Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1

Siedlung Ludwigsfeld/Allach–Die Er-
weiterung der MAN-Teststrecke ist unter
dem Vorbehalt einer noch ausstehenden
Stellungnahme der Regierung von Ober-
bayern genehmigungsfähig. Dies geht aus
einer Antwort von Gesundheits- und Um-
weltreferentin Stephanie Jacobs auf eine
Anfrage der Stadtrats-Linken hervor. Dem-
nach kann der Bus- und Lkw-Hersteller
MAN mit Sitz in Allach auf seiner Teststre-
cke 2 an der Karlsfelder Straße 260in der
Siedlung Ludwigsfeld einen neuen Off-
road-Hügel anstelle des alten sowie einen
zusätzlichen Auffahrhügel errichten.
Darüber hinaus soll sich auch die Nut-
zung ändern: Statt 25 sollen künftig 50 Hü-


gelfahrten pro Tag zulässig sein, die An-
zahl der Testrunden pro Tag soll sich von
250 auf maximal 400 erhöhen dürfen. Sin-
ken sollen dagegen die jährlichen Fahrten
auf dem Rundkurs von bisher 75 300 auf
74 000. Auch die Anzahl der Tage für Tests
soll von derzeit 313 auf 270 pro Jahr redu-
ziert werden. Die Nutzung der Kreisbahn
sei so gut wie unverändert, allerdings auf
hundert Tage pro Jahr beschränkt. Auch
sind pro Jahr bis zu zehn Großveranstal-
tungen parallel zum Testbetrieb möglich.
Getestet werden nicht nur Trucks und Bus-
se, bevor sie in die Serienproduktion ge-
hen, die Genehmigung umfasst auch mili-
tärische Fahrzeuge. Bei der Betriebszeit

bleibe es montags bis samstags von 7 bis
20 Uhr. Die gut vierzig Jahre alte Teststre-
cke war zuletzt vor fast 15 Jahren an neue
Fahrzeugtypen angepasst worden.
Das Vorhaben ist bereits den Bürgern
vorgestellt worden – und stieß dabei auf
deren Protest. Auf die Frage, welche Maß-
nahmen das Referat für Gesundheit und
Umwelt (RGU) zum Schutz der Anwohner
vorschlägt, verweist Jacobs darauf, Immis-
sionsmessungen in der Nachbarschaft zu
fordern, und zwar während einer maxima-
len Auslastung der Anlage. Was die Veran-
staltungen betrifft, wolle das RGU Musik-
und elektronisch verstärkte Tondarbietun-
gen im Freien oder Zelt ganz untersagen,

um die Anwohner vor unnötigen Lärmbe-
lästigungen zu bewahren. Auch müsse
MAN eine Wassersprühanlage einsetzen,
um witterungsbedingte Staubemissionen
der unbefestigten Abstellflächen sowie
am Offroadhügel zu vermeiden. Der Besu-
cherparkverkehr sei weitgehend über
werkseigene Parkhäuser und Parkplätze
abzuwickeln, kombiniert mit einem Shut-
tle-Verkehr zur Teststrecke.
Zu dem von den Testfahrzeugen erzeug-
ten Verkehr zwischen Werk und Gelände
über die Karlsfelder Straße – Anwohner
klagen schon jetzt über Lärm und zu hohe
Geschwindigkeiten – sagte Jacobs zu, die
neue Karlsfelder Straße gemeinsam mit

