Berliner Zeitung - 19.08.2019

(Rick Simeone) #1

Lžkalsport


16 * Berliner Zeitung·Nummer 191·Montag, 19. August 2019 ·························································································································································································································································································


EinKlubwillnachoben


RegionalligistBerlinerAKistdiedritteKraftimBerlinerFußball.ErstrebtinsProfigeschäft,dochdieKonkurrenzistgroßundderWegbeschwerlich


VonMichaelJahn

A

ls Mehmet Ali Hanam
Sonnabendmittag das
Zoschke-Stadion in Lich-
tenbergbetrat,warder53-
Jährige bester Laune.Der Präsident
des Regionalligisten Berliner AK,
wichtigsterGeldgeber undKopf des
Vereins,wargeradeausdemTürkei-
Urlaubzurückgekehrt.DerBauun-
ternehmerzeigtesich gut erholt,
braungebrannt und mit schicker
Sonnenbrille.„Dasistmeinerstes
Spiel,dasichindieserSaisonsehe“,
sagte Ali Hanund tippte einen 2:1-
AuswärtssiegfürdenBAK.Damitlag
er aber falsch. Sein Team verlor ge-
genLichtenberg47mit0:1.
Zuvorhatte der BAK drei Saison-
siege geschafftund thronte an der
Tabellenspitze. Bischofswerda (4:2),
Union Fürstenwalde(2:0 auswärts)
undGermaniaHalberstadt(2:1)wa-
renbezwungenworden,wasdiever-
bale Offensiveder BAK-Verantwort-
lichen bestätigte.Trainer Ersan Par-
latanhattegesagt:„Fürunsistindie-
ser Spielzeit vieles,wenn nicht alles
drin.“ Auch Mehmet Öztürk, der
Sportliche Leiter,sprach vomAuf-
stiegalsgroßemZiel,schränkteaber
vordemAnpfiffimZoschke-Stadion
ein:„Wir wollen aufsteigen,müssen
aber nicht. MitNordhausen,Lok
Leipzig und Cottbus gibt es weitere
Kandidaten,die in die Dritte Liga
wollen.“


SchlitzohrigeBemerkung

DiejüngereGeschichtedes Berliner
AKisttypischfürdieviertedeutsche
Spielklasse.Für Vereine,die den
Amateurstatus hinter sich lassen
undindenreinenProfifußballwech-
seln wollen.Diegegen gleichge-
sinnteKonkurrenzRückschlägeein-
stecken müssenund trotzdem wei-
ter machen,ihreAmbitionennicht
aufgeben.WeilsievonihremProjekt
überzeugt sind. WieAli Hanbeim
BerlinerAK.DerPräsidentnahmam
WochenendedasWortAufstiegnicht
indenMund,sagtelieberschlitzoh-
rig: „Wir wollen in jedem Spiel ein
Tormehr schießenals der Gegner!“
Wasnichts anderes heißt, als am
EndeganzobeninderTabellezuste-
hen.
Schon einmal, in der Spielzeit
2015/16, war der BAK ganz nah am


Aufstieg gewesen.Punktgleich mit
demFSVZwickaufehlteamEndeein
einzigesTor,umdie DritteLigazuer-
reichen.NachPlatzdreihinterCott-
bus undNordhausen 2017/18 und
Rang zwei hinter Chemnitz 2018/
sollnundieMeisterschaftgewonnen
werden.
Nach der Niederlage gegen Lich-
tenbergwardieguteLaunedesPrä-
sidenten im Zoschke-Stadion zu-
nächst malverschwunden. Lange
stand er mit seinemSportchef Öz-
türk, seitJuni 2017 im Amt, zusam-
men, diskutierte und suchte nach
den Ursachen der überraschenden
NiederlagedurcheinenKopfballtref-
ferdurchDavidHollwitz(40.)fürden
kampfstarkenAufsteigerinLichten-
berg. Nachdem VerlustderTabellen-
spitze, die nun der noch unbesiegte


