Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1
von juliane von wedemeyer

E


s ist erst fünf Jahre her, da war
die Köchin Steffi Metz nomi-
niert als „Unternehmerin des
Landes Brandenburg“. Zwei
Jahre später bot die Stadtver-
waltung ihr und ihren Kindern Plätze im
Obdachlosenheim an. „Ich habe alles ver-
loren, weil ich mich für mein Kind ent-
schieden habe“, sagt sie. Ihre Kochschule
in Potsdam, ihr kleines Feinkostgeschäft,
ihre Wohnung: alles weg. „Ich wusste
manchmal nicht, ob ich Klopapier kaufen
soll oder Brot“, erzählt Metz. Sie entschied
sich dann für Klopapier und Mehl. „Gott
sei Dank kann ich backen.“
Auch wenn Metz‘ Geschichte ein Ex-
tremfall ist: Eine Schwangerschaft bedeu-
tet für viele weibliche Selbständige ein
wirtschaftliches Risiko, zumal 75 Prozent
von ihnen Ein-Frau-Betriebe sind. Wenn
sie dann noch alleinerziehend sind wie
Metz, ist schnell die Existenz bedroht.
Während das Elterngeld allen zusteht,
gilt das Mutterschutzgesetz nur für Ange-
stellte, Arbeiterinnen, Beamtinnen, Schü-
lerinnen und Studentinnen. Die dürfen
mindestens sechs Wochen vor und acht
Wochen nach der Niederkunft zu Hause
bleiben. Bei vollem Entgeltausgleich. Auf
den müssen Unternehmerinnen in der Re-
gel verzichten – sei denn, sie sind Mitglied


in der Künstlersozialkasse oder haben als
privat oder freiwillig gesetzlich Versicher-
te einen Anspruch auf Krankentagesgeld.
Doch Tarife, die diese Leistung bieten, kos-
ten zusätzlich.
Dabei ist eine Schwangerschaft keine
Krankheit, sondern vor allem angesichts
des Fachkräftemangels und des kollabie-
renden Rentensystems sogar politisch ge-
wollt. Hinzu kommt, dass Firmen- und Fa-
miliengründungen naturgegeben im sel-
ben Alter anstehen. Und wer sich am An-


fang seiner Selbständigkeit befindet,
muss die Fixkosten möglichst gering hal-
ten, auch die privaten.
Steffi Metz‘ Kochschule existiert gera-
de im dritten Jahr. Rücklagen hat sie noch
keine gebildet. Von den Einnahmen be-
dient sie den Gründungskredit, kauft Le-
bensmittel, bezahlt die Miete, ihre freien
Mitarbeiter und sich selbst. „Ich war im-
mer über Null“, sagt sie. Große Sprünge
sind nicht drin, aber ihre kleine Familie
kann gut leben.
Zwei Söhne hat sie bereits. Als sich 2016
das dritte Kind ankündigt, ist der erste
schon erwachsen. Mit dem zweiten wohnt
die damals 40-Jährige in einer geräumi-
gen Altbauwohnung in der Innenstadt von
Potsdam. Wäre da nicht ein besserer Tarif
bei ihrer Privatversicherung drin gewe-
sen? Vielleicht. Aber Metz hat weder ein
drittes Kind geplant, noch damit gerech-
net, alleinerziehend zu bleiben. Und sollte
das überhaupt eine Rolle spielen? „Das
Mutterschutzgesetz hat soziale und medi-
zinische Aspekte“, gibt Juristin Sandra
Runge zu bedenken. „Es soll auch das
Kind schützen.“ Die Berliner Anwältin hat
sich auf Eltern- und Kinderrechte speziali-
siert und informiert in ihrem Blog „Smart
Mama“ Mütter über deren Rechte. „Das
Baby im Bauch einer Selbständigen ist
dem im Bauch einer Angestellten nicht
gleichgestellt“, sagt sie.

Auf ihre ungeborenen Kinder können
Selbständige selten Rücksicht nehmen.
„Manche telefonieren noch auf dem Weg
in den Kreißsaal mit Kunden“, sagt Runge.
Das kommt für Metz nicht infrage: Im fünf-
ten Monat hat sie Wehen. Die Ärztin sagt,
sie müsse aufhören zu arbeiten. Für Ange-
stellte gilt in dieser Situation Beschäfti-
gungsverbot, das Gehalt zahlen Arbeitge-
ber und Krankenkasse weiter. Aber wie
sollte sich Metz das leisten? „Ich habe eine
Lösung gesucht“, sagt sie.

