr die Rede.
    Am Ende werden zum ersten Mal in der
    deutschen Geschichte in der Verfassung


„Grundrechte und Grundpflichten der
Deutschen“ aufgeführt. Dazu gehören das
Frauenwahlrecht, die betriebliche Mitbe-
stimmung, das Recht, gewerkschaftlich tä-
tig zu werden und auch die Trennung von
Staat und Kirche. Den Ländern wird weit-
gehend die Macht genommen, die sie seit
der Reichsgründung 1871 gehabt haben.
Als neues Machtzentrum wird der Reichs-
tag mit mehr Rechten ausgestattet. Hier
werden Gesetzgebung, Budgetrecht und
Kontrolle der Exekutive ausgeübt. Die
Reichsregierung ist vom Wohlwollen des
Reichstages abhängig – doch anders als
später im Grundgesetz wird lediglich ein
negatives und kein konstruktives Miss-
trauensvotum installiert: Das Parlament
kann den Kanzler abwählen, ohne einen
Nachfolger bestimmen zu müssen.
Als Gegengewicht zum Reichstag wird
der Reichspräsident als eine Art „Ersatz-
kaiser“ mit extrem starken Rechten ausge-
stattet: per Volkswahl für sieben Jahre,
Recht zur Reichstagsauflösung, Notverord-
nungsrecht, Oberbefehlshaber der Reichs-
wehr. Damit ist das politische Zentrum der
Macht nicht eindeutig markiert – der Dua-
lismus zwischen Reichspräsident und
Reichstag wirkt in der politischen Praxis
auf Dauer paralysierend. Ein Verfassungs-
gericht zur Klärung solch fundamentaler
Fragen aber gibt es nicht.
Am 31.Juli nimmt die Versammlung
den Text mit 262 zu 75 Stimmen, bei 84 ab-
wesenden Abgeordneten an. Drei Tage
nach Eberts Unterschrift tritt die Verfas-
sung am 14. August in Kraft.
Als der Reichspräsident am 21. August
im Nationaltheater von Weimar auf die Ver-
fassung vereidigt wird, versucht er, we-
nigstens ein bisschen Pathos zu verbrei-
ten: „Das Wesen unserer Verfassung soll
vor allem Freiheit sein, Freiheit für alle
Volksgenossen. Aber jede Freiheit, an der
mehrere teilnehmen, muss ihre Satzung
haben. Diese haben Sie geschaffen; ge-
meinsam wollen wir sie festhalten.“ Als
„Lebensgrundsatz des deutschen Volkes“
wählt er den Satz: „Für Freiheit, Recht und
soziale Wohlfahrt!“
Doch in Erinnerung bleiben nicht diese
Worte, sondern Hohn und Spott. Just an
diesem Tag hat dieBerliner Illustrirte Zei-
tung– in scherzhafter Absicht, wie betont
wird – auf ihrem Titel ein Privatfoto von
Ebert und Reichswehrminister Gustav

Noske in damals als unschicklich empfun-
denen Badehosen abgedruckt. Das Foto
wird bald genutzt für derbe Verunglimp-
fungskampagnen von Republikfeinden ge-
gen den SPD-Politiker, die ihn bis zu sei-
nem Tod 1925 verfolgen werden.
Eberts Nachfolger wird der alte General-
feldmarschall Paul von Hindenburg.
Nichts liegt dem Mann, der während des
Krieges jeden Vorstoß für den Frieden boy-
kottierte, ferner, als ein guter demokrati-
scher Präsident zu sein. Die Parteien ma-
chen es ihm einfach. In all den 14 Jahren ih-
rer Existenz gelingt es der Weimarer Repu-
blik nur selten, stabile Mehrheitsregierun-
gen zustandezubringen. Minderheitsregie-
rungen sind die Regel, kaum eine Legisla-
turperiode wird vollständig absolviert. In
Gestalt der NSDAP und der KPD erstarken
Parteien, die zum Ziel haben, den Parla-
mentarismus zu zerstören. Adolf Hitler
gibt die Taktik aus, die Macht auf „legale“
Weise zu übernehmen. Anders als Ebert
nutzt Hindenburg die Instrumente der Ver-
fassung im Sinne seiner autoritären Staats-
führung, regiert mit Notverordnungen
und Präsidialkabinetten, um die Demokra-
tie zu schwächen.
Es ist heute Konsens unter Historikern,
dass die Weimarer Republik nicht an der
Verfassung gescheitert ist. Sie hatte zwar
Mängel, führte aber nicht zwangsläufig in
die Katastrophe von 1933. Es hätte aber
auch anders kommen können, sie war mo-
dern und sogar überraschend widerstands-
fähig – sie überstand Putschversuche von
links und vor allem von rechts, außerdem
die Hyperinflation und außenpolitische
Krisen. Was sie nicht überstand, war, dass
in Verwaltung, Justiz und Reichswehr der
alte Geist des Obrigkeitsstaats nicht ausge-
trieben worden war und dass spätestens
seit der Weltwirtschaftskrise 1929 nur
noch recht wenige Deutsche etwas von Re-
publik und Parlamentarismus hielten. Sie
hatten genug vom „System“, sie wollten zu-
rück zu nationaler Stärke, den „Schandfrie-
den von Versailles“ überwinden, viele
wünschten sich einen starken Führer. Den
bekamen sie dann auch, 1933.
Die Verfassung, die wahrlich nicht im
„Sonnenglanz des Glücks“ geboren wurde


