Berliner Zeitung - 19.08.2019

(Rick Simeone) #1
EnergieministerKwasiKwarteng sag-
te demSenderSkyNews,es gebe
gegenwärtig viel Angstmacherei.
Großbritannienwerdefür einenEU-
Austritt auch ohne einAbkommen
am 31.Oktober bereit sein.Derfür
diePlanungen zuständigeMinister
MichaelGoveerklärte,das Schreiben
befasse sich lediglich mit dem
schlimmsten anzunehmendenFall.
DieZeitungzitiertallerdings eine
nicht genannteRegierungsquelle mit
derEinschätzung, dass die Szenarien
„realistische Einschätzung“ und
„nicht der schlimmsteFall“ seien.
DemBericht zufolge würdenZoll-

kontrollen undMegastausvonLast-
wagen in Südengland denImportfri-
scher Lebensmittel behindern.Briti-
schePatienten müssten länger auf
Arzneimittel wieInsulin undImpf-
stoffe gegenGrippe warten.Einun-
geregelterAusstieg würde auch zu
Verzögerungen fürPassagiereanEU-
Flughäfen, imEurotunnel und in der
Hafenstadt DoveramÄrmelkanal
führen. An derGrenzezwischen der
RepublikIrland und dem britischen
Nordirland wirdmit starkenProtes-
ten gerechnet.
DasDossier wurde nach Angaben
derZeitungvomCabinet Office zu-

sammengestellt, dasPremierminis-
terBorisJohnson und dieMinister
unterstützt. Es wirdimmer wahr-
scheinlicher,dass Großbritannien
EndeOktober ohneAbkommen aus
der EU ausscheidet.Rund 100 Abge-
ordneteriefenJohnson amWochen-
ende in einemBrief dazu auf, dasPar-
lament aus derSommerpause zu ho-
len, um nach Lösungen zu suchen.
Johnson wirdinden kommenden
Ta gen insAuslandreisen. AmMitt-
woch soll erBundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) treffen, am Donners-
tag den französischenPräsidenten
EmmanuelMacron.(dpa)

Deutscher


Hopfen im


Klimastress


US-Farmersind inzwischen
die größtenLieferanten

T


homasRaiser ist besorgt. „Bei er-
neut schlechter Ernte wirdes
knapp“, sagt derMarketingchef des
weltgrößtenHopfenhändlersBarth-
Haas in Nürnberg. LangeZeit hat es
trübe ausgesehen für dieHopfendol-
de:DerBierrohstoffverträgtkeine
trockeneHitze. DannsinddieTe m-
peraturengesunken,undeshatzu
regnenbegonnen.„Wir rechnenjetzt
miteinerdurchschnittlichenErnte“,
sagtRaiser.Diewärebitternötig,
denndievergangenenfünfJahreha-
benschlechteErntengebracht.
Obwohldieglobalen Anbauflä-
chen 2018 aufüber 60000 Hektar
ausgeweitetwurden,istdieWeltern-
teleichtauf 118410 TonnenHopfen
geschrumpft.„Esisteindeutigder
Klimawandel“,sagtRaiser.Dertreffe
vorallem deutscheHopfenbauern
und spiele deren US-Konkurrenten
in die Hände.Denninden USA wür-
den die Anbauflächen seit jeher prak-
tisch flächendeckend bewässert,weil
sie in steppenähnlichenRegionen
liegen. InDeutschlandwerdeda-
gegen bisher nur ein Fünftel der An-
baufläche künstlich berieselt, und
mehr seiwegen derrestriktivenWas-
serwirtschaftsämter auch kaum drin.
Grundwasserist längst nicht mehr
unbegrenztverfügbar.
Sostagniertdie deutscheErnte
trotzFlächenausweitung, und die
Qualität lässt nach. „DieInhaltsstoffe
sind enttäuschend“, sagtRaiser.Er
meint damit Aromen undBitterstof-
fe,dieBier seinen typischen Ge-
schmack geben.IhreIntensität lässt
nach, was derExperte aufTrocken-
heit undHitzezurückführt.
Traditionellangebautwirdvoral-
lem in der bayerischenHallertau und
zum kleinerenTe il im ostdeutschen
Elbe-Saale-Gebiet. Insgesamt pro-
duziertDeutschlandimmerhin noch
einDrittel allenHopfensweltweit.
Dieheimischen Pflanzen waren aber
bisvorwenigen Jahren noch die
Nummer eins.Dannsind die USA
vorbeigezogen, die zuletzt 39Prozent
derweltweitenErnte eingefahren ha-
ben.Dasliege nicht nur am Klima-
wandel, sondernauch amCraftbier-
Boom in den USA, erklärtRaiser. Das
sind handwerklich gebrauteBiere,
die mehrHopfen brauchen als der
Standard-Gerstensaft.
Barth-Haas sucht bereits neue
Anbauregionen, um klimatischen
Nachteilen zu entgehen. Doch eine
entsprechendeStudie machewenig
Hoffnung. DenAnbau innerhalb
Deutschlands um ein paar hundert
Kilometer RichtungNorden zuver-
schieben, bringe wohl nur kurzfristig
etwas.
Sinnvoller wärees, RichtungOst-
europa zu gehen. „Aber das würde
enormeInvestitionenverschlingen“,
sagtRaiser.Damit seiHopfenanbau
in Osteuropa im großenStil finanziell
unwahrscheinlich.Eine bessereAus-
weichstrategie sei der Anbau hitzere-
sistenterHopfensorten.Diehätten
allerdings andereAromen als die
heute gebräuchlichen.Damit müss-
ten dieBrauer dann zurechtkommen
–undvorallem dieBiertrinker.

