Handelsblatt - 19.08.2019

(Elle) #1

„Wir wollen weg vom


Papierkram und lästigen


Behördengängen, hin zu


einer modernen, digitalen


Verwaltung.“


Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister, (CSU)
über die Handhabung von Erstzulassungen oder
die Umschreibung von Fahrzeugen

„Das ist völlig krank und


unmenschlich. Es muss


sofort aufhören. “


Markus Potzel, der deutsche
Afghanistan-Sonderbeauftragte, über
den Anschlag auf eine
Hochzeitsgesellschaft in Kabul, bei dem
mindestens 63 Menschen starben

Stimmen weltweit


Die ungarische Zeitung „Nepsava“ kritisiert
die Ungarn-Politik der Bundesregierung:

D


er 30. Jahrestag der Öffnung der (unga-
rischen) Grenze (für die in Ungarn fest-
sitzenden DDR-Bürger) verspricht, eine
besondere Feierlichkeit zu werden. Angela Mer-
kel, die wichtigste Persönlichkeit beim Schmie-
den der europäischen Einheit, wird neben
(dem ungarischen Ministerpräsidenten) Viktor
Orbán stehen, dem Vorkämpfer gegen jede (eu-
ropäische) Integration. Neben einem Orbán,
der sich in jeder beliebigen asiatischen Haupt-
stadt eher zu Hause fühlt als in Europa. Sie wer-
den ein seltsames Paar darstellen. (...)
Es steht außer Zweifel, dass Deutschland die
undemokratischen Maßnahmen der ungari-
schen Regierung kritisiert. Berlin behandelt je-
doch die ungarische Frage auf eine – nennen
wir es so – pragmatische Weise. Denn außer
dem diplomatischen Zürnen passiert nichts.
Die deutsche Regierung setzt sich nicht dafür
ein, dass Brüssel gegenüber Budapest härter
auftritt. Deutschen Firmen kommt es nicht in
den Sinn, dem Standort Ungarn den Rücken zu
kehren.

Die „Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“
beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen
Entwicklung Großbritanniens:

N


un, da der Brexit wohl unmittelbar be-
vorsteht, kommt die Wirtschaft auf dem
Boden der Tatsachen an: Von April bis
Juni schrumpfte sie. Natürlich ist das auch dem
globalen Konjunkturabschwung geschuldet.
Man kann aber an einer einzigen Zahl ablesen,
wie stark den Wirtschaftsakteuren die Angst vor
einem Brexit-Chaos in den Knochen sitzt: am
Außenwert des Pfundes. Gegenüber dem Fran-
ken hat der Kurs der britischen Währung inner-
halb von sechs Monaten mehr als acht Prozent
nachgegeben. Gemessen an den sonst üblichen
Schwankungen am Devisenmarkt ist das ein
dramatischer Niedergang. Das Pfund ist das ei-
gentliche Überdruckventil der britischen Wirt-
schaft. Es zeigt an, dass wir mit dem Schlimms-
dpa, REUTERS, Twitterten rechnen sollten.

Die britische Zeitung „The Observer“ schreibt
über die Haltung Chinas zu den Protesten in
Hongkong:

P


eking verfügt zweifellos über die brutale
Kraft, die Pro-Demokratie-Proteste in
Großbritanniens ehemaliger Kolonie nie-
derzuschlagen. Aber es besteht auch kein Zwei-
fel, dass es damit unverantwortlich handeln und
sich selbst schaden würde. [...] Das Problem hat
China selbst geschaffen – und China muss es lö-
sen. Üblicherweise können autoritäre Regierun-
gen ohne demokratisches Mandat – wie jene in
Peking – keine Opposition tolerieren. Denn sie
befürchten, dass dadurch ihre angeborene
Schwäche offenbart wird. China muss seine
Ängste überwinden. Der einzig vernünftige und
wohlüberlegte Weg vorwärts besteht darin, der
Gewalt abzuschwören, das Geschrei zu beenden
und einen offenen, bedingungslosen Dialog mit
den Kritikern zu beginnen.

E


ine große Schwäche der CDU-Vorsitzenden An-
negret Kramp-Karrenbauer ist ihr fehlendes poli-
tisches Gespür. Mit der wenig souveränen Reakti-

on auf das Rezo-Video hatte sie im Frühjahr viele poten-


zielle Jungwähler verprellt, die jetzt ihr Kreuz wohl


doch lieber wieder bei den Grünen als bei der Union


machen. Und jetzt – zwei Wochen vor den Landtags-


wahlen in Sachsen und Brandenburg – tritt AKK mit ei-


ner ungeschickten Interviewäußerung über einen mög-


lichen Parteiausschluss von Ex-Verfassungsschutzchef


Hans-Georg Maaßen eine Debatte los, die weitere unzu-


friedene Unionswähler in die offenen Arme der AfD


treiben wird. Hilfe von der Bundespartei hatten sich die


CDU-Wahlkämpfer im Osten sicher anders vorgestellt.


Die Arroganz und Besserwisserei des Merkel-Kritikers


Maaßen, der sich nach seinem Rauswurf aus dem Amt


vor allem aufs Nachtreten verlegt, sind mitunter schwer


erträglich. Der ungebetene Rat an die Sachsen-CDU,


sich rechts der Bundespartei zu positionieren, vertieft


die ohnehin immer deutlicher spürbare Spaltung der


Union. Aber CDU-Mann Maaßen kann für sich in An-


spruch nehmen, die Stimme all derer zu sein, die sich
in dem seit Jahren eingeschlagenen Linkskurs der CDU
nicht mehr wiederfinden. Die die starke Hand des
Rechtsstaats vermissen, die einst zum Markenkern der
Unionsparteien gehörte.
Soll das Credo von CSU-Übervater Franz Josef Strauß,
dass es rechts der Union keine demokratisch legitimier-
te Partei geben darf, eines Tages wieder Wirklichkeit
werden, dann muss die CDU die Querschüsse eines
Hans-Georg Maaßen aushalten. Mehr noch: Wenn sie
nicht weiter Wähler an die AfD verlieren will, muss sie
die Sorgen und Ängste der Bürger, die Maaßen artiku-
liert, ernst nehmen und überzeugende Antworten lie-
fern. Gelingt das nicht, droht nach der SPD auch die
CDU ihren Status als Volkspartei zu verlieren, die einem
breiten Meinungsspektrum eine politische Heimat gibt.
Mit der ohne Not losgetretenen Parteiausschlussde-
batte kann der Ex-Verfassungsschützer nun noch stär-
ker in seiner sauertöpfischen Märtyrerrolle aufgehen.
Sie sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit
der CDU noch wirklich verbinde, sagte Kramp-Karren-
bauer. Dabei geht es vielen Bürgern eher so, dass sie
nicht mehr wissen, was sie mit der CDU verbinden sol-
len. Mit einer Union, die in der Klimapolitik den Grü-
nen nacheifert, sich die Sozialpolitik von einer schwa-
chen SPD diktieren lässt und die innere Sicherheit zum
Spielfeld für Rechtspopulisten macht. Die CDU-Chefin
muss rasch verdeutlichen, wofür die Partei stehen will.
Sonst ist ihre Zeit womöglich schon bald abgelaufen.
Um das zu erkennen, braucht es nicht einmal beson-
ders viel politisches Gespür.

Maaßen-Debatte


AKK fehlt politisches Gespür


Mit der ohne Not angestoßenen
Debatte über den Ausschluss von
Hans-Georg Maaßen erweist die
CDU-Chefin ihrer Partei einen
Bärendienst, sagt Frank Specht.

Der Autor ist Korrespondent in Berlin.
Sie erreichen ihn unter:
[email protected]

Wirtschaft & Politik


MONTAG, 19. AUGUST 2019, NR. 158


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