Süddeutsche Zeitung - 10.08.2019

(avery) #1
von andrea bachstein

München–Nicola Zingaretti zauderte
nicht. „Wir sind bereit für die Herausforde-
rung“, teilte der Vorsitzende von Italiens
größter Oppositionspartei, des sozialde-
mokratischen Partito Democratico, auf al-
len Kanälen mit. Kaum war am Donners-
tagabend klar, dass Vizepremier und Lega-
Chef Matteo Salvini die Regierung platzen
lässt, meldete sich der PD-Chef. Aber das
ändert nichts an den Zweifeln daran, wie
bereit der PD ist. In Umfragen liegt er bei
gut 22 Prozent, klar vor den Cinque Stelle.
Aber seit die Koalition aus Lega und Cin-
que Stelle im vergangenen Sommer an die
Regierung kam, waren die Sozialdemokra-
ten vor allem mit sich beschäftigt. Interne
Flügelkämpfe, persönliche Zerwürfnisse


  • seit es ihn gibt, hat es der PD bei der
    Selbstzerfleischung zu hoher Kunst ge-
    bracht. Ein großes Thema dabei war Mat-
    teo Renzi, der Ex-Premier und gefallene
    Superstar des PD.


Entsprechend blass war der PD als Op-
position, obwohl ihm die nun zerbrochene
Koalition serienweise Steilvorlagen bot.
Zingaretti, 53, wurde im März Vorsitzen-
der. Ein besonnener Mann, seit 2013 Chef
der Regionalregierung von Latium. Zu-
letzt wurde es etwas ruhiger beim PD.
Doch Zingaretti ist kein Meister pointier-
ter Sprache, kein mitreißender Charismati-
ker. Womöglich hat er sich zu viel zurück-
gehalten, um nicht zu polarisieren. Kriti-
ker warfen ihm vor, oft nichts zu sagen,
um Streit im eigenen Haus zu vermeiden.
Doch zwischen PD und Lega dürfte für
die Neuwahl im Herbst die Hauptkampfli-
nie liegen, beim Versuch, enttäuschte Fünf-
Sterne-Wähler zu den Sozialdemokraten
zu holen. Silvio Berlusconis Forza Italia
(FI) ist nicht die große Herausforderung
für den PD. FI dümpelt bei sieben Prozent
in Umfragen und erlebt eine Spaltung.
Dass für den PD die einzige Hoffnung
darin liegt zusammenzuhalten, hat Zinga-
retti am Freitag so formuliert: „Der PD ist
reich an Persönlichkeiten. Uneins sind sie
ein Desaster, wenn sie sich vereinen, sind
sie unschlagbar“, sagte er dem Sender Ra-
dio Capital. Er machte ein Angebot an den
Mann, über den der PD bis zur Erschöp-
fung gestritten hat: „Renzi“, sagte Zinga-
retti, „soll zu einer guten Mannschaft gehö-
ren, um das Land zu verändern.“ Renzi sol-
le dem PD helfen, Lega und Cinque Stelle
zu schlagen, das hatte er schon in den Ta-
gen zuvor gesagt.
Matteo Renzi, 44, war von Anfang 2014
bis Ende 2016 der jüngste Regierungschef
Italiens, mit gewaltiger Energie stieß er Re-
formen in allen Bereichen an, bescherte
dem PD einen Erfolg bei der vorletzten Eu-
ropawahl. Aber ihm folgte immer nur ein
Teil des PD. Kritiker warfen und werfen
ihm vor, eigentlich sei er eher Christdemo-
krat als ein Linker. Und Renzi machte Feh-
ler, tönte zu vorlaut und selbstbewusst.
Der gewaltigste Fehler aber war, sein Amt
mit einem Referendum zu verbinden, das
er dann verlor. Er musste zurücktreten.
Seither haben Teile seiner Partei ihn nie-
dergemacht, als wäre er Italiens größtes
Übel, quasi schlimmer als Salvini.
So war Renzi gerade am Punkt, die
Gründung einer eigenen Partei zu erwä-
gen. Mit ein paar Getreuen aus dem PD,
darunter Ex-Europaminister Sandro Gozi.
Ob dieser Plan jetzt ruht, muss sich zeigen.
Renzi jedenfalls ist in Form. Wie es der Zu-
fall wollte, hatte er am Donnerstagabend,
als Salvini die Bombe zündete, einen Auf-
tritt für den PD in seiner Heimatregion Tos-
kana. In Santomato rief er auf der Bühne