  • wie es der Bundesverfassungsrichter Die-
    ter Grimm ausdrückte –, fand zu wenig Lie-
    be bei den Deutschen. Sie mochte nicht
    missglückt sein, sie war aber glücklos.


Zum Jahrestag ist viel darüber diskutiert
worden, ob die Weimarer Reichsverfas-
sung nicht doch viel besser war als ihr
Ruf. In einem Punkt jedenfalls war sie ih-
rer Zeit weit voraus. Die Ehe, so hieß es in
Artikel 119 zwar noch ganz traditionell,
sei Grundlage des Familienlebens sowie
der Erhaltung und Vermehrung der Nati-
on. Dann aber folgte der Satz: „Sie beruht
auf der Gleichberechtigung der beiden
Geschlechter.“ Frauenrechtlerinnen hat-
ten ihn durchgesetzt, und hätte man ihn
ernst genommen, man hätte das patriar-
chale Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) um-
schreiben müssen. Aber das ließen die
männlichen Rechtsdeuter nicht zu: „Hier
handelt es sich um Zukunftsrecht, nicht
um Gegenwartsrecht“, kommentierte
der einflussreiche Staatsrechtler Ger-
hard Anschütz in vollem Ernst.
„Der Verfassungstext war seiner Zeit
weit vorausgeeilt“, sagte Verfassungs-
richterin Gabriele Britz kürzlich in einem
Vortrag. Wirkungslos verpufft ist er den-
noch nicht – seine Zeit sollte kommen.
Denn als das Grundgesetz verabschiedet
wurde, war die Situation ganz ähnlich.

„Männer und Frauen sind gleichberech-
tigt“, hieß es nun in Artikel 3. Aber immer
noch beherrschte das verknöcherte BGB
das Familienrecht, und Richter verteidig-
ten die Tradition. „Es wäre in hohem Ma-
ße gefährlich, die männliche Familienlei-
tung aufzuheben und, was die Entschei-
dung der gemeinsamen ehelichen Ange-
legenheiten angeht, die Anarchie in Ehen
einzuführen“, schrieb in den 1950er-Jah-
ren der Bundesgerichtshof. Und als das
Bundesverfassungsgericht den immer
noch geltenden Vorrang der Väter in Fa-
miliendingen auf dem Tisch hatte, muss-
te sich die zuständige Richterin Erna
Scheffler gegen den Widerstand ihrer
männlichen Kollegen durchsetzen.
Dass sie am Ende Erfolg hatte, das hat
sie auch den Vorkämpferinnen aus der
Weimarer Zeit zu verdanken. Im Urteil
von 1959 bezieht sich das Gericht näm-
lich ausdrücklich auf jenen Artikel 119 –
und auf den erklärten Willen der Grundge-
setzmütter und -väter, man dürfe beim
Thema Gleichberechtigung nicht hinter
die Weimarer Reichsverfassung zurück-
gehen. WOLFGANG JANISCH

Berlin– Es ist eine ebenso überraschende
wie steile Karriere: Der Bundestagsabge-
ordnete Rolf Mützenich, der nach dem
Rücktritt von Andrea Nahles zunächst auf-
grund des Senioritätsprinzips kommissa-
risch an die Spitze der Fraktion rückte, hat
angekündigt, sich im Herbst auch um den
regulären Vorsitz zu bewerben. Das Echo
darauf ist unter den Abgeordneten so posi-
tiv, dass kein Zweifel an seiner Wahl be-
steht. Damit rückt der 60-jährige Kölner
voraussichtlich am 24. September auf
einen der einflussreichsten Posten in der
SPD. Anders als in der Partei zeichnet sich
zudem ab, dass es in der Fraktion keine
Doppelspitze geben wird.
Mützenich schrieb am Freitag einen
Brief an alle Abgeordneten, in dem er sei-
ne Kandidatur ankündigte. „Klarheit und
das Bekenntnis zur Verantwortung schei-
nen mir in diesen Tagen von besonderer
Bedeutung“, heißt es in dem Schreiben,