Einfach war es nie. Etwa, als sie sich in
Hamburg als Köchin selbständig machte –
eine 22-Jährige aus einem brandenburgi-
schen Dorf, mit einer abgebrochenen Leh-
re und einem zweijährigen Kind. Aber
eben auch mit einer Geschäftsidee: Koch-
kurse in Küchenstudios. „Die hatten funk-
tionsfähige Küchen in ihren Geschäften,
warum sollte ich die nicht nutzen?“

Als 2006 ihr zweiter Sohn unterwegs
ist, macht sie um die 150 000 Euro Umsatz
jährlich. Neben den Kochkursen arbeitet
sie für Catering-Unternehmen und tritt
gelegentlich als Fernsehköchin auf. Der
Preis: 16-Stunden Arbeit täglich, oft an
den Wochenenden. Währenddessen ist ihr
ältester Sohn in der Kita, später in der
Schule und im Hort. Zusätzlich passen
Freundinnen auf ihn auf oder ihr damali-
ger Partner. Die Beziehung hält nicht. Um
allein mit zwei Kindern arbeiten zu kön-
nen, zieht sie nach Potsdam, in die Nähe ih-
rer Mutter.
Dort gründet Metz 2013 ihre Kochschu-
le. Unter ihren Gästen sind auch einige Po-
litiker. Die fragt sie zuerst um Rat, als sie
merkt, dass ihre dritte Schwangerschaft
kompliziert wird. Sie wissen keinen. Sie
wendet sich an die Industrie- und Handels-
kammer. Immerhin ist sie zahlendes Mit-
glied. „Die IHK bot runde Tische für Unter-
nehmen in Existenznot an: mit den jeweili-
gen Steuerberatern, Banken, Managern,
dem Finanzamt. So etwas schwebte mir
auch vor“, erzählt sie, „aber es hieß, meine
Firma sei nicht in Not.“ War sie auch nicht.
Noch nicht.
„Es gibt keine spezielle Unterstützung
für Gründerinnen im Falle einer Schwan-
gerschaft“, bestätigt Iris Kronenbitter, Lei-
terin der bundesweiten Gründerinnen-
agentur, einem Angebot des Bundeswirt-
schaftsministeriums. Laut aktuellem Kfw-
Gründungsmonitor liegt der Anteil der
weiblichen Existenzgründer bei knapp 40
Prozent. Der Staat will die Quote erhöhen
und bietet ihnen Förderungen und kosten-
freie Mentorenprogramme an, nur eben
nichts zum Thema Schwangerschaft.

Das Mutterschutzgesetz stammt von
1952, als westdeutsche Frauen ihre Män-
ner noch um Erlaubnis bitten mussten,
wenn sie arbeiten wollten. Unternehmerin-
nen passten da nicht ins Bild. Aber heute?
Erst 2018 wurden die Gesetze reformiert.
„Das Thema ‚Selbständige‘ hat man auch
dieses Mal nicht wirklich angepackt“, sagt
Runge. Und das, obwohl seit 2010 eine
EU-Richtlinie die „Gleichbehandlung von
Männern und Frauen, die eine selbständi-
ge Erwerbstätigkeit ausüben“ fordert.
Konkret sollen schwangere Selbständige
„Mutterschaftsleistungen erhalten, die ei-
ne Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit
für mindestens 14 Wochen ermöglichen“.
Das will im Prinzip auch Metz: Sie bittet
das Finanzamt um die Stundung ihrer
Steuer. Ohne Erfolg. Sie beantragt Wohn-
geld. Das gleiche Ergebnis. „Niemand ver-
stand, dass ich Hilfe brauchte, weil die
Kochschule noch lief“, erzählt sie. Nur fällt
sie dort aus und muss ihre Vertretung be-
zahlen. Ihr Erspartes schwindet: „Ich wuss-
te, dass ich mir bald die Wohnungsmiete
nicht mehr leisten kann.“
Also geht sie zur Schuldnerberatung.
„Die sagten: Sie haben doch keine Schul-
den!“ Ihren Antrag auf Hartz IV lehnt das
Jobcenter ab. Dabei besteht die Möglich-
keit, Personen in besonderen Lebenslagen
zu unterstützen. Doch der zuständige Mit-
arbeiter glaubt nicht, dass Metz unter die
Bedürftigkeitsklausel fällt. „Denn in mei-
ner GmbH stecke genug Sachvermögen“,
sagt sie. Allerdings: Daraus privat etwas zu
entnehmen, wäre Veruntreuung, eine
Straftat. „Für Selbständige sind die Mut-
terschutzregelungen unzureichend“, sagt
Runge. Sie seien abhängig vom Ermessen
der lokalen Ämter und Institutionen.
Irgendwann hat Metz Mietschulden.
Mit der Räumungsklage kommt auch das
Verwaltungsschreiben bezüglich des Ob-
dachlosenheims. Dort wäre sie wohl ge-
landet, wenn die Gerichtsvollzieherin ihr
nicht die Zeit gegeben hätte, eine Sozial-
wohnung zu finden. Dank eines Zuschus-
ses des Roten Kreuzes erhält Metz ein Ba-
bybett und Kleidung. Mit Hilfe einer An-
wältin erkämpft sie sich letztendlich vor
dem Sozialgericht sogar Hartz IV. Als sie es
bekommt, ist ihr Sohn schon geboren.
Heute ist Steffi Metz insolvent, aber zu-
frieden. Mit ihren beiden jüngsten Söhnen
reist sie durch die Welt. Low Budget. Ein
Jahr waren sie in Afrika. Jetzt steht Italien
an. Ab und zu arbeitet sie unterwegs als
freie Köchin. Aber wenn sie über ihre
Schwangerschaft spricht, klingt sie immer
noch fassungslos: „Es kann doch nicht
sein, dass es in Deutschland nicht möglich
ist, ein Kind zu bekommen und gleichzei-
tig eine Firma zu führen!“