begeistert: „Die Regierung der Stümper“
sei gefallen. „Salvini macht sich in die Ho-
sen aus Angst vor dem Haushaltsgesetz.“
Renzi drehte auf, wie es kein anderer im
PD vermag. Was ihn im Herzen umtreibe,
so Renzi, sei Sorge um die Italiener, aber
auch die Hoffnung, dass das Land jetzt die
Augen öffne und sehe, was in den letzten
Jahren angerichtet worden sei. Ob er Zinga-
retti die Hand reicht, um die der PD-Chef
ihn bat, muss Renzi nun schnell entschei-
den. Er weiß, was geschah, als vor der
Wahl 2018 einige seiner unversöhnlichen
Gegner im PD eine eigene Partei gründe-
ten. Schwergewichte wie der langjährige
PD-Chef Pier Luigi Bersani, Ex-Premier
Massimo D’Alema: Sie endeten mit ande-
ren Partnern unter ferner liefen bei der
Wahl, kosteten den PD aber vielleicht ent-
scheidende zwei, drei Prozent.
Auch der PD muss etwas entscheiden:
2018 war es für ihn nach der Wahl ausge-
schlossen, mit den Fünf Sternen zu koalie-
ren, zu groß die Feindseligkeit, zu verschie-
den die Programme. Hätten sich beide an-
ders entschieden, wären Salvini und die Le-
ga nie so weit gekommen. Bei der nächsten
Wahl wären PD und Cinque Stelle zusam-
men nach jetzigem Stand die einzige Kon-
stellation auf eine Mehrheit ohne die Lega.
Und dann gibt es noch Silvio Berlusconi,
fast 83-jährig und irgendwie sein eigener
Wiedergänger. Mit seiner Mitte-rechts-
Partei FI könnte die Lega nach jetzigen Um-

fragen eine Mehrheit bilden, so wie früher.
Nur war da Berlusconis FI der große Part-
ner und die Lega der kleine. Neuwahlen sei-
en die beste Lösung, sagte Berlusconi am
Freitag, da habe Salvini recht. Durch
Schuld der Cinque Stelle, sagte er der fami-
lieneigenen ZeitungIl Giornale,lebten die
Italiener „in einem Land, in dem nichts

mehr funktioniert“. Dass Berlusconi sich
da als Partner bei Salvini andiente, könnte
sein. Aber auch ihn und die FI trifft eine
Wahl zu einem schlechten Moment.
Der greise Patriarch hat zwar gerade ein
neues Projekt angestoßen, „L’altra Italia“,
eine Föderation bürgerlich-rechter Partei-
en solle das werden, sagte er. Aber er ist zu

alt für die Zukunft, auch die Gesundheit
hat ihm zuletzt zu schaffen gemacht – und
ein anderes Projekt, das aus seiner Partei
stammt, aber nicht von ihm. Giovanni To-
ti, Gouverneur von Ligurien, ist neulich
von Bord gegangen, hat eine neue Bewe-
gung gegründet: „Cambiamo“, lasst uns
verändern. Toti galt als politischer Zieh-
sohn Berlusconis. Doch dass der Alte nicht
loslässt und auch nicht alle politischen
Ideen Totis aufnimmt, hat ihn vertrieben.
Und mit ihm alte Weggefährten Berlusco-
nis. Denn Berlusconi, der einen vierköpfi-
gen Präsidiumsrat in der FI eingeführt
hat, machte klar: „Drinnen oder draußen.“
Wer sich in der FI Totis Cambiamo an-
schloss, musste gehen. Ein schwerer Ader-
lass für die FI, aber dass Cambiamo sich
als Sovranisten-Partei platzieren will, ging
Berlusconi offenbar zu weit. Er war nie EU-
Gegner, auch wenn sie ihm gelegentlich
als Sündenbock diente.
Für den abtrünnigen Toti kommt die
Wahl auch zu früh. Er wollte im September
auf Tour, um Cambiamo vorzustellen. Er
wäre natürlicher Verbündeter Salvinis.
Die Lega wird auf ihn und Berlusconi nicht
unbedingt angewiesen sein. Sie steht bei
rund 36 Prozent und könnte mit den post-
faschistischen Fratelli D’Italia (FdI) mit et-
wa 6,5 Prozent auskommen. Die FdI-Vor-
sitzende Giorgia Meloni könnte Konkur-
renz für Salvini werden – ihre Polemik
kann sich mit der des Lega-Chefs messen.

