Berliner Zeitung - 19.08.2019

(Rick Simeone) #1

WiedieHohenzollernnachBerlinkamen–Stadtgeschichte Seite 10


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Montag,19. August 2019 Nr.191 HA-75. Jahrgang
Auswärts/D*: 1.70€–Berlin/Brandenburg: 1.60 €

Wechselnd bewölkt
Wetter Seite 2

17°/24°


ZumTod
von
Peter Fonda
Seite 21

NorbertLammertüber


WutinP olitik-Debatten


Politik Seite 4


Prämiensparvertrag–


wastunbeiKündigung?


Wirtschaft Seite 6


DerHellseher,diePolizei


undderFallRebecca


Berlin Seite 9


Ostbeauftragter


verstehtden


FrustderOssis


Chri stia nHirteüberbrutale
ErfahrungennachderWende

D


ie KritikvonMenschen inOst-
deutschland, in der Gesell-
schaftnichtgenügendabgebildetzu
werden,kannderOstbeauftragteder
Bundesregierung, Christian Hirte
(CDU), teilweise nachvollziehen.
„Ein bisschen verstehe ich das“,
sagteer .BeispielsweiseseiendieMe-
dienstarkwestdeutschgeprägt.Kul-
turelle Erfahrungen, Situationen
undStimmungslagenderMenschen
imOstenkönntenindenaltenBun-
desländernhäufig nicht ganz nach-
vollzogen werden.
DerzeitistdergebürtigeThüringer
auf seinerSommertour entlang der
ehemaligen innerdeutschenGrenze
in allen fünfBundesländerninO st-
undMitteldeutschlandunterwegs.Er
sagte: „DieOstdeutschen haben die
kollektiveErfahrung, dass ein politi-
sches System, aber auch eineWirt-
schaft komplett scheiternkönnen.“
Es gebe eine viel größereSkepsis ge-
genüberd erStabilität„unserespoliti-
schenundökonomischenSystems“.
Einenweiteren GrundfürdieUn-
zufriedenheit der Ostdeutschen
siehtHirteauchindenpersönlichen
Erfahrungen vielerMenschen nach
demMauerfall.EshabebeiallerEu-
phorieaucheinekonkreteBetrof fen-
heitin FamilienoderimBekannten-
kreis gegeben.Er meint damit die
Massenarbeitslosigkeit nach der
ÜbernahmederallermeistenOstbe-
triebe durch die Konkurrenz aus
demWestenundderoftnachfolgen-
denSchließungderBetriebe.
Hirtesagte,vielehättenbeispiels-
weise die Erfahrung gemacht, dass
mantrotzguterAusbildungundob-
wohlmanfleißigist,trotzdemunter
dieRäderkommeundsichmitGele-
genheitsjobs „durchwurschtele“.
DieseBrutalität,wiesiederOstenin
den90er-Jahrenerlebthabe,habees
imWestennichtgegeben.
Zuvo rhatte Hirtedem Südwest-
rundfunk bereits gesagt, die CDU
habe seiner Ansicht nach dieStim-
mungslage der Bürger im Osten
nichtaufgegriffen.SeineParteihabe
nicht zeigen können, dass sie deren
Interessen imBlick habe.Hirte ,der
bis 2018Staatssekretär imBundes-
wirtschaftsministerium war,be-
suchte auf seinerSommertour die
StädteWismar,Eisenach, Mühlhau-
sen undFrankfurt(Oder). DieTour
dauertbiszum25.August.(dpa)

Der


arktische


Balancekünstler


VonFrederik Bombosch

W


ie geht man damit um,wenn
man sich alsRegierungschef
scheinbarineinerRealsatirewieder-
findet? Grönlands Regierungschef
KimKielsen lieferte in diesenTagen
ein souveränesBeispiel. AmFreitag
hattedasWallStreetJournaldieMel-
dung verbreitet, US-Präsident Do-
naldTrumpwollediearktischeInsel
kaufen.SchondasGerüchtisteinAf-
frontfüreineNa-
tion, die seit
Jahrzehnten für
ihreUnabhän-
gigkeit kämpft.
Sollte sichKiel-
sen empören
und leereDro-
hungen aussto-
ßen?
Der52-jäh-
rigeSozialdemo-
krat zeigte,dass
er beherrscht, was sein teilautono-
mesLandaufdemWegind ieSelbst-
ständigkeit dringend benötigt:Di-
plomatie.„Wirsehen dieGerüchte
als Ausdruck eines generellenInter-
esses,inu nserLandzuinvestieren“,
erklärteer.Undernutztedenkurzen
Moment globalerAufmerksamkeit
für eine klareBotschaft: „Grönland
istnatürlichnichtzuverk aufen.“Im
Internet ließ er unter dieErklärung
denLinkzurHomepagedergrönlän-
dischenHandelskammersetzen.
Tatsächlichringen dieGrönlän-
der schon lange um einen fairen
UmgangderUSA–derendamaliger
Präsident HarryS.Truman bereits
1946 einKaufangebot fürGrönland
übermittelte,100 Millionen Dollar
wollteerzahlen.Stattdessenschlos-
sen die Vereinigten Staaten einAb-
kommenmitderKolonialmachtDä-
nemark, das ihnen die kostenfreie
Nutzung der Luftbasis Thule im
Nordwesten des Landes zusichert.
Bis2014profitierteGrönlandzumin-
dest indirekt durch zivileAufträge.
Dannaber verg abdas Pentagonden
AuftraganeinUS-Unternehmen.
EswardasJahr,alsKimKielsenan
die Macht kam.DerfrühereSee-
mann undPolizist hatte durch sein
Engagement für schwierigeJugend-
liche denWegind ie Politik gefun-
den. Seine Mission: Grönland den
Wegine ine selbstbestimmteZu-
kunftzuebnen.DasseieinLangzeit-
projekt, betont er:„Dienächste Ge-
neration muss denBall weiterspie-
len.“ Aber schon jetzt gelte es,
Berg bau undTourismus als Schlüs-
selbranchen zu stärken–die vom
Klimawandel profitieren, während
dieGletscherdesLandesschmelzen.
Kielsenlässtsichdabeinichtvor-
schreiben,werseine Partner sind.
VorzweiJahren reisteernachChina
undwarbumInvestitionen.Diedä-
nische Regierung erkannte das Ri-
siko,dass die aufstrebendeGroß-
macht in der Arktis Fußfassen
könnte –und versprach denGrön-
ländernden lange gefordertenAus-
bau ihrerFlughäfen.Kielsen hatte
gezeigt, dass er dieKunst des diplo-
matischenBalanceakts beherrscht.
Trumpkönntevonihmlernen.


Grönland


Kim Kielsen,
Regierungschefvon
Grönland

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Entgelt bezahlt
Wergehörtindie CDU?
WirbelumÄußerungenvonParteichefinKramp-KarrenbauerzumUmgangmitHans-GeorgMaaßen
VonJan Sternberg


K

urzvor den für die CDU
schwierigen Wahlen in
drei Ost-Bundesländern
hat Parteichefin Annegret
Kramp-Karrenbauer mit Äußerun-
gen zu einem möglichenParteiaus-
schlussverfahren gegen Ex-Verfas-
sungsschutzchefHans-Geor gMaa-
ßen für Wirbel gesorgt.Vorallem in
den eigenenReihen löste sie massi-
venUnmut aus:Viele ostdeutsche
CDU-Politiker reagierten am Wo-
chenende irritiertund kritisierten
offen dievonder Parteichefin ent-
fachteDebatte,sodasssiesichzuei-
nerKlarstellunggezwungensah.
AmSonnabendwareinZeitungs-
interviewerschienen,indemKramp-
Karrenbauergefragtwurde,obs iefür
den umstrittenen Ex-Verfassungs-
schutzchefHans-Geor gMaaßen,seit
1978 CDU-Mitglied, ein Parteiaus-
schlussverfahren erwäge.Ihreviel-
deutige Antwort:„Es gibt aus gutem
Grund hohe Hürden, jemanden aus
einerParteiauszuschließen.Aberich
sehe beiHerrnMaaßen keineHal-
tung,dieihnmitderCDUnochwirk-
lich verbindet.“Weiter sagte Kramp-
Karrenbauer der Funke-Medien-
gruppe:„Die CDU hält es aus,wenn
unterschiedlicheMeinungen geäu-
ßertwerden. Aber:DieCDUistauch
eine Partei, die voneiner gemeinsa-
men bürgerlich-konservativen Hal-
tunggetragenwird.EinePolitikunter
dem Deckmantel der CDU zu ma-
chen,diedenpolitischenGegnervor

allem in den eigenenReihen sieht,
wirddieserHaltungnichtgerecht.“
Maaßenselbstreagiertegelassen.
„Es ist mir ein Rätsel,werihr dazu
geraten hat, solcheGedankenspiele
zu formulieren“, sagte er derDeut-
schenPresse-Agentur.Esgebehohe
Hürden für einenParteiausschluss
„und ich hätte im Leben nicht ge-
dacht, dass diese Hürden mich ein-
malschützenmüssten“.

DieVorwürfe wies er zurück.
„Nicht ich habe michvonden Posi-
tionen meinerPartei entfernt, son-
derndieCDUistunterderfrüheren
Parteivorsitzendenweit nach links
gerückt“,soMaaßen.DieCDUseiim
Gegensatz zu den dogmatischen
Parteien des linkenSpektrums im-
mereineParteider Vielfaltgewesen.
„Dass AKK mit dieserTradition bre-
chenwill,glaubeichnicht.Eswürde
mich sehr enttäuschen, denn ich
hatteimmerHochachtungvorihr.“
EntsetzenlöstendieÄußerungen
Kramp-Karrenbauersvorallem bei
der Sachsen-CDU aus,für die Maa-
ßen imWahlkampf aktiv ist. Dort
wirdebenso wie inBrandenburgin

knapp zweiWochen am 1.Septem-
bereinneuerLandtaggewählt.
Sachsens MinisterpräsidentMi-
chael Kretschmer sagte derBild am
Sonntag über die Sätzeseiner Bun-
desvorsitzenden:„Dasistderfalsche
Weg.BeiallerberechtigtenKritikan
Hans-Geor gMaaßen–wirschließen
niemanden aus der CDU aus,nur
weil er unbequem ist.“Er rate „zu
GelassenheitimUmgangmitunter-

„Die permanent nach innen gerichteten


Debatten–egalvonwemun dwelche rGruppe


innerhalb der CDU–taugen nur bedingt.“


MikeMohring,Landeschef der CDU in Thüringen

schiedlichenMeinungen in unserer
Volkspartei“.
PassenddazuerschieninderWelt
am Sonntag einInterview mitMaa-
ßen,daszwarvorderDebatteumein
Parteiausschlussverfahren geführt
wurde ,ind em der Ex-Verfassungs-
schutzchefaberdiesächsischeCDU
bereitsaufruft,sichvonderBundes-
partei abzugrenzen: „Ich wünsche
mir,dass sich der sächsischeMinis-
terpräsidentvonbestimmtenpoliti-
schen Positionen, dievonder CDU
auf Bundesebene propagiertwer-
den, emanzipiert“, sagt Maaßen
darin. Er wünsche sichvonseiner
Partei„in TeileneineNeupositionie-
rungderCDU,einePolitikwende“.

Kritik an Kramp-Karrenbauer
kamzudemvonThüringensLandes-
chefMikeMohring:„Wirempfinden
dieseneuerlichePersonaldiskussion
als nicht sonderlich hilfreich“, sagte
er der DeutschenPresse-Agentur in
Berlin. „Die permanent nach innen
gerichteten Debatten –egal von
wemundwelcherGruppeinnerhalb
derCDU–taugennurbedingt.“
DieCDU-Chefinsahsichdeshalb
zueinerRichtigstellunggezwungen:
Einen Parteiausschluss Maaßens
habe sie nie gefordert.„Die CDU ist
eineParteimitüber400000Mitglie-
dern. Dass jeder seine eigeneMei-
nung haben kann, das macht uns
aus,das macht uns auch interes-
sant.“ Es müsse aber klar sein, dass
derpolitischeGegneraußerhalbund
nicht innerhalb derPartei sei, sagte
dieMinisterinbeimTagderoffenen
Türim Verteidigungsministerium.
Maaßengehörtderkonservativen
CDU/CSU-Splittergruppe Werte-
Union an.Er war imSpätsommer
2018als PräsidentdesBundesverfas-
sungsschutzes in die Kritik geraten,
nachdem er dieEchtheit einesVi-
deos bezweifelt hatte,das nach der
Tötung einesMannes in Chemnitz
eine Attacke gegenMigranten zeigt.
Im November 2018versetzte Bun-
desinnenminister Horst Seehofer
(CSU) Maaßen in den einstweiligen
Ruhestand, nachdem dieser laut ei-
nem Redemanuskript vonteils
„linksradikalen Kräften in der SPD“
gesprochenhatte.
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