Bei strahlendem Sonnenschein den Lap-
topschnappen und ab an den See oder in
die Eisdiele – das Leben als Freiberufler
hat eindeutig Vorzüge. Jeder zweite Ange-
stellte in Deutschland kann sich vorstel-
len, so zu arbeiten. Zu diesem Ergebnis
kommt eine aktuelle Umfrage des Karrie-
renetzwerks Xing. Allein bei der Xing-Pro-
jektbörse hallofreelancer.de, die seit Au-
gust des vergangenen Jahres online ist,
sind 450000 Freelancer registriert. Bei
der Konkurrenz freelance.de, seit 2007
am Markt, sind es knapp 140 000. Es gibt
keinen einfacheren Weg, sich selbständig
zu machen als das Freiberuflertum. In der
Regel ist dafür nur ein Computer notwen-
dig. Die große Freiheit birgt aber auch Risi-
ken. Darauf sollten Freelancer achten:

Feste Arbeitszeiten


Zu den größten Herausforderungen ge-
hört es wohl, sich nicht ablenken zu las-
sen, sondern tatsächlich am Schreibtisch
zu bleiben. Vor allem für jene, die in den
eigenen vier Wänden arbeiten. „Ohne sozi-
alen Druck ist das wirklich schwierig“,
sagt Karriere-Coach Martin Massow, der
selbst als freier Autor arbeitet. Sein Freibe-
rufler-Atlas wurde gerade zum vierten
Mal aufgelegt. Massows Vorschlag: Wer
überlegt, frei zu arbeiten, sollte vorher im
Urlaub testen, ob er in der Lage ist, einen
Tag strukturiert durchzustehen. Wochen-
und Monatspläne seien das A und O. Er
empfiehlt, für bestimmte Tätigkeiten be-
stimmte Zeiten festzulegen: „Wenn ein Au-
tor beispielsweise feststellt, dass er in den
Morgenstunden besonders konzentriert
schreiben kann, dann sollte er diese dafür
nutzen und den Nachmittag für Telefona-
te oder Recherchen.“ Fester Bestandteil
des Zeitmanagements sollten regelmäßi-
ge Pausen, Urlaub und vor allem die Akqui-
se neuer Aufträge sein. Selbst wer gerade
genügend zu tun hat oder an einem lang-
fristigen Projekt arbeitet, sollte sich paral-
lel darum kümmern, wie es weitergeht.

Mehrere Auftraggeber


Viele Unternehmen lassen sich ohnehin
von ihren freien Mitarbeitern bestätigen,
dass sie nicht der einzige Auftraggeber
sind, um sich gegen den Tatbestand der so-
genannten Scheinselbständigkeit abzu-
sichern. Aber auch unabhängig davon soll-
ten Freelancer nie auf nur einen Auftrag-
geber setzen. Denn sollte dieser plötzlich
wegbrechen, wäre ihre Existenz bedroht.