Von Thomas Magenheim

Hopfendolden vertragenkeine trockene
Hitze. FOTO:PETER ENDIG/DPA

Auch bei derBerlinerSparkasse ist
vonAltverträgen auszugehen, die
noch eineWeile laufenwerden.Das
Produkt „Vorsorgesparen flexibel“ ist
erst imJuli 2016vomMarkt genom-
men worden.Ersetzt wurde es durch
ein Prämiensparprodukt namens
„Zinssparen“, dabei liegt derBasis-
zins allerdings bei mickrigen 0,01Pro-
zent, ab dem drittenJahr bekommen
Sparer jährlich steigendeBonuszah-
lungenvonbis zu 12 Prozent im
15.Sparjahr.Wer also 100Euromo-
natlich einzahlt, bekäme im 15.Jahr
144 EuroBonus.„Dasisteinrelativ
kleinerBetragundsicherlichnicht
vergleichbarmitdenAltverträgen“,
sagtDöhler.Bei diesenVerträgenbe-
stehe deshalb auch kaum Gefahr,
dass dieSparkasse sie kündigt. „Der
geringeBetrag schmerzt sie nicht so
sehr wie Altverträge.“
InBerlin zumindest ist aber auch
vongekündigten Altverträgen noch
nichts zu hören. „GekündigteSpar-
verträge sind seit Längerem spora-
disch ein Thema bei uns,aber nurvon
Verbrauchern, die solche in anderen
Städten abgeschlossen haben“, sagt
Volker Schmidtke,Referent fürFi-
nanzdienstleistungen bei der Ver-
braucherzentraleBerlin. Fälle der
BerlinerSparkasse seien noch nicht
an dieVerbraucherschützer herange-
tragen worden.
DieSparkassenlandschaft ist groß,
und jedesInstitutverhält sich anders.
Gegenüber derNachrichtenagentur
dpa äußerte sich derDeutscheSpar-
kassen- und Giroverband jedoch
nach dem BGH-Urteil imMai: „Bei
sehr lang laufendenVerträgen“ müs-
se es möglich sein, „aufveränderte
wirtschaftliche Bedingungen ange-
messenreagieren zu können“, teilte
einSprecher auf Anfrage mit.

Zinsanpassungüberprüfen
Doch nicht erst bei Kündigung lohne
es sich, denPrämiensparvertragzu
überprüfen.Darauf macht dieVer-
braucherzentrale Baden-Württem-
bergaufmerksam.Diese hat langfris-
tigeSparverträge auf die Höhe der
Zinsen überprüft und vielfachVerstö-
ße festgestellt.Sodarfder Basiszins in
den Prämiensparverträgen nach
mehrerenUrteilen des BGH nicht
willkürlich geändertwerden,son-
dernmuss sich an einemReferenz-
zins orientieren. „ImMittelhaben die
Sparer nach unsererBerechnung nur
die Hälfte derZinsen erhalten, die ih-
nen bei Anwendung der BGH-Recht-
sprechung zustünden“, sagtBankex-
perteNielsNauhauser bei derVer-
braucherzentrale Baden-Württem-
berg.Dies war zumBeispiel derFall
bei derFrankfurterSparkasse.Recht-
liche Schritte sind eingeleitet worden,
und dasFrankfurterInstitut hat eine
Unterlassungserklärung abgegeben.
„Aber nicht nurKunden derSpar-
kasseFrankfurthaben große Chan-
cen auf einenErstattungsanspruch,
weil dieZinsen anders berechnet
worden sind, als dieRechtslage es
vorschreibt“, sagt Döhlervonder Stif-
tungWarentest und rät, dieVerträge
bezüglichZinsanpassung undZins-
zahlung überprüfen zu lassen.