soll künftig geschäftsführend die US-Geheim-
dienste koordinieren(FOTO: DPA). Für dieses
Amt hat ihn Donald Trump ausgewählt, nach-
dem Dan Coats den Posten im Streit verlas-
sen hatte. Coats hatte Zweifel an Irans Atom-
plänen geäußert, Trump unterstellte ihm
Ahnungslosigkeit. Über Maguire sagte der
Präsident: „Ich habe keinen Zweifel, dass er
einen großartigen Job machen wird.“ dpa


Hongkong –In Hongkong haben sich
am Freitag Hunderte Demonstranten in
der Ankunftshalle des Flughafens ver-
sammelt. Den Reisenden überreichten
sie Flugblätter mit ihrer Kritik an der
Regierung. Sie hielten Transparente
hoch und versuchten in einem Dutzend
Sprachen, die Reisenden auf den seit
Wochen anhaltenden Konflikt aufmerk-
sam zu machen. „Liebe Reisende, Sie
sind in einer zerbrochenen, zerrissenen
Stadt gelandet, nicht in der, die Sie bis-
her kennen. Doch für dieses Hongkong
kämpfen wir.“ Für das Wochenende sind
zahlreiche Kundgebungen der Demokra-
tiebewegung in der Stadt geplant. Ihr
Protest richtet sich gegen den Einfluss
Pekings. reuters


Rijeka –DasSchiff darf man nicht betre-
ten, „aus Sicherheitsgründen“, hat es gehei-
ßen. Das war keine behördliche Ausrede,
wie beim Anblick des Kahns schnell klar
wird. Asbest-Platten bröckeln, die Außen-
haut ist fast mehr Rost als Lack. Das einzi-
ge, was frische Farbe trägt, sind die Schil-
der, die das Betreten verbieten sowie ei-
nes, das auf die Fördergelder verweist, die
Brüssel für die Umgestaltung dieses
Wracks zum Museum bewilligt hat. Doch
die millionenschwere Renovierung stockt.
Es sind Jahrzehnte an Weltgeschichte,
die hier im Hafen von Rijeka vor sich hin-
rosten. DieGaleb, zu Deutsch Möwe, 117
Meter lang, war die Staatsyacht des jugo-
slawischen Präsidenten Josep Broz Tito –
und damit das zentrale Vehikel der weltwei-
ten Blockfreien-Bewegung. Die Tatsache,
dass ein solches Schiff derart herunterge-
kommen in einem kroatischen Hafen düm-
pelt, hat auch damit zu tun, dass es im
Land sehr unterschiedliche Auffassungen
darüber gibt, wie diese Jahrzehnte Weltge-
schichte zu bewerten sind.
Eigentlich sollte das Schiff komplett re-
noviert und als Hotel und Museum im neu-
en Glanz erstrahlen, wenn Rijeka 2020 Eu-
ropas Kulturhauptstadt wird. Doch ist ein
Schiff, das dem kommunistischen Herr-
scher Tito als schwimmende Residenz
diente, dafür das richtige Symbol? Dar-
über ist ein heftiger Streit entbrannt. Kon-
servative Politiker wollen dem alten Dikta-
tor kein weiteres Denkmal setzen und da-
für auch noch Millionenschulden aufneh-
men. Sie sehen – anders als die Linke – in
Tito nicht den Befreiungshelden. Für die
Rechte war der Marschall ein Despot, der
politische Gegner einsperren, foltern und
töten ließ. An dieser Frage teilt sich immer
noch das moderne Kroatien, das aus Titos
Jugoslawien hervorgegangen ist.
Die Geschichte begann im April 1938.
Unter dem NamenRAMB IIIverlässt die