  1. FC Lok Leipzigvordem starken
    BFCDynamoinnehat.
    Auch BAK-Trainer Parlatan ha-
    dertemitdemAuftrittseinesTeams:
    „Die ersten 20Minuten waren gut.
    Da kam nie dasGefühl auf, dass es
    für uns gefährlichwerden könnte.
    Später haben wir dasTempo ver-


schleppt.Dasist ein bitterer Mo-
mentfüruns.“
Nach gut einerStunde hatte der
bulligeAbuBakarrKargbo,26,einen
HandelfmeterfürdenBAKverschos-
sen und über dasTordes starken
LichtenbergerKeepers Niklas Wol-
lertgejagt.TorjägerKargbotrafinder

Vorsaison 16-mal für den BAK und
gab2018seinDebütinderNational-
elf vonSierraLeone.Erh at ebenso
eine Vergangenheit beiHertha BSC
wieAbwehrmannShawnKauter.
DerBerlinerAKwirdtrotzderers-
tenNiederlageweiterganzobenmit-
mischen.DasindsichTrainer,Sport-
chef und Präsident sicher.Die
Mannschaftistausgeglichenbesetzt
mit vielen erfahrenenSpielern. Par-
latan, 42, der 2018 dieFußball-Leh-
rer- Ausbildung beim DFB erfolg-
reichbeendeteunddenpraktischen
Teil bei ChristianStreich beim SC
Freiburgabsolvierte,ist ke in Mann
für fußballerisches Mittelmaß. Er
glaubt, dass seineMannschaft phy-
sischstärkeristalsimVorjahr,„viel-
leicht individuell nicht so elegant“.
BislangspieltederBerlinerAKnicht

besondersattraktiv,abermeisteffek-
tiv.
DieMannschaftausMoabithates
zurdrittenKraftimBerlinerFußball
hinter Hertha BSC und dem 1. FC
Uniongebracht.Dennochfristetder
Klub in der Öffentlichkeit ein eher
bescheidenesDasein.Ins Poststa-
dion kommen selten mehr als 500
ZuschauerzudenHeimspielen.
„Wirinvestierenviel,arbeitense-
riös und meist erfolgreich“, sagt
Han,„aberwirbekommenwenigzu-
rück.“SportchefÖztürk,dereinstbei
Altay Izmir in der ersten türkischen
Ligaspielte,glaubt,dassdiesportli-
che wie kulturelle Vielfalt in Berlin
Schuld am schwachenZuschauer-
zuspruchsei.„Viktoria89oderAltgli-
enicke geht es ja genauso.Leider
konnten wir bislang nicht noch
mehr türkische Fans anlocken“,
klagtÖztürk.

HilfefürLichtenberg
PräsidentAliHanwillnundieStruk-
turen und auch die äußeren Bedin-
gungen im Poststadionverbessern,
den Nachwuchs weiter fördern.
Auch die Pläne,die erste Männer-
mannschaftauszugliedern, werden
weiterverfolgt,umdenEinstiegvon
Investoren zu erleichtern. Seit 2001
stecktAliHanvielEnergieundGeld
in den BAK. Noch haterdie Lust
nichtverloren.
DemüberraschendenSiegervom
Sonnabend,Aufsteiger Lichtenberg
47,hatderBauunternehmerAliHan
einstsogarbeimBauderGeschäfts-
stellengebäude im Hans-Zoschke-
Stadion geholfen.„Uneigennützig“,
sagt 47-GeschäftsfüherHenryBer-
thy,„man sieht, auch im Berliner
Fußball gibt es solche Formen der
Zusammenarbeit.“
InLichtenbergwürdensieAliHan
undseinemBAK durchaus den gro-
ßensportlichenErfolggönnen.Aber
daraufkonntendie47erimdirekten
DuellkeineRücksichtnehmen.„Wir
brauchenjedenPunktimKampfum
den Klassenerhalt“, sagt Sportchef
BenjaminPlötz.Nunsindesüberra-
schendsogardreigeworden.