was unschwer auch als Spitze gegen jene
SPD-Führungsleute zu verstehen ist, die
Kandidaturen für den Parteivorsitz be-
reits abgelehnt haben oder ihre Entschei-
dung noch hinauszögern.
Mützenich zog 2002 erstmals in den
Bundestag ein und profilierte sich in der
Außen- und Sicherheitspolitik. 2013 wur-
de er Fraktionsvize. Er gilt als ruhiger,
aber beharrlicher Verhandler und gehört
der Parlamentarischen Linken an, ist aber
auch bei Vertretern anderer Strömungen
geschätzt. In der Sondersitzung des Bun-
destages zur Vereidigung der neuen Vertei-
digungsministerin Annegret Kramp-Kar-
renbauer (CDU) löste Mützenich mit einer
im Ton höflichen, aber in der Sache kon-
frontativen Rede an die Adresse der CDU-
Vorsitzenden Begeisterung in den eigenen
Reihen aus. Gleichwohl gilt er einstweilen
noch als Befürworter der großen Koaliti-
on.

Bundestagsvizepräsident Thomas Op-
permann, selbst knapp vier Jahre lang
SPD-Fraktionschef, sagte derSüddeut-
schen Zeitung, er traue Mützenich zu, „die
SPD-Fraktion in dieser schwierigen Situa-
tion zusammenzuhalten“. Fraktionsvize
Karl Lauterbach, derzeit auch Bewerber

um den Parteivorsitz und ebenfalls Köl-
ner, sagte, Mützenich sei jemand, „der die
Leute überzeugen könne“. Mützenich, der
sich selbst das Ziel gesetzt hatte, den Zu-
sammenhalt unter den Abgeordneten wie-
der zu stärken, stehe für einen „Kulturwan-
del in der Fraktion“, so Lauterbach.
Michelle Müntefering, Staatsministe-
rin im Auswärtigen Amt, sieht in Mütze-

nich einen erfahrenen und kompetenten
Politiker, „der sich mit Leidenschaft und
Klarheit in der Sache engagiert“. Die Frak-
tion „sollte sich jetzt hinter ihm versam-
meln“, sagte Müntefering zur SZ, „das wä-
re gut für die SPD und für das Regieren“.
Der frühere Fraktionsvize Axel Schäfer
nannte Mützenich einen „absolut integren
Politiker“. Er stehe zudem für einen mode-
rat linken Kurs und sei auch offen für etwa-
ige rot-rot-grüne Optionen, so Schäfer.
Spekulationen um ein solches Bündnis
hatte zuletzt die Interimsvorsitzende Ma-
lu Dreyer genährt. „Sollte es eine Mehrheit
links von der Union geben, müssen wir das
Gemeinsame suchen und das Trennende
analysieren“, sagte die rheinland-pfälzi-
sche Ministerpräsidentin, die mit Grünen
und FDP regiert. Auch SPD-Generalsekre-
tär Lars Klingbeil hatte Rot-Rot-Grün zu-
mindest als Option nach der Bundestags-
wahl bezeichnet. nico fried Seite 4

Düsseldorf– Nordrhein-Westfalens
Gesundheitsminister Karl-Josef Lau-
mann (CDU) hat Pläne für ein virtuelles
Krankenhaus vorgestellt. Dabei handele
es sich um eine digitale Plattform, die
fachärztliches Wissen landesweit bün-
deln und besser zugänglich machen soll,
sagte er am Freitag in Düsseldorf. Es sei
bundesweit das erste Projekt dieser Art.
Ziel sei die Schaffung zukunftsfähiger
digitaler Versorgungsstrukturen. Dazu
gehöre der elektronische Austausch
behandlungsrelevanter Patientendaten
oder Videosprechstunden. Die Pilotpha-
se starte im Frühjahr 2020. Laut Lau-
mann bietet die digitale Klinik beson-
ders bei seltenen Krankheiten einen
Vorteil, um schnell die Expertise von
Spezialisten anfragen zu können. kna


Schwarzburger Republik


Vor 100 Jahren unterschreibt Reichspräsident Friedrich Ebert in der Nähe von Weimar die erste demokratische
Verfassung Deutschlands. Die Lehre aus der Zeit: Demokratie braucht Demokraten – oder sie geht zugrunde

Mütze macht’s


Der kommissarische SPD-Fraktionschef Mützenich will dauerhaft im Amt bleiben – zur Freude vieler in der Fraktion. Er steht für eine Öffnung nach links