MAN beschleunigt realisieren zu wollen.
Die Pläne dafür sind schon mehr als drei-
ßig Jahre alt. Auch habe MAN plausibel
dargestellt, dass es zu keiner signifikanten
Steigerung des Fahrverkehrs auf der Karls-
felder Straße kommen werde.
An dem Verfahren waren neben den
Fachgebieten des RGU die Regierung von
Oberbayern, das Planungsreferat, das
Kreisverwaltungs- und Baureferat sowie
die Münchner Stadtentwässerung betei-
ligt. Ihre Prüfung habe ergeben, dass das
Vorhaben genehmigungsfähig sei. Formal
steht noch die Stellungnahme der höheren
Naturschutzbehörde bei der Regierung
von Oberbayern aus. anita naujokat

von stefan mühleisen

Freimann–Die Grundschulkinder recken
eifrig ihre Arme hoch, gedämpft dringen
ihre Rufe durch die Glastür hinein ins Hei-
dehaus. Sie springen an diesem sonnigen
Vormittag aufgeregt um eine Decke beim
Hintereingang des Informations- und Bil-
dungszentrums herum, deuten hierhin
und dorthin, auf ausgebreitete Blumen, Äs-
te, Erdklumpen. Die Umweltbildungsrefe-
rentin hat sichtlich ihre Freude an der
Wissbegierde der Kinder. Hinter ihnen er-
strahlt eine blühende Blumenwiese in der
Sonne, das idyllische Bild stört nur ein
enormer Geröllhaufen in gut einem Kilo-
meter Entfernung. Es sind die Überreste
von alten Militärbaracken, inmitten eines
jahrzehntelang militärisch genutzten Ge-
biets. „Im Prinzip ist das hier wie ein Mi-
nenfeld“, sagt Tobias Maier.
Der Biologe sitzt an einem Tisch im Hei-
dehaus, diesem kleinen Stützpunkt am
südöstlichen Zipfel des Naturschutzge-
biets Fröttmaninger Heide. Der 52-Jähri-
ge, athletische Erscheinung in olivfarbe-
ner Hose und T-Shirt, ist hier Gebietsbe-
treuer; und als solcher ist er, wie alle seine
gut 50 Kollegen in Bayern, als Ansprech-
partner für die Umsetzung der Natur-
schutzverordnung bestellt. Nahezu täglich
ist Maier in der Heidelandschaft unter-
wegs, ein profunder Kenner dieses Areals
und damit auch ein Kenner der problemati-
schen Pole, die in und um das Heidehaus
sehr deutlich sichtbar sind: In einer Vitri-
ne an der Wand liegt eine verrostete Pan-
zergranate aus dem Zweiten Weltkrieg, Ka-
liber 8,8 Zentimeter, gefunden von einem
Schäfer in einem Kiesbett, knapp unter
dem Boden vergraben.
Die bekommen auch die Grundschul-
klassen zu sehen, die hier regelmäßig An-
schauungsunterricht erhalten. Sie sind be-
geisterte Zuhörer, aufgeschlossen für Er-
klärungen, was hier erlaubt ist und was
man tunlichst lassen soll – anders als so
mancher Erwachsene, wie Tobias Maier zu
berichten weiß. Mountainbiker oder auch
Motocross-Fahrer zum Beispiel, die durch
die Heide bügeln. Hunde, die ohne Leine
herumtollen, sich in Tümpeln wälzen. „Ich
erkläre den Hundehaltern dann, dass die-
se Tümpel Amphibien als Laichgewässer
dienen, der Laich verschlammt, verpilzt
und stirbt, die Kaulquappen ersticken“, er-
zählt Maier. Manche sehen das ein, viele
nicht. „Die sind nicht erfreut, dass ihr Ver-
halten reglementiert wird“, formuliert es
der Biologe.


Vorsichtige Worte für einen lange an-
dauernden, teils hitzig geführten Streit.
Was soll erlaubt und was verboten sein zwi-
schen den Hügeln und Wiesen? Die Natur
mehr vor dem Menschen schützen oder
den Menschen mehr Naherholung erlau-
ben? Dreieinhalb Jahre lang zankten sich
Anwohner mit Naturschützern in einem
als modellhaft geltenden Bürgerdialog
über angemessene Vorschriften für eine
Naturschutzgebietsverordnung.
Das 334 Hektar große Areal der Südli-
chen Fröttmaninger Heide im Grenzgebiet
zwischen nördlichem Stadtrand, Garching
und Oberschleißheim gilt als einzigartiges
Biotop mit seltenen Tier- und Pflanzenar-
ten, es ist Teil des Natura-2000-Gebiets
im Münchner Norden, zu dem auch die
Panzerwiese und das Mallertshofener
Holz zählen. Der Kompromiss nach dem
langen Gezänk: Die Heide ist in vier Zonen
mit verschiedenen Vorschriften eingeteilt:
Die „Schutzzonen“ sind ganzjährige Tabu-
zonen, die „Zone für das Heideerleben“
und die „Umweltbildungszone“ nur wäh-
rend der Vogelbrutzeiten. Durchgängig of-
fen für Spaziergänger und Gassigeher sind
allein die „Zonen für das freie Betreten“;
nur in diesen Segmenten sollen Herrchen
und Hund auch abseits der Wege herum-
streifen dürfen, wobei die kurze Leine
Pflicht ist.
Das mag so mancher Anwohner noch
immer nur schwer akzeptieren. Schließ-
lich war das Gebiet Jahrzehnte lang ein
Truppenübungsplatz, ein kaum pfleglich
behandelter Landstrich, wo sich die Frei-
manner wie selbstverständlich bewegten.
Erst seit 2017 weiß man über das ganze
Ausmaß des explosiven Erbes Bescheid,
welches die lange Militärgeschichte hinter-
lassen hat, manchmal verborgen dicht un-


ter der Oberfläche: Munitions- und
Sprengstoffreste, verteilt auf das gesamte
Gebiet, dokumentiert durch Luftbilder,
magnetische Sondierungen, testweise
Räumungen. „Ein Stupser mit dem Wan-
derstock oder ein falscher Tritt kann theo-
retisch tödlich sein“, sagt Maier.
Er steht jetzt auf einem Kiesweg unweit
des Heidehauses, in der Umweltbildungs-
zone. Die Heidelandschaft präsentiert ihre
saftig grüne Anmut, sanft wiegen sich die
Äste der Kiefern im Wind. Maier deutet
auf eine rote, am Boden aufgesprühte Mar-
kierung. Diesseits der Linie ist es sicher,
was jenseits davon blühen könnte, zeigt
ein Schild: „Lebensgefahr durch Kampf-
mittel!“, steht darauf in roten Großbuchsta-
ben. Dutzende Schilder und Markierun-
gen sind entlang des 20 Kilometer langen
Wegenetzes verteilt – immerhin dieses
Stück ist seit einigen Monaten komplett
von Munitionsresten befreit und gefahrlos
begehbar.
Derzeit sind die Kampfmittelräumer da-
bei, die „Umweltbildungszone“, den Sek-
tor östlich des U-Bahnhofs Fröttmaning,
von Munitionsresten zu befreien; 30 Hekt-
ar sind schon geschafft, wie es heißt. Bis
Jahresende soll der größte Teil dieses Hei-
desegments am Rande der Wohnbebau-
ung gefahrlos zugänglich sein. Allein, es
wird wohl noch viele Jahre dauern, bis dies
für das gesamte Naturschutzgebiet gilt.
Denn die Experten grasen die Heide buch-
stäblich mit der Hand nach den gefährli-
chen Überresten ab.
Der Grund: Anders als in mit Altlasten
durchsetzten Baugebieten gilt es, behut-
sam mit dem Boden, den darauf lebenden
Tieren und Pflanzen umzugehen. Deshalb
wird zunächst ein Wagen mit Sonden über
ein Geländesegment geschoben, wodurch
eine GPS-gestützte, geomagnetische Kar-
te entsteht. Das Gerät erfasst ferromagne-
tische „Störkörper“, also Objekte aus Eisen
und Stahl. Das können potenziell explosi-

ve Relikte sein – oder aber lediglich unge-
fährliche Schrottteile. Um das herauszufin-
den, müssen sich die Fachleute von jedem
Gebilde per Handsonde ein genaues Bild
machen, „den Boden per Hand lesen“, wie
es Gebietsbetreuer Tobias Maier aus-
drückt. Dabei ist das sogenannte Räum-
konzept – also welche Areale wie stark be-
lastet sind und welche Bereiche primär be-
ackert werden –, noch nicht abgeschlos-
sen; es soll im Herbst fertig sein, sagt die
Geschäftsführerin des Heideflächenver-
eins, Christine Joas.