Professioneller Auftritt


Viele kennen ihre Auftraggeber durch
eine frühere Zusammenarbeit oder weil
sie diesen weiterempfohlen wurden. Aber
auch auf Online-Plattformen suchen Un-
ternehmen nach freien Mitarbeitern –
hauptsächlich Spezialisten aus dem IT-Be-
reich, Marketing, Controlling, der Kom-
munikation und Entwicklung (freelan-
cer.com, freelance.de, gulp.de, yeeply.de,
4scotty.de, projektwerk.de). Andere rich-
ten sich eher an Kreative (bloggerjobs.de,
dasauge.de, freelancermap.de). Achtung:
Freelancer, die in ihrem Profil gezielt mit
einem bestimmten Knowhow werben,
werden öfter von Firmen angefragt, als
solche, die besonders viele Fähigkeiten an-
geben. Diese Erfahrung machten zumin-
dest ihre Kollegen von hallofreelancer.de,
sagt Daniela Menzel, die bei Xing für die
Kommunikation zuständig ist. Soziale Me-
dien können helfen, bei Kunden und po-
tenziellen Auftraggebern präsent zu blei-
ben. Auf jeden Fall sollten Freelancer eine
Website besitzen und sei es nur, damit ih-
re Kontaktdaten leicht zu finden sind.

Ständige Akquise


Weihnachten oder Ostern sind gute Anläs-
se, sich bei ehemaligen Auftraggebern zu
melden, um sich in Erinnerung zu bringen
und zu erfahren, was gerade im Unterneh-
men ansteht. Auf dem Laufenden zu blei-
ben, ist laut Massow überhaupt sehr wich-
tig: Freelancer sollten regelmäßig zu ih-
rem Themengebiet passende Veranstal-
tungen wie Messen, Kongresse oder Ver-
nissagen besuchen. Zum einen, um die
neuesten Entwicklungen nicht zu verpas-
sen, zum anderen, um potenzielle Kunden
kennenzulernen. „Außerdem erfährt man
auf diesen Veranstaltungen vielleicht, wo
sich gerade ein interessantes Projekt an-
bahnt“, sagt Massow. Also: Visitenkarten
nicht vergessen und dem Zufall eine Chan-
ce geben! Auch Fortbildungen seien dafür
geeignet, weil deren Dozenten in der Re-
gel gut mit der Zielgruppe vernetzt sind.
„Sollte man tatsächlich mal einer Durst-
strecke entgegenblicken, spricht nichts
dagegen, einen ehemaligen Dozenten an-
zurufen und nach einem Tipp zu fragen.“

Anständige Honorare


Der Preis für die eigene Arbeit hängt natür-
lich vom Markt ab. Massow hat trotzdem
eine simple Faustregel: Selbst Berufsein-
steiger sollten nicht weniger als 30 Euro
pro Stunde verlangen. Schließlich müs-

sen sie ihre soziale Absicherung zu 100
Prozent selbst übernehmen. Die Kosten
für Büro, Arbeitstechnik und -materialien
müssen ebenfalls eingerechnet werden.
Generell gilt: den Stundensatz nie zu nied-
rig ansetzen und lieber mal ein Jobange-
bot ausschlagen als sich unter Wert ver-
kaufen. Das rät auch Martina Haas, Exper-
tin für Businesskommunikation. Wer ein
zu niedriges Honorar akzeptiere, etwa
weil er auf einen Werbeeffekt hofft, sollte
vorher genau prüfen: Wird mich der Auf-
traggeber tatsächlich weiterempfehlen?
Hat er gute Beziehungen? Wie viele Men-
schen erreicht er, und gehören diese über-
haupt zu meiner Zielgruppe? Und vor al-
lem: Man muss dem Auftraggeber klar ma-
chen, dass der niedrige Preis eine Sonder-
kondition ist und er Stillschweigen wahrt.
Wenn andere davon erführen, könnte das
den eigenen Marktpreis zerstören.

Ordentliche Buchführung


Freelancer müssen ihre Ausgaben und
Einnahmen bei der Einkommensteuerer-
klärung nachweisen. In der Regel reicht
dafür eine Einnahmen-Überschuss-Rech-
nung, ganz einfach: Einnahmen minus
Ausgaben. Dafür stellt das Finanzamt un-
ter elster.de ein Online-Formular zur Ver-
fügung. Um bei der Steuererklärung Zeit
und Nerven zu sparen, sei es sinnvoll, sich
das Formular vorab anzusehen und die
Struktur der eigenen Belegsammlung der
dort erforderten Anlagen-Systematik an-
zupassen, sagt Massow. Oft lohnt sich die
Beratung durch einen Experten. Viele Be-
rufsverbände bieten da Hilfe an.