„Gleichberechtigung der Geschlechter“


Berlin –Baden-Württembergs Minister-
präsident Winfried Kretschmann hat die
Debatte über eine grüne Kanzlerkandida-
tur eröffnet. „Natürlich können wir den
Kanzler stellen – genauso wie andere
auch“, sagte er der Deutschen Presse-
Agentur. Die Frage sei zu beantworten,
wenn sie anstehe. „Das Amt muss zum
Mann und zur Frau kommen.“ Mit Blick
auf Parteichef Robert Habeck sagte
Kretschmann: „Na sicher könnte der
das. Es gibt nun mal gar nix, warum er
das schlechter können sollte als etwa
Kramp-Karrenbauer oder wer jetzt alles
so im Gespräch ist.“ Der Grünenpolitiker
Daniel-Cohn Bendit forderte die Partei-
vorsitzende Annalena Baerbock auf,
Habeck als Kandidaten vorzuschlagen.
„Ich traue ihr diese Klugheit absolut zu“,
sagte er derZeit. Von den Grünen im
Bundestag kam Widerspruch. „Die Frau-
enquote so einfach über Bord zu werfen,
das läuft bei uns Grünen nicht“, sagte
die rechtspolitische Sprecherin Katja
Keul derSüddeutschen Zeitungmit Blick
auf Cohn-Bendit. „Ratschläge von ehe-
maligen, älteren, grünen Männern sind
für die Entscheidungsprozesse unsere
Partei nicht wirklich relevant.“ lion


Hamburg– Frauen und Männer sollen
die Kinder ihrer Partnerin oder ihres
Partners adoptieren dürfen, auch wenn
sie nicht miteinander verheiratet sind.
Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem
SPD-geführten Bundesjustizministeri-
um vor, über den derSpiegelberichtet.
Voraussetzung ist demnach, dass das
Paar seit mindestens zwei Jahren ehe-
ähnlich zusammenlebt oder bereits ein
gemeinsames Kind hat, das im Haushalt
lebt. Bislang sind sogenannte Stiefkind-
adoptionen nur für Eheleute möglich.
Das Bundesverfassungsgericht hatte
dies für grundgesetzwidrig erklärt. Ei-
nen Koalitionskonflikt könnte auslösen,
dass die Adoption laut Entwurf auch
möglich sein soll, wenn einer der Part-
ner anderweitig verheiratet ist. Unions-
Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) erklär-
te, diese Regelung sei weder geboten
noch hilfreich. „Sie ist auch nicht nötig,
um die Vorgaben des Verfassungsge-
richts umzusetzen“, so Frei. kna


Virtuelles Krankenhaus


Halberstadt/Magdeburg– In einer
Zentralen Anlaufstelle für Geflüchtete
(Zast) in Sachsen-Anhalt ist es zu Über-
griffen von Mitarbeitern des privaten
Wachdienstes auf Asylsuchende gekom-
men. Das teilte das Innenministerium
am Freitag in Magdeburg mit. Auf zwei
bei Youtube hochgeladenen kurzen Vi-
deos ist demnach zu sehen, wie Wachleu-
te in Halberstadt zwei streitende Flücht-
linge trennen und dabei zu Boden sto-
ßen und treten sowie einen danach auch
weiter drangsalieren. Die Videosequen-
zen sind mit dem Datum 14. April verse-
hen. Das Ministerium hat von dem Vor-
gang nach eigenen Angaben am Freitag-
vormittag erfahren. Vier beteiligte Wach-
leute seien sofort suspendiert worden.
Gegen andere werde ermittelt. dpa


6 POLITIK HF3 Samstag/Sonntag,10./11. August 2019, Nr. 184 DEFGH


Eine künftige Zusammenarbeit
mitder Linkspartei ist auch
für die Parteispitze denkbar

Nach seiner Vereidigung hielt Ebert auf dem Balkon des Nationaltheaters in
Weimar eine Ansprache an die Bevölkerung. FOTO: SZ PHOTO

Rolf Mützenich, Außenpolitikexperte,
im Bundestag seit 2002. FOTO: DPA

Friedrich Ebert (Zweiter v. rechts) mit seiner Ehefrau Louise (Dritte von rechts) in der Sommerfrische in Schwarzburg. Mit auf dem Bild sind Otto Meissner, führen-
der Mitarbeiter des Präsidialbüros, mit seiner Ehefrau Hildegard (Zweite v. links), ihrem Sohn Hans-Otto und dessen Kinderfrau. FOTO: SZ PHOTO/SCHERL

Die Grünen und die K-Frage


Neue Regeln für Adoption


Übergriffe auf Asylsuchende


CDU/CSU
28% (±0)

Linke
7 % (-1) AfD13% (+1)

FDP
7 % (-1)

Sonstige
7 % (+1)

Grüne
25% (±0)

SPD
13% (±0)

(in Klammern: Veränderung im Vergleich
zu Mitte Juli 2019 in Prozentpunkten)

SZ-Grafik; Quelle: Forschungsgruppe Wahlen

Wenn am nächsten Sonntag
Bundestagswahl wäre...

INLAND


Der Dualismus zwischen
Reichspräsident und Reichstag
wirkt auf Dauer paralysierend
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