Das Ende vom Prämiensparen


Sparkassenkündigen gut verzinsteVerträge. Droht das auch Kunden in Berlin?


E

sgab sie mal: die gutverzins-
tenSparverträge mitPrä-
mienaufschlag.Wervor 20,
30 Jahren einenSparvertrag
bei einerSparkasse abgeschlossen
hat, dem wurden sehr viel höhereZin-
senversprochen als heute,vor allem
aber boten dieStaffelverträge bis zu
50, in einigen Fällen sogar bis zu 100
ProzentBonusaufschlag auf denJah-
ressparbetrag,beiinderRegelunde-
finierter Laufzeit.Sparer mit Altver-
trägen profitieren davon heute noch –
zumLeidwesenderBanken,diedie
Verträge gernloswerden wollen.
Beim anhaltenden Niedrigzins-
niveausinddiegutverzinstenSpar-
verträge mit hohenPrämien für sie
eineBelastung.
DutzendeInstitute haben deshalb
schonKündigungenverschickt–zu-
letzt nach einem BGH-Urteil imMai,
daszugunstenderSparkassenaus-
ging.Danach dürfenSparkassenPrä-
miensparverträge kündigen, wenn
die höchstePrämienstufe erreicht ist
(Az. XIZR345/18).
„DasUrteil bedeutet aber nicht,
dassesgleichsamaufallePrämien-
sparverträge anzuwenden ist“, sagt
UweDöhler,FinanzexpertederStif-
tungWarentest. „Nicht alleProdukte
dürfengekündigtwerden,Verbrau-
cher sollten denVertragimZweifels-
fall vonder Verbraucherzentrale
überprüfen lassen.“Denn das BGH-
Urteil beziehe sich auf einen ganz be-
stimmtenVertragstypeinereinzel-
nenSparkasse,indiesem Fall der
KreissparkasseStendalinSachsen-
Anhalt.
ZwaristdasSparprinzipimmer
ähnlich:Manvereinbarteine feste
Monatsrate,diemanüblicherweise
nicht erhöhen kann, bekommt einen
monatlichenvariablenZinsundeine
Bonusstaffel, die in derRegel über
15 Jahreläuft.„AberjedeSparkasse
konnte imDetail, sowohl über die
VerzinsungalsauchüberdieNeben-
bedingungen, eigeneBedingungen
indenVertragschreibenunddasan-
ders formulieren als dieNachbar-
sparkasse“,sagtDöhler.Unterschied-
lich wurde etwa die Laufzeitangabe
gehandhabt.„WenndasProduktfür
eine bestimmte Laufzeit ausgeschrie-
ben ist,dannwürdeauchdieses
BGH-Urteil nicht greifen.“Dies berief
sich nämlich darauf, dass keine feste
Laufzeit angegeben war.

AltverträgebeiderSparkasseBerlin
DasAltprodukt bei derBerlinerSpar-
kasse hieß „Vorsorgesparen flexibel“,
andernorts führten es dieSparkassen
unter „Prämiensparen flexibel“ oder
„Prämiensparvertrag“. Wieviele
Kunden noch Altverträge besitzen, ist
nicht bekannt, da jede derrund 400
Sparkassen inDeutschland individu-
elleVerträge unter eigenemNamen
verkauft hat. Doch allein bei der
NürnbergerSparkasse beispielswei-
se,die kürzlichSparvertragskündi-
gungen zuEndeSeptember ausge-
sprochen hat, sind es über 20 000Ver-
träge,inderSummewerden es also
Hunderttausende sein.

Von Theresa Dräbing

ILLUSTRATION: SASCHA

JAECK

VERTRÄGE PRÜFEN

Kündigung:Die Verbraucherzentralen emp-
fehlen, einer Kündigung erst einmal schrift-
lich zu widersprechen.Aufder Website der
Verbraucherzentrale findet sich dazu auch ein
Musterbrief.Weitere Hilfe kann eine persönli-
che Beratung durch eineVerbraucherzentrale
oder einenFachanwalt bieten.

Zinsanpassung:Bei denVerbraucherzentra-
len können Kunden prüfen lassen, ob die
Zinsanpassung rechtmäßig ist. DieVerbrau-
cherschützerkönnen außerdem eine Muster-
rechnung anstellen, was dem Kunden nach
ihrer Rechtsauffassung zustehen würde. Das
kostet zwischen 60 und 80 Euro.