Hat denTraum vom Profigeschäft noch nicht aufgegeben: BAK-Präsident Mehmet Ali Han BLZ/MARKUS WÄCHTER

„Wir wollen aufsteigen, müssen aber nicht.


MitNordhausen, Lok Leipzig undCottbus


gibt es weitereKandidaten,


die in dieDritte Liga wollen.“


Mehmet Öztürkist als Sportlicher Leiter des Regionalligisten Berliner AK bemüht,
keinen unnötigen Druck auf die eigene Mannschaft aufzubauen.

MichaelJahn
bleibt am ProjektAufstieg
des BAKdran.

VonderSchnapsideezumProjektverein


Serie:Tierischfit:DerBCLionsMoabit21hatnichtnureinenaußergewöhnlichenNamen,sondernistauchgesellschaftlichaußergewöhnlichaktiv.ZumBeispielbeimEastercup


VonChristian Kattner

A


uch wenn er sich nicht mit sei-
nemGefährtangekündigthätte,
man wärenicht Gefahr gelaufen, es
zu übersehen:Blaue Farbe,zahlrei-
che Hinweise aufVereinsprojekte,
aber vorallem das markante Logo
mit dem Löwenkopf:DasVereins-
mobil,mitdemAndyRiebolddurch
die Straßen Berlins fährt, fällt auf.
Undder Vorsitzende des BC Lions
Moabit 21 ist viel unterwegs.Wer in
Spandau wohnt, mehrmals in der
WocheinKönigsWusterhausentätig
ist,aberauchMoabitalsseinezweite
Heimat sieht, der sitzt eben viel im
Auto.
Riebold ist leidenschaftlicher
Basketballer.DasistseinerKleidung
anzusehen, das ist herauszuhören,
wennmansichmitihmüberseinen
Vereinunterhält,dener2016mitein
paar Mitstreiter nins Leben gerufen
hat. Nicht ganz freiwillig, eher auf
Anraten des ASVMoabit, überwel-
chen der Eastercup,das Vorzeige-
projekt der Lions,seit 2012 lief.Das
Turnier,das sich ganz klar gegen
Rassismus positioniert, war mittler-
weilezugroßgeworden,zuvielGeld
war im Umlauf und hätteProbleme
für den ASV nach sich ziehen kön-
nen. EinneuerVerein, über den das
Turnier laufen könne,musste also
her und damit auch einName.Die


21, der Postleitzahlen-Code,musste
unbedingtmitrein,der Bezirksname
sollte ebenfalls auftauchen.Undir-
gendeinTier.„EinTierim Namenist
ein Wiedererkennungsmerkmal“,
sagt der 37-Jährige,„dementspre-
chendwurdeeseinLöwe,dasistein
sehr eindrucksvollesTier,welches
Stärkeausdrückt.“
Weil es ja irgendwie auch cool
seinmusste,wurdedieenglischeVa-
riante gewählt.Nicht aus Merchan-
dising-Gründen,derjungeVereinist
mitseinenfünfMannschaftendoch
eher in den unteren Ligen unter-
wegs.„DerSpielbetrieb ist uns gar
nicht so wichtig, sonderndie Pro-
jektarbeit.DerganzeVerein ist ei-
gentlich einProjekt, einProjektver-
ein“, sagt Andy Riebold, „alles das,
wasindiesemVereinpassiert,mün-
deteigentlichimgroßenProjekt,das
„InternationalEastercup“heißt.“

MehralsnureinSlogan
DasTurnier steht aber nicht nur für
Sport, sondernfür gesellschaftliche
Werte. Slogans wie„NoChances for
Racism “oder„Refugees Welcome“,
wie „Keine Chance fürRassismus“
und„Flüchtlinge willkommen“ sind
nicht nur Logos aufPlakaten und
Flyern,sondernwerden auchvom
Verein gelebt. Als 2016 die große
Flüchtlingswelle über Europa
schwappte und Deutsc hland und

indieMännermannschaftgeschafft.
Undauchabseits des Spielfeldes
wurden und werden dieNeuan-
kömmlinge eingebunden.Wienor-
male Vereinsmitglieder „müssen sie
imVerein anpacken, das großePro-
jektistderEastercupunddamachen
siemit“,sagtRiebold.
Auseiner Schnapsidee,die nicht
nur sprichwörtlich, sondernauch