All dies wird eine Stange Geld kosten,
wohl einen einstelligen Millionenbetrag,
wie Joas vermutet. Klar ist dabei, dass die
Kosten am Steuerzahler hängen bleiben.
Unklar bleibt, ob nur die Bevölkerung in
den Mitgliedskommunen des Heideflä-
chenvereins dafür aufkommt oder auch
der Bundeshaushalt etwas beisteuert. Seit
zwei Jahren streitet sich der Heideflächen-
verein darüber mit der Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben. Die interkommuna-
le Organisation hatte dem Bund das Ge-
biet 2007 abgekauft, ficht nun aber das da-
malige Gutachten zur Kampfmittelbelas-
tung an – und fordert Schadenersatz. Der
Räumaufwand sei viel höher als seinerzeit
dargestellt, findet der Heideflächenver-
ein. Ein Vergleich ist bisher gescheitert,
nun geht das Verfahren in die nächste In-
stanz vor das Oberlandesgericht. „Das
kann sich noch Jahre hinziehen“, vermutet
Joas, betont aber, dass dies die Kampfmit-
telräumung nicht bremsen soll. „Wir wol-
len möglichst schnell vor allem die sied-
lungsnahen Bereiche entmunitionieren“,
sagt sie – aus Sicherheitsgründen, zum
Schutz der Bürger.
Dabei dürfte es ebenfalls noch viele Jah-
re dauern, bis sich die Bürger ihrerseits an
die teils strikten Regeln in der Heide ge-
wöhnt haben. „Bis zu meiner Rente werde
ich noch viele Gespräche führen“, sagt To-
bias Maier.

Gebietsbetreuer Tobias Maier informiert laufend
bei kostenlosen Infoveranstaltungen über anste-
hendeMaßnahmen in der Heide; die nächste fin-
det an diesem Sonntag, 11. August, von 15 bis
16.30 Uhr am Heidehaus, Admiralbogen 77, statt.

Parkstadt Schwabing–Zwei Jahre lang
mussten die Bewohner der Parkstadt
Schwabing ohne Wertstoffinsel auskom-
men, weil diese einem Hotelbau weichen
musste. Nun ist es dem Nachbarschafts-
treff an der Lilly-Reich-Straße gelungen,
einen neuen Platz finden. Der Eigentü-
mer eines privaten, bislang unbebauten
Grundstücks an der Lyonel-Feininger-
Straße stellte die Fläche für ein Entsor-
gungsunternehmen zur Verfügung. Der
neue Standort, am Briefkasten neben
dem Ibis-Hotel, ist auf drei Jahre befris-
tet, danach werde man sich der Standort-
frage erneut stellen, heißt es in einer Mit-
teilung des Treffs. Aus Anlass der Eröff-
nung der neuen Wertstoffinsel wurde au-
ßerdem die Müllskulptur „Der radelnde
Fisch“ ausgestellt. Die Parkstädterin Ol-
ga de Sign hat gemeinsam mit Kindern
das Werk mit dem Müll von den Straßen
des Viertels gestaltet und will die Skulp-
tur als Aufruf zur Müllvermeidung ver-
standen wissen. jlk

Unterschleißheim– Die Landratsämter
in München und Freising warnen vor
dem Verzehr von Fischen aus der Moos-
ach. Bei einem Monitoring hatte das Was-
serwirtschaftsamt (WWA) München per-
fluorierte Alkylsubstanzen in dem Neben-
fluss der Isar festgestellt, der auch durch
Ober- und Unterschleißheim fließt. „Frü-
her wurde die Industriechemikalie zum
Beispiel in Löschschaum verwendet“, so
Christian Leeb, der Leiter der Behörde.
Finden lässt sich die Chemikalie fast bay-
ernweit, nur in der Moosach überschrei-
tet sie allerdings den Grenzwert.

Wo genau die Ursache für die Ver-
schmutzung liegt, sei unklar. „Vielleicht
ist die Chemikalie durch den Boden gesi-
ckert und wurde von den Münchner Ge-
wässern in die Moosach getragen“, so
Leeb. Das Wasserwirtschaftsamt habe
jetzt Vorfälle der vergangenen Jahre in
den Blick genommen, darunter den
Brand bei BMW in Eching 2001. Noch sei
die genaue Ausdehnung und Ursache der
Belastung unklar. Das WWA München
hat bereits eine Grundwasserprobe ins
Labor geschickt, kommende Woche sol-
len die Ergebnisse vorliegen.
Bis auf Weiteres warnt das Landesamt
für Gesundheit und Lebensmittelsicher-
heit vor regelmäßigem Verzehr von Fi-
schen aus der Moosach. Nach dem Be-
fund des Wasserwirtschaftsamts hatte
man dort wild lebende Fische untersucht
und unterschiedlich hohe Gehalte von
Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) festge-
stellt. In geringen Mengen sei das nicht
bedenklich, könne aber bei erhöhten
Mengen zum Beispiel zu einem erhöhten
Cholesterinspiegel im Blut führen.
Das Landratsamt Freising will anläss-
lich der aktuell vorliegenden Ergebnisse
gemeinsam mit dem Landesamt für Ge-
sundheit amtliche Untersuchungen von
Lebensmitteln tierischer Herkunft auf
PFOS vornehmen. Ergebnisse hierzu lie-
gen derzeit noch nicht vor. lada

Moosach– Der Bezirksausschuss Moos-
ach bittet das Referat für Bildung und
Sport auf Initiative der SPD, den Lehrer-
parkplatz am Moosacher Schulzentrum
wieder für die Öffentlichkeit zu öffnen –
bei nachmittäglichen und abendlichen
Sportveranstaltungen. Die Lokalpoliti-
ker versprechen sich davon, die ohnehin
angespannte Parksituation in den umlie-
genden Straßen zu entschärfen.
Seit die Generalsanierung des Schul-
zentrums abgeschlossen ist, sei zu beob-
achten, dass gerade bei den häufigen
abendlichen Veranstaltungen der drei
Schulen sowie bei anderen Aktivitäten im
Schulzentrum ringsum intensiv geparkt
werde –mitunter auch an gefährlichen
und unübersichtlichen Stellen, begrün-
det die SPD ihren Vorstoß. Der Schul-
parkplatz hingegen sei seit einigen Jah-
ren mit einer Schranke ausgestattet und
stehe nur noch den Lehrkräften zur Verfü-
gung. Nachmittags und abends sei er
aber kaum belegt. Zu diesen Zeiten könn-
te der Parkplatz problemlos von Besu-
chern genutzt werden, sind die Bürgerver-
treter überzeugt. anna

Die Mitglieder des
Heideflächenvereins
prozessieren gegen den Bund

Es gibt vier verschiedene
Zonen,in einer gilt:
Zutritt ganzjährig verboten

Lehrerparkplatz soll


abends offen sein


Genehmigung mit Auflagen


Der Bus- und Lkw-Hersteller MAN wird voraussichtlich seine Teststrecke an der Karlsfelder Straße erweitern und intensiver nutzen dürfen


Eine Wertstoffinsel


für die Parkstadt


Der Heideflächenverein Münchner Norden
ist eine Föderation von Stadt und Landkreis
München, dem Kreis Freising sowie fünf
nördlichen Nachbarkommunen: Garching,
Unter- und Oberschleißheim, Eching und
Neufahrn. Sie fanden sich Ende der Achtzi-
gerjahre zusammen, um die Heideflächen
als Naturraum zu sichern – und haben dafür
im Jahr 2007 das 334 Hektar große Segment
südlich der Autobahn A 99 („Südliche Frött-
maninger Heide“) für 1,9 Millionen Euro
vom Bund gekauft. Das Ziel: Einerseits wol-
len die Städte und Gemeinden diesen wert-
vollen Naturraum erhalten, ihn hegen und
pflegen sowie vor Bebauung schützen.
Andererseits benutzen sie das Areal aber
auch als planungsrechtlich wertvolles Reser-
voir: Die Akteure haben sich per Vertrag ge-
genseitig Ausgleichsflächen-Kontingente

zugesichert. Das sind jene gesetzlich vorge-
schriebenen Flächen, die Bauträger gemäß
Umweltvorgaben als Kompensation ökolo-
gisch aufwerten müssen, weil sie an ande-
rer Stelle ein Gebiet versiegeln. Ein verfüg-
bares Ökokonto also, das insgesamt
62,63 Hektar der Südlichen Fröttmaninger
Heide umfasst.
Größter Nutznießer ist die Stadt Mün-
chen, sie hält gut 30 Prozent dieser Fläche
(18,96 Hektar), gefolgt von Unterschleiß-
heim (13,48 Hektar). Das ist praktisch für die
Kommunen: Sie müssen nicht womöglich
wertvolles Bauland auf ihrem Gebiet freihal-
ten, sondern pumpen Geld für die Land-
schaftspflege in die Heide, die ohnehin qua-
si brach liegt. Es zeigt sich nun, dass die Lan-
deshauptstadt dabei ist, ihr Ökokonto um
gut 16 Hektar zu überziehen. 14,33 Hektar

waren bis Ende 2018 schon „abgebucht“,
wie es in einer Beschlussvorlage für den
Stadtrat steht. Und im laufenden Jahr kom-
men nun die Ausgleichsflächen für große
Baugebiete dazu, etwa für das neue Wohn-
quartier Bayernkaserne. Doch die Nachbarn
wollen aushelfen: Die Kommunen kamen
überein, dass der Aufteilungsschlüssel zu-
gunsten Münchens aktualisiert werden
darf.
Im Prinzip treten dabei jene, die wenig
oder gar keinen solchen Bedarf haben, Flä-
chen ab. Im Gegenzug muss München mehr
für die so genannte Erhaltungspflege zah-
len, sprich: nicht nur ein Gebiet zum Biotop
entwickeln, sondern auch Sorge tragen,
dass es danach auch ein solches bleibt. Kon-
kret fallen 75 570 Euro für zehn Hektar pro
Jahr an. SMÜH

„Im Prinzip ist das ein Minenfeld“, sagt Gebietsbetreuer
Tobias Maier (oben vor den Resten von Militärbaracken).
Denn in der Fröttmaninger Heide findet sich außer
Flora und Fauna auch ganz schön viel Munition.
FOTOS: ALESSANDRA SCHELLNEGGER

Chemie-Belastung


in der Moosach


Landratsamt warnt vor Verzehr
von Fischen aus dem Fluss

STADT AM RAND


Explosives Erbe


Ein falscher Tritt kann tödlich sein: Die Räumung der Fröttmaninger Heide von Kampfmitteln wird noch
Jahre dauern. Viele Menschen treibt aber mehr um, was erlaubt und was verboten ist in dem Naturschutzgebiet

Wertvoll in doppelter Hinsicht


NORDEN


DEFGH Nr. 184, Samstag/Sonntag, 10./11. August 2019 PGS STADTVIERTEL R9

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