Yacht die Ansaldo-Werft in der italieni-
schen Hafenstadt Genua.RAMBsteht als
Abkürzung für „Regia Azienda Monopolio
Banane“, das war das königliche italieni-
sche Bananenhandels-Unternehmen. Das
Schiff sollte von den Häfen am Roten Meer
Früchte aus den Kolonien ins Mutterland
bringen. Doch dazu kam es nie. Im Zweiten
Weltkrieg übernahm Mussolinis Marine
das Schiff in seine Flotte, baute es zum
Hilfskreuzer um und rüstete es mit einem
Wasserbombenwerfer und einer Fliegerab-
wehrkanone auf. Im Hafen von Bengasi, Li-
byen, traf ein britisches Torpedo dieRAMB
III, schwer beschädigt wurde sie nach Sizili-
en geschleppt.

Nach der Kapitulation Italiens im Sep-
tember 1943 beschlagnahmte die deut-
sche Kriegsmarine das Schiff, nannte es
Kiebitzund baute es zum Minenleger um.
In den folgenden Monaten wird sie mehr
als 5000 Minen in der nördlichen Adria ver-
senken – bis dieKiebitzam 5. November
1944 im Hafen von Rijeka selbst bei einem
Luftangriff versenkt wird.
Drei Jahre verbringt sie auf dem Grund
des Hafens, bis im November 1947 die jugo-
slawische Regierung eine einheimische
Werft mit der Bergung beauftragt. Die In-
genieure kleiden die Hohlräume mit Zylin-
dern aus, in die sie Luft pumpen – so
kommt das 4500 Tonnen schwere Schiff
im März 1948 wieder an die Oberfläche. Es
wird zerlegt und neu zusammengebaut.
Im Juli 1952 wird es, unter dem NamenGa-
leb,zum Schulschiff der jugoslawischen
Marine. Kurz darauf kommt der Präsident
zu Besuch an Bord, Josef Broz Tito. DieGa-
lebgefällt ihm so gut, dass er anordnet, sie

für seine Zwecke umbauen zu lassen. Bis
zu seinem Tod 1980 wird Tito insgesamt
549 Tage an Bord verbringen und 33 Län-
der anfahren. Es heißt, er habe unter Flug-
angst gelitten.
Die erste diplomatische Reise ist zu-
gleich die weltpolitisch spektakulärste:
Nachdem er, der frühere Partisanenführer
im siegreichen Kampf gegen die deut-
schen Besatzer, sich 1948 mit dem Sowjet-
Diktator Stalin überworfen hat, sucht er ei-
nen liberaleren, „humaneren“ Sonderweg

im Sozialismus – und den Dialog mit der
westlichen Welt. Im März 1953 fährt Tito
an Bord derGalebin die neblige Themse-
Mündung ein, steigt um auf ein Boot der
Royal Navy, das ihn ins Zentrum von Lon-
don bringt. Dort trifft er als erstes Ober-
haupt eines kommunistischen Staates seit
dem Zweiten Weltkrieg den britischen Pre-
mierminister Winston Churchill. In den fol-
genden Jahren wird dieGalebzur schwim-
menden Bühne der Blockfreien-Bewe-
gung, der von Tito mitgegründeten Vereini-

gung jener Staaten, die sich keinem der bei-
den Machtblöcke des Kalten Krieges an-
schließen wollen.
Tito, der weiter seinen Partisanen-Titel
„Marschall“ trägt, bricht mit derGaleb,
dem „Friedensschiff“, zu monatelangen
Reisen nach Afrika und Asien auf. An Bord
empfängt er Staats- und Regierungschefs
wie Gamal Abdel Nasser, Haile Selassie,
Leonid Breschnew, Muammar al-Gaddafi
und Indira Gandhi. Mit dabei ist jeweils ein
Aufgebot an Köchen, Musikern und Schnei-
dern. Titos Ehefrau Jovanka Broz ist be-
kannt dafür, dass sie bei jedem Landgang
ein anderes Kleid trägt. Auf seiner letzten
Fahrt mit derGaleb, 1979, steuert Tito Ku-
bas Hauptstadt Havanna an, wo er Fidel
Castro dessen Pläne ausredet, die Block-
freien enger an Moskau heranzuführen.