Korrekte Rechnungen


Die erste Rechnung zu schreiben, ist ein
schöner Moment. Muster, wie diese ausse-
hen muss, findet man kostenlos im Inter-
net. Wichtig ist, dass Rechnungen durch-
nummeriert sind. Wer nicht möchte, dass
seine Auftraggeber anhand der Rech-
nungsnummer nachvollziehen können,
wie viele Rechnungen er bereits geschrie-
ben hat, kann einfach mit einer beliebigen
Zahl beginnen oder mit dem Datum spie-
len. Hauptsache, die Reihenfolge stimmt.

Angenehmer Arbeitsplatz


Für alle, die daheim keinen vernünftigen
Schreibtisch haben und nicht die Räume
der Auftraggeber nutzen, können Büroge-
meinschaften oder Coworking-Spaces die
Lösung sein. Plattformen wie match-
office.de, spacebase.com, dockboerse.de
oder sharednc.com helfen bei der Suche.
Einige Coworking-Spaces bieten ihre
Schreibtischplätze auch tageweise oder
auf Zehnerkarte an. Je nach Anbieter kön-
nen Freelancer verschiedene Services nut-
zen, etwa Telefondienst oder Kinderbe-
treuung. Zwei weitere Vorteile gegenüber
dem Homeoffice: Man trifft andere Men-
schen zum Austausch und neigt dazu, die
Zeit in den fremden Räumen diszipliniert
zu nutzen – schließlich kostet sie Geld.

Selbständige Kollegen


Viele Freelancer arbeiten für die Dauer ei-
nes Projekts in Teams. Allerdings sind die
Mitstreiter dort keine Kollegen, sondern
gehören meist zum Auftraggeber. Es han-
delt sich also eher um eine Kunden-
Dienstleister-Beziehung. Wer sich dar-
über hinaus mit Gleichgesinnten über be-
rufliche Erfahrungen austauschen möch-
te, kann im Internet nach Freelancer-Tref-
fen suchen, etwa auf Freelancer-Plattfor-
men oder bei meetup.de. Und wer nichts
in seiner Nähe findet, kann es machen wie
Silvia Rak. Die freie Marketingstrategin
hat vor kurzem mit der Projektleiterin Sa-
rah Steffen „Freelancers & Friends“ ge-
gründet, ein Netzwerk in Frankfurt. Die
beiden veranstalten alle sechs Wochen ein
Frühstück für Mitglieder – mit frischen
Semmeln und kurzen Vorträgen. Rak emp-
fiehlt allen, die ein solches Netzwerk auf-
bauen wollen: „Einen Mitstreiter suchen,
weil es gemeinsam leichter ist, und losle-
gen!“ Dafür solle man sich ruhig Unterstüt-
zung holen: Die IHK könnte in ihrem News-
letter darüber berichten, die Wirtschafts-
förderung etwas zu den Kosten – zum Bei-
spiel für die Website – beisteuern, lokale
Unternehmen, die oft mit Freelancern ar-
beiten, einen Raum zur Verfügung stellen
oder Experten für Vorträge vermitteln.
Rak geht es aber nicht nur um den Aus-
tausch und Kooperationen. Sie versteht
„Freelancers & Friends“ auch als Lobby-
Arbeit: „Viele blicken eher mitleidig auf
uns, nach dem Motto: Der oder die hat kei-
nen richtigen Job gekriegt.“ Auf viele mag
das sogar zutreffen. Andere gehen in die
Selbständigkeit, um Privates und Beruf
besser miteinander verbinden zu können.
Viele aber eben auch, weil verschiedene
Auftraggeber mehr Abwechslung und Her-
ausforderungen bieten, mehr Freiheit
und je nach Beruf auch mehr Geld. „Free-
lancer leisten einen Beitrag zum Erfolg
von Unternehmen“, sagt Rak, „auch sie
können Führungspersönlichkeiten sein.“
juliane von wedemeyer

Ich habe
alles verloren,
weil ich mich für
mein Kind
entschieden habe.“

STEFFI METZ, KÖCHIN

Die Freiheit


nehme ich mir


Wie man sein Leben als Freiberufler organisiert


Zwei Drittel der weiblichen Gründer sind Solo-Selbständige. So wie Steffi Metz. Nach der dritten Schwangerschaft musste sie ihre Firma aufgeben. FOTO: TOBIAS KOCH

DEFGH Nr. 184, Samstag/Sonntag, 10./11. August 2019 61


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Absturz mit Ansage


Steffi Metz hatte eine gut laufende Kochschule. Bis sie zum dritten Mal schwanger wurde und in


die Abwärtsspirale geriet. Ihre Geschichte zeigt: Für Selbständige ist Kinderkriegen ein Risiko


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