Briten stellen sich aufVersorgungslücken ein


Bei No-Deal-Brexit droht angeblich Mangel an Lebensmitteln undMedikamenten


B


ei einem ungeregelten Brexit
rechnet die britischeRegierung
einemBericht zufolge mitVersor-
gungsengpässenbei Lebensmitteln,
Medikamenten undBenzin.Darüber
hinaus stelle man sich auf einen
mehrmonatigen Zusammenbruch
in den Häfen, eine harteGrenzezur
RepublikIrland und steigendeSo-
zialkosten ein, berichtete die „Sun-
dayTimes“ unterBerufung aufRe-
gierungsdokumente.
Kabinettsmitglieder versuchten
amWochenende zu beschwichtigen.

Von Silvia Kusidlo und Holger Mehlig

NACHRICHTEN


Vapiano-Chef tritt


überraschend zurück


DerChef der angeschlagenenRes-
taurantketteVapiano,Cornelius
Everke,hat amSonntag seinen
Rücktritt fürEndeAugust angekün-
digt.IneinerMitteilung desUnter-
nehmens wurden persönlicheGrün-
de genannt–die dabei üblichen
Danksagungen fehlen allerdings.
DerVertragwerde„einvernehmlich“
zum 31.August beendet.Everke war
erstEnde 2018 alsSanierer an die
Spitzegerückt und hat imJuni seine
Strategie für dieZukunft präsentiert.
DieschnellgewachseneRestaurant-
kettestecktseitLangemtiefinder
Krise.Bei einemUmsatzvonrund
372 MillionenEuromachte das
Unternehmen 2018 einenVerlust
von1 01 MillionenEuro.(dpa)


IW-Chef Hüther fordert


Investitionen auf dem Land


Michael Hüther,DirektordesInsti-
tuts der deutschenWirtschaft (IW )
in Köln, hält massiveInvestitionen
in ländlicheRegionen für nötig, um
die Lebensverhältnisse anzuglei-
chen.Dies betreffe dieVerkehrs-
infrastruktur ebenso wieForschung
oder digitaleNetze. „5G aufBerlin,
Leipzig,Dresden oderRostock be-
schränken und derRest muss sehen,
wo er bleibt–das wirdnicht funktio-
nieren“, sagte Hüther.Ertratdamit
auch ThesenvonReintGropp ent-
gegen.DerPräsidentdes Leibniz-
Instituts fürWirtschaftsforschung
Halle (IWH) hatte gefordert,Infra-
strukturinvestitionen aufGroßstäd-
te und die Anbindung ihresUm-
lands zu konzentrieren.(dpa)


Krabbenfischer beenden


ihre Zwangspause


Nach dreiWochenZwangspause
wollen die Krabbenfischer an der
Nordseeküste wieder auslaufen.Zu-
vorhatten dieGroßhändler denFi-
schernwochenlang keine Krabben
abgenommen,weil großeFangmen-
gen imvergangenenHerbst für
randvolle Lager gesorgt hatten.Sin-
kendePreise und derAbnahme-
stopp ließen daraufhin dieEinkom-
men derFischerwegbrechen. „Das
ist wahrscheinlich die größte Krise,
die ich in meinem Leben mitge-
macht habe“, sagteGeschäftsführer
DirkSandervonderErzeugerge-
meinschaft derDeutschen Krabben-
fischer (EZDK) inCuxhaven.(dpa)


Anstieg der Umlage


für Ökostrom erwartet


DieÖkostrom-Umlage dürfteExper-
ten zufolge im kommendenJahr
leicht steigen.DieDenkfabrikAgora
rechnet mit einemWert von6,5 bis
6,7Cent proKilowattstunde–indie-
semJahr liegt die EEG-Umlage bei
6,41Cent.Daauchdie Preise an der
Strombörse anziehen, müssenVer-
braucher wohl mit höherenStrom-
preisenrechnen.Vorerst ist aber of-
fen, ob und wie dieStromanbieter
dieTe uerungweitergeben. Agora
rechnet mit einemCent mehr pro
Kilowattstunde.Für einenVier-Per-
sonen-Haushalt wären dasrund
40 Euromehr imJahr.AlleStrom-
kunden müssen bisher dieUmlage
bezahlen, über die die Ökostrom-
Förderung finanziertwird.(dpa)


Die Kutter laufen wieder aus.
FOTO:ASSANIMOGHADDAM/DPA


Wirtschaft


6 * Berliner Zeitung·Nummer 191·Montag, 19. August 2019 ·························································································································································································································································································

Free download pdf