1980 stirbt Tito, und dieGalebwird wie-
der zum Schulschiff der Marine. Während
Jugoslawien im Laufe der 1990er-Jahre im
Krieg zerfällt, beginnt auch der Verfall der
Galeb,die in der montenegrinischen Bucht
vertäut liegt. Im Jahr 2000 kauft der grie-
chische Geschäftsmann John Paul Papani-
colaou der Regierung Montenegros dieGa-
lebfür 750 000 US-Dollar ab, lässt sie zu ei-
ner kroatischen Werft nahe Rijeka überfüh-
ren, wo er sie zu seiner Privatyacht umbau-
en lassen will. Doch dann geht ihm das
Geld aus. Die kroatische Regierung erklärt
dieGaleb2006 zum nationalen Kulturer-
be, 2009 kauft die Stadt Rijeka das Schiff,
um es zum Museum auszubauen.
Im Jahr 2020 wird Rijeka den Titel „Kul-
turhauptstadt Europas“ tragen, und recht-
zeitig zum erwarteten Besucheransturm
sollte dieGalebfrisch herausgeputzt sein –

als Museum und Hotel. Doch daraus wird
wohl nichts. Denn im Stadtrat gibt es Streit
um die Finanzierung. Umgerechnet 4,
Millionen Euro hatte die Stadt für die Reno-
vierung veranschlagt und Fördergelder
aus Brüssel bewilligt bekommen. Dann al-
lerdings ging bei der öffentlichen Aus-
schreibung für den Renovierungs-Auftrag
nur ein einziges Angebot ein, in Höhe von
8,1 Millionen Euro, nahezu doppelt so viel
wie von der Stadt veranschlagt.
Der sozialdemokratische Bürgermeis-
ter will nun umgerechnet knapp sechs Mil-
lionen Euro Schulden aufnehmen, für die
Renovierung derGalebund andere Projek-
te, das allerdings lehnt eine Mehrheit im
Stadtrat ab. Bis zum Dienstag läuft eine
neue Ausschreibung – ob die ein akzeptab-
les Angebot hervorbringt, ist fraglich.
„Wir lehnen es nicht prinzipiell ab, aus
derGalebein Museum zu machen“, sagt Bo-
jan Kurelić, Generalsekretär der liberalen
Oppositionspartei Jugend-Aktion. „Das
Schiff ist ein wichtiger Teil unserer Ge-
schichte, unabhängig davon, wie man zu
Tito steht. Wir sind aber dagegen, dass die
Stadt dafür zusätzliche Schulden macht.“
Die Schulen seien in erbärmlichen Zu-
stand, es fehle an Kindergartenplätzen.
„Warum können sich nicht Privatpersonen
an der Finanzierung beteiligen?“ Und was
sei mit der Blockfreien-Bewegung, zu der
immer noch 120 Staaten gehören? „Es ist ja
auch ihr Schiff.“
Die Kulturbehörde der Stadt erklärt, sie
hoffe, dass trotz aller Schwierigkeiten die
Renovierung bis spätestens Dezember
2020 abgeschlossen sei. Dann wäre immer
noch ein wenig Prestige-Jahr übrig, denn
der Titel „Kulturhauptstadt Europas“
läuft offiziell erst Ende Februar 2021 aus.
Der Anblick der gewaltigen Rostflecken
auf der Außenhaut derGalebstützen aller-
dings den Eindruck, dass dieser Zeitplan
arg ambitioniert ist. tobias zick

Silvio Berlusconis
Forza Italia dümpelt
in Umfragen bei sieben Prozent

Joseph Maguire


El Paso –Der Todesschütze von El Paso
wollte bei seinem Angriff in der Grenz-
stadt vor allem Mexikaner töten. Das
geht aus einem Bericht der örtlichen
Polizei hervor, der am Freitag von mehre-
ren US-Medien veröffentlicht wurde.
Ermittler hatten die Tat bereits zuvor als
mutmaßlich rassistisch motiviert be-
schrieben. Der 21-jährige Täter hatte in
der Stadt an der mexikanischen Grenze
am vergangenen Samstag in einem Ein-
kaufszentrum das Feuer eröffnet. Er
tötete 22 Menschen, unter ihnen acht
Mexikaner und einen deutschen Staats-
bürger. dpa


Die Reaktion aus Brüssel ist routiniert. Auf
die Frage in der Pressekonferenz, was die
EU-Kommission denn zur „Regierungskri-
se“ in Italien sage, antwortet die Spreche-
rin mit dem Standardsatz, dass man die
Entwicklungen verfolge und „keinen Kom-
mentar zu den demokratischen Prozessen
in unseren Mitgliedstaaten“ abgebe.
Als routiniert dürften in Rom und Brüs-
sel nur wenige die Haltung der Populisten-
Regierung gegenüber der EU bezeichnen.
Innenminister Matteo Salvini zeigte sich in
der Migrationspolitik kaum kompromiss-
bereit, schwänzte fast immer die regelmä-
ßigen Treffen mit seinen 27 EU-Kollegen
und erschwerte so Gespräche. Vor der
Europawahl wollte sich Salvini sein wich-
tigstes Thema nicht nehmen lassen.
Streit gab es oft wegen der Haushaltspo-
litik: Cinque Stelle und Lega betonten
mehrmals, die Sparappelle der EU-Kom-

mission ignorieren zu wollen. Mit 132 Pro-
zent ist Italiens Schuldenquote nach der
Griechenlands die zweithöchste aller Euro-
Staaten. Im Juni hatte daher die Kommissi-
on ein Strafverfahren eingeleitet, das An-
fang Juli schon wieder eingestellt wurde:
Rom versprach, Ausgaben „einzufrieren“.
Auf einen Aspekt schaut man in Brüssel
besonders aufmerksam: Wen nominiert
Rom für die EU-Kommission unter Ursula
von der Leyen? Bis zum 26. August ist Zeit,
und neben Frankreich ist Italien das wich-
tigste Land, das noch keinen Namen ge-
nannt hat. Die Chancen scheinen gut zu
stehen für einen Technokraten, der keinen
Streit mit dem EU-Parlament auslöst, was
bei zu großer Salvini-Nähe wohl unver-
meidbar wäre. Rom will ein Ressort „mit
Wirtschaftbezug“ – sollte eine Frau nomi-
niert werden, wie es sich von der Leyen
wünscht, würde das nicht schaden. MATI

DEFGH Nr. 184, Samstag/Sonntag, 10./11. August 2019 HMG POLITIK 9


Geschwächte Legionen


Italiens zerstrittene Sozialdemokraten gelten bisher als blasse Opposition gegen Salvinis Lega.
Jetzt müssen sie enttäuschte Fünf-Sterne-Wähler auf ihre Seite holen – und ihren einstigen Chef Renzi

Titos rostige Möwe


Sie war die schwimmende Residenz des jugoslawischen Herrschers, jetzt soll die „Galeb“ zum Museum werden – und Kroatien streitet, was dieses Erbe heute bedeutet


2020 wird Rijeka Europas
Kulturhauptstadt, da soll
das Schiff glänzen

Nikosia –Die Führer der griechischen
und türkischen Zyprer wollen die seit 45
Jahren andauernde Teilung der Mittel-
meerinsel überwinden. Dazu wollen sie
sich im September bei der nächsten
UN-Vollversammlung mit dem General-
sekretär der Vereinten Nationen, Antó-
nio Guterres, treffen. Am Freitag traf der
Präsident der Republik Zypern, Nikos
Anastasiades, bereits mit dem Präsiden-
ten der nur von der Türkei anerkannten
Republik Nordzypern, Mustafa Akinci,
zusammen. Das Treffen sei „ehrlich und
konstruktiv“ gewesen, hieß es. Die Span-
nungen zwischen Nikosia und Ankara
sind gestiegen wegen Gasvorkommen
unter dem Meeresboden, um die beide
Seiten streiten. dpa  Seite 4


Brüssel wartet ab


Demonstration am Flughafen


Der Volksmund behauptet,
Marschall Tito habe unter
Flugangst gelitten

Wer soll ihn aufhalten? Lega-Chef Matteo Salvini nimmt in Pescara Ovationen seiner Anhänger entgegen. FOTO:STEFANO CAVICCHI/LAPRESSE VIA ZUMA PRESS/DPA

Am Hafen von Rijeka rostet dieGalebvor sich hin. Der Umbau der „Möwe“ würde
Millionen kosten. FOTO: DARKO BANDIC/AP

Zyprer reden miteinander


Täter wollte Mexikaner töten


AUSLAND

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