Berlinerreichte,sahendieLöwenin
Moabit das auch als Chance.„Wir
habendieIdeegehabt,esalspositi-
venAufhängerzunehmenundwoll-
tendie FlüchtlingezumSportbewe-
gen“,sagtRiebold,„damithabenwir
einenTeilder Integrationhinbekom-
men.“
Manch Spieler hat es aus diesem
reinen Flüchtlingsteam mittlerweile

tatsächlichdemeinenoderanderen
alkoholischenGetränkentsprang,ist
mittlerweile ein international ange-
sehenesTurnier geworden. Kürzel
wie DZ oder MA könnten auch Kfz-
Kennzeichen deutscher Orte sein,
stehen aber,genau wie 37 andere
Buchstabenkombinationen, für die
bisherigenTeilnehmerländer.
Kein Zufall, sonderngut durch-
dacht. Denn schonvorder ersten
Auflageim Jahr2012wurdenVereine
in Ländernwie Litauen, Lettland
oder Polen per Brief angeschrieben.
DieJugendsp ielerausMoabitwaren
inden Jahren zuvorschließlichauch
beiinternationalenTurnierendabei,
wollten aber auch in ihrerHeimat-
stadt ein solches Angebot für den
Nachwuchsschaffen.„Undplötzlich
standen da 57Teams beim ersten
Turnier“,sagtAndyRieboldmitBlick
aufdie Premiere.
DeneigentlichenAufwand einer
solchenVeranstaltung bekamen er
undseineMitstreitererstindenTa-
gendes Turniersmit.Esbrauchtena-
türlich ausreichend Helfer.Doch
auchdahatteRieboldeinebisheute
erfolgreich praktizierteIdee: Schon
die eigenen Nachwuchsspieler im
Altervon15b is17 Jahren werdenak-
tivindasGeschehenindenmittler-
weile bis zuzehn Sporth allen aktiv
eingebunden.„VonKindernfürKin-
der“, nennt derVereinsvorsitzende

Gut gebrüllt Löwe: Der Nachwuchs der Lions beim Basketballtraining BC LIONS MOABIT 21

dasMotto.„Auchdeshalbverstehen
wirunsalsProjektverein.“Bereitsdie
MiniswerdenandenEastercupund
diedamitverbundenegesellschaftli-
che Bedeutung langsam herange-
führt, damit sie irgendwann hinter
denKulisseneinetragendeRolleein-
nehmen, damit sie demMotto ge-
rechtwerden.
Dashat sich ganz gut bewährt
undwir dbelohnt.Mitmehrals 2000
Menschenaus167Mannschaftenin
diesem Jahr,mit der Auszeichnung
zum besten Fiba-U14-Turnier im
Jahr 2018.DerBasketball-Weltver-
bandFibaunterstütztdieLionsmitt-
lerweile bei derVeranstaltung, der
natürlich auch gewisseGrenzen ge-
setzt sind. Allein geografisch,
schließlichsolldasTurnierin Moabit
bleiben.Aber auch organisatorisch.
Denn:MittlerweileistderEastercup
ein Jahresprojekt geworden, die ei-
gentliche Arbeit wirdallerdings eh-
renamtlichverrichtet.
AbSeptemberkönnensichinter-
essierte VereinefürdasTurnierrund
um dasOsterfest 2020 anmelden.
Platzfür SpielerausneuenLändern,
fürHelferausunterschiedlichenKul-
turenwirdesa uchdanngeben.Platz
fürRassismushingegennicht.

Bisher in der Serie porträtiert:ZehlendorferWe-
spenam29. Juli,WeddingerWiesel am 22.Juli,
Berlin Flamingos am